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Diese kleine Entdeckung wollte ich nicht für mich behalten und da Anfang Februar endlich wieder ein Treffen unseres Wörther Schlemmerzirkels anstand, fuhr ich an einem Donnerstabend mit meinen vier Gaumenkomplizen im Gefolge per Straßenbahn in den derzeit kulinarisch interessantesten Teil der Fächerstadt. Einer Ecke, in der sich „Margarete“ manchmal die „Sein“sfrage stellt ohne dabei „Stilbruch“ zu erleiden.
Genauer gesagt fuhren wir mit der S5 bis zur Haltestelle Mühlburger Tor, um von dort die restlichen paar Meter zu Fuß zurückzulegen. Ein kurzer Blick durch die hohe Fensterfront verriet uns, dass ein Erscheinen ohne vorherige Reservierung an diesem Abend wohl zwecklos gewesen wäre. Es war gut was los in dem hell erleuchteten Lokal in der Goethestraße.
Hier gehts "zu Tisch!"
Außenansicht am Abend
Nach kurzer, aber freundlicher Begrüßung durch Inhaber und Servicechef Marko Tellan durften wir es uns im vorderen Gastraum gleich rechts neben der Eingangstür gemütlich machen. Im gleichen Raum, nur durch eine mannshohe Trennwand abgegrenzt, befand sich übrigens auch die Küche von Roberta Burattin. Gleich daneben kam ein etwas improvisiert wirkender Thekenbereich vor einer dekorativen, mit Wein und anderen italienischen Spezialitäten ausgestatteten Regalwand zum Vorschein.
Blick zur Spezialitäten-Theke
Über ein paar Stufen ging es hinauf zum eigentlichen Hauptgastraum, der bis auf den letzten Platz gefüllt war. In jenem standen die Tische sehr dicht beieinander. Insofern waren wir dann doch froh, dass wir im unteren, deutlich ruhigeren Abteil saßen. Den beiden Pärchen an den benachbarten Bistrotischen ging es vielleicht ähnlich. Ihre Zweisamkeit wurde lediglich von fünf geschwätzigen Pfälzern gestört, was sie jedoch erstaunlich gelassen hinnahmen. Vielleicht tun wir dem gemeinen Karlsruher ja doch manchmal Unrecht…
An die hohe Luftfeuchtigkeit im Raum mussten wir uns anfangs erst ein wenig gewöhnen. Anscheinend funktionierte der Abzug nicht ganz einwandfrei. Da aber nichts in Fett gebraten oder gebacken wurde, duftete es angenehm nach mediterraner Küche. Das machte Appetit, den die Lektüre des übersichtlich angelegten Speiseprogramms noch zu steigern wusste.
Das Angebot an Speisen unterschied sich nämlich deutlich von der üblichen Pizza- und Pastakollektion des Standarditalieners „um die Ecke“. Wer hier Pizza Hawaii oder Pasta mit Sahnesoße erwartet, wird herbe enttäuscht das Weite suchen. Auch für schwer zu sättigende Freunde riesiger Nudelportionen oder wagenradgroßer Teigfladen wäre das hier stimmig umgesetzte „Klein-Aber-Fein-Konzept“ keine Option, um ihr auf Masse ausgelegtes (Fr)Essverhalten zu befriedigen.
Nein, im „A Tavola!“ gelten andere Regeln, die auch den obligatorischen Pizzakarton zur Mitnahme des übriggebliebenen Viertels obsolet machen. Die erste Seite der Speisenkarte gibt Aufschluss über die Philosophie der Betreiber, die das gemeinsame Verkosten in den Vordergrund rücken. Auf eine Unterteilung in Vor- und Hauptspeisen wird dabei bewusst verzichtet.
Die Idee, dass man sich auf neue Geschmackserlebnisse einlässt und diese dann am Tisch miteinander teilt, wird bereits mit den auf langen Holzbrettern angerichteten Wurst- und Käsespezialitäten konsequent verfolgt. Die mit feinsten Metzgerei- und Molkereierzeugnissen aus der Heimat des Betreiberpaares – man bezieht fast alles vom renommierten Delikatessenhändler Corrado Benedetti aus Sant'Anna D'Alfaedo (nördlich von Verona) – bestückten Genussbretter für eine, zwei oder drei Personen bilden quasi das kulinarische Aushängeschild des sympathischen kleinen Ristorantes, das von seinem Flair her auch locker als mediterranes Feinkost-Bistro durchgehen könnte.
Auch die handgefertigte Pasta stammt aus Italia, genauer gesagt aus einer kleinen Manufaktur in Valeggio westlich von Verona. Es gibt sie mit Pecorino, Ricotta-Käse oder geschmortem Rindfleisch („Al Brasato“) gefüllt auf der Standardkarte. Bei den wöchentlich wechselnden Empfehlungen gab es sie auch in Kombination mit schwarzem Trüffel und Artischocken. Für den italo-affinen Redundanzesser hatte man eine Lasagne alla Bolognese im Repertoire. Freunde überbackener Auberginen durften sich an einer Parmigiana di Melanzane erfreuen.
Das Carne Sala, ein trocken mariniertes und in einer Salzlake mit Kräutern gepökeltes Stück aus der Rinderhüfte, kommt hier dünn aufgeschnitten mit eingelegten Artischocken, Parmesanflocken, Balsamico und nativem Olivenöl aus den Veroneser Hügeln sowie etwas Rauchsalz und rosa Pfeffer aufs Porzellan. Schade, dass an unserem Besuchsabend dieses außergewöhnliche Rindercarpaccio aufgrund der großen Nachfrage nicht mehr verfügbar war. Wir hätten es nur zu gerne probiert.
Bei den Getränken waren wir uns schnell einig. Bald perlte ein gut gekühltes Mineralwasser der Marke Teinacher (0,75l für 6,50 Euro) in unseren Gläsern. Die Biertrinker in unserer Runde wurden mit süffigem Hellen aus dem Hause Hoepfner (0,33l für 4 Euro) versorgt.
Ehrlich - süffig - badisch!
Mir war an diesem Abend auch eher nach einem kühlen Blonden zumute, obwohl mich der sehr günstig angebotene, reinsortige Vermentino aus dem Hause Allegrini namens „Solesole“ (30 Euro die Flasche) schon reizte. Zusammen mit einem weinaffinen Trinkgenossen hätte ich ihn mir durchaus gefallen lassen.
Auf unserer aus ein paar aneinandergereihten Bistrotischen bestehenden Tafel wartete poliertes Edelstahlbesteck aus dem Hause Broggi auf seinen ersten Arbeitseinsatz des Abends. Dieser ließ nicht lange auf sich warten, hatten wir uns doch dazu entschieden, mit der „Tagliere Gourmet“ für 3 Personen (40 Euro) möglichst vielfältig in den Abend zu starten.
Da diese vom Umfang her auch locker vier hungrige „Anti-Pastoren“ gut vorsättigen würde, kam lediglich noch ein aus Büffelmozzarella aus Kampanien, Tomatenscheiben und Basilikum-Pesto bestehender „Edel-Caprese-Salat“ (16 Euro) hinzu. Dieser mit qualitativ gutem Olivenöl und etwas altem Balsamico verfeinerte Frischeteller schmeckte dem Vesperplattenvermeider am Tisch ganz ausgezeichnet. Der hierfür verwendete, sanft-cremige Büffelmozzarella rechtfertigte den etwas höheren Preis allemal.
Caprese von "die Buffel"
Dann wurde in Tischmitte das schmale, dafür aber umso längere Spezialitätenbrett platziert.
Das volle Gourmet-Brett vorweg
Wir waren sowohl von der großen Auswahl an norditalienischen Käse- und Wurstpreziosen als auch von deren Präsentation begeistert. Unter den vielen dünn aufgeschnittenen Scheiben wartete feinste Charcuterie auf flinke Finger, um die ins Körbchen gesperrten Baguette-Scheiben zu adeln. Mein Favorit war die Coppa Deavina, ein geräucherter, in Amarone della Valpolicella gereifter Schinken aus dem Schweinenacken. So zart, so angenehm würzig und so wohlriechend!
Charcuterie vom Feinsten
Aber auch der milde Rohschinken, ein ganz famoser Prosciutto Crudo Riserva mit toller Maserung, konnte durchaus was.
Prosciutto Crudo Riserva neben eingelegten Artischocken und Zucchini
Von der Mortadella aus Bologna und der Soppressa dello Schioppo, einer traditionellen venezianischen Salami, ganz zu schweigen. Schade nur, dass es die auf der Karte angekündigte, mit Kräutern (Rosmarin, Wacholder) gewürzte Porchetta (=Spanferkelrollbraten) nicht auf die Platte geschafft hatte. Mit dem nur leicht geräucherten, aber dafür gut gepfefferten Guanciale-Speck wurde jedoch adäquater Ersatz geliefert.
Zu diesem deftigen Wurstreigen gesellten sich noch vier verschiedene Käsesorten, die alle schon in kleine handliche Stücke zerteilt waren, hinzu. Zum kräftigen Pecorino canestrato wäre mir ein Gläschen Amarone gerade Recht gewesen. Dieser hätte auch zum Nascondino, einem mit Birnensud eingeriebenen, gut gereiften Kuhmilchkäse, gepasst.
Tagliere Gourmet (linker Rand) mit Käseschwerpunkt
Mit dem in Amarone della Valpolicella gereiften „Formaggio Vaccino“ hätte der aus getrockneten Trauben gekelterte Spitzenwein aus Venetien natürlich auch hervorragend korrespondiert, keine Frage.
In Amarone gereifter Kuhmilchkäse und Mortadella aus Bologna
Der farblich etwas hellere, herrlich zarte Caprinotta, ein eher milder Ziegenkäse aus der Lombardei, gefiel einem der Plattenputzer besonders gut in Kombination mit den in Essig-Öl eingelegten, sonnengetrockneten Zucchini aus der apulischen Einweckmanufaktur „I Contadini“ und den süß-sauer marinierten Artischocken und Oliven.
Auch ein paar weiße Trauben, ein kleines Schüsselchen mit getrockneten Tomaten sowie eine mit Birnen und Walnüssen verfeinerte Senfsoße tummelten sich unter den mit Bedacht gewählten Beigaben zu gutem Käse und noch besseren Wurstwaren. Da konnte sich jeder nach Herzenslust bedienen und sich ungeniert durchfuttern. Auf der reich belegten Tagliere war nämlich für jeden Geschmack etwas dabei.
Schön, dass uns diese aus tollen Produkten zusammengestellte Antipasti-Platte so viele unterschiedliche Geschmackserlebnisse bot. Dass sie – ganz nebenbei auch noch – den ersten Hunger auf abwechslungsreiche Art und Weise in die Schranken wies, machte sie zu einer perfekten Vesperei unter kulinarischen Komplizen. Selbst der Caprese-Kumpel, der hin und wieder etwas davon naschte, hob begeistert den Daumen.
Gut vorgesättigt warteten wir auf unsere Hauptgänge, bei denen wir es mit geschichteten bzw. gefüllten Teigwaren zu tun hatten. Drei von uns hatten sich nämlich für die Lasagne alla Bolognese (18,50 Euro) entschieden, während sich das Tortellini-Duo auf seine handgefertigten, mit leckerer Fleischfüllung versehenen Miniteigtaschen in Ringform freute. Ihre Tortellini di Valeggio (18 Euro) wurden übrigens in aromatisch duftender Salbeibutter serviert und sahen genauso klasse aus wie sie schmeckten.
Tortellini di Valeggio in Salbei-Butter
Mich hatte die Lust auf eine handwerklich tadellos aus dem Ofen geholte Lasagne zum italienischen „Al-Forno-Klassiker“ greifen lassen.
Lasagne alla Bolognese wie sie sein soll!
Kein Fehler, wie sich bald herausstellen sollte. Die mit ordentlich Gemüseeinlage geköchelte Hackfleischsauce hatte auch den ein oder anderen Schluck Rotwein gesehen. Das lieferte willkommene Säureakzente. Die mit subtiler Muskatnuss-Note ausgestattete Bechamelsauce kontrastierte die gehaltvolle Bolo auf sanft-cremige Art und Weise.
Leckerschmecker-Nudelblätter!
Der Star zwischen den Nudelblättern war aber eindeutig der geschmolzene Käse. Seine Aromatik sorgte im Wesentlichen dafür, dass dieses schon so oft genossene, italienische Gratiniergericht nicht ins Profane abrutschte und so eine eigene, unverschämt leckere Note bekam. Die auf anderen Portalen oft bemängelte Portionsgröße war für mich völlig ausreichend. Hätte ich mir jedoch zu Beginn keine Vesperplatte geteilt, wäre wohl noch ein zweiter Nudelteller nötig gewesen, um einigermaßen gesättigt vom „Tavola“ zu gehen.
Um in puncto Kalorienschwere komplett auf Nummer sicher zu gehen, gönnte ich mir noch eine tadellos gebackene „Torta della Nonna“ (7 Euro) mit Sahne und Schokosauce zum süßen Abschluss.
Nicht nur Großmutters Lieblingskuchen
Allein wegen ihrer unwiderstehlichen, von Zitronenabrieb aufgefrischten Vanille-Crème bereitete mir diese toskanische Traditionsbackware par excellence große Freude. Aber auch der sie umhüllende, saftige Mürbeteig mit gerösteten Pistazien wusste durchaus zu gefallen.
Ähnlich zufrieden äußerte sich auch der Kollege zu meiner Rechten, der sich das hausgemachte Tiramisu (8,50 Euro) auf der Zunge zergehen ließ.
Beeindruckendes Tiramisu
Ein Probierlöffel(biskuit) davon bestätigte meinen Verdacht: den Dessertklassiker hätte auch mein Lieblingsitaliener in der Pfalz nicht besser in Kaffee ertränkt bekommen.
Apropos Kaffee: einer am Tisch zog den reinen Koffeingenuss vor und orderte seinen obligatorischen Wachmacher zum Digestif. An seinem Caffè americano (4 Euro) hatte er wenig auszusetzen.
Caffè americano per il Presidente
Genauso wenig wie die mir gegenübersitzende Schnapsdrossel, die sich an 4cl vom Grappa di Amarone (9 Euro) delektierte. Wie mir versichert wurde, war dieser Traubentrester ein ganz „foines Dröbbsche“ und seinen – zugegeben nicht gerade geringen – Preis absolut wert.
Wer jedoch bereit ist, für gute Qualität und liebevolle Zubereitung ein paar Euro mehr auszugeben, ist im „A Tavola!“ genau richtig. Für auf Masse ausgerichtete Kostgänger, die sich lieber mit günstiger Pizza und Allerweltspasta in tellerfüllenden Bahnen bewegen, wird wohl der Erstbesuch auch gleichzeitig der letzte sein.
Unserem Wörther Futterclub gefiel das etwas andere italienische Konzept von Roberta Burattin und Marko Tellan richtig gut. Wer so auf Qualität setzt und beim Kochen so viel Amore walten lässt, der versteht es auch, seine Gäste glücklich zu machen. Und glückliche Gäste zahlen gerne den einen oder anderen Euro mehr für diesen Aufwand und die verwendeten Preziosen aus Venetien.