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Das Restaurant wurde 1970 von Ludwig Gehrlein im Neupotzer Neubaugebiet Hardtwald eröffnet. Mit handwerklich sauber gekochter, gutbürgerlicher Küche machte sich das Gasthaus über viele Jahre hinweg einen Namen. Die kulinarische Besonderheit lag schon früher beim hervorragenden Fischangebot. Kein Wunder, war Neupotz doch bis Anfang des 19. Jahrhunderts ein Fischerdorf – dank des nur wenige Kilometer entfernten Rheins.
Ludwig Gehrlein’s Sohn Martin übernahm nach seinen gastronomischen „Wanderjahren“, die ihn europaweit Erfahrungen sammeln ließen, im Jahr 2005 den Betrieb von seinem Vater. Im Laufe der Jahre hat er das Küchenniveau deutlich anheben können. Die Auszeichnung mit dem Bib-Gourmand vom Guide Michelin, der für sorgfältig zubereitete und preiswerte Mahlzeiten steht, erfolgte im Jahr 2014. Zusätzlich zu seiner Aufgabe als Küchenchef ist Martin Gehrlein zweimal im Monat dienstagnachmittags als Fernsehkoch bei der SWR-Sendung „Kaffee oder Tee“ zu sehen.
Bei unserem letzten Besuch handelte es sich um eine Einladung meiner Mutter, welche die Kochkünste von Martin Gehrlein in besagter Sendung regelmäßig verfolgt. Mit ihr kehrte ich hier schon früher sehr gerne ein – besonders dann, wenn es was zu feiern gab. Auf den gebackenen Zander war stets Verlass und auch die Fleischgerichte kamen immer in bewährter Qualität auf den Tisch. Mit Martin Gehrlein am Steuer wurde das Angebot vielfältiger und kreativer, ohne die Klassiker von damals gänzlich von der Speisenkarte zu verbannen. Ein Konzept, das bis heute sehr gut aufzugehen scheint, lockt es doch viele Feinschmecker aus der näheren Umgebung an. Man sollte also schon reservieren, bevor man sich gen Neupotz auf den Weg macht.
Wir hatten an jenem Abend einen Tisch für drei Personen vorbestellt und wurden von den in Trachten gekleideten weiblichen Bedienungen und dem klassisch in weißem Hemd agierenden Serviceleiter freundlich in Empfang genommen. Es war einiges los im Hardtwald. Selbst der zusätzliche vordere Gastraum war komplett gefüllt. Wir nahmen wie gewöhnlich im hinteren Bereich der mit viel Holz ausgestatteten, gemütlichen Stube Platz. Von der elegant-rustikalen Einrichtung her könnte es auch ein besseres Landhausrestaurant im Schwarzwald oder in Bayern sein. Mich erinnern das Interieur, die Speisenauswahl und die Trachtenmode der Servicedamen eher an die Pfälzer Stube im nicht weit entfernten Örtchen Hayna, wo im Zweitlokal von Sternekoch Karl-Emil Kuntz ein ähnliches Programm gefahren wird. Nur eben hier eine Nummer kleiner.
Martin Gehrlein’s Küche verbindet gekonnt verschiedenste Einflüsse. Dabei verleiht er seinen regional geprägten Gerichten gerne eine Prise Internationalität. Das tut vor allem den Fischspezialitäten gut. Medaillon vom Atlantik Seeteufel mit feinem Speckwirsing und Rahmnudeln (25,80 Euro), auf der Haut gebratener Nordmeerkabeljau (Skrei) mit Karotten-Kartoffelstampf und Chorizo (21,80 €) oder Filet vom Atlantik Lachs mit Sesamlack, Kichererbsencurry und Gnocchi (19,80 Euro) stehen beispielhaft für die ambitionierte Fischküche im Hardtwald. Aber auch der "Backfisch-Esser" vergangener Zeiten kommt auf seine Kosten. Gebackenes Zanderfilet (15,80 Euro) oder der gebackene ganze Zander (18,80 Euro) werden nach wie vor mit dem obligatorischen Kartoffelsalat angeboten und haben ihren Klassiker-Status über Jahre hinweg gehalten.
Bei der Auswahl an Fleischgerichten bewegt man sich deutlich über gewöhnlichem Hausmannskostniveau. Natürlich muss ein Rumpsteak (wahlweise mit Pfefferrahmsauce oder gebratenen Zwiebeln), Pommes frites und Salat (19,50 Euro) auf der Speisekarte stehen – wir sind ja schließlich in der Pfalz! Daneben tummeln sich aber auch Preziosen wie geschmortes Bauernkaninchen mit Schwarzwurzelgemüse und Spätzle (18,50 Euro), rosa gebratene Entenbrust und gebackene Entenkeule mit Petersilienwurzelpüree, Senfkohl und Sesamgnocchi (20,50 Euro) sowie gepökelter Schweinebauch vom Wollschwein mit gebratener Bärengarnele (auf neudeutsch Tiger Prawn), Wurzelgemüse und Bratkartoffeln (24,50 Euro) auf der mit Bedacht zusammengestellten, reduzierten Speisenkarte. Schade übrigens, dass die Homepage des Lokals keinen Einblick in diese gewährt. Aber vielleicht ändert sich das ja in den nächsten Jahren noch.
Zusätzlich stehen ein gutes halbes Dutzend Vorspeisen, zwei Suppen und zwei vegetarische Gerichte auf dem kulinarischen Programm. Freunde des süßen Abschlusses werden sich an der vielfältigen Dessertauswahl erfreuen. Nougatparfait, Schmor-Apfel, Crème brulée und Konsorten klingen allesamt nach einem verlockenden Finale.
Wir entschlossen uns an jenem Sonntagabend für einen ziemlich gemischten Speiseplan. Vorneweg sollte es wie gewöhnlich eine leckere Suppe sein. Das Schwarzwurzelcrèmesüppchen mit kleinem Leberknödel (5,90 Euro) kam mir da gerade recht. Auch immer eine schmackhafte Eröffnung: der mit delikatem Hausdressing versehene kleine Beilagensalat mit Kresse und Croutons (3,80 Euro), den meine Begleitung wählte. Bei den Hauptgängen wurde sich am Tisch für das geschmorte Kaninchen, den Lachs mit Kichererbsencurry sowie den Backfischfilet-Klassiker entschieden.
Das „Hallo!“ der Küche erfolgte in Form eines kleinen Matjes-Häppchens, das ich dankend an meine Begleiterinnen weiterreichte, ist mir doch der Hering seit jeher suspekt. Ganz anders die Vorspeise. Die cremige Suppe ließ keine Wünsche offen. Toll ausbalanciert mit leichter Schwarzwurzelnote und einem deftigen Leberknödel zog sie gegen den ersten Hunger erfolgreich zu Felde. Drei knusprig gebackene Zanderfiletstücke, eine frisch zubereitete Remouladensauce und ein Schüsselchen wohlgesalzene Pommes frites später fühlte ich mich dann rundum gesättigt und glücklich gegessen. Die Kombination aus Suppe und Backfisch ist für mich so etwas wie ein obligatorisches, zweigängiges Hardtwald-Menü, dem ich bei nahezu jedem Besuch anheimfalle. Ein „Always-Eat-Again-Erlebnis“, auf das ich mich jedes Mal freue.
Erfreut waren auch meine beiden Begleiterinnen. Ihre Hauptgänge sahen nicht nur hübsch angerichtet aus, so schmeckten auch großartig. Der lackierte Atlantik Lachs war traumhaft saftig und von bester Qualität. Auf den Punkt gebraten war er auf nicht zu dominant gewürztem Kichererbsencurry gebettet. Seine feine Asia-Note sorgte dabei für das gewisse Etwas. Das Schmorkaninchen stand dem Lachs in puncto Saftigkeit in nichts nach. Für seine dunkle Sauce wurde eine ordentliche Jus verwendet. Man schmeckte noch die leichten Röstaromen des Gemüses und den Einsatz von gutem Rotwein. Der leicht nussige Geschmack des Schwarzwurzelgemüses hinterließ zusammen mit dem zarten Kaninchenfleisch, der deftigen Würze der Sauce und den hausgemachten Spätzle ein ausgewogenes, abwechslungsreiches Mundgefühl. Eine anständige Portion Soulfood für kulinarische Kleintierliebhaber.
Die Weine aus der pfälzisch geprägten Karte weisen ein genauso gutes Preis-Genuss-Verhältnis wie die Speisen aus Martin Gehrlein’s Küche auf. Viele sind glasweise (Achtel oder Viertel) zu erstehen. Besonders das Weißweinangebot ist hervorzuheben. Mit der Weißburgunder-Chardonnay-Cuvée vom Weingut Bergdolt aus Neustadt hatte ich den passenden Fischbegleiter im Glas. Aber auch die Scheurebe (Weingut vergessen…) meiner Begleitung gefiel durch schöne Frucht und angenehme Säure.
Zum Nachtisch gingen noch ein paar Kugeln Eis. Mit Schokolade, Sauerrahm und Salzkaramell ließen wir den Abend genussvoll ausklingen. Schade, dass das Karamelleis nur sehr zurückhaltend gesalzen war und geschmacklich eher neutral rüberkam. Doch dies blieb der einzige kleine Kritikpunkt am ansonsten sehr stimmigen Gesamteindruck, den die pfiffige Regionalküche im rustikal-eleganten Landhauslook bei uns hinterließ.