Als regelmäßiger Essengeher auch in anderen Städten als meiner Heimatstadt Bremen habe ich vor einigen Jahren Restaurant-Kritik.de als verlässliches Portal schätzen gelernt, das mich auch animiert hatte, selber Kritiken zu schreiben. Nach dem Aus von RK bin ich - wie viele andere ambitionierter Kritiker aus RK-Zeiten - zu GG gewechselt.
Meine Kritiken beruhen auf vielen hundert Restaurantbesuchen privater und dienstlicher Natur. Wir (alsomeine Frau - alias "Ständige Begleiterin" - und ich) präferieren privat die von uns für gut befundenen Restaurants im Umkreis für das samstägliche Abendessen. "Gelistet" sind Griechen, Italiener, Türken und Jugos, aber auch bodenständige deutsche Küche und Asiaten finden unseren Gefallen. Das Iberische nehmen wir auch gerne an, zumal es in Bremen keine portugiesische Küche gibt und die Spanier meist einfallsolse "Einheitstapasküche" bieten. Wir probieren gerne auch neue Restaurants aus, über die man Gutes liest oder hört, aber es ist eher selten, dass ein neues Restaurant auf die Liste kommt. Gegenüber Hypes bin ich skeptisch, aber auch neugierig und einige "In-Locations" habe ich auch gerne besprochen, was nicht heißen muss, dass ich von der Küchenleistung überzeugt war.
In anderen Städten besuche ich gerne mal einen Portugiesen, die in Bremen durch Abstinenz glänzen oder schaue, wie es um die griechische Kulinarik anderenorts bestellt ist. Da ich bundesweit unterwegs bin, achte ich auch darauf, ob es regionale Unterschiede gibt, also ob der Grieche in Berlin ob der Konkurrenz und der ausgeprägten Kultur des Essengehens im Schnitt besser ist als einer in Mecklenburg-Vorpommern oder Franken. Da mag eine kritische Kritik des geliebten Hausgriechens auf Unverständnis stoßen, aber im städteübergreifenden Quervergleich gerechtfertigt sein. Ab und an darf es auch Regionalküche sein, die aber etwas bieten sollte, wie z. B. in Thüringen, Schwaben, Franken oder Oberbayern.
Was ich erwarte, ist solide Kochkunst, merkliche Würze ("gschmackig" muss es nach Schuhbeck sein), ordentliche Portionsgrößen und ein angemessenes Preis-Leistungsverhältnis. Ein freundlicher Service und eine gepflegte Einrichtung sind eigentlich selbstverständlich, wenn man als Gastronom Menschen bewirtet.
Weniger wichtig sind für mich Empfehlungen, gleich ob Wein, Tageskarte oder Nachspeise betreffend. Das ist sicherlich von Belang in Restaurants mit Gourmetanspruch und häufig wechselnden Karten, nicht aber beim "Italiener um die Ecke". In seinen Stammrestaurants weiß man eh, was man gerne ist. Ob von der korrekten Seite "eingesetzt" oder "ausgehoben" wird, mag für Ausbilder in der Gastronomie von großer Bedeutung sein, spielt beim Stammgriechen auch nicht die große Rolle.
Meine Kritiken sollen einen guten Eindruck vermitteln, was einen erwartet, wenn man das kritisierte und dem Leser der Kritik vielleicht unbekannte Restaurant aufsucht. Dazu gehört für mich selbstverständlich zu beschreiben, was gegessen wurde und eine Bewertung der Speisen und der Getränke. Preise zu nennen finde ich auch wichtig, damit beurteilt werden kann, ob der Gast fair behandelt wird oder ob der Wirt den Gast übervorteilt, wenn für Tellergerichte mit kleinem "Wareneinsatz" oder Weine aus dem Großmarkt ordentlich ins Portemonnaie des Gastes gegriffen wird.
Ich kritisiere von der Grundeinstellung her streng. Vier Sterne vergebe ich für eine sehr gute Leistung. Fünf Sterne behalte ich mir für extraordinäre Erlebnisse vor. Drei Sterne können sehr wohl einen Besuch lohnen, was ich meist auch sage.
Ich freue mich, wenn meine Kritiken den Mitgliedern der Community Anregungen für gutes Essen in vom Hanseat1957 getesteten und für gut befundenen Restaurants geben. Sehr willkommen sind auch Reaktionen der Wirte, die allerdings sehr selten erfolgen.
Als regelmäßiger Essengeher auch in anderen Städten als meiner Heimatstadt Bremen habe ich vor einigen Jahren Restaurant-Kritik.de als verlässliches Portal schätzen gelernt, das mich auch animiert hatte, selber Kritiken zu schreiben. Nach dem Aus von RK bin ich - wie viele andere ambitionierter Kritiker aus RK-Zeiten - zu GG gewechselt.
Meine...
mehr lesen
Für den obligatorischen Griechenbesuch im Mai mit meiner langjährigen Berliner Kollegin und Freundin hatte ich das Ano Kato festgemacht, dass überwiegend als sehr authentisch beschrieben wird. Es liegt in einem wenig einladenden Teil von Charlottenburg Ecke Kantstraße/Leibnizstraße. Insoferne war das Hipsterrisiko gering. Da wir aus Termingründen einen Montag für unser Essen wählen mussten, hatten wir das Restaurant von 18:30 bis 21:50 Uhr für uns alleine! Ich finde eine solche Situation leicht beklemmend und wir stellten uns als zahlenaffine Wirtschaftsjuristen schon die Frage, was die Montagsöffnung für einen Sinn macht, wenn die Abendeinnahme mit Trinkgeld 80 € beträgt.
Vermutlich war es das Wirtspaar, dass zu zweit diese Form der Selbstausbeutung betrieb.
Die überschwänglichen Kritiken kann ich nicht in vollem Umfang teilen. Das Ambiente ist schlicht, aber ansprechend tavernenmäßig. Die Karte bietet viele Meze, die empfehlenswert sind. Wie die Erfolgsgeschichte des Ousies in der Grunewaldstraße zeigt, reicht dies kulinarisch für viele Gäste aus. Wem also griechisch ohne tellerfüllende Grillladen reicht, der ist im Ano Kato gut aufgehoben.
Die Speisekarte ist als PDF auf der Homepage https://www.anokatotaverna.de/ verfügbar.
Für die Beurteilung des Preis-Leistungsverhältnisses schwanke ich ein wenig. Der gemischte Vorspeisenteller war mit 20 € schon stramm bepreist, ein Viertel Retsina mit 3,80 € hingegen moderat angeboten. Da mache ich mal 3,5 Sterne draus.
Service:
Betreut wurden wir von einer mittelalten Griechin, die sich ansonsten am „Familientisch“ vor der Theke hinter einem Mauervorsprung dahinlangweilte. Nun ist es eine kleine Gratwanderung, wenn sich eine Kraft um einen Tisch zu kümmern hat. Ein zu häufiges Erscheinen kann leicht zur Belästigung werden; ein zu viel „in Ruhe lassen“ als Mangel an Aufmerksamkeit wahrgenommen werden. Ich hätte mir den einen oder anderen Blick mehr auf unseren Tisch gewünscht, um leere Gläser zum Anlass für die Abfrage weiterer Getränkewünsche zu nehmen.
Positiv das Annoncieren aller auf dem gemischten Vorspeisenteller versammelten Meze und die nur dezenten Nachfragen nach einer Hauptspeisenorder. Weitere Kommunikation fand nicht statt und ist vom Naturell her wohl auch nicht die Stärke unserer Bedienerin.
Für den Service 3 Sterne.
Wie angemerkt, sind die offenen Standardweine in der Spanne von 3,20 bis 4,20 € für 0,2 l preislich am unteren Ende angesiedelt. Die drei klassifizierten Gewächse kommen auf 6,50 bzw. 6,90 € für das Glas 0,2 l. Die Flasche Wasser 0,75 l stand mit 5,50 € auf dem Bon und ein Köpi 0,3 l kostet 2,90 €.
Spendiert wird im Ano Kato zur Rechnung ein eiskalter Ouzo. Der Retsina wurde hingegen - wie fast allerorten - nur mäßig kalt serviert.
Essen:
Also einige auch rare Meze wie Taramas, Kopanisti oder Skordalia, dazu Kalamari und Oktopus in verschiedenen Zubereitungen, Einiges vom Lamm oder gar Milchzicklein finden sich neben einer überschaubaren Anzahl von Grillgerichten auf der Karte.
Für uns war klar, dass wir die gemischten kalten und warmen Vorspeisen – Pikilia – für 20 € als ersten Gang wählen.
Dazu wurde ein Korb mit sehr gutem Stangenweißbrot gereicht und nachgereicht. Das Brot frisch, leicht warm und außen herum knusprig.
Der Vorspeisenteller wohl geordnet, aber sehr überschaubar bestückt: Zwei gefüllte Weinblätter, Kügelchen oder Klackse von Taramas, Kopanisti, Skordalia, Tsatsiki, zwei Minibifteki, zwei dünne Scheiben Halloumi, Scheiben von Roter Beete, zwei Zucchinischeiben, ein Bratling mit Spinat, Tomate und Gurke als Lückenfüller.
Geschmacklich missfiel mir das Skordalia, dass warm serviert wurde mit merklichen Kartoffelstücken; ich bevorzuge es erfrischend kalt. Bemerkenswert gut das Taramas aus nicht gefärbtem Fischrogen, das Kopanisti (Schafskäsecreme, leicht scharf) und die gut geknobte, erfrischende Rote Beete. Insgesamt also sehr ordentlich. Angesichts des Preises hätte ich mir auch ein paar Proteine vorstellen können wie Sardinen oder Oktopusstücke.
Auch wenn ich etwas mehr von der Platte auf mein Tellerchen heben durfte, stand mir nach der ersten Runde Retsina der Sinn nach einer Grillplatte. Ich wählte Lesbos mit Bifteki, Soutzoukakia, Kartoffeln, Tsatsiki und Salat für 12,50 €. Von unten nach oben in der Bewertung: Der Salat war mir deutlich zu sauer angemacht, auch das Tsatsiki eher fettarm, säuerlich und stumpf am Gaumen. Das Hacksteak sehr locker, also mit viel Stangenbrotrest, aber gut gewürzt mit klarem Knoblauchabgang. Auch die drei Stücken Fleisch auf dem Spieß gefielen von der Würzung her durchaus, waren aber trockengegrillt. Spitze die leckeren, leicht angegrillten und öligen Kartoffeln. Die Fleischausbeute von Lesbos war frugal und würde unseren Stammgriechen den sofortigen Garaus bereiten.
Meine Begleiterin ist davon unbeeindruckt und beschied sich mit dem Sardellenpfännchen, in dem ich gut gegrillte Fischchen ausmachen konnte; davon wollte ich nichts wegprobieren, so dass ich hier nur wiedergeben kann, dass sie geschmeckt haben.
Überzeugt hat mich die Würzhandschrift der Küche und bei einer nochmaligen Einkehr würde ich eher Lamm oder Krake wählen und wohl noch einen Zwischengang einschieben, um nicht entkräftet den Weg ins Hotel zurück antreten zu müssen.
Geschmacklich war das Essen knappe vier Sterne wert.
Die am Ende vom Haus gereichte Mousse au chocolat will ich nicht verschweigen.
Ambiente:
Nur einen schmalen Eingangsbereich mit zwei Tischen davor auf dem offenen Trottoir zeigt das Ano Kato. Dann kommt ein langer Schlauch, unterteilt in den Hauptbereich, nach einem Mauerdurchbruch vielleicht noch drei weitere Tische vor der Theke und dahinter wohl die Küche.
Insgesamt mögen es 12 bis 15 Tische mit rot-weiß-karierten Tischdecken sein, an denen man ausreichend Platz findet. Der Raum ist offen, aber durch das wenige Tageslicht etwas schummrig. Für die Illumination sorgen Wandleuchten an den warmgelben, gewischten Wänden. Der Fußboden in dunkler Holzoptik.
Also kein Blau-weiß-Grieche und Statuen, Säulen oder Pseudoreliefs sucht man vergebens. Eine große Anrichte mit Flaschenregal, Plakate und kleinteilig Gerahmtes an den Wänden bildet die Deko. Wenn das Ano Kato voll besetzt ist, dürfte es laut werden. Wir vernahmen nur sentimentale Folklore.
Insgesamt nett gemacht und meiner Vorstellung von „Taverne“ in Deutschland entsprechend.
Sauberkeit:
Nichts auszusetzen. Die sehr niedrige Toilette altbacken, aber sauber.