Wir verwenden Cookies
Wenn Sie unsere Webseiten besuchen, kann Ihre Systemsoftware Informationen in Form von Cookies oder anderen Technologien von uns und unseren Partnern abrufen oder speichern, um z.B. die gewünschte Funktion der Website zu gewährleisten.
Das im Januar 2014 eröffnete Weinkontor Null41 hat als architektonischer Vorreiter und kulinarischer Anziehungspunkt des sich gerade neu formierenden Stadtteiles im Landauer Süd-End eine ganz besonders wichtige städtebauliche Rolle gespielt. Im lichtdurchfluteten Backsteingebäude treffen Genuss, Design und Ambiente auf eine derart stilvolle Art und Weise aufeinander, dass es mir bei jedem Besuch erneut die Sprache verschlägt. Eine Art „Dauer-Wow-Effekt“, der sich bei mir beim Eintritt in das komplett sanierte Kasernengebäude immer wieder aufs Neue einstellt.
Doch zunächst noch ein paar Anmerkungen zum Hintergrund dieses schicken Restaurants im derzeit modernsten Teil Landaus. Diverse Architekten schlossen sich zusammen, um das historische Gemäuer mit der Hausnummer 041 umzugestalten und zu modernisieren. Es wurde nichts unversucht gelassen, dieses alte Militärgebäude mit neuem Leben zu füllen. Allein die Inneneinrichtung mit den kunstvoll angefertigten Designerleuchten in Gold, Silber und Bronze, der offenen Raumkonzeption, den hohen Fenstern (mit Blick auf die Berge des Pfälzerwalds), den geradlinigen, eleganten Holztischen, der schallgedämmten Decke mit ihren freiliegenden Holzbalken sowie den bequemen Schalenstühlen im Retro-Look macht deutlich, wie intensiv man hier am Konzept geplant und es schließlich auch konsequent zu Ende gedacht hat. Symbolhaft steht es für das moderne Landau der kommenden Jahre und wird auch nach der letztjährigen Landesgartenschau ein Magnet für Freunde guter Weine (die Vinothek „Par terre“ befindet sich gleich nebenan, Anm.), kulinarischer Gaumenfreuden und architektonischer Reize sein. Für mich ein Musterbeispiel für eine gelungene Konversion im Rahmen der Neugestaltung der bis 1999 von den französischen Streitkräften genutzten Areale im südlichen Teil der Stadt Landau.
Ähnlich wie das Gebäude selbst, blicken auch die beiden Betreiber des Weinkontors Null41 auf eine erfolgreiche Geschichte zurück, wenn auch eher in gastronomischer Hinsicht. Die Leiterin des Service, Corine Berrevoets und Chefkoch Michael Mury haben bereits in Mörzheim bei Landau für kulinarische Furore gesorgt und sich dort im Weinkontor (noch ganz ohne Nummer…) einen Namen gemacht. Auch damals hatte man ein klug durchdachtes Konzept: regional inspirierte Kreativküche mit hohem Qualitätsanspruch in behaglicher Weinstubenästhetik. Nun hat man sich von der Stube zum schicken „WeinBarRestaurant“ weiterentwickelt, wobei der kulinarische Rahmen in etwa gleich geblieben ist: die „obligatorischen Drei“ aus alten Mörzheimer Zeiten: Rumpsteak, geschmorter Ochsenschwanz (beides mit Röstkartoffeln serviert für 21,50 bzw. 19,50 €) und geeistes Nougat (5,50 €) werden durch diverse Saisongerichte, wie beispielsweise der rosa gebratenen Lammhüfte auf Erbsenrisotto mit getrocknetem Ricotta (21 €), ergänzt. Dazu komplettiert eine reiche Auswahl an wechselnden Vorspeisen (beim letzten Besuch waren es neun verschiedene!) das übersichtlich angelegte, aber sehr feine Speisenangebot.
Auch diesmal hinterließ schon allein die Anrichtung der ausgewählten Gerichte einen bleibenden Eindruck bei uns. Doch zunächst schwelgte ich ein wenig in Erinnerungen. Am Tisch sitzend zogen einige Gaumenfreuden vergangener Tage in meinem persönlichen kulinarischen Kopfkino an mir vorbei. Wie gerne denke ich an die delikaten Parmesanblinis mit Bresaola, Rucola (damals 10 €), die mit einer fein würzigen Wasabicreme auf den Teller gebracht wurden. Ich hatte sie dort an einem lauen Sommerabend im Jahre 2014 verspeist und fand schon damals den leichten Asia-Touch von Michael Murys Kreationen faszinierend. Oder die Fischcookies auf Mangosalsa mit Minz-Schmand und Spinatsalat (damals 9,50 €). Auch bei ihnen war die Crossover-Attitüde des Küchenchefs deutlich schmeckbar: feiner Kreuzkümmel in den Fischtalern und frische Minze im Dressing. Ein Hauch von Orient in der weinseligen Pfalz! Soviel Internationalität darf schon sein.
Denn das Außergewöhnliche am Weinkontor war schon immer seine erlesene Auswahl an Vorspeisen. Viele Gäste machen davon scheinbar regen Gebrauch, indem sie gleich mehrere kleine Köstlichkeiten ordern und auf eine Hauptspeise verzichten. So auch am letzten Freitagabend. Ich wählte vorneweg die Bretonische Fischsuppe (7 €). Frisch und würzig zugleich präsentierte sich diese mit Muscheln, Fischstücken und Gemüsestreifen ausgestattete klare „Meeresbrühe“. Ein Spritzer Pernod verlieh dem Ganzen eine leichte südfranzösische Nuance. Das sehr anregende Süppchen war eine typische Mury-Bouillon, nämlich sehr harmonisch abgeschmeckt. Läge Brest direkt neben Marseille, die Pfalz hätte zumindest für kurze Zeit noch dazwischen gepasst. Meine Begleitung wählte den winterlichen Salat mit Spekulatius-Popcorn in der kleinen Vorspeisenausführung (3,50 Euro) und war ebenfalls hochzufrieden mit ihrem Starter.
Die Geschmacksnerven waren nun angefixt und forderten einen weiteren Vorspeisen-Tribut aus der Kontorküche: Gambas vom Grill auf winterlichem Brotsalat mit gehobeltem Parmesan (14 Euro). Die Scampis waren perfekt gebrutzelt und der Brotsalat kam diesmal nicht sommerlich toskanisch an den Tisch, sondern mit Feldsalat und Rotkrautschnipseln in einer Art Februar-Variante. Und auch der hätte unter einem brummenden Wärmepilz sitzend sehr gut auf der Außenterrasse genossen werden können. Aber für lauschiges Open-Air-Food müssen wir uns halt noch ein paar Monate gedulden. Der Hauptgang meiner Begleitung sah nicht nur fantastisch aus, er schmeckte auch so. Sie hatte sich für die eingangs bereits erwähnte Lammhüfte auf Erbsenrisotto mit Minze, Zitronenabrieb und getrocknetem Ricotta entschieden und wir beide waren uns sicher: genau so soll ein Risotto schmecken. Genau diese „schlonzige“ Konsistenz muss es haben. Die Lammhüfte war perfekt rosa gebraten und von ihrer Fleischqualität her sowieso über alle Zweifel erhaben. Ein klasse Hauptgericht rundum.
Zum Abschluss dann doch wieder eine kleine kulinarische Reminiszenz an die Mörzheimer Vergangenheit. Das geeiste Nougat sollte den süßen Schlussakzent setzen. Mit einer Nocke Litschi-Sorbet gepimpt kam es mit zwei Löffeln an unseren Tisch. Seine Halbwertzeit war erschreckend kurz, dafür das Litschi-Aroma vom Sorbet atemberaubend. Das Nougat ein süßer Dessertklassiker, den ich im Weinkontor nicht missen möchte.
Bevor wir jedoch den Schlemmerreigen eröffneten, bestellten wir einen Morio-Muskat-Secco auf Eis (0,25l für 4,90 Euro) und den Standard-Pernod (4 Euro). Letzterer harmonierte übrigens außerordentlich gut mit der Bretonischen Fischsuppe. Zu den Garnelen entschied ich mich für den 2013er Chardonnay (Goldkapsel, 0,25l für 7,50 Euro), der wie der Secco vom Weingut Stentz aus Landau-Mörzheim kam. Mörzheimer Wein im Landauer Weinkontor. Da denkt man schon einmal kurz zurück an die alten Zeiten im nostalgisch-rustikalen Sandsteingewölbe des „Urkontors“.
Aber eben nur ganz kurz. Denn die Realität im Null41 ist so stimmig, so offen und so leger, dass man das Alte als wirklich abgeschlossen und auch überhaupt nicht vergleichbar bezeichnen würde. Ein Blick in die Weinkarte auf dem Klemmblock gibt Aufschluss über das untrügliche Gespür in Sachen Pfalzwein von Servicechefin und Sommelière Corinne Berrevoets. Jede Menge offene Weiß- und Rotweine, die noch durch Wochenempfehlungen von der Tafel ergänzt werden. Was will man da mehr? Ökonomierat Kleinmann (Birkweiler), Stiftsweingut Meyer (Gleiszellen), und Grimm (Schweigen-Rechtenbach) – alles wohlklingende Namen für Pfalzweinfans. Die recht umfangreiche Aperitifauswahl macht ebenfalls richtig Laune und setzt einen lockeren Abend zielsicher in Gang.
Das knapp zweistündige „Casual Wine Dining“ im Null41 verging wie im Fluge, mit etlichen genussvollen Momenten in modern-ästhetischem Wohlfühlambiente. Die beiden Damen, die uns an diesem Abend bedienten (darunter die Chefin selbst) waren schwer auf Zack und super zuvorkommend. Dabei fühlte man sich in jeglicher Hinsicht kompetent und herzlich beraten. Und da es draußen schon schön dunkel war, verschwommen die klaren, nüchternen Formen des Interieurs noch mehr zu einer wohlig-lauschigen Weinbarkulisse, wie man sie eigentlich eher in trendigen Großstadt-Szene-Lokalen (Berlin? Barcelona?) vermuten würde. Für Landau jedenfalls, stellt das Weinkontor Null41 – gastronomisch wie architektonisch – eine enorme Bereicherung dar.