Leider auch Gourmand gehe ich mittags regelmäßig allein oder mit Kollegen essen. Abendessen zu zweit waren in der Vergangenheit rar gesät, das wird jetzt nachgeholt! Auf Dienstreisen vertreibe ich mir die Zeit stets mit abendlichen Restaurantbesuchen, möglichst in den Highlights. So war ich auf Restaurantkritik gekommen und hatte den inneren Schweinehund, der zu bequem zum Kritiken schreiben war, überwunden.
Nach etwa 100 Bewertungen hat mich der Verkauf an Yelp ausgebremst, da ich aussagekräftige Kritiken schreiben möchte, für Menschen, die gutes Essen schätzen. In einem Portal, bei dem man auch seine Wertschätzung für die Heiße Hexe an der Tankstelle veröffentlicht, fühle ich mich nicht mehr wohl und suche eine neue Kritikerheimat.
Nachdem mittlerweile (fast) alle geschätzten Kritikerinnen und Kritiker aus dem Verschwundenen Portal hierher gewechselt und ein paar mehr dazu gekommen sind, fühle ich mich wieder wohl. Ein bißchen wie im Stammlokal, man kennt/schätzt/neckt sich, tauscht Neuigkeiten aus... Eben lesen, schlemmen, schreiben.
Leider auch Gourmand gehe ich mittags regelmäßig allein oder mit Kollegen essen. Abendessen zu zweit waren in der Vergangenheit rar gesät, das wird jetzt nachgeholt! Auf Dienstreisen vertreibe ich mir die Zeit stets mit abendlichen Restaurantbesuchen, möglichst in den Highlights. So war ich auf Restaurantkritik gekommen und hatte den inneren... mehr lesen
Bewertungs-Statistik
Insgesamt 287 Bewertungen 360507x gelesen 10136x "Hilfreich" 9099x "Gut geschrieben"
Geschrieben am 12.12.2023 2023-12-12| Aktualisiert am
12.12.2023
Besucht am 08.06.2023Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 95 EUR
denn - seien wir ehrlich - jenseits der Realität mit Neonlicht und 24/7 laufendem Fernseher hat in unserer Vorstellung eine Trattoria einen Chef, der ständig singt, sich mit den Angestellten anschreit und aus tiefstem Herzen die „weltbeste“ Pasta empfiehlt. In einem Ambiente, das mit Madonnenbildchen und Fußball-Devotionalien vollgepfropft ist, allerlei Tagesangebote auf Tafeln bereit hält und wo man von karierten Tischdecken in bester Laune zu kulinarischen Italo-Klassikern einfachen, aber guten Wein trinkt.
Ja, so ungefähr kitschig darf man sich die L‘antica Trattoria vorstellen. Außer, dass die Tische unverdeckte, schöne Holzplatten haben.
Ich hatte bewusst meine Anreise zu einer Klausurtagung im Thüringer Wald schon in Gotha unterbrochen, um mir eine weitere Residenzstadt der vielen ehemaligen Kleinst-Fürstentümer anzuschauen. Vom Schloss in der „Oberstadt“ ging es an den hübschen Kaskaden hinunter in das wunderbar restaurierte Zentrum.
An diesem schönen Sommerabend erwartete Inhaber Antonio Tiripicchio sicher noch einige Paare oder gar Gruppen, so dass er für mich nur ungern einen Tisch vor dem Restaurant opfern wollte.
Schicksal, wenn man nicht reserviert. Nun, mein Platz direkt am weit geöffneten Fenster war überhaupt nicht stickig und um nichts in der Welt hätte ich diese beeindruckende Innenausstattung verpassen wollen!
Mein Wunsch, außerhalb der Karte mit etwas Aufschnitt und Käse zu starten, war überhaupt kein Problem. Es gab Coppa, dazu Bel Paese, Pecorino und Parmiggiano.
Der Patron kredenzte Olivenöl, natürlich von familieneigenen Bäumen. Auch so ein Klischee, aber ein durchaus wohlschmeckendes. Der mäßig gereifte Balsamico und das mit Kastanienmehl gebackene Brot (Cucina povera!) waren okay. Für eine Trattoria ein sehr angenehmer Auftakt. Nachdem mir die offenen Roten nicht recht behagten, machte Signor Tiripicchio ohne große Umstände eine Flasche Primitivo IGP auf, ein guter, weicher Begleiter zum Auftakt.
Als Antipasto hatte ich inzwischen von einer der vielen kleinen Tafeln das Hirschcarpaccio mit Pilzen gewählt.
Ich gehe mal von Großhandelsware aus, was aber nicht schlimm war. Das tiefrote, reichlich bemessene Fleisch war dicker geschnitten und schmeckte kräftiger als Rind. Eingelegte Steinpilze hatten ein gutes Aroma. Mit den Parmesanhobeln war das einfach eine leckere Vorspeise. Cherry-Tomaten schmecken im Sommer immerhin, haben aber auf einem Carpaccio kulinarisch nichts verloren. Den vorgesehenen Ruccola hatte ich natürlich schon abbestellt…
Inzwischen war der Chef auf der Suche nach einem gereiften Weißwein für mich fündig geworden.
Der unfiltrierte Pecorino aus den Marken machte mir den weiteren Abend viel Freude mit Fruchtigkeit, sanften Gerbstoffen und deutlicher Kräuternote. Auch ohne Bitte sogleich eingeschenkt in ein größeres Glas, das viel Luft an den lange verschlossenen Wein ließ.
Der Mann versteht sein Handwerk.
Konnte also mit dem Primo weitergehen, auf Empfehlung des Chefs kamen Spaghetti mit Oliven, Paprika, Tomaten und Peperoncini.
Eine „Spezialität“ aus der Heimat des Chefs; klang für mich wie Pasta squintana. Einen entsprechenden Begriff habe ich im Netz nicht gefunden. Vielleicht hilft die Schwarmintelligenz?
Mit selbst gemachtem Chili-Öl, Parmesan und dem hier verzeihlichem Ruccola war das natürlich Soulfood.
Nur leider war die Pasta zu weit gegart worden. Als der Chef meine leichte Enttäuschung mitbekam („Porca miseria! Was macht der Kerl im Keller da?“), gab es eine Schimpfkanonade die Treppe hinunter in die Küche.
Beim Hauptgang war wieder alles, wie es sein sollte: Calamari-Tuben sehr zart mit Oliven, Erbsen sowie frischen und halbgetrockneten Tomaten.
Kräftig gewürzt, einfach, gut gemacht und saulecker. Nicht mehr und ganz bestimmt nicht weniger. Ich war nur glücklich und die 95 Euro inkl. der Getränke nicht billig aber auf jeden Fall preiswert.
Die L’antica Trattoria hat mich auf der ganzen Linie überzeugt. Man muss halt nur etwas Lust auf ein rundum buntes und lautes Erlebnis haben.
Wobei mein Heimweg das absolute Gegenteil war: Um 21.00 Uhr an einem sommerlichen Donnerstagabend war ganz Gotha eine fast menschenleere Museumskulisse.
Ganz Gotha?
Noch war der Abend nicht vorüber…
denn - seien wir ehrlich - jenseits der Realität mit Neonlicht und 24/7 laufendem Fernseher hat in unserer Vorstellung eine Trattoria einen Chef, der ständig singt, sich mit den Angestellten anschreit und aus tiefstem Herzen die „weltbeste“ Pasta empfiehlt. In einem Ambiente, das mit Madonnenbildchen und Fußball-Devotionalien vollgepfropft ist, allerlei Tagesangebote auf Tafeln bereit hält und wo man von karierten Tischdecken in bester Laune zu kulinarischen Italo-Klassikern einfachen, aber guten Wein trinkt.
Ja, so ungefähr kitschig darf man sich die L‘antica... mehr lesen
4.0 stars -
"Wie aus dem Italien-Bilderbuch" DerBorgfelderdenn - seien wir ehrlich - jenseits der Realität mit Neonlicht und 24/7 laufendem Fernseher hat in unserer Vorstellung eine Trattoria einen Chef, der ständig singt, sich mit den Angestellten anschreit und aus tiefstem Herzen die „weltbeste“ Pasta empfiehlt. In einem Ambiente, das mit Madonnenbildchen und Fußball-Devotionalien vollgepfropft ist, allerlei Tagesangebote auf Tafeln bereit hält und wo man von karierten Tischdecken in bester Laune zu kulinarischen Italo-Klassikern einfachen, aber guten Wein trinkt.
Ja, so ungefähr kitschig darf man sich die L‘antica
Geschrieben am 01.12.2023 2023-12-01| Aktualisiert am
01.12.2023
Besucht am 20.06.2023Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Seit längerer Zeit hatte ich mal wieder das Vergnügen, mit einer Kollegin am Vorabend einer gemeinsamen Veranstaltung gut essen zu gehen. Dabei wollten wir auch noch einige dienstliche Dinge besprechen. Knoblauchlastige Länderküchen schieden aus, ebenso ein allzu steifes Fine-dining. Das Würzhaus von Diana Burkel kam da gerade recht, in meiner Erinnerung eine ambitionierte, regionale Küche, serviert von einer freundlichen Crew in zwanglosem Ambiente.
Ambitioniert und vor allem sehr gut war es dann auch bei unserem Besuch, aber regional ganz und gar nicht!
Auf dem Hinweg diskutierten wir angesichts der sehr hohen Temperaturen noch, ob „drinnen oder draußen“. Aber die paar Momente Warten auf den Service im aufgeheizten, schwülen Gastraum ließen keinen Zweifel, dass an diesem Abend die kleine, durch eine hohe Hecke von der Straße getrennte Terrasse die bessere Wahl wäre, zumal auch ab und an ein laues Lüftchen wehte. Mit zunehmender Zeit wurden auch die Temperaturen erträglicher. Restaurantleiter Daniel Winter hatte uns die Wahl gelassen; hier war nicht „doppelt“ belegt. Hätte die Küche auch nicht geschafft; schon so zog sich das Dinner über fast vier Stunden hin. Auch ansonsten waren wir mit dem Service absolut zufrieden, in dem alle Kräfte ebenso konzentriert wie entspannt ihrem Job mit sichtlichem Vergnügen nachgingen. Nur gegen Ende entstanden doch recht große Pausen, in denen ich mir mehr Präsenz gewünscht hätte.
Die „pergamentene“ Karte kündigte ungewöhnlicherweise gleich auch den Apero an.
Sauerampfer-Sprizz klang leicht und interessant, erwies sich in der alkoholfreien Variante der Kollegin als herausfordernd hinsichtlich Säure und Bitterkeit. Gegen den Winzersekt in meinem Glas konnte sich das Wiesenkraut andererseits nicht recht durchsetzen.
Der hübsch anzuschauende Küchengruß variierte das Thema Gurke.
Hier gibt es ja einige Verächter des grünen Kürbisgewächses; ich bin immer überrascht, wieviel Geschmack jenseits der Supermarkt-Schlangengurken zu finden ist. Während abgehangener Topfen erwartbar war, verschob sich das Geschmacksbild mit schwarzem Sesam und viel Ingwer in Richtung Korea, was mir ebenso gut gefiel wie die Würzigkeit der Kamillen-Blüte. Frischer, ungewohnter Auftakt.
Während es in Konzept-Restaurants eine Zeitlang schick war, Brot erst spät oder gar nicht mehr im Menü zu servieren, freuten wir uns im Würzhaus an einem Zwiebelbrot mit einer eigenständigen Joghurt-Senf-Crême.
Beim nächsten Teller standen Thai-Aromen Pate, denn grüner Spargel gebraten und roh war u.a. mit Kokos, Erdnuss und asiatischen Kräutern veredelt. Dazu Koriander-Kartoffelmus und ein ausgebackenes, flüssiges Eigelb und schon hatten wir einen perfekten vegetarischen Gang, der alle Geschmäcker, Texturen und Temperaturen abbildete. Toll!
Der Fischgang erinnerte mich eher an nordische Küche: Roher Zander wurde mit (zu) prägnantem Dill und dadurch etwas „untergehenden“ Erbsen-Texturen kombiniert. Stärker ein Sand von grünen Tomaten. Mit Blüten und einer beabsichtigten Salzigkeit ergab sich ein frisches, kühles Gericht.
Auf der unerwarteten, kleinen Weltreise waren nun mediterrane Aromen Thema. Roastbeef und zurückhaltende Garnele wurden mit gegrilltem Romanasalat, Pesto und einem überraschend scharfen Cocktail-Dressing kombiniert.
Danach kam eine Nocke Rhabarber-Sorbet gerade recht. Die war, was sie war und tat, was sie sollte: Den Gaumen erfrischen und klären.
Den Fischgang ließen wir zugunsten zweier schmackiger Gerichte aus, die eigentlich alternativ angeboten wurden: Spanferkel mit Aubergine versprach fleischlichen Genuss, Pfifferlinge, Nektarine und Zwiebeln vegetarische.
Die Schweinerei kam in zwei Ausfertigungen. Der Bauch verzauberte mich mit feinem Crunch seiner Schwarte. Das Filet war dagegen leicht zu lange gegart - aber das fiel noch unter persönliche Präferenzen.
Texturen von der lila Eierfrucht und vor allem die Gewürze, u.a. in der Hollandaise machten ganz klar, dass unsere Reise im Orient angekommen war. Trotzdem: Der erste Gang, der „nur okay“ war.
Ganz anderes als die fleischlose Alternative, die kräftiges Umami der kleinen Pilze mit der Süße im Zwiebelschaum und der Fruchtsäure, u.a. aus angebratener Nektarine ziemlich genial kombinierte. Dazu noch Butterbrösel und fertig war ein wunderbar schmackiges Sommergericht, das als einziges in die fränkische Landschaft passte.
Denn den Abschluss - Dessert wurde natürlich ausgelassen - bildete französischer Chaource, schön gereift und leicht erwärmt. , den Variationen von Fenchel und Aprikose zugleich würzig und fruchtig begleiteten.
Das war mal kreativer als die (stets schöne) Arbeit von Affineur Waldmann, dessen Käseparadies nur 20 Kilometer entfernt liegt.
Ein leicht klebriges „Esspapier“-Cornet rund um Kakao, Mandel und Pistazie gab den „Rausschmeißer“, der uns sehr zufrieden in einen immer noch warmen Abend begleitete.
Sechs Gänge wurden mit 105 Euro abgerechnet; das war für das Gebotene angemessen.
Seit längerer Zeit hatte ich mal wieder das Vergnügen, mit einer Kollegin am Vorabend einer gemeinsamen Veranstaltung gut essen zu gehen. Dabei wollten wir auch noch einige dienstliche Dinge besprechen. Knoblauchlastige Länderküchen schieden aus, ebenso ein allzu steifes Fine-dining. Das Würzhaus von Diana Burkel kam da gerade recht, in meiner Erinnerung eine ambitionierte, regionale Küche, serviert von einer freundlichen Crew in zwanglosem Ambiente.
Ambitioniert und vor allem sehr gut war es dann auch bei unserem Besuch, aber regional ganz und gar... mehr lesen
4.0 stars -
"Unerwartete kulinarische Weltreise in Franken" DerBorgfelderSeit längerer Zeit hatte ich mal wieder das Vergnügen, mit einer Kollegin am Vorabend einer gemeinsamen Veranstaltung gut essen zu gehen. Dabei wollten wir auch noch einige dienstliche Dinge besprechen. Knoblauchlastige Länderküchen schieden aus, ebenso ein allzu steifes Fine-dining. Das Würzhaus von Diana Burkel kam da gerade recht, in meiner Erinnerung eine ambitionierte, regionale Küche, serviert von einer freundlichen Crew in zwanglosem Ambiente.
Ambitioniert und vor allem sehr gut war es dann auch bei unserem Besuch, aber regional ganz und gar
Als nächstes Sterne-Restaurant hat nun das NoName in Berlin die Schließung zum 31.12.2023 bekannt gegeben. Auch, wenn diese Gastronomie nur eine kleine Zielgruppe hat, empfinde ich es als Kultur-Verlust. Was wäre wohl los, wenn die Subventionierung der Stadttheater eingestellt würde und es zu Schließungen käme?
Als nächstes Sterne-Restaurant hat nun das NoName in Berlin die Schließung zum 31.12.2023 bekannt gegeben. Auch, wenn diese Gastronomie nur eine kleine Zielgruppe hat, empfinde ich es als Kultur-Verlust. Was wäre wohl los, wenn die Subventionierung der Stadttheater eingestellt würde und es zu Schließungen käme?
The NOname · Gourmetrestaurant
The NOname · Gourmetrestaurant€-€€€Sternerestaurant, Gourmet030279099027Oranienburger Straße 32, 10117 Berlin
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"Schließung zum Ende des Jahres" DerBorgfelderAls nächstes Sterne-Restaurant hat nun das NoName in Berlin die Schließung zum 31.12.2023 bekannt gegeben. Auch, wenn diese Gastronomie nur eine kleine Zielgruppe hat, empfinde ich es als Kultur-Verlust. Was wäre wohl los, wenn die Subventionierung der Stadttheater eingestellt würde und es zu Schließungen käme?
Ab dem 9. November 2023 ist das Kastenmeiers wieder zurück in den angestammten, größeren Räumlichkeiten im noblen Taschenbergpalais, rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft. Das Kempinski-Hotel bleibt derweil noch eine Baustelle bis voraussichtlich Februar 2024. (Quelle: Sächsische Zeitung u.a.)
Ab dem 9. November 2023 ist das Kastenmeiers wieder zurück in den angestammten, größeren Räumlichkeiten im noblen Taschenbergpalais, rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft. Das Kempinski-Hotel bleibt derweil noch eine Baustelle bis voraussichtlich Februar 2024. (Quelle: Sächsische Zeitung u.a.)
Kastenmeiers | Das Fischrestaurant
Kastenmeiers | Das Fischrestaurant€-€€€Restaurant, Bistro, Cocktailbar, Gourmet035148484801Tzschirnerplatz 3-5, 01067 Dresden
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"Zurück in die Zukunft" DerBorgfelderAb dem 9. November 2023 ist das Kastenmeiers wieder zurück in den angestammten, größeren Räumlichkeiten im noblen Taschenbergpalais, rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft. Das Kempinski-Hotel bleibt derweil noch eine Baustelle bis voraussichtlich Februar 2024. (Quelle: Sächsische Zeitung u.a.)
Geschrieben am 29.10.2023 2023-10-29| Aktualisiert am
04.11.2023
Besucht am 29.10.2023Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 70 EUR
In Magdeburg ist der Freund gehobener Küche am Sonntag noch verlorener als anderswo. Einzig der Hoflieferant hält die Fahne saisonaler Frischeküche hoch. Außer natürlich, wenn am folgenden Montag Brückentag ist. Da lohnt sich die Öffnung nicht. Und auch nicht ein Hinweis auf der Homepage, so dass ich etwas ratlos über Alternativen nachdachte, denn immerhin war es für meinen Magen schon 20.00 Uhr auch wenn der Zeitmesser seit dem frühen Morgen etwas anderes vermeldete.
Dann also mal in einen italienischen Steakladen am Schleinufer, vom dem ich schon Schlechtes gehört hatte. Indes: In der Not...
Das langgezogene Gebäude aus gelben Backsteinen mag in früheren Zeiten ein Bahnschuppen gewesen sein. Führte doch hier die Versorgungslinie in die Kasematten der preußischen Festung. Im Inneren ist der Dachstuhl und das Ständerwerk freigelegt.
Zusammen mit dem Parkett ist das zugleich rustikal und elegant. Völlig unpassend nach meinem Geschmack die unterschiedlichen, allesamt blauen Kronleuchter.
Die Betreiber sind Italiener und im Dryager hingen tatsächlich mächtige Chianina-Cuts, aber sogar Ribeye aus Kagoshima für 790€ das Kilo.
Das Karten-Set auf den Holztischen spricht eher ein "übliches" Publikum an, auffallend viele Familien und Paare, die es mal etwas "ausgefallener" möchte, also z.B. Fleisch zum Selberbraten auf der heißen Eisenplatte. Für die Standardkarte wird argentinisches Black Angus verwendet.
Am Nebentisch Italiener, die Fußball auf dem Handy schauen, soweit immerhin authentisch! Nachdem die Nerazzuri die Tabellenführung glücklich verteidigt hatten, entspann sich eine intensive Diskussion mit dem Patrone, der die restliche Kundschaft allerdings keines Blickes würdigte.
Es gibt keine Weinkarte, 5 Rote werden auf der Tafel offeriert von Primitivo Sessantina bis zum Turriga 2015, immerhin. Die Preise teils fair, teils schwierig. Als offene Rote bietet der italienische Kellner Primitivo an, aber auch den fruchtigem sardischen Cannonau. Das erfreut. Erst recht 0,5l für 13,80.
Erster Gang Rindertatar zum Selbermischen, Das ist gut, da bei den Accompagnements Knoblauch enthalten ist. Aber auch Eigelb in der aufgeschlagene Schale. Dijon-Senf, Schalotte und Gürkchen wie es sich gehört.
Das handgeschnittene Fleisch blieb unauffällig, es sollte aus dem "Rinderfiletherz" stammen, hatte dafür aber recht viele Sehnen...
Serviert in einem zähen Parmesan-Körbchen. Dazu Kirsch-Tomaten, Gurken, Petersilie und Orangenscheiben!
Wenn die Deko mehr Raum einnimmt als das eigentliche Essen...
Zum gereichten Weißbrot schweigt des Sängers Höflichkeit.
26,5 € für 150 Gramm waren zu teuer.
Hauptgang italienisches Schweinenackensteak.
Die beiden dünnen Scheiben Gran Parino kamen natürlich durchgebraten,
was beim durchwachsenen Schweinenacken vernünftig ist. Die (vom Bestellsystem des Kellners erzwungene) Frage nach dem Gargrad zeigt nur, dass der Laden seine Karte (oder wohl eher den Gast) nicht ernstnimmt.
Das Fleisch war für Nacken okay, kräftig gewürzt und schon mit mehr Geschmack gesegnet, als das bedauernswerte Supermarktschwein, etwas fest, aber nicht wirklich zäh.
Lecker die vielen Zwiebeln, die sehr vorsichtig gegart waren, keine Röstnoten, vielmehr süß und genau noch den richtigen Biss. Auch die Drillinge mit Rosmarin schmeckten gut.
Das mit Pesto bestrichene Weißbrot wieder latschig. Die weiche(!) Kräuterbutter immerhin selbstgemacht.
Für 24,90€ war der Preis noch gerade okay.
Am Besten die Kartoffeln. Und der Cannonau.
Und ein Averna (4€), für den ich auf Nachfrage sogar Eis und Zitrone bekomme...
Eine (etwas teure) Notlösung, halt.
In Magdeburg ist der Freund gehobener Küche am Sonntag noch verlorener als anderswo. Einzig der Hoflieferant hält die Fahne saisonaler Frischeküche hoch. Außer natürlich, wenn am folgenden Montag Brückentag ist. Da lohnt sich die Öffnung nicht. Und auch nicht ein Hinweis auf der Homepage, so dass ich etwas ratlos über Alternativen nachdachte, denn immerhin war es für meinen Magen schon 20.00 Uhr auch wenn der Zeitmesser seit dem frühen Morgen etwas anderes vermeldete.
Dann also mal in einen italienischen Steakladen am Schleinufer,... mehr lesen
3.5 stars -
"Nicht schlecht, aber Luft nach oben" DerBorgfelderIn Magdeburg ist der Freund gehobener Küche am Sonntag noch verlorener als anderswo. Einzig der Hoflieferant hält die Fahne saisonaler Frischeküche hoch. Außer natürlich, wenn am folgenden Montag Brückentag ist. Da lohnt sich die Öffnung nicht. Und auch nicht ein Hinweis auf der Homepage, so dass ich etwas ratlos über Alternativen nachdachte, denn immerhin war es für meinen Magen schon 20.00 Uhr auch wenn der Zeitmesser seit dem frühen Morgen etwas anderes vermeldete.
Dann also mal in einen italienischen Steakladen am Schleinufer,
Geschrieben am 29.10.2023 2023-10-29| Aktualisiert am
29.10.2023
Das Traditionshaus und Ausflugsziel am Wümmedeich ist bis auf Weiteres geschlossen, nachdem die Pächterin kurzfristig den Betrieb eingestellt hat. Der Deichverband als Eigentümer sucht neue Betreiber. (Quelle: WKonline) Bis zum Frühjahr sollte jemand gefunden werden, denn mit dem Betrieb des Lokals ist auch die Bedienung der Schleuse verbunden…
Das Traditionshaus und Ausflugsziel am Wümmedeich ist bis auf Weiteres geschlossen, nachdem die Pächterin kurzfristig den Betrieb eingestellt hat. Der Deichverband als Eigentümer sucht neue Betreiber. (Quelle: WKonline) Bis zum Frühjahr sollte jemand gefunden werden, denn mit dem Betrieb des Lokals ist auch die Bedienung der Schleuse verbunden…
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"Bis auf Weiteres geschlossen" DerBorgfelderDas Traditionshaus und Ausflugsziel am Wümmedeich ist bis auf Weiteres geschlossen, nachdem die Pächterin kurzfristig den Betrieb eingestellt hat. Der Deichverband als Eigentümer sucht neue Betreiber. (Quelle: WKonline) Bis zum Frühjahr sollte jemand gefunden werden, denn mit dem Betrieb des Lokals ist auch die Bedienung der Schleuse verbunden…
Geschrieben am 28.10.2023 2023-10-28| Aktualisiert am
29.10.2023
Besucht am 28.02.2023Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 105 EUR
Auf das Kastenmeiers war ich durch einen Bericht von Jenome gestoßen. Da residierte das auf Fisch- und Meeresfrüchte spezialisierte Restaurant noch im edlen Taschenbergpalais, dessen Umbau sich wenig überraschend verzögert, nun aber im Februar nächsten Jahres abgeschlossen sein soll. Der gebürtige Österreicher, der schon seit 1995 in der sächsischen Hauptstadt kocht, ist derweil mit seinem Team in das kaum weniger noble Kurländer Palais umgezogen, das als eine der letzten Altstadt-Ruinen erst 2008 wieder aufgebaut wurde.
Der Weg des Gastes führt durch ein recht leer wirkendes Foyer, in dem die (am Neumarkt) käuflich zu erwerbenden Bronzen junger Frauen in manierierten Posen für mich eher unpassend wirkten.
Wenn überhaupt Nackte, dann hier doch bitte barock…
Hinter der Glastüre geht es zunächst durch die Austern- und Sushibar, in der es mit gedämpftem Licht und Bistrogestühl legerer zugeht. Am Pass vorbei und um die Ecke öffnet sich erst ein kleinerer Raum mit an Hieroglyphen anmutenden Wandmalereien, dann ein sehr großer Gastraum, in dem die grob behauenen Wände aus Felsquadern überraschen. Fußboden und Türstürze aus Marmor bilden den edlen Konterpart. An den Wänden mehr zusammengesucht als zusammengefundene Kunst.
Ich sag mal: Ungewöhnliche, nicht unbedingt stimmige Innenraumgestaltung, aber das kann ja auch interessant sein.
Die hoher Decken waren gestaffelt abgehängt, trotzdem war der Geräuschpegel schon recht hoch, denn an diesem Dienstagabend im Februar war das Kastenmeiers bis auf den letzten Platz gefüllt. Bei einem kleinen Rundgang waren diverse Sprachen und deutsche Dialekte zu hören, aber wenig sächsisch. Ich hatte den Eindruck, dass hier fast nur Geschäftsleute und gutsituierte Touristen einkehren, entsprechend sind die Preise, allerdings auch die teure Weinkarte mit etlichen Raritäten. Die Whisk(e)y-Spezialitäten vom Wagen wurden ebenso frequentiert, wie die am Tisch frisch zubereiteten Crêpes Suzette.
Für mich blieb nur ein ungeliebter, schon recht abgestoßener Hochtisch in der Ecke des ersten Raumes, immerhin mit einer dick gepolsterten, Cappuccino-farben bezogenen Bank - aber ohne Reservierung kann man sich ja nicht beschweren. Außerdem hatte der Platz auch Vorteile; zwar ein ständiges Kommen und Gehen vom und zum Pass, aber so hatte ich jederzeit Zugriff auf meine junge Servicedame, die wie ihre vielen Kollegen vielleicht nicht vom Fach war, aber auf jeden Fall gut angelernt. Ansprache, Aufmerksamkeit, Ansagen: Alles professionell ohne echte Herzlichkeit, halt auf geschäftliche Besucher eingestellt. Das überzählige Gedeck wurde sogleich ausgehoben. Als sie meine Nachfragen fachlich nicht beantworten konnte, bat sie souverän den Restaurantleiter an meinen Tisch, der auch danach auffällig oft nach meiner Zufriedenheit fragte…
Da wenige Tage zuvor die Fastenzeit angebrochen war, blieb es für mich bei Crodino Soda (6,5€). Später stieg ich auf Radeberger Alkoholfrei um. 4,9€ für ein 0,33l Bier, das Hanseat1957 Konzernpils nennen würde…
Für den ersten Hunger vorweg zweierlei Brot, ein Tessiner Pane maggiore (ging so) und mediterranes Baguette (furchtbar zäh). Echt überrascht war ich darüber, dass Zwiebelsalz (sehr lecker), Schnittlauch-Frischkäse (auch lecker) und Butter (Butter) scheinbar in einer Porzellan-Dreierschale offeriert wurden, die sich indes als schnödes Plastik (Korrektur: schnöde Plaste) herausstellte! Essig und Öl können selbstredend käuflich erworben werden.
Als Gruß schickte die Küche eine gebackene Garnele auf Süßkartoffel-Püree. Kalt, aber immerhin knusprig. Erst sehr süß, aber mit der Zeit setzte sich das Krustentier durch. Bißchen zu früh vorbereitete Massenware, aber wie soll es bei vollen Haus anders gehen. Ein zweites Exemplar, das an der Hand einer anderen Servicekraft versehentlich(?) an meinen Tisch schwamm, war zusätzlich mit Majo bekleckst. Nicht alles ist schlecht.
Mein Menü startete mit 4 Austern von Monsieur Gillardeau.
Der Stückpreis von 8€ sagt alles über das Preisniveau. Allerdings relativiert - mathematisch Hochbegabte konnten es anhand des Fotos ahnen - durch eine Gratis-Ergänzung, weil ja eine Auster schlecht sein könnte! Irritierend, weil ohnehin sichergestellt sein sollte, den Gast nicht Gesundheitsgefahren auszusetzen? Oder mit Stil, weil man es eben doch nicht immer riechen kann? Ich halte es für einen Marketing-Gag, was nichts am wie stets angenehm süßen Aroma der Mollusken aus dem Becken von Oleron änderte. Als „Beihau“ eine sehr milde, durch Zucker dickflüssige Schalotten-Vinaigrette und leckeres Speckbrot. Dazu Zitrone im Säckchen.
Meine angedachte Sushibestellung scheiterte: Der in der Karte verzeichnete - im Einkauf sehr teure Thunfischbauch - entfiel „wegen Qualitäts-Problemen“.
Der von mir ersatzweise angefragte und (wenn gut gemacht) auch nicht billige Aal war gar nicht im Angebot, weil „der Chef den nicht mag“. Man wird alt wie ne baskische Kuh und kriegt die Kinnlade nicht zu.
Auf das Sushi-Standardprogramm hatte ich bei den hiesigen Preisen keine Lust, dann also die Vorspeisenvariation für 25,5€. Für die Leistung nicht mal überzogen.
Zwei kleine Stücke Baby-Kalmar waren zart und überzeugten mit leisen Röstnoten. Das vom Küchengruß bekannte Süßkartoffelmus hätte ich nicht gebraucht, aber es füllte optisch den Teller und war ja kein Fehler.
Nur vorsichtig gratinierte, kleine Jakobsmuscheln wurden vom Käse aromatisch nicht überdeckt und der begleitende knackige Spinat war richtig gut.
Eine festfleischige, gut gewürzte Garnele konnte sich positiv von der Schwarmgenossin des Amuse abheben.
Am besten schmeckte mir die Schnitte vom Thunfischrücken, den ich unter dem Begriff Sashimi nicht leicht angebraten erwartet hätte.
Der freundliche Gastgeber zitierte den japanischen Chef, dass dies auch ganz kurz Gebratenes meine. Erst mariniert oder paniert z.B. in Sesam führe zur Bezeichnung tataki = geklopft. Wieder was gelernt. Wenn’s stimmt. Das sehr feine, Kateifi-ähnliche Kartoffelstroh knusperte nett. Wakame-Salat rundete die Asienabteilung ab, Rucola mit Parmesan die mediterrane.
Als Hauptgericht gab es Steinbutt vom Grill (36,50€); mein häufiger Begleiter beglückwünschte mich zu der Wahl, die auch die seine gewesen wäre. Da haben bzw. hätten wir auch keinen Fehlgriff getan - ganz im Gegenteil. Eine dicke Tranche des gar nicht so platten Fisches, durchgebraten und saftig (Butt ist eine sichere Bank) mit kräftiger Röstung, gerade richtig, um das Aroma nicht zuzudecken.
Dazu wilder Brokkoli à point zudem aromatisch stark und eine recht säuerlich geratene, handwerklich saubere Beurre blanc.
Star des Tellers jedoch schwarzer Venere Reis, der ebenfalls genau den Biss hatte, den ich an Reis mag: Nicht mehr hart im Inneren, aber noch knackig. Dabei den typisch nussigen, leicht rauchigen Geschmack. Es war kein klassisches „laufendes“ Risotto, aber sehr cremig und mit etwas Frische durch Frühlingslauch. Woher die rosa Farbe kommt, war mir nicht klar. Färbt schwarzer Reis aus? Da ging kein einziges Korn zurück!
In Summe doch ganz zufrieden mit meiner Entscheidung für das Kastenmeiers bezahlte ich die sympathisch präsentierte, aber ohne Alkoholika recht üppige Rechnung (ohne Steuernummer)
und trollte mich zurück an den nächtlichen Neumarkt.
Auf das Kastenmeiers war ich durch einen Bericht von Jenome gestoßen. Da residierte das auf Fisch- und Meeresfrüchte spezialisierte Restaurant noch im edlen Taschenbergpalais, dessen Umbau sich wenig überraschend verzögert, nun aber im Februar nächsten Jahres abgeschlossen sein soll. Der gebürtige Österreicher, der schon seit 1995 in der sächsischen Hauptstadt kocht, ist derweil mit seinem Team in das kaum weniger noble Kurländer Palais umgezogen, das als eine der letzten Altstadt-Ruinen erst 2008 wieder aufgebaut wurde.
Der Weg des Gastes führt durch... mehr lesen
Kastenmeiers | Das Fischrestaurant
Kastenmeiers | Das Fischrestaurant€-€€€Restaurant, Bistro, Cocktailbar, Gourmet035148484801Tzschirnerplatz 3-5, 01067 Dresden
4.0 stars -
"Fisch und Meeresfrüchte sehr gut, aber auch teuer" DerBorgfelderAuf das Kastenmeiers war ich durch einen Bericht von Jenome gestoßen. Da residierte das auf Fisch- und Meeresfrüchte spezialisierte Restaurant noch im edlen Taschenbergpalais, dessen Umbau sich wenig überraschend verzögert, nun aber im Februar nächsten Jahres abgeschlossen sein soll. Der gebürtige Österreicher, der schon seit 1995 in der sächsischen Hauptstadt kocht, ist derweil mit seinem Team in das kaum weniger noble Kurländer Palais umgezogen, das als eine der letzten Altstadt-Ruinen erst 2008 wieder aufgebaut wurde.
Der Weg des Gastes führt durch
"Quo vadis, Pfaffenberg?", fragte Kollege Shaneymac in seinem letzten Beitrag. Jetzt ist klar, es geht nirgendwo mehr hin. Voraussichtlich schon am 18. Dezember 2023 soll Schluss sein in Höhscheid.
Auf der Homepage wird das ebenso erwartbar wie nachvollziehbar begründet: „Wir mussten uns in den Jahren seit Corona eingestehen, dass die Rentabilität eines Gastronomiebetriebes, der einen hohen Anspruch an Qualität hat, kaum erreichbar ist. Zusätzlich trifft uns – wie alle Gastronomiebetriebe – die stark verschärfte Arbeitsmarktsituation.“
Ich fürchte, dass auch einige meiner Lieblingsrestaurants aus dem gehobenen Segment den gleichen Weg werden gehen müssen.
"Quo vadis, Pfaffenberg?", fragte Kollege Shaneymac in seinem letzten Beitrag. Jetzt ist klar, es geht nirgendwo mehr hin. Voraussichtlich schon am 18. Dezember 2023 soll Schluss sein in Höhscheid.
Auf der Homepage wird das ebenso erwartbar wie nachvollziehbar begründet: „Wir mussten uns in den Jahren seit Corona eingestehen, dass die Rentabilität eines Gastronomiebetriebes, der einen hohen Anspruch an Qualität hat, kaum erreichbar ist. Zusätzlich trifft uns – wie alle Gastronomiebetriebe – die stark verschärfte Arbeitsmarktsituation.“
Ich fürchte, dass auch einige meiner Lieblingsrestaurants aus dem gehobenen Segment den gleichen Weg werden gehen müssen.
Pfaffenberg
Pfaffenberg€-€€€Restaurant, Bistro, Cafe, Ausflugsziel021238363003Pfaffenberger Weg 284, 42659 Solingen
stars -
"Im Dezember geht das Licht aus" DerBorgfelder"Quo vadis, Pfaffenberg?", fragte Kollege Shaneymac in seinem letzten Beitrag. Jetzt ist klar, es geht nirgendwo mehr hin. Voraussichtlich schon am 18. Dezember 2023 soll Schluss sein in Höhscheid.
Auf der Homepage wird das ebenso erwartbar wie nachvollziehbar begründet: „Wir mussten uns in den Jahren seit Corona eingestehen, dass die Rentabilität eines Gastronomiebetriebes, der einen hohen Anspruch an Qualität hat, kaum erreichbar ist. Zusätzlich trifft uns – wie alle Gastronomiebetriebe – die stark verschärfte Arbeitsmarktsituation.“
Ich fürchte, dass auch einige meiner Lieblingsrestaurants
Geschrieben am 22.10.2023 2023-10-22| Aktualisiert am
17.01.2024
Besucht am 13.10.2023Besuchszeit: Abendessen 3 Personen
Rechnungsbetrag: 202 EUR
Das diesjährige "Reservisten-Treffen" führte wieder an Saar und Mosel. Nach einem Tag im schönen Metz (Geheimtipp!) und einem Abstecher nach Schengen - die einzige Kleinstadt, die durch ihren "Raum" bekannt ist - ging es zum Abendessen nach Downtown-Konz, wo seit 2021 im renovierten Bahnhof deutsche Küche mit Anspruch serviert wird. Medial konnte man bereits überzeugen.
Das 1860 im Stil des italienischen Renaissence-Baumeisters Antonio Palladio errichtete Gebäude ist schon von außen ein Schmuckstück.
Nach einer freundlichen Begrüßung und Prüfung der Reservierung wurden wir im linken Flügel an einen Fenstertisch geführt. Die Dunkelheit verhüllte gnädig den Blick auf den Parkplatz. Durch das Fenster hinter uns beobachteten wir die vorbeifahrenden Züge - ein durchaus stimmiges Bild. Der Zugverkehr war keinesfalls störend, zudem herrschte im fast vollen Gastraum ein angenehmes Stimmengewirr. Wohltuend die hohen Decken und die eleganten Rundbogenfenster, letztere im Rahmen der Renovierung extra neu angefertigt. Die Tische mit ihren schweren Naturholzplatten stehen im angenehmen Abstand. Man sitzt auf dick gepolsterten Bänken oder mit Samtvelour bezogenen, bequemen Stühlen. Große Abzüge historischer Schwarz-Weiß-Fotos rund um das Thema Eisenbahn und Bahnhof passen genial
und auch mit Corporate Identity ist kein Fremdwort.
Die Beleuchtung gerade richtig, nicht zu hell und nicht zu dunkel. Stylische Leuchter imitieren Blattwerk und spenden passend zu ihrer Farbe goldenes Licht. Indirekte weiße Beleuchtung sorgt für die ausreichende Helligkeit. Im Hintergrund läuft Bar-Jazz für die richtige "laid-back-Stimmung".
Die junge, gleichwohl erfahrene Bedienung agierte zurückhaltend, aber stets auf der Höhe. Sie drängelte uns nicht, war aber immer ansprechbar, ruhig und versiert. Über einen Wechsel der Beilage holte sie erst Auskunft in der Küche ein. Kein Problem. Die gesamte, vermutlich osteuropäische Crew war einheitlich schwarz gekleidet und hatte die fast ausreservierten Räume gut im Griff.
Ein Amuse wird nicht spendiert. Dafür sind die Portionen nicht kleinlich.
Als Vorspeise für mich Erbsencremesuppe, die mit wenig Sahne, dafür einem deutlichen Geschmack punktete.
Gemixt, aber nicht passiert, Schalenfragmente waren zu fühlen. Einziges Manko: Sehr salzig, erst recht zusammen mit den kleinen Streifen gekochten Schinkens. Etwas Frische, z.B. durch Zitrone wäre schön gewesen.
Das Stangenweißbrot war leider arg belanglos;
das geht besser.
Gegenüber freute sich der diesjährige Gastgeber über sein Vitello Tonnato und lobte auf Nachfrage den Kalbsbraten ausdrücklich.
Unsere Hauptspeisen kamen zeitlich versetzt, aber auch nicht so weit, dass es den Dalai Kulilama aus der Ruhe gebracht hätte. Mein Cordon bleu aus der Pfanne hatte eine tolle krosse Panierhülle.
Der Schweinerücken erwartbar schier und damit halt recht trocken. Leider konnte der Emmentaler im Inneren nicht recht überzeugen und auch der Schinken blieb am Gaumen unauffällig. Preiselbeeren und Zitrone gabs dazu.
Vom ersten Cordon bleu seit Jahrzehnten hatte ich mir etwas mehr versprochen, aber ich bleibe am Ball.
Dafür geriet die (ohne Aufpreis getauschte) Beilagen-Premiere überzeugend: "Kappes Teerdisch" scheint eine (vermutlich nicht nur) regionale Spezialität zu sein und ist Kartoffelbrei (hier sehr flüssig, aber mit Stücken), in den Sauerkraut gemischt ist. Weich und angenehm säuerlich.
Lecker.
Der frische Beilagensalat war ohne Ausschläge nach oben oder unten.
Beide Kameraden sangen ein Loblied auf ihre Gerichte, seien es die Kartoffelgnocchi mit perfekt geschmorten Hokkaido-Kürbis und dezenter Salbeinote auf dem einen oder die Fettucine mit Pfifferlingen und Rinderfiletstreifen (wunderbar medium gebraten!) auf dem anderen Teller.
Das soll in die Bewertung einfließen; ich hätte einen halben Punkt abgezogen.
Nach Limoncello Sprizz zum Auftakt schwenkte einer der Reservisten stilecht auf heimisches Bier um, zwei teilten sich einen Saar Riesling von Alten Reben.
Mit 48 Euro für hiesige(!) Verhältnisse schon hochpreisig; in Norddeutschland wäre man über den Preis sehr froh. Außerdem muss die Investition ins Gebäude zumindest ein wenig amortisiert werden. Es dürfte aber wohl auch Liebhaberei bzw. Mäzenatentum dabei sein. Immerhin scheint der im Immobiliengeschäft tätige Eigentümer nicht zu den ärmsten Schluckern zu gehören. Man munkelt am Ort von 2 Mio. Umbaukosten, um aus dem von der DB völlig verlotterten Kleinstadtbahnhof wieder ein echtes Juwel zu machen.
Gegenüber labte man sich an Kaffee und Crèmes aus kleinen Einmachgläsern (Limette: "Wenn man genau hinschmeckt..." Mousse au chocolat: "Die hier ist fluffiger; meine eigene ist mastiger.“ WTF?)
Ich setzte auf einen Digestif an der Bar.
War aber wohl nicht vorgesehen, denn wir ernteten zunächst erstaunte Gesichter. Erst recht, als wir anfingen, die Hochstühle vor die Theke zu ziehen. Letztlich nahm man auch diese Schrulligkeit der älteren Gäste hin und verköstigte uns gern mit Kräuterlikör und Portwein. Wir bedankten uns mit 15% Trinkgeld und waren froh, nicht in den USA zu sein, wo wohl inzwischen alles unter 20% ein no-go sein soll.
Fazit:
Der Historische Bahnhof ist zweifelsohne ein großer Gewinn für Konz und Umgebung. Handwerklich überzeugende deutsche Küche (ergänzt durch ein paar italienische Lieblinge) in einem ansprechenden historischen, aber eben auch zeitgemäßen Ambiente.
Das diesjährige "Reservisten-Treffen" führte wieder an Saar und Mosel. Nach einem Tag im schönen Metz (Geheimtipp!) und einem Abstecher nach Schengen - die einzige Kleinstadt, die durch ihren "Raum" bekannt ist - ging es zum Abendessen nach Downtown-Konz, wo seit 2021 im renovierten Bahnhof deutsche Küche mit Anspruch serviert wird. Medial konnte man bereits überzeugen.
Das 1860 im Stil des italienischen Renaissence-Baumeisters Antonio Palladio errichtete Gebäude ist schon von außen ein Schmuckstück.
Nach einer freundlichen Begrüßung und Prüfung der Reservierung wurden wir... mehr lesen
4.0 stars -
"Restauriertes Schmuckstück mit empfehlenswerter Küche" DerBorgfelderDas diesjährige "Reservisten-Treffen" führte wieder an Saar und Mosel. Nach einem Tag im schönen Metz (Geheimtipp!) und einem Abstecher nach Schengen - die einzige Kleinstadt, die durch ihren "Raum" bekannt ist - ging es zum Abendessen nach Downtown-Konz, wo seit 2021 im renovierten Bahnhof deutsche Küche mit Anspruch serviert wird. Medial konnte man bereits überzeugen.
Das 1860 im Stil des italienischen Renaissence-Baumeisters Antonio Palladio errichtete Gebäude ist schon von außen ein Schmuckstück.
Nach einer freundlichen Begrüßung und Prüfung der Reservierung wurden wir
Geschrieben am 16.10.2023 2023-10-16| Aktualisiert am
16.10.2023
Besucht am 26.01.2023Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 140 EUR
Nach dem Re-Start verblüffte mich die Wirkungsstätte von Sebastian Hadrys (Küche) und seiner Partnerin Jenny Ebeling (Service) zunächst mit einem Tausch der Räumlichkeiten. Während das zum Garten gelegene, bisherige Landhaus-Restaurant nun für Gesellschaften und Veranstaltungen genutzt wird, spielt sich das tägliche Geschäft im vorderen, ehemaligen Schulungsbereich ab. Durch eine neu eingezogene, großzügige Holztreppe ist zudem das Dachgeschoss geöffnet und zu einer Lounge ausgebaut worden. Eine sicher nicht ganz billige, aber nachvollziehbare Entscheidung. Für Schulungen etc. war der bisherige vordere Raum recht klein. Und das ehemalige Restaurant hatte durch seinen Fliesenboden und die leicht barocke Wandgestaltung auf manche Gäste vielleicht eine etwas zu einschüchternde Atmosphäre.
Jetzt geht es im Hadrys rustikaler zu, hell und freundlich. Der dunkelgraue Fußboden kontrastiert gut mit dem weiß gestrichenen Stahlträger. An den Wänden ebenfalls Holzpaneele mit Lampen, die ein warmes Licht geben.
Nur die Setzteller machen mit ihrem hübschen Muster weiterhin gute Laune.
Statt (gefühlt) steifem fine-dining jetzt Wohlfühlatmosphäre.
Dazu passt die manchmal erfrischende Ansprache von Frau Ebeling (Man kennt sich jetzt schon einige Jahre;-), die von einer ebenso selbstbewussten, aber nie ruppigen Kollegin im Service unterstützt wurde.
Ich starte mit einem für die Jahreszeit ungewöhnlich fruchtig-leichten Aperitif „Testarossa“:
Sekt mit Himbeere und Zitrone und treffe dann eine ungewöhnliche Entscheidung: Weinbegleitung!
Aber die Flaschenweine, die mir gefallen, habe ich hier schon mehrfach getrunken. Also Zeit für neue Erfahrungen! Nicht neu sind die fairen Preise: Das komplette 6-Gang-Menü kostet 65 Euro, die Begleitung im Glas 45 Euro; es wird großzügig eingeschenkt. Aufgesprudeltes Leitungswasser (Pardon: Landhauswasser!) wird immer noch mit 3,8€ berechnet.
Als Appetithappen schickt die Küche zweierlei Landhaus-Brot (frisches Baguette und das dünne Knäckebrot mit Körnern, das ich seit meinem ersten Besuch feiere) dazu Gänseschmalz, in dem Apfel und Röstzwiebeln verarbeitet sind. Köstlich!
Der erste Gang ist gleich ein Paukenschlag: Winter-Caprese!
Sahnige Burrata verbindet Sebastian Hadrys mit in Zimt eingelegter Tomate. Tolles gewürzig-fruchtiges Aroma in den Paradeisern und einem davon gezogenen Schaum. Als grüne Komponente Rucola: Aber nicht nur als Bett für weiß und rot, sondern auch als Sorbet(!) mit Ginger-Ale!
Mutig, kreativ, funktioniert gut! Auch, weil die Ingwer-Limo die sonnenreife Süße der Tomaten übernimmt. Kein Wunder, dass der Gang schneller verspeist als abgelichtet war…
Der Weißburgunder hielt ordentlich mit.
Danach kommt „Unser Linseneintopf": Optisch eher Soljanka, da tomatisiert. Die Linsen haben noch ganz wenig Biss. Aber mutig gewürzt, so dass der geflämmte Atlantik-Lachs trotz minimaler Röstnoten untergeht. Zudem wurde der Tran nicht sauber entfernt; das mag ich nicht.
Der Kerner im Glas dazu recht fett, aber Säure gleicht das aus. Die Restsüße passt jedenfalls.
Nach der Suppe Krustentier: Zwei Garnele gefallen geschmacklich durchaus, haben aber durch eine zu lange Flämmung außen ein ledrige Schicht bekommen. Das ist schade. Der am Tisch angegossene Sud führt durch Ingwer, Chili und Zitronengras in die asiatische Aromenwelt und ist schön scharf. Zwei als Nocke eingelegte Beilagen sind vegetarisch und saisonal-regional:
Rote Bete in zwei Texturen ist überraschend süß und hat eine angenehme, nicht muffige Erdigkeit. Die in Schnittlauch gewälzte Ziegenkäse-Crème brachte eine gewissen Kühle, die wohl die Schärfe des Suds dämpfen sollte. Für mich wäre das gar nicht notwendig gewesen, denn so verlor der Teller Spannung. Geschmeckt hat’s trotzdem.
Nach interessierter Abfrage meiner Rotwein-Vorlieben (Nein.) reichte Frau Ebeling dazu einen sehr fruchtigen neuseeländischen Spätburgunder. War gar nicht schlimm.
Noch war aber nicht Schluss mit Fisch: Der auf der Haut gebratene Winterkabeljau (Was auch sonst…) wurde recht bodenständig auf einer Basis von Kartoffelstampf und einer Schicht Bohnen-Potpourri aufgetürmt. Aber es sind - neben der untadeligen Produktqualität - die „kleinen“ Dinge, die gefallen: Die Fischhaut knusprig (Letztens im Canova das schlabberige Gegenteil!) und zu den Bohnen gesellten sich etwas Speck und Pilze und schon war auch Umami im Spiel. Ein Hummerschaum verband die Komponenten passabel und tat auch dem recht lange gegarten Fisch ganz gut.
Wie häufig nicht ganz das Niveau der Vorspeisen, aber schon ein geradliniges, sehr gutes Winter-Gericht.
Ich hatte mir nochmals Weißburgunder gewünscht und diesmal kam etwas Gereifteres, das mich wieder in meine kleine Weißwein-Blase (That’s for you, folks!) zurück lullte.
Genau mit dem letzten Gang erschien eine langjährige Freundin (Kennengelernt im Türkei-Urlaub - EM 1988 - Rijkaard, das Lama!), die auf meinem Anruf mal eben von der anderen Elbseite gesprintet war. Nach zwei Jahren Corona-Pause gab es viel zu erzählen, so dass der perfekt rosa gebratene Rehrücken mit Pflaume und Sellerie-Texturen etwas in den Hintergrund trat. Ich weiß nur noch, dass das Fleisch wunderbar und eine angebratene Scheibe der Knolle (wie häufig) noch sehr „al dente“ war…
Und, dass der Spätburgunder von der Ahr (Us de Lameng 2019) natürlich prima matchte.
Und dann nur noch etwas Süßes
zum Abschluss dieses rundum erfreulichen Abends im neuen Landhaus! Die Fahrt aus der Innenstadt lohnt.
Nach dem Re-Start verblüffte mich die Wirkungsstätte von Sebastian Hadrys (Küche) und seiner Partnerin Jenny Ebeling (Service) zunächst mit einem Tausch der Räumlichkeiten. Während das zum Garten gelegene, bisherige Landhaus-Restaurant nun für Gesellschaften und Veranstaltungen genutzt wird, spielt sich das tägliche Geschäft im vorderen, ehemaligen Schulungsbereich ab. Durch eine neu eingezogene, großzügige Holztreppe ist zudem das Dachgeschoss geöffnet und zu einer Lounge ausgebaut worden. Eine sicher nicht ganz billige, aber nachvollziehbare Entscheidung. Für Schulungen etc. war der bisherige vordere Raum... mehr lesen
Restaurant Landhaus Hadrys
Restaurant Landhaus Hadrys€-€€€Restaurant, Gasthaus03916626680An der Halberstädter Chaussee 1, 39116 Magdeburg
4.0 stars -
"Das neue Landhaus überzeugt" DerBorgfelderNach dem Re-Start verblüffte mich die Wirkungsstätte von Sebastian Hadrys (Küche) und seiner Partnerin Jenny Ebeling (Service) zunächst mit einem Tausch der Räumlichkeiten. Während das zum Garten gelegene, bisherige Landhaus-Restaurant nun für Gesellschaften und Veranstaltungen genutzt wird, spielt sich das tägliche Geschäft im vorderen, ehemaligen Schulungsbereich ab. Durch eine neu eingezogene, großzügige Holztreppe ist zudem das Dachgeschoss geöffnet und zu einer Lounge ausgebaut worden. Eine sicher nicht ganz billige, aber nachvollziehbare Entscheidung. Für Schulungen etc. war der bisherige vordere Raum
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Ja, so ungefähr kitschig darf man sich die L‘antica Trattoria vorstellen. Außer, dass die Tische unverdeckte, schöne Holzplatten haben.
Ich hatte bewusst meine Anreise zu einer Klausurtagung im Thüringer Wald schon in Gotha unterbrochen, um mir eine weitere Residenzstadt der vielen ehemaligen Kleinst-Fürstentümer anzuschauen. Vom Schloss in der „Oberstadt“ ging es an den hübschen Kaskaden hinunter in das wunderbar restaurierte Zentrum.
An diesem schönen Sommerabend erwartete Inhaber Antonio Tiripicchio sicher noch einige Paare oder gar Gruppen, so dass er für mich nur ungern einen Tisch vor dem Restaurant opfern wollte.
Schicksal, wenn man nicht reserviert. Nun, mein Platz direkt am weit geöffneten Fenster war überhaupt nicht stickig und um nichts in der Welt hätte ich diese beeindruckende Innenausstattung verpassen wollen!
Mein Wunsch, außerhalb der Karte mit etwas Aufschnitt und Käse zu starten, war überhaupt kein Problem. Es gab Coppa, dazu Bel Paese, Pecorino und Parmiggiano.
Der Patron kredenzte Olivenöl, natürlich von familieneigenen Bäumen. Auch so ein Klischee, aber ein durchaus wohlschmeckendes. Der mäßig gereifte Balsamico und das mit Kastanienmehl gebackene Brot (Cucina povera!) waren okay. Für eine Trattoria ein sehr angenehmer Auftakt. Nachdem mir die offenen Roten nicht recht behagten, machte Signor Tiripicchio ohne große Umstände eine Flasche Primitivo IGP auf, ein guter, weicher Begleiter zum Auftakt.
Als Antipasto hatte ich inzwischen von einer der vielen kleinen Tafeln das Hirschcarpaccio mit Pilzen gewählt.
Ich gehe mal von Großhandelsware aus, was aber nicht schlimm war. Das tiefrote, reichlich bemessene Fleisch war dicker geschnitten und schmeckte kräftiger als Rind. Eingelegte Steinpilze hatten ein gutes Aroma. Mit den Parmesanhobeln war das einfach eine leckere Vorspeise. Cherry-Tomaten schmecken im Sommer immerhin, haben aber auf einem Carpaccio kulinarisch nichts verloren. Den vorgesehenen Ruccola hatte ich natürlich schon abbestellt…
Inzwischen war der Chef auf der Suche nach einem gereiften Weißwein für mich fündig geworden.
Der unfiltrierte Pecorino aus den Marken machte mir den weiteren Abend viel Freude mit Fruchtigkeit, sanften Gerbstoffen und deutlicher Kräuternote. Auch ohne Bitte sogleich eingeschenkt in ein größeres Glas, das viel Luft an den lange verschlossenen Wein ließ.
Der Mann versteht sein Handwerk.
Konnte also mit dem Primo weitergehen, auf Empfehlung des Chefs kamen Spaghetti mit Oliven, Paprika, Tomaten und Peperoncini.
Eine „Spezialität“ aus der Heimat des Chefs; klang für mich wie Pasta squintana. Einen entsprechenden Begriff habe ich im Netz nicht gefunden. Vielleicht hilft die Schwarmintelligenz?
Mit selbst gemachtem Chili-Öl, Parmesan und dem hier verzeihlichem Ruccola war das natürlich Soulfood.
Nur leider war die Pasta zu weit gegart worden. Als der Chef meine leichte Enttäuschung mitbekam („Porca miseria! Was macht der Kerl im Keller da?“), gab es eine Schimpfkanonade die Treppe hinunter in die Küche.
Beim Hauptgang war wieder alles, wie es sein sollte: Calamari-Tuben sehr zart mit Oliven, Erbsen sowie frischen und halbgetrockneten Tomaten.
Kräftig gewürzt, einfach, gut gemacht und saulecker. Nicht mehr und ganz bestimmt nicht weniger. Ich war nur glücklich und die 95 Euro inkl. der Getränke nicht billig aber auf jeden Fall preiswert.
Die L’antica Trattoria hat mich auf der ganzen Linie überzeugt. Man muss halt nur etwas Lust auf ein rundum buntes und lautes Erlebnis haben.
Wobei mein Heimweg das absolute Gegenteil war: Um 21.00 Uhr an einem sommerlichen Donnerstagabend war ganz Gotha eine fast menschenleere Museumskulisse.
Ganz Gotha?
Noch war der Abend nicht vorüber…