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Das begann schon damit, dass ich bereits am Donnerstag vorbestellte, um nicht erneut hören zu müssen, dass man am Freitagabend zur gewünschten Zeit schon „ausgebucht“ sei, was wunderbar funktionierte - von Dreisterne-Aioli-General Shaney lernen, heißt Siegen an der Lieferfront lernen! :-)
Oft ist mir Basti’s Restaurant in den letzten Jahren schon empfohlen worden, und dies auch gerne von Zeitgenossen, denen ich eine gewisse Nähe zu gutem Essen attestieren würde -bitte auch die 2018er Vorkritik eines geschätzten ehemaligen Users beachten - und auch die Karte sprach mich von Beginn an.
Sebastian Beyer, der namensgebende Koch und Gastronom hinter dem Ganzen, ist im kulinarischen Solingen alles andere als ein unbeschriebenes Blatt. Nach den Lehrjahren in Lohmanns Romantik Hotel Gravenberg in Landwehr ging es zunächst nach Österreich, worauf eine lange, zehnjährige Station im Casa Pedro, einem beliebten spanischen Restaurant in Gräfrath, sowie eine kurze Etappe in der mittlerweile geschlossenen „DesTill'e“ folgten, bevor er sich Anfang 2018 mit seinem eigenen Betrieb auf der Wuppertaler Straße 195 - in den Räumen des ehemaligen Mare e Monti - selbständig machte.
Momentan bietet man eine kleine, wöchentlich wechselnde Take-Away- und Liefer-Karte, die immer aus vier Gerichten besteht sowie einem allseits beliebten Vorspeisenteller, den man ab zwei Personen aufwärts auf den Tisch bringt, in dieser Woche gibt man sich unter dem Motto „Basti nimmt Euch mit auf Reisen“ als kulinarisches Reisebüro und gleich zwei Gerichte lachten uns sehr an:
Die aktuelle Wochenkarte (Hochformat)
Und damit war der Drops nun hoffentlich endlich gelutscht dachte ich und schnappte mir am Donnerstagnachmittag wie erwähnt das Telefon, der Chef persönlich war am Apparat wie sich alsbald herausstellte….
| Bestellung & Lieferung |
Ich finde es hat oft in kleinen Restaurants etwas sehr charmantes, mit dem Koch selbst zu sprechen, wie auch schon im New Orleans merkte man hier auch die Leidenschaft für sein Tun. Alleine schon wie routiniert und ansprechend er mir die Komponenten der Vorspeisen-Platte beschrieb machte einen guten Eindruck, ohne jegliches worthülsenhaftes Anpreisen versteht sich - dafür gibt es ja dann dampfplaudernde „Fachkräfte“ wie mich, wenn es denn begeistern konnte.
Auch sehr sympathisch, wie er die kleine Karte fast entschuldigend erklärte, aber man koche alles frisch, verzichtet auf jegliche Convenience und bewusster Umgang mit Lebensmitteln sei ihm wichtiger als Überfluss mit eingebautem Weggwerf-Faktor, vorbildlich wie ich meine.
Als ich beiläufig mit angemessenem Humor erwähnte, wie steinig der Weg bis zu dieser Bestellung war erinnerte er sich auch an unser erstes Telefonat vor einigen Wochen und es tat ihm furchtbar leid was mir wiederum total unangenehm war, schließlich waren es einfach nur Pech und Zufälle und nicht seine Schuld, aber das hat ihn wohl in seinem Selbstverständnis als guter Gastgeber angefasst wie sich am nächsten Abend zeigen sollte.
Zwischen 12 und 20 Uhr liefert das Lokal und wie immer in solchen Fällen bat ich um den letztmöglichen Zeitpunkt, da wir normalerweise immer erst gegen 21 Uhr essen.
Das sollte gut funktionieren, inklusive einer daher hochwillkommenen kleinen Verspätung, um kurz nach acht stand ein gut gelaunter Sebastian Beyer mit seiner sympathischen, angetrauten Herzdame – einer gelernten Hotelfachfrau - vor der Türe, mit der er den Betrieb bestreitet.
Wir plauderten ein wenig und es war ihm ein großes Anliegen, sich für die vielen vergeblichen Bestell-Anläufe mit einer Flasche seiner eigenen Grauburgunder-Edition zu entschuldigen, auch gab es als kleine Überraschung ein spontan gezaubertes kleines Dessert, da ich vergeblich nach einem solchen gefragt hatte, denn auf der Liefer-Karte bietet man keines, lediglich am Wochenende backt man diverse Torten und Kuchen zum Abholen.
Eine nette Geste, ein paar Worte zum Wein findet man weiter unten im Text... (Hochformat)
Ich war doch schon etwas gerührt, wir waren ja Erstbesteller und keine liebgewonnen Stammgäste und doch fühlte man sich wie solche behandelt, ohne den Hauch von billiger Anbiederei, es war ihm wie erwähnt schlicht wichtig in seinem Verständnis von seiner Rolle als aufmerksamer guter Gastgeber, was er sehr glaubhaft sympathisch unterstrich.
Die warmen Speisen hatten die etwas weitere Anfahrt nach Höhscheid ohne Schaden überstanden, nach dem Öffnen der Packung des spanischen Fischtopfes waberte eine köstliche Safranwolke durch die Küche, die spontanen Speichelfluss auslöste, auch die anderen Gerichte wurden gut und sicher verpackt.
Das weckte Vorfreude, wie immer wurden die Hauptgerichte bei 65 Grad im Ofen warmgehalten und nicht nur dank der in jeder Hinsicht liebenswürdigen Lieferung ging es diesmal besonders gut gelaunt in Richtung Esstisch…..
| Vorspeise |
Antipasti Platte für zwei Personen – 21,80€ (10, 90 pro Person)
Ein kleines Manko gab es doch bei der Lieferung, die Vorspeisen wurden leider geschichtet in einem Eimer-ähnlichen Trog geliefert, ich verbrachte gefühlt Stunden damit, diese zu separieren und ansprechend passioniert auf den Teller zu bringen:
Antipastiplatte für zwei Personen
Das ist natürlich blanker Unsinn, mein aufmerksamer Therapeut musste gerade abermals einen leichten Klaps auf den Hinterkopf anwenden und bat mich erneut, nicht jede Vorlage für einen flachen Witz dankbar anzunehmen.
Aber der bot sich hier an, daher habe ich auch das Lieferfoto der Platte nicht in den Text eingebaut, ihr findet es aber selbstverständlich in der Bilder-Galerie.
Die Platte kam natürlich, so wie von mir erbeten, bereits so prächtig und liebevoll auf Porzellan angerichtet wie auf dem Foto abgebildet, der einzige Handgriff der vonnöten war, beschränkte sich auf das Entfernen von Frischhaltefolie. Und da war er wieder, der vielbeschworene Hauch des „Restaurant-Feelings“ am eigenen Esstisch, wunderbar.
Zur Platte gehören auch Aioli und Brot und letzteres kann man gar nicht genug loben, wenn man die übliche Weißbrot-Tristesse im Liefergeschäft bedenkt die sich in Solingen bietet.
Aioli & leicht geröstetes hausgemachtes Landbrot
Jede Scheibe des hausgebackenen „Landbrot“ wurde angegrillt und es überzeugte mit einer herrlich charaktervollen Kruste und ehrlichem, frischem Geschmack in der trotz Grillen noch saftigen Krume; ein Brot wie aus einer guten Handwerksbäckerei; außergewöhnlich.
Die Aioli kam in einem hübschen Weckglas und schon in dieser sollte sich die langjährige Tätigkeit des Kochs in einem spanischen Restaurant wiederspiegeln, der Duft war eine Wonne, ein wenig von dem warmen Brot mit etwas spanischer Soulfood-Klassik läutete das Essen ein:
Let the games begin... (Hochformat)
Großes iberisches Knoblauch-Kino! Herrlich frisch – das Wort werde ich heute noch öfters benutzen fürchte ich – mit leichter Säure und einer ordentlichen Portion „Ajo“: diese Aioli würde in jedem spanischen Restaurant dieser Hemisphäre ein „¡Muy sabroso!“ ernten möchte ich behaupten, einfach köstlich und die Menge sollte für zwei Essen reichen.
Die Zusammenstellung der Platte war eher eine kleine Reise durch Südeuropa und im Vergleich zu den manchmal etwas langweiligen rein italienischen Varianten eine positive Überraschung.
La sélection du carcajou Shaneymac
So tummelten sich neben eher italophilen Dingen wie gegrillten Gemüsen, Borretane Zwiebeln, Parmaschinken, einer außergewöhnlich guten Büffel-Burrata, Oliven oder mit Frischkäse gefüllten halbgetrockneten Tomaten auch Dinge, die in Geschmack und Ausführung an den Besuch einer kompetenten Tapas-Bar erinnerten: Gambas al ajillo, kleine, saftige Stücke einer Tortilla mit Blattspinat, leicht süchtig machende Feigen im Speckmantel, Scheiben einer in Honig gebratenen Chorizo sowie hocharomatische Champignones al jerez.
Das alles im Detail zu beschreiben würde den Rahmen sprengen, zumal ich noch zweierlei Ravioli vergessen habe: einmal in einer hellen Variante gefüllt mit Ziegenfrischkäse, dann in einer mit Safran und Tomatenmark im Teig „colorierten“ Spielart mit Ricotta Füllung.
Auch der eher griechisch anmutende Bohnensalat, bestehend aus Gigandes, den großen weißen Bohnen und Flageolets, den grünen Bohnenkernen der dann in einer leichten Tomatensoße auf den Teller kommt, war eine Freude für sich.
Denn auch wenn man hier im Einzelnen die Welt nicht neu erfunden hat – was hier keiner erwartete und intendierte – war nicht nur die Vielfalt ein Quell dieser Freude.
Nein, es war das feine Verständnis für gelungenes Abschmecken vor dem Hintergrund guter Produkte und tadellosem Handwerk, ein Beispiel: die saftige Tortilla war derart frisch, dass ich das Gefühl hatte, sie sei nur kurz vor dem Liefern gekocht worden (auch wenn sie natürlich Raumtemperatur hatte) und im „Abgang“ blieben die Insignien einer guten Version des gar nicht so banalen spanischen Kartoffel-„Omeletts“, nämlich die von hocharomatischen Zutaten die man so salzte, dass es eben nicht zu einem faden Kartoffelklumpen auf dem Gaumen geriet.
Selbst die gegrillten Paprika und Zucchini stachen aus der Masse heraus. Wenn ich bei manchen italienischen Restaurants manchmal das Gefühl habe, diese Gemüse werden im Mise en place einmal pro Woche auf Halde produziert, überzeugten diese mit einem ebenfalls saftigen Biss mit leichtem Al Dente Faktor unter Begleitung eines schön gekräuterten Olivenöles, das schmeckte ebenfalls wie an diesem Nachmittag produziert.
Das einzige, was ich nicht ganz so gelungen fand war der Parmaschinken, er war mir zu jung und etwas zu dick geschnitten, aber das ist angesichts der Opulenz, Vielfalt und sonstigen Argumente für die Großartigkeit dieses Arrangements nur eine lächerliche subjektive Randnotiz, trotzdem würde ich einen gereiften Serrano bevorzugen und mir für das Essen im Restaurant wünschen, sich gegen Aufpreis vielleicht etwas frisch aufgeschnitten Iberico oder sogar echten Bellota bestellen zu können.
Man muss sich ja nicht direkt eine Berkel im Wert eines Mittelklassewagens in den Laden stellen, könnte mir aber vorstellen, dass viele Gäste sich den Genuss und das Ritual gerne gönnen würden.
Wie auch immer, diese Platte kann ich wärmstens empfehlen, farbenfroher Genuss für Auge und Gaumen und zur Beruhigung aller: JA, es blieb eine ganze Menge übrig, sie hätte mindestens für drei gereicht und am nächsten Abend gab es wieder diverse willkommene Reste! ;-)
| Hauptgerichte |
Fischtopf mit kanarischen Kartoffeln und ensalada verde – 17,90€
Tafelspitz mit Karotten-Lauchgemüse und Salzkartoffeln – 14,90€
2018 Inopia blanc (Roussane, Grenache blanc, Marsanne Clairette und Viognier), Weingut Rotem & Mounir Saouma, Côtes du Rhône, Frankreich
Wie schon erwähnt war die Safrannote meines vorfreudig erwarteten spanischen Fischtopfes in Kombination mit der Farbe und Anmutung der Brühe ein Frontalangriff auf mein Appetit-Zentrum und auch die üppigst portionierte Fisch-Einlage sah sehr verheißungsvoll aus - der Fisch war so großzügig bemessen, dass man eigentlich auch von Fisch mit einer Brühen-Einlagen sprechen könnte, aber wer wäre schon so gemein spitzfindig.
Spanischer Fischtopf
Ein erster Löffel der Brühe ließ mich wohlig schaudern vor Glück, intensiv und vielschichtig auch fernab vom Safran, obwohl ich die spanischen und portugiesischen Fischtöpfe meist flacher und dumpfer finde, als ihre südfranzösischen Kollegen.
Den Fisch – Seeteufel, Lachs, Skrei – hatte man vor dem Garziehen in der Brühe leicht angebraten und mit einem hausgemachten, kreuzehrlichen Fischfond mit Krustentier-Noten abgelöscht, zu ihm gesellten sich noch Garnelen einer ansprechenden Sortierung, frische Calamares sowie Venus- und Miesmuscheln.
Besonders erwähnt sei der unglaublich saftige Kabeljau, den konnte man mit dem Löffel essen und er zerfiel auf der Zunge in genussvolle Bestandteile, zusammen mit dem Sud ein absoluter Hochgenuss.
Dazu gab es gelungene Papas arrugadas, die ich in Sachen Portionsgröße an diesem Abend eigentlich nicht mehr gebraucht habe, die aber am nächsten Abend mit der Aioli auch noch hervorragend schmecken sollten.
Papas arrugadas
Der begleitende grüne Salat in seiner Zusammenstellung keine Sensation, aber stimmig und absolut frisch, bemerkenswerter da schon das selbstredend hausgemachte Dressing aus passierten Himbeeren und weißem und dunklem Balsamico. Sehr sehr fein, auch wenn ich mir beim Thema Spanien natürlich auch einen guten Sherry-Essig hätte vorstellen können.
Ensalada verde
Der begleitende Wein aus der Côtes du Rhône war eine Cuvée aus Roussane, Grenache blanc, Marsanne Clairette und Viognier. Der Ausbau erfolgte über ein Jahr auf der Vollhefe im Zementei und in gebrauchten 500 Liter Eichenfässern.
2018 Inopia blanc
Das Ergebnis ist „ein vollmundiges, weisses Traumwässerchen mit Noten von getrockneten Aprikosen, Datteln, Nüssen, Rosinen und ein wenig Rumtopf. Geschmacklich dann erstaunlich frisch, dennoch mundfüllend und lang am Gaumen. Der Wein erinnert an einen sehr guten weissen Châteauneuf-du-Pape, bietet nur mehr Trinkfluss und kommt kühler daher. Komplex und sehr spannend zugleich.“ schreibt Meister Fenske von weine-feinkost.de über diesen schönen Tropfen und wie immer kann ich nur bescheiden nickend beipflichten, bevor ich mit meinen stümperhaften Worten Verwirrung stifte.
Apropos Wein: Am Samstag gab es übrigens das kleine vinophile Mitbringsel vom Restaurant zu den Resten vom Vorabend, nämlich „Bastis i-Tröpfchen“ (Foto siehe oben) und obwohl ich kein Grauburgunder-Fan bin, hat mich dieser Wein sehr positiv überrascht. Ein schönes Säuregerüst, kaum Restzucker, ein zugänglicher Wein mit herrlichen Tropenfrüchten in der Nase und auf der Zunge. Das Etikett hat ein befreundeter Karikaturist angefertigt und der Wein selbst ist in Kooperation mit dem Weinlieferanten des Lokals entstanden und ist den regulären außer Haus Preis von 15 Euro mehr als wert!
Die Dame am Tisch war derweil gesteigert glücklich mit ihrem Tafelspitz mit Meerrettich-Sauce, der zwar unter der „Destination Deutschland“ im Flugplan von Basti’s Airline eingetragen war, mich aber irgendwie doch eher an den Alpenraum bzw. Österreich erinnern sollte.
Tafelspitz mit Karotten-Lauchgemüse und Salzkartoffeln
„Wow, ist das zart!“…. „Gar kein Fett, wie lecker, probier mal!“ ….und während ich mich gerade mit halb geschlossenen Augen Brühe schlürfend in der Sonne Spaniens wähnte wurde mir ein Happen mit Sauce getränkter Tafelspitz reingestopft, Widerstand zwecklos – erwähnte ich, dass ich Meerrettich hasse? Danke Madame, sehr aufmerksam….
Aber abgesehen von persönlichen Vorlieben konnte ich ihre Zufriedenheit verstehen, auch das begleitende Karotten-Lauchgemüse mit angenehmer, leicht schlotziger Konsistenz konnte nicht nur mit dreierlei Möhren (lila, rot und orange) punkten, sondern mit viel Geschmack. Starke Aromen mag der Basti wie es scheint, herrlich, ganz meine Welt.
Die Sauce auch nach dem Aufenthalt im Ofen noch tadellos in jeder Hinsicht, so etwas hatte sie seit Jahren nicht mehr gegessen weil wir das Gericht zu Hause nie kochen und wie gesagt kam es extrem gut an.
Einmal Costa del Sol und daneben Wien und beide Gerichte auf ihre Weise eine Pracht, mehr Beweis für motiviertes Kochhandwerk braucht es wohl kaum.
Jenes zeigte sich dann auch abschließend beim kleinen Überraschungs-
| Dessert |
Eierlikör-Mousse mit roter Beerengrütze im Glas – gratis
Eierlikör-Mousse mit roter Beerengrütze im Glas
Nach diesem zumindest in meinem Falle eher durchgängig mediterranem Menü hätte ich mir bei freier Auswahl sicher etwas anderes bestellt, aber alleine die Geste zählt wie ich meine!
Und es war eine sehr solide Geste, wenn ein guter Koch eine solche Mousse zaubert, entsteht Beglückendes, das gefühlt pro Löffel mit 1200 Kalorien zu Buche schlägt und trotzdem löffelt man zufrieden lächelnd einfach weiter und weiter…
Besonders schön war, dass diese nicht übersüßt war, Oma Seelentröster Likör #1 war in beherzter Menge verwendet worden, die ebenfalls frisch improvisierte Beeren-Grütze spendete konternde Säure; ein gutbürgerliches Dessert das als Abschluss einen Sonntäglichen Drei-Gang-Menüs nach Suppe und Braten bei einem Familienfest sicher sehr viele Freunde finden würde.
An dieser Stelle nochmals herzlichen Dank für die nette Geste, falls der sympathische Betreiber dies jemals lesen sollte!
Auf dem Sofa angekommen sinnierte ich noch ein wenig über das gerade Erlebte und hatte mit Blick auf jenes ein wenig das von Florian Illies in seinem „Generation Golf“ anfänglich beschriebene Gefühl, exakt am richtigen Ort das Richtige getan zu haben bzw. zu tun, als die Familie gemeinsam am Samstagabend zusammen „Wetten dass?“ sah – ein schönes Gefühl.
| Fazit |
In einer Stadt, in der man mit Blick auf die einschlägigen Facebookgruppen das Gefühl hat, die Menschheit ernährt sich nur noch von Fritteusen-Schnitzeln mit Halbfertigsaucen und Gyrostellern von der Bude, freut es mich besonders, dass auch ehrliche gute Küche noch viele Freunde und das Lokal somit treue Stammgäste hat.
Für die Küche gebe ich gerne verdiente 5 Sterne für das Erlebte, eine solide, aromenstarke, motivierte Vorstellung, bravo!
Zum Service ist glaube ich nicht viel Rechtfertigung für ebenfalls volle 5 Sterne vonnöten…
Wer beim PLV das Dessert und den Wein sowie die ebenfalls vergessene Liefergebühr komplett ausblenden kann hat meinen vollen Respekt, aber da er ja nicht wusste, dass ich eine Kritik schreiben würde, möchte ich das trotzdem mit ins Kalkül ziehen. Was aber eigentlich völlig egal ist, weil ich auch so auf verdiente 5 Sterne gekommen wäre - alleine schon die Menge an hochklassigem Fisch in meinem Hauptgericht war bemerkenswert.
Schön war es, das erste Mal „beim Basti“ und ich verweise gerne auf den Titel: hier habe ich nicht zum letzten Mal bestellt und freue mich schon auf einen Besuch im Lokal, wenn dieser skandalöse, unter dem Strich seit langem offenkundig völlig wirkungslose, Existenzen-vernichtende, totale Gastronomie-Lockdown endlich vorbei ist…