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Das wir in Bremen keinen Portugiesen haben, schmerzt uns immer wieder, wenn wir in Hamburg im A Varina einkehren! Erfreut habe ich dann im hiesigen Weser-Kurier im Februar 2024 lesen dürfen, dass mit dem Casa Lusita ein Restaurant mit portugiesischem Schwerpunkt Ende 2023 eröffnet habe. Als Leiterin wurde Nelli Pietz vorgestellt. Auf der Homepage werden aber portugiesische Wurzeln des Familienbetriebes versichert. Dick aufgetragen wird dort auch: „Tauchen Sie ein in die Fusion von portugiesischer und mediterraner Küche. Hier erwartet Sie nicht nur eine Mahlzeit, sondern ein unvergessliches kulinarisches Erlebnis.“
Auf der Homepage ist die Speisekarte als PDF-Dokument ersichtlich (https://www.casalusita.de/). Das Angebotene hat mich nicht überzeugt. Klassiker der portugiesischen Küche wie Caldo Verde, Bacalhau, geschmortes Kaninchen oder Fischeintopf sucht man vergeblich. Auch kein klassischer, moussierender Vinho Verde wird bei den Weinen angeboten (nur der Supermarktwein Casal Gracia). Also legte ich das Casa Lusita für uns ad acta. Ein befreundetes Paar fand das All-you-can-eat-Tapasangebot für 26,90 € allerdings reizvoll und wir schlossen uns ohne große Erwartung an.
Wer mit den vom Spanier bekannten Tapas (die portugiesisch „Petiscos“ genannt werden) zufriedenzustellen ist und ein guter Esser ist, der kommt günstig weg und wird einen Besuch im Casa Lusita nicht bereuen. „Portugiesengängern“ rate ich ab und wenn es Tapas sein sollen in Bremen, waren wir im Don Carlos zufriedener.
Das Preis-Leistungsverhältnis sehe ich bei vier Sternen.
Am besuchten Samstagabend war das Restaurant allenfalls zur Hälfte belegt. Das Publikum gemischt, entgegen meiner Vermutung (wegen der weiblichen Vorliebe für kleine Portiönchen) kein Frauenüberhang.
Service:
Ich reservierte über die Homepage und musste mehrere Tage auf eine Bestätigung per Mail warten, die dann von einem Sandro Ferreira kam, der der Wirtsfamilie angehört.
Empfangen wurden wir von einer jüngeren Frau, die nach dem Foto im Weser-Kurier Nelli Pietz war. Sie strahlte gute Laune aus und ist sehr engagiert bei der Sache. Hinter dem Tresen eine ältere Dame und zur Unterstützung am Tisch erschien ein jüngerer, noch etwas unbeholfener Mann. Trotz mäßiger Auslastung muss man etwas Geduld mitbringen, denn es dauerte schon, bis die Getränke nach der Order auf dem Tisch standen. Positiv, dass wir den Zeitpunkt für unsere Hauptspeisen bestimmen durften.
Für den Service nach meiner Bewertungsskala 3,5 Sterne.
Die Getränkepreise halten sich im Rahmen: Die Hausweine kommen für 0,25 l auf 5,80 € und die offenen Weine sind mit 5,90 bis 6,90 € für 0,2 l bepreist. Das Bremer Konzernbier kostet 3,90 € für 0,3 l und die beiden Portugalbiere Super Bock (hell und dunkel) in der Flasche 0,33 l darf man für 3,50 € trinken (genießen mag ich nicht schreiben, denn die südländischen Biere sind für die hopfengewohnte Pilszunge plörrig). Nach oben raus schlägt nur das Wasser mit 7,50 € für die Flasche 0,75 l.
Lobenswert, dass die Weine gut gekühlt auf den Tisch kommen.
Ausgegeben wird im Casa Lusita nichts.
Essen:
Auf dem Tisch findet man ein laminiertes DIN-A-4-Blatt mit den Tapas für das All-you-can-eat-Angebot und einen Stift, mit dem man seine Auswahl ankreuzt. Nach dem Servieren der ersten Tapasrunde kommt das Blatt von der ersten Wahl reingewischt zurück und man kann weiter ordern usw. usf.
Die Auswahl ist durchaus beachtlich. Ich zähle 31 kalte und warme Tapas. Sie werden in sehr kleinen Schälchen serviert. Dazu gibt es als Soßen Molho Verde und Roho, Brot und Aioli. Was sich durchzog war flaue Würzung. Das Aioli war eine Industriemayo mit Knoblauchgeschmack und die Molhos empfand ich auch als unambitioniert. Das Stangenbrot zum Aioli sehr schlicht. Einig waren wir uns am Tisch, dass kein Schälchen mit einem Aha-Erlebnis gefüllt war. Ich hatte mich auf Vongole gefreut und wurde enttäuscht: Der Sud wässrig und reichlich frische Knoblauchscheiben erschlugen die kleinen Muscheln. Den Knoblauch hätte der Koch für einen Weinsud verwenden sollen, dann hätte es etwas werden können. Geschmeckt haben mir die Bacalhau-Kroketten und die Pimentos. Kritisiert wurde die recht dünne Chorizo, die mit Scheiben angebratener pikanter Normalgrößenchorizo nicht mitkam.
Die Auswahl an Hauptgerichten ist sehr begrenzt. Ich entschied mich für Frango piri piri (gegrillter Hähnchenschenkel nach traditionellem Rezept, serviert mit hausgemachten Kartoffeln a Tasca) für 17,90 € und bekam einen sehr trockenen Hähnchenschenkel, dem man das Fleisch vom Knochen abringen musste. Gut gefielen mir die gebratenen Kartoffeln mit einer gelblichen, dickflüssigen Soße. Meine Begleiterin hatte sich für Tagliatelle Frango mit Hähnchenstreifen und Champignons für 15,90 € entschieden und war zufrieden.
In toto waren keine kulinarischen Highlights festzustellen und 3,5 Sterne sind für die Küchenleistung angemessen.
Ambiente:
Das Casa Lusita liegt an der Weser und nah zum Marktplatz, allerdings nicht in der Gastromeile Schlachte und Passantenströme und damit Laufkundschaft sind in der Lage an einer vielbefahrenen Straße nicht zu erwarten. Untergebracht ist es in einem wohl Sechzigerjahrebau.
Im Restaurant hat man einen schönen Blick auf den Fluss, wenn man einen Tisch an den Fenstern ergattert. Wir hatten einen solchen und saßen sehr komfortabel auf gepolsterten Bänken bzw. bequemen Stühlen. Insgesamt sitzt man im Casa Lusita sehr großzügig, was auf die Tischgrößen und die Laufwege zutrifft. Auf dem hellen Holzfußboden stehen kontrastreich dunkle Stühle und Tischbeine. Die Decken sind weiß und die Deko hält sich in Grenzen. Einige Pfeiler wurden mit portugiesischen Fliesen aufgehübscht.
Auf den blanken Tischen schlichte Sets, Platzteller, Besteck und Servietten sowie eine Kerze.
Zwischen dem Haus und der benachbarten St. Martini Kirche verfügt das Casa Lusita über einen großen Freiluftbereich in dem bei gutem Wetter viele Tische bespielt werden können.
Sauberkeit:
Alles gepflegt.
Die Toiletten sind über eine Treppe abwärts zu erreichen und waren frisch und sauber.