Kochen ist für mich eine Freude. Essengehen eine Leidenschaft. Das muss nicht immer auf höchstem Niveau sein. Auch ehrliche Hausmannskost oder kleinere Leckereien aus aller Welt können kulinarisch den Tag erhellen. Bei Restaurant-Kritik habe ich dann auch am "Darüber-Schreiben" gefallen gefunden. Der Wechsel zu GastroGuide eine logische Folge nach all der negativen Entwicklung dort. Als Südpfälzer kenne ich mich in der dortigen Gastrolandschaft auch ein wenig aus, bin aber immer froh, wenn ich über regionale Tellerränder schauen kann. Die asiatische Küche hat es mir dabei besonders angetan.
Kochen ist für mich eine Freude. Essengehen eine Leidenschaft. Das muss nicht immer auf höchstem Niveau sein. Auch ehrliche Hausmannskost oder kleinere Leckereien aus aller Welt können kulinarisch den Tag erhellen. Bei Restaurant-Kritik habe ich dann auch am "Darüber-Schreiben" gefallen gefunden. Der Wechsel zu GastroGuide eine logische Folge nach all... mehr lesen
Bewertungs-Statistik
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Geschrieben am 06.08.2018 2018-08-06| Aktualisiert am
11.08.2018
Besucht am 21.06.2018Besuchszeit: Abendessen 4 Personen
Rechnungsbetrag: 186 EUR
Juni war es dann mal wieder soweit. Vier Mitglieder eines Wörther „Supperclubs“ machten sich zum zweiten Mal im Rahmen ihrer regionalen „Tour de Fress“ auf den Weg nach Weyher. Hier gastierte das Carnivoren-Quartett schon einmal im September 2015 und schon damals hatte Simon Seiler, Sohn von Inhaber Franz, als junger Küchenchef das Zepter am heimischen Kronprinzen-Herd übernommen. Drei Jahre später hat sich unter seiner Ägide das altehrwürdige Gasthaus zu einer festen kulinarischen Größe in der Südpfalz etabliert.
Selbst die Schnarchfraktion vom Meininger-Verlag (Neustadt a. d. W.), die uns alle zwei Jahre mit ihrem „Pfälzer Restaurantführer“ mehr amüsiert denn informiert, hat vom Können des talentierten Herrn Seiler Junior Notiz genommen und ihn in der 2018/2019er Auflage zum „Aufsteiger“ der Pfalz gekürt. Bewertet mit 2,5 Kochlöffeln im Schlemmeratlas und ausgezeichnet mit einem Michelin-Teller für eine Küche mit guter Qualität kommt der „Kronprinz“ nun auch bei bedeutsameren Gastroführern gut weg.
Der ehemalige Lehrling des mittlerweile in Rente geschickten Südpfälzer Sternekochs Karl-Emil Kuntz (Krone in Herxheim-Hayna) hat hier im beschaulichen Weinörtchen Weyher, das der gemeine Rhodt-Besucher gerne links oberhalb liegen lässt, den elterlichen Betrieb sukzessive modernisiert und zeitgemäß ausgerichtet. Bodenständig, aber mit kreativem Touch – so lässt sich die einfallsreich umgesetzte Regionalküche von Chefkoch Seiler kurz und knapp charakterisieren.
Seine Küchenphilosophie, die auch den Blick ins benachbarte Frankreich nicht scheut, baut dabei genauso auf Pfälzer Klassiker „aus Omas Rezeptbuch“ wie auf mediterrane Genüsse, die das Mittelmeer ein Stückchen näher rücken lassen. Kochkurse und Küchenpartys, Krimi-Dinner und Neujahrsbrunch – der Veranstaltungskalender des „Kronprinzen“ kann sich sehen lassen.
Dass nun auch der äußere Rahmen den hübsch angerichteten Preziosen auf dem Teller angeglichen wurde, kann der hier einkehrenden Genussklientel nur Recht sein. Man hat die beiden Gasträume, in denen bis zu 60 Personen Platz finden, von piefigen Vorhängen und Tischdecken sowie altbackenen Polstern (der Wandbänke) befreit und sie dadurch deutlich entkrampft. Auch der dunkle Filz-Teppich, der sicherlich den größten Anteil am überholten Ambiente früherer Tage hatte, hat mittlerweile ausgedient. Dank gepflegtem Laminatboden wirkt das Interieur nun wesentlich zeitgemäßer und freundlicher. Bunte Pop-Art von jungen Künstlern (aktuell von Julia Neverman alias "Younique") ziert neuerdings die Wände. Auf den blanken Holztischen hält man sich mit überflüssiger Deko zurück, ohne jedoch auf liebevolle Details der klassischen Tischkultur, wie z.B. die hübsch gefalteten Stoffservietten bzw. den kleinen Brotteller, zu verzichten.
Frau Rita Seiler empfing uns in gewohnt freundlicher Manier. Unser ca. einstündiges Zuspätkommen schien kein Problem. Der Andrang hielt sich an jenem Donnerstagabend in Grenzen und so saßen wir schließlich ziemlich zentral im Hauptgastraum mit Blick auf den Ausschankbereich, hinter dem es zur Küche ging. Aus der kam der Küchenchef ganz nonchalant gestapft, trug ein paar hübsch angerichtete Teller an den Nachbartisch und begrüßte uns dabei in lässiger Art und Weise. Schon ein cooler Typ der Simon Seiler. Einer, der die Nähe zu seinen Gästen schätzt, kommt eben gleich sympathisch rüber.
Auf dem Tisch lag bereits ein hölzernes Klemmbrett, auf dem ein mit dickem Edding beschriebenes DIN-A4-Blatt befestigt war. Darauf stand in leserlicher Handschrift die heutige Tagesempfehlung, nämlich Rinderbäckchen, Nudeln und Salat für 16,90 Euro, geschrieben. Ein erstes deftiges Ausrufezeichen in Sachen Hausmannskost.
Frau Seiler reichte uns die Speisenkarten. Auf der ersten Seite war eine recht umfangreiche Aperitif-Auswahl gelistet. Sherry, Martini, Campari und andere appetitanregende Alkoholika waren u.a. vertreten. Aber auch Alkoholfreies wie der Traubensecco vom Weingut Hörner aus Hochstadt hatte man im Programm. Ein Rosé-Secco (0,1l für 3,60 Euro) und ein URsUS Gin Tonic (0,2l für 5,90 Euro) beschwichtigte die „Spritties“ am Tisch, während die beiden anderen Mitglieder unseres Futtervereins das Mineralwasser (0,75l für 4,90 Euro) gleich flaschenweise kommen ließen.
Da jeder weiß, dass Tonic ohne Alkohol recht „ginlos“ daher kommt, genoss ich meinen Begrüßungslongdrink mit Original-Gin aus Weyher (!!!) in vollen Zügen. Das aromatische Destillat stellt nämlich Simon Seiler in Kooperation mit dem Weyherer Winzer Josef Brecht selbst her. Zwei aus dem gleichen Ort mit derselben „Schnapsidee“ sozusagen.
Außerdem wurde an diesem Abend Flüssiges in Form mehrerer Johannisbeerschorlen (0,5l für 3,50 Euro) sowie Espresso (2 Euro), Kaffee (2,30 Euro die Tasse) und natürlich Wein verkonsumiert. Mit allein 17 verschiedenen Weinen im offenen Bereich, zeigt man sich gut aufgestellt. Schön, dass hier das Augenmerk auf dem direkten Umfeld des Weinortes Weyher liegt und ausschließlich Winzer aus der direkten Nachbarschaft offen kredenzt werden. Entdeckungen sind somit glasweise garantiert.
Auch beim Flaschenweinangebot gibt man sich regional verwurzelt. Viele bekannte Weyherer Jungwinzer, wie z.B. Graf, Meier oder Möwes, hat man im Portfolio. Daneben baut man mit Jülg (Schweigen), Klein (Hainfeld), Hartmann (Kirrweiler) und Hörner (Hochstadt) ganz bewusst auf die junge Südpfalz, die sich unter Weinkennern immer mehr einen Namen macht und deren Weine beim „Kronprinzen“ äußerst preiswert zu erstehen sind.
Freunde der ersten Lage bzw. des Großen Gewächses werden dagegen bei Minges (Flemlingen) und Meßmer (Burrweiler) fündig. Großes Lob an dieser Stelle an die mit viel Bedacht zusammengestellte Weinkarte. Sie ist ein gutes Beispiel dafür, dass sich auch in besseren Restaurants veritable Trouvaillen für um die 20 Euro ergattern lassen.
Schon bei unserer Ankunft blieben wir neugierig am Glasschaukasten draußen stehen und warfen erste Blicke auf das Speisenangebot. Drinnen blätterten wir uns dann gemütlich durch die verschiedenen Menüs, deren Gerichte sich auch alle einzeln bestellen ließen. Drei an der Zahl waren es und alle klangen sie verlockend. Dem Menü „Signatur“ (vier Gänge für 49 Euro) konnte mein Kollege nicht widerstehen. Lachsforelle, Meerwassergarnele, Rinderfilet und Pfälzer Erdbeervariation bildeten die verführerische Menüfolge, die auch ohne Meeresfrucht in drei Gängen (39 Euro) erhältlich war. Der mir schräg gegenüber sitzende Gourmand beschränkte sich auf diese „Light-Version“.
Für Veggies gab es ebenfalls vier Gänge in Menüform (32 Euro) zu bestellen. Mit dem berühmten Erdesbacher Ziegenfrischkäse, einer Tomatensuppe, einem Kräuter-Risotto mit Pfifferlingen und der Kombi aus Pfälzer Erdbeeren und Pirmasenser Wawi-Schokolade kämen selbst Fleischverzichter voll auf ihre Kosten, so die einhellige Meinung in unserer Carnivoren-Runde. Für Gockel-Genossen und Saumagen-Sympathisanten wurde das Menü „Palatina“ offeriert. Auch hier wahlweise in drei oder vier Gängen (27 bzw. 29 Euro). Hier galt es mit Saumagen-Carpaccio, Rinderkraftbrühe, Gockel in Woi („coq au vin“) und dem bereits erwähnten Erdbeerdessert fertig zu werden. Und das alles für unter 30 Euro.
Zweimal lautete die Entscheidung am Tisch „pro Pfalz-Menü“. Bei letzterem tauschte ich die Rinderkraftbrühe gegen die Tomatensuppe aus der Veggie-Palette. Alles kein Problem im „Kronprinzen“ – noch nicht einmal Aufpreis wurde berechnet.
Neben den Menüs existierte eine überschaubare Auswahl an Fleisch- und Fischgerichten (Rumpsteak, Barbarie-Entenbrust, Kalbszunge, Zander und Rotzunge). Der Saumagen „nach Omas Art“ (12,90 Euro) bediente die Pfalz-Esser und für die vespernde Zunft standen ein paar kalte Gerichte (Schwartenmagensalat, Käseteller, etc.) bereit.
Der Kollege zu meiner Rechten wählte das Schnitzel „Wiener Art“ (12,90 Euro), das hier mit Kartoffel-Gurken-Salat serviert wurde. Mit einem Saumagen-Carpaccio (9,90 Euro) und einer Tomatensuppe (4,90 Euro) erweiterte er seinen Hauptgang zu einem individuellen Drei-Gang-Menü.
Fehlte nur noch der passende Wein. Eine Flasche Merlot Auslese (29,90 Euro) vom Weingut Norbert Brecht aus Weyher sollte mit stolzen, im Holzfass gereiften 15 Volumenprozent unsere Lust auf stoffige Tanninfülle befriedigen. Der warmen Witterung wegen ließen wir den kräftigen Roten zunächst etwas runterkühlen.
Dem ersten Hunger wurde mediterran begegnet. Eingelegte Oliven und eine streichzarte Tomatenbutter sollten Abhilfe schaffen. Aufs frische, von Vater Seiler selbstgebackene Brot gestrichen, war das ein erster wohlschmeckender Küchengruß, den wir dankend annahmen. Zusätzlich wurde uns eine Tüte mit aromatisch duftendem Curry-Popcorn auf den Tisch gestellt. Die ging reihum und war viel zu schnell geleert. Auf einer kleinen Schiefertafel lagen halbe Cocktailtomaten, Salatgurkenscheiben und herzhafter Schinken als Fingerfood aufgespießt. Schon die kleinen kulinarischen Aufmerksamkeiten zu Beginn zeigten, dass die Küche in der Lage war, aus recht einfachen Produkten Schmackhaftes zu zaubern. So konnte es weiter gehen.
Beim ersten Gang lagen gebratene Saumagenscheiben um einen aufgeschichteten Hügel aus Kraut-und Blattsalat. Ein Teller, der sowohl texturell, als auch geschmacklich ein breites Spektrum abdeckte. Die salzige Würze steuerte der hauchdünn aufgeschnittene Saumagen bei, während das krautige Innere für sommerliche Frische sorgte. Knackiger Salat und knusprig gebratenes Pfälzer Schweinsallerlei – eine durchaus passende Vorspeise für einen warmen Juni-Abend. Vielleicht hätte das Hausdressing noch etwas mehr Essig-Wumms vertragen. Denn als Fan der sauer angemachten Elsass-Salate halte ich von zurückhaltenden „Anmachmethoden“ generell nicht viel. Der schräg gegenüber sitzenden Kollege lobte jedenfalls seine mit Gin-Schmand verfeinerte, kalt geräucherte Lachsforelle über den grünen Apfel, der – genau wie die darin enthaltenen Radieschen – seiner Vorspeise den besonderen Frischekick verlieh.
Wir schalteten gemächlich in den zweiten Gang. Der Lachsforellenverzehrer musste pausieren, da er ja die Meerwassergarnele mit Cous-cous hatte sausen lassen. Wir hingegen mutierten zu Suppenkaspern und bekamen zweimal frisch pürierte Tomatensuppe und eine Rinderkraftbrühe serviert. Vielleicht hat Küchenchef Seiler ein Faible für Spiderman oder die Roten Teufel vom Betzenberg, so mein erster Gedanke als ich die mit einem weißen „Netz“ überzogene „FCK-Suppe“ vor mir stehen sah. Später verriet er mir, dass er für das Muster der Oberfläche griechischen Joghurt – ja genau der fette Südländer! – benutzte, daher auch die etwas festere Konsistenz beim Verzehr.
Wie ich es hier schön öfter erlebt habe, nutzte Seiler auch diesmal den Tellerrand, um mit Tomatenmarmelade, helleren Tomatenstücken und ein paar Essblüten seiner Vorstellung eines optisch aufgepeppten Suppentellers gerecht zu werden. Das „Zierwerk“ sah nicht nur gut aus, sondern passte ganz wunderbar zur fruchtigen Tomatenmasse eine Etage tiefer. Einziger kleiner Kritikpunkt war auch hier die etwas defensive Art der Würzung. Klar kann das auch zu Lasten von Frucht und Frische gehen, würde aber dem Gericht insgesamt zu einem breiteren Geschmacksbild verhelfen, so die einhellige Meinung am Tisch. Simon, etwas mehr Chuzpe beim Würzen darfst du ruhig zeigen!
Dass es auch beherzter geht, war bei den Hauptgängen deutlich schmeckbar. Sowohl die herrlich zarten Brust- und Keulenstücke meines in Riesling-Sauce badenden Woi-Gockels, als auch das stattliche mit kräftiger dunkler Jus, cremiger Polenta und deftigen Speckbohnen versehene Rinderfilet (feinste argentinische Blockhouse-Qualität) aus dem Signatur-Menü ließen keine kulinarischen Wünsche offen. Aromatisch, vollmundig, gut! In der gehaltvollen Sahne-Sauce meines Coq-au-vin sorgten frische Champignons und aromatische Kräuter (Petersilie und Schnittlauch) für den delikaten Feinschliff. Zusammen mit einem ansehnlichen Häufchen Tagliatelle eine stattliche Portion, die ich da zu verputzen hatte. Denn Simon Seiler kocht sicher nicht für klägliche Kalorienzähler, wehmütige Weight-Watcher und depressive Dauerabnehmer. Das würde ja schon rein optisch gar nicht zu ihm passen. Seine Gerichte sind nicht nur hübsch arrangiert und handwerklich gekonnt zubereitet, sondern machen auch satt. Ein zeitgemäßer, aber durchaus üppiger Pfalz-Stil, der keinen hungrig unter die Tischplatte purzeln lässt.
Nur der Kartoffel-Gurken-Salat, den sich mein Nebenmann zu seinem knusprigen Schweineschnitzel „Wiener Art“ einverleibte, kam geschmacklich eher unscheinbar daher. Wie beim Salatdressing zuvor, fehlte ihm ein wenig die Essigwürze. Zugegeben nicht jeder mag Säure, aber bei manchen Gerichten gehört sie einfach dazu. Dem Schnitzelbegleiter hätte jedenfalls etwas mehr Pep gut zur Kartoffel gestanden, so die Meinung meines Kollegen.
Doch diese Kleinigkeiten waren spätestens beim Anblick des Pfälzer-Erdbeer-Desserts, das die drei Menü-Esser als letzte „Hürde“ zu nehmen hatten, verflogen. Auf einer länglichen Schiefertafel zeigte Seiler, dass er auch als Pâtissier sein Handwerk beherrscht. Er präsentierte die Pfälzer Erdbeere in verschiedenen Texturen. Als krachendes Baiser, als cremiges Sorbet, als halbgefrorenes Parfait und als naturbelassene Schnipsel. Dazu gesellten sich marinierte Rhabarberstücke, eine Nocke herb-süßer Mousse au chocolat, eine herrlich fluffige Vanillecrème und ein paar dunkle Schokosplitter. Bei diesem Sommerdessert stimmte die Balance aus süßen, herben und säuerlichen Elementen perfekt. Daneben sorgten ein paar Minzblätter für zusätzliche Frische.
Und so beendeten wir unser „Clubtreffen“ in Weyher mit gutem Bauchgefühl und in großer Zufriedenheit. Klar, wäre ein Besuch in der nahegelegenen Winzerstube von Volker Krug auch mal einen Besuch wert, aber bei Simon Seilers Küche wissen wir eben, wo wir dran sind und dass es uns dort so richtig gut schmeckt. Kulinarische Bauchlandungen, wie neulich erst in Neustadt-Gimmeldingen im Restaurant Moro erlebt, sind hier keine zu erwarten. Dafür eine liebevoll zubereitete Pfalz-Küche, die mit fairem Preis-Genuss-Verhältnis und frischen Produkten zu gefallen weiß.
Juni war es dann mal wieder soweit. Vier Mitglieder eines Wörther „Supperclubs“ machten sich zum zweiten Mal im Rahmen ihrer regionalen „Tour de Fress“ auf den Weg nach Weyher. Hier gastierte das Carnivoren-Quartett schon einmal im September 2015 und schon damals hatte Simon Seiler, Sohn von Inhaber Franz, als junger Küchenchef das Zepter am heimischen Kronprinzen-Herd übernommen. Drei Jahre später hat sich unter seiner Ägide das altehrwürdige Gasthaus zu einer festen kulinarischen Größe in der Südpfalz etabliert.
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Zum Kronprinzen
Zum Kronprinzen€-€€€Restaurant, Hotel063237063Josef-Meyer-Str. 11, 76835 Weyher in der Pfalz
4.5 stars -
"Seiler – Weyher – Lecker! Pfälzer Traditionsküche zeitgemäß interpretiert" marcO74Juni war es dann mal wieder soweit. Vier Mitglieder eines Wörther „Supperclubs“ machten sich zum zweiten Mal im Rahmen ihrer regionalen „Tour de Fress“ auf den Weg nach Weyher. Hier gastierte das Carnivoren-Quartett schon einmal im September 2015 und schon damals hatte Simon Seiler, Sohn von Inhaber Franz, als junger Küchenchef das Zepter am heimischen Kronprinzen-Herd übernommen. Drei Jahre später hat sich unter seiner Ägide das altehrwürdige Gasthaus zu einer festen kulinarischen Größe in der Südpfalz etabliert.
Selbst die Schnarchfraktion vom
Geschrieben am 27.07.2018 2018-07-27| Aktualisiert am
27.07.2018
Besucht am 10.06.2018Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 85 EUR
Mehr als sechs Jahre ist es her, dass ich zum letzten Mal bei Werner Püngeler (Inhaber) und seiner Frau Petra Roth-Püngeler (Küchenchefin) im beschaulichen Örtchen Dernbach (Pfälzerwald) zu Gast war. Noch heute erinnere ich mich an das formidable Wildragout mit Kartoffelknödeln, das ich als Hauptgang eines dreigängigen, sehr preisgünstigen Tagesmenüs verputzen durfte. Die dazugehörige RK-Rezension wurde auf meinen Wunsch hin wegge“yelpt“. Höchste Zeit also, über diese mit Bib-Gourmand-Abonnement ausgestattete Pfälzer Gastro-Institution mal wieder „ein paar“ Worte zu verlieren.
Eine Wanderung zur nicht weit entfernten Ruine Ramburg führte uns im Juni ins Dernbachtal. Ein Tisch für zwei Personen wurde zuvor problemlos am Telefon klar gemacht. Den zünftigen Pfälzer Teller ignorierten wir beim Besuch der unterhalb der Burg befindlichen Ramburgschenke geflissentlich, denn wir waren bereits in freudiger Erwartung dessen, was man uns „beim Püngeler“ so alles auftischen würde.
Trotz der warmen Witterung war das Lokal an diesem Sonntagabend gut besucht. Auf der schattigen Terrasse hinter dem Haus waren bereits alle Plätze belegt oder reserviert, weshalb man uns im hinteren Bereich des langgezogenen Gastraumes („Wintergarten“) platzierte. Durch dessen offene Glastüren verfolgten wir das Treiben auf der Terrasse und bekamen nebenbei ein wenig von der kühleren Abendluft ab. Ein guter Platz, an dem die Servicedamen wie Fleißbienen vorbei summten. Zunächst jedoch ohne großartig von uns Notiz zu nehmen.
Zeit zum Umschauen. Seit 1884 wird in diesen Mauern Gastronomie betrieben. Seitdem ist die ehemalige Fuhrmannsschenke in Familienbesitz. Petra Roth-Püngeler und ihr Mann Werner führen das von Urgroßvater Jacob gegründete Gasthaus seit 1988. Es gibt nur noch wenige Adressen in der Pfalz, die eine solch lange Tradition vorweisen können. Aber altehrwürdig ist hier nicht mit antiquiert gleichzusetzen. Dazu machte das mit viel hellem Holz ausgestattete Innere des Lokals einen viel zu frischen Eindruck. Bei genauerer Betrachtung entdeckt man sorgfältig platzierte Elemente der klassischen Gastronomie, die mit dem Charme des familiär geführten Landgasthofes Hand in Hand gehen.
Die stilvoll mit weißem Leinen überzogenen Tische setzten mit glänzend poliertem Silberbesteck und Stoffservietten ein erstes Zeichen in Richtung gehobener Gastlichkeit. Kein Wunder, fühlt man sich doch als Mitglied der „Chaîne des Rôtisseurs“ gastronomischen Werten und gepflegten Tischsitten verpflichtet. An den Wänden hing gerade so viel wie das Auge des Kunstbanausen noch vertrug und die bequem gepolsterten Stühle bzw. Wandbänke sorgten für ein behagliches Sitzgefühl. Über den etwas schmucklos wirkenden Fliesenboden konnte ich locker wegsehen, denn das Wesentliche würde sich ja eh gute 70 cm darüber abspielen.
Mittlerweile hatte man uns auch die Speisenkarte gereicht. In deren Einband wurde noch einmal auf die familiäre Tradition des Gasthauses hingewiesen. Die kulinarische Ausrichtung würde zwischen „fantasievoller Gourmetküche und regionaler Frischeküche“ oszillieren, stand da genauso dickgedruckt wie die Anmerkung, dass man es hier mit einer der „besten Weinkarten der südlichen Weinstraße“ zu tun hat. Und wahrlich, die Auswahl an feinen Kreszenzen aus der Pfalz konnte sich in der Tat sehen lassen. Viele renommierte Pfälzer Weingüter ließen sich hier flaschenweise entdecken und das zu äußerst fairen Preisen. Eine vinophile Rundumversorgung, die Respekt einflößt.
Siegrist (Leinsweiler), Becker (Schweigen), Gies-Düppel und Siener (beide Birkweiler) – schon auf den ersten beiden Seiten tummelten sich jede Menge Spitzengewächse im 0,75-Liter-Takt. Schön, dass man sich die Mühe machte und zu jedem Winzer kleine Infotexte, die den einschlägig bekannten Nachschlagewerken und Magazinen (Gault Millau, Eichelmann, Vinum und Weinwelt) entnommen wurden, abgedruckt hatte. Hier lernt der Neuling noch etwas dazu und der Kenner fühlt sich bestätigt. Sicherlich auch ein Angebot für vinophile Gäste, die sich am Tisch nicht mehr ganz so viel zu erzählen haben. Sie können in aller Ruhe die Weinkarte studieren – genug Lesestoff ist ja da. Übrigens ist man hier auch auf den Genuss von offenen Weinen gut eingestellt. Über 20 verschiedene Rebsäfte gibt es hier glasweise zu erstehen.
Menüesser kommen übrigens nach wie vor im Gasthaus Schneider voll auf ihre Kosten. Das viergängige „Tafelrundenmenü“ (52 Euro) lockte mit Rehterrine und Wildschweinschinken, einer doppelten Rehkraftbrühe, Barbarie-Entenbrust und einer Crème brulée. Wildfreunde würden hier wohl instinktiv zugreifen. Auch beim fünf- bzw. sechsgängigen „Feinschmeckermenü“ (62 bzw. 70 Euro) hatte man mit dem Rehrücken Leckeres aus heimischen Wäldern im Hauptgang. Und die Schneider’sche Gänseleberterrine (als Vorspeise) gehört nun wahrlich zu den kulinarischen Ewigkeitswerten dieses Gasthauses.
Das Tagesmenü von damals hieß nun schlicht „Menü zum Wochenende“, war nun viergängig und kostete mittlerweile 35 Euro (früher waren es für drei Gänge gerade einmal 26,50 Euro…). Bei der Vorspeise durfte man sich zwischen Bärlauch- und Spargelsuppe entscheiden, beim Hauptgang standen Kalbsrahmgeschnetzeltes, Filet von der Lachsforelle und Rückensteak vom Landschwein zur Auswahl. Was die Entscheidung nicht einfacher machte. Zusätzlich standen noch etliche Spargelgerichte auf der reichhaltigen Speisenkarte, deren Spanne von bewährten Leib- und Magengerichten (Wiener Schnitzel vom Kalbsrücken, Schweinelende, Pfälzer Rehnuss) bis hin zu international angehauchten Klassikern (Rinderfilet Rossini, Barbarie-Entenbrust, Lachs- und Zanderklößchen) reichte.
Nur am Sonntagabend wurde zusätzlich ein 4-Gang-Fischmenü für 45 Euro angeboten. Da nutzte ich die Gunst der Stunde und entschied mich für die Preziosen aus Fluss, Teich oder Meer, zumal mir die etwas leichteren Fischgerichte an jenem warmen Juniabend passender erschienen. Meine Begleitung wählte aus dem vegetarischen Angebot die Spinatknödel mit Spitzkohl und Bergkäse (16,90 Euro). Vor- und Nachspeise meines Menüs wurden also Opfer des Sharing-Gedankens.
Die 0,75-l-Flasche Schwarzwald Mineralwasser Classic belief sich auf 5,20 Euro, während der kleine Traubensaft (0,2l) bei 2,40 eincheckte. Das Viertel Grüner Silvaner vom Weingut Hochdörfer aus Landau-Nussdorf ließ sich für 5,20 Euro erwerben. Der offene Weiße passte als flüssige Begleiterscheinung gut zu den Protagonisten meines Menüs.
Doch bevor es richtig los ging, reichte man uns zur Einstimmung ein kleines Fläschchen mit aromatischem Olivenöl, etwas Meersalz und frisch aufgebackenem Baguette in einem kleinen Holzkasten. Schlicht in der Anrichtung, aber keineswegs trivial im Geschmack, so konnte es weiter gehen. Mit einem zweiten Amuse in Form kleiner deftiger Blätterteigschnecken wurde nochmals freundlich aus der Küche gegrüßt. Die mit Speck, Zwiebel und Schmand gefüllte Petitesse erinnerte vom Geschmack her an den Elsässer Flammkuchen, der ja mittlerweile auch aus der Pfalz nicht mehr wegzudenken ist.
Mit einer Trilogie vom schottischen Lachs startete mein Menü. Gebeizt, geräuchert und als Tatar bildete er auf dem Teller ein ansehnliches Arrangement, das von drei Saucentupfern (Honig, Senf, Basilikum) und einem wachsweichen Wachtelei zusätzliche Farb- und Geschmacksakzente erhielt. Dazu reichte man eine geröstete Scheibe Brioche (war noch leicht warm), dessen süßlich fluffiges Innere von fachkundigem Backhandwerk herrührte.
Besonders die gebeizte Tranche vom fetten Zuchtfisch hatte es mir angetan. Keine Ahnung, ob es sich hier um Label-Rouge-Qualität handelte. Das Fleisch des „Scottish Salmon“ zerging auf der Zunge. Die u.a. mit Senfkörnern, frisch gemahlenem Pfeffer und leichtem Dillhauch versehene Fischbeize tat dem saftigen Filet ausgesprochen gut. Der rosafarbenen Tartarmasse fehlte hingegen die cremigzarte Avocado als mundfüllender Schmierstoff. Dafür konnte die mürbe Zuchtlachsnocke mit Kräuterfrische und spritziger Leichtigkeit (Zitrone oder Limette) punkten. Die Rauchvariante kam geschmacklich wesentlich unauffälliger daher. Die dünnen Scheiben säumte der obligatorische Dillrand, den man so auch von gutem Sockeye aus der Kühlteke kennt. Die drei Saucenkleckse wirkten etwas eklektisch, waren aber passend ausgewählt. Sie brannten sich zwar nicht ins kulinarische Unterbewusstsein ein, spielten jedoch den rotfleischigen Protagonisten auf dem Teller gut zu und gereichten schmeckbar dem Prädikat „homemade“ zur Ehre.
Während meine Begleitung ihren mit mildem Joghurt-Dressing angemachten Beilagensalat – er hätte ihrer Meinung nach ruhig mehr Essigkante zeigen dürfen – erhielt, duftete mir ein schaumig geschlagenes Spargelsüppchen mit Lachskloßeinlage entgegen. Schade, dass Gang Nummer Zwei das vom Fischteller vorgegebene Niveau nicht ganz halten konnte. Die handwerklich gut gemachten Klößchen wurden leider nur in homöopathischer Dosierung verabreicht. Der auf Basis einer Gemüsebrühe angesetzten Spargelsuppe mangelte es dagegen nicht an Sahne-Input. Ihrem geschmacklich eher zurückhaltenden Aroma konnte auch das fadenscheinige Dillkraut, welches sichtbar obenauf schwamm, keinen besonderen Kick am Gaumen entlocken. So blieb das Ganze bei einer sahnig-milden Angelegenheit, der es ein wenig an Würzfülle fehlte.
Dafür konnte der Hauptgang glänzen. Denn es ist ja alles fett, was glänzt. In diesem Fall das prächtige, in Butter gebratene Schollenfilet, das in perfektem Gargrad und von aromatischer Mandelkruste umhüllt auf meinem Teller lag. Der hellfleischige Plattfisch strotzte dank subtiler Würzung vor saftigem Eigengeschmack und überzeugte durch seine hohe Produktqualität und -frische. Die mit kleingehackten Schnittlauchröllchen verfeinerten Salzkartoffeln wurden à part in einer kleinen Schüssel serviert. Bei dieser ultraklassischen Beilage wurde die Kochzeit anscheinend sehr genau eingehalten, was zu optimaler Kartoffelkonsistenz führte. Dafür lass ich jede Teigware links liegen. Dieser Hauptgang wäre auch singulär als Tagesgericht erhältlich gewesen, so stand es jedenfalls an der Schiefertafel neben der Eingangstür geschrieben.
In bester Fischlaune schielte ich auf die eher frugal wirkenden, von geschmolzenem Bergkäse leidlich bedeckten Spinatknödel, für die sich meine Freundin entschieden hatte. Der Beschreibung in der Karte nach wurden sie in etwas Nussbutter geschwenkt. Von den grünen Veggiebällen nahezu komplett verdeckt, geriet der darunter befindliche Spitzkohl, von Natur aus ja eher dezent aromatisch, auch geschmacklich ins Hintertreffen. Zu allem Überfluss bildete eine „geschmolzene“ Cocktailtomate – schon mehrfach von einem geschätzten Rezensenten dieses Portals als kulinarische Banalität entlarvt – den einzigen „echten“ Farbtupfer in diesem drögen Tellergericht, das Herr Biedermann noch nicht mal seinen Brandstiftern untergejubelt hätte. Und man muss es aussprechen: für 16,90 Euro war das auch preislich nicht mehr im Bereich des Akzeptablen. Spinat, Spitzkohl, Bergkäse – selbst mit dem inkludierten Beilagensalat passte das weder vom Wareneinsatz noch von seiner Verarbeitung her ins Bild.
Da lobe ich mir die Burrweiler Mühle – zugegeben ein mittlerweile von Pfalztouristen überranntes Ausflugslokal in bester Lage – wo man das nahezu gleiche Gericht für 6 Euro weniger anbieten kann.
Der süße Abschluss gelang mit marinierten Nektarinen, Vanille-Eis und Himbeerschaum (eigentlich das Dessert vom Wochenend-Menü) und zwei Kugeln hausgemachtem Sorbet (6 Euro). Besonders das intensive Himbeeraroma meines im Glas servierten Nachtisches hatte es mir angetan. Ein würdiger Schlusspunkt eines gelungenen 4-Gang-Menüs, das auch bei der Preis-Genuss-Relation ordentlich abschnitt.
Wählt man im „Schneider“ dagegen à la Carte, schlagen hohe Preise wie zum Beispiel bei den Suppen (doppelte Rehkraftbrühe für 8,50 Euro), den einfachen Fleischgerichten (Schweinelende mit Mischpilzen für 23,50 Euro) und dem vegetarischen Angebot (Kräuterpfannkuchen mit Spinat und Röstgemüse für 15,90 Euro) zu Buche. Da hat man mit dem Status eines der exklusivsten kulinarischen Ziele im Pfälzerwald zu sein etwas die Bodenhaftung verloren. Bei den Menüs sieht es etwas anders aus, aber auch hier wurde in den letzten Jahren preislich angezogen. Das ausgezeichnete PLV von damals muss ich etwas revidieren und zum Ergebnis kommen, dass es in dieser Preisliga mittlerweile kreativere Vertreter in der Pfalz gibt. Etwas mehr Innovation statt Bewahrung von Tradition würde dem Gasthaus Schneider sicher gut stehen.
Mehr als sechs Jahre ist es her, dass ich zum letzten Mal bei Werner Püngeler (Inhaber) und seiner Frau Petra Roth-Püngeler (Küchenchefin) im beschaulichen Örtchen Dernbach (Pfälzerwald) zu Gast war. Noch heute erinnere ich mich an das formidable Wildragout mit Kartoffelknödeln, das ich als Hauptgang eines dreigängigen, sehr preisgünstigen Tagesmenüs verputzen durfte. Die dazugehörige RK-Rezension wurde auf meinen Wunsch hin wegge“yelpt“. Höchste Zeit also, über diese mit Bib-Gourmand-Abonnement ausgestattete Pfälzer Gastro-Institution mal wieder „ein paar“ Worte zu verlieren.
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4.0 stars -
"Das PLV war früher besser! Dennoch verlässlich gute Adresse im Dernbachtal - und das seit vielen Jahren schon" marcO74Mehr als sechs Jahre ist es her, dass ich zum letzten Mal bei Werner Püngeler (Inhaber) und seiner Frau Petra Roth-Püngeler (Küchenchefin) im beschaulichen Örtchen Dernbach (Pfälzerwald) zu Gast war. Noch heute erinnere ich mich an das formidable Wildragout mit Kartoffelknödeln, das ich als Hauptgang eines dreigängigen, sehr preisgünstigen Tagesmenüs verputzen durfte. Die dazugehörige RK-Rezension wurde auf meinen Wunsch hin wegge“yelpt“. Höchste Zeit also, über diese mit Bib-Gourmand-Abonnement ausgestattete Pfälzer Gastro-Institution mal wieder „ein paar“ Worte zu verlieren.
Eine Wanderung
Besucht am 01.06.2018Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 46 EUR
Aller guten Dinge sind ja bekanntlich drei und das Beste kommt meist zum Schluss. Schon seltsam, dass solch banale Phrasen den kulinarischen Abschluss unseres Kurzaufenthalts im Allgäu auf eine platte, aber zutreffende Formel brachten. Aber genau so war es in Scheideggs erstem Haus am Platz, auf das mich Monsieur Michelin mit seinem Teller für eine Küche mit guter Qualität aufmerksam machte. Drei Tage verbrachten wir in dem staatlich anerkannten Kurort und den Besuch „beim Stöckeler“, wie man diese kulinarische Institution in Scheidegg und Umgebung salopp nennt, hoben wir uns für den letzten Abend auf.
Das familiengeführte Haus kann auf eine über 300 Jahre lange Gastrotradition zurückblicken. Die letzten 80 Jahre davon hat Familie Stöckeler geprägt. Küchenchef Markus Stöckeler führt seit 1993 den Betrieb, während sein Bruder Thomas das im Jahre 2015 angegliederte Hotel leitet. So hat sich der Gasthof sukzessive zu einer festen Größe in der Region entwickelt und dank seiner hervorragenden Küche als beliebte Einkehradresse etabliert. Ein kurzer Anruf am Tag davor genügte, um zwei Plätze klarzumachen.
An einem sonnig-warmen Freitagabend betraten wir das gemütlich-rustikal eingerichtete Traditionshaus. Die junge Servicedame, die uns in Empfang nahm, hatte einen Tisch im Inneren des Lokals für uns bereit gehalten. Es war uns jedoch eher nach Freiluftgenuss zumute, was vom Serviceteam nonchalant mit einem properen Tisch im Biergarten erfüllt wurde. So saßen wir pünktlich zum Sonnenuntergang im ca. 70 Personen fassenden Open-Air-Bereich und genossen die letzten Stunden unseres Allgäu-Aufenthalts in vollen Zügen.
Der positive Ersteindruck, den wir von der Servicemannschaft rund um die gelernte Restaurantfachfrau Mareike Bollinger von der ersten Minute an hatten, sollte sich im Laufe des Abends noch mehrfach bestätigen. Bereitwillig gab man Auskunft, offerierte Zusatzangebote ohne aufdringlich zu wirken, agierte dabei stets freundlich und zuvorkommend, und war auch sonst flott unterwegs oder wie man auch sagt: auf Zack! Eine tolle Truppe, welche die Wirtsfamilie Stöckeler da „zusammengecastet“ hatte und die maßgeblich dazu beitrug, dass wir uns hier gut aufgehoben fühlten.
Wie sehr man auf Transparenz bei der Gastfreundschaft Wert legt, davon kündet schon die erste Seite der Speisenkarte. Bei der „Begrüßung“ wurde nicht nur auf die Entwicklung des Gasthauses bzw. des Hotels in den letzten drei Jahren hingewiesen, sondern jeder Mitarbeiter samt Status und Funktion namentlich aufgeführt. Alle Achtung, hier steht die Mannschaft im Mittelpunkt und keiner wird außen vor gelassen!
Auf Seite eins is(s)t man mit dem „glutenfreien Frühlingsmenü“ (4-Gänge für 36,80 Euro) auf der Höhe der Zeit. In Nudelteig gebackene Scampis, Rahmsuppe vom Stangenspargel, Filet vom Allgäuer Rind und frische Erdbeeren mit Schokopreziosen würden sicherlich auch Gäste ohne diagnostizierte Zöliakie erfreuen. Auf der zweiten Seite warteten die Tagesempfehlungen und „Freitagsgerichte“. Allgäuer Käsespätzle und Kaiserschmarren gab es scheinbar nur am letzten Tag der Woche. Die drei Gerichte vom Tagesprogramm klangen sehr verlockend. Lammhäxle, Perlhuhnbrust und Schweinebauch – und bitte genau in dieser Reihenfolge!
Dann blätterte ich mich durch das appetitanregende Standardprogramm, das neben fünf Vorspeisen, vier Suppen, vier Fischgerichten, einem guten Dutzend Brotzeiten, Steaks in verschiedenen Cuts, drei vegetarischen Mahlzeiten auch sage und schreibe neun „Hirschenklassiker“ listete. Letztere hätten jeden Carnivoren in selige Verzückung versetzt. Geschmorte Rinderbacke, Wienerschnitzel, Kalbs-Cordon-Bleu, Filetgeschnetzeltes vom Schwein und Rind sowie der obligatorische Allgäuer Zwiebelrostbraten – nahezu das komplette Who-is-who der gutbürgerlichen Fleischküche war vertreten. Und das zu Preisen, die lediglich beim Zwiebelrostbraten (20,80 Euro) die 20-Euro-Marke knackten. Beim Durchlesen der Kindergerichte, die alle für freundliche 3 Euro angeboten wurden, war ich mir sicher: hier hätte es mir vor 35 Jahren schon gefallen!
Beim Fassbier setzte man voll auf regionalen Gerstensaft. Das Weizen und das Pils stammten aus dem Nachbarort Weiler, dessen Postbrauerei anständige Erzeugnisse liefert. Das Meckatzer „Weiss-Gold“ wurde als „Sonntagsbier“ angepriesen, während das dunkle „Korbinian“ von der Brauerei Zötler aus Rettenberg vollmundig-malzigen Trinkspaß versprach. Wer auch hier glutenfrei unterwegs sein wollte, für den gab es ein Hirsebier von Schnitzer – das jedoch aus der Flasche.
Am dunklen Korbinian hatte ich schon am Vorabend in der Altstaufner Einkehr nichts auszusetzen gehabt. Einem halben Liter (3,30 Euro) gegen den Durst stand also nichts im Wege. Die Flasche Mineralwasser schlug mit (noch) anständigen 4,80 Euro zu Buche.
Nach dem Motto „Kleinvieh macht auch satt“ orderte ich einen kleine Portion Schweizer Wurstsalat (5,80 Euro) vom Brotzeitsortiment als Vorspeise. Ihm sollte frischer und geräucherter Schweinebauch mit Sauerkraut und Kartoffelbrei (11,80 Euro) folgen. Meine Begleitung mochte es dagegen etwas fleischloser und entschied sich für einen kleinen Beilagensalat (3,80 Euro) und die Allgäuer Käsespätzle (9,80 Euro). Im Hinblick auf die ansprechende Dessertauswahl wollten wir uns nicht schon vorzeitig in „Fressnarkose“ versetzen und spielten kulinarisch zugegebenermaßen etwas auf Zeit.
Der eidgenössische Wurstsalat (mit Emmentaler) wurde pfiffig in einer kleinen Schüssel auf einem Holzbrett mit obligatorischer Semmel serviert. In Scheiben geschnittene Schüblinge (Brühwürste), Gurken, rote Zwiebelringe und ordentlich Käse schwammen in einem delikaten, gut ausbalancierten Essig-Öl-Dressing. Die qualitativ guten Zutaten machten dieses einfache Gericht zu einem wahren Leckerbissen, dem auch die warme Witterung nichts anhaben konnte. Genauso frisch war übrigens auch der kleine Beilagensalat angemacht. Grüne Blätter, weißes Kraut, ein paar Gurkenscheiben und knackige Karottenraspel sorgten bei meiner Begleitung für sommerlichen Salatgenuss vorweg.
Ihre im Anschluss folgende Portion Käsespätzle konnte sich wirklich sehen lassen. Selbst das menüverspachtelnde Paar am Nachbartisch war vom Aussehen des mit Frittier-Zwiebel-Toupet bedeckten Spätzle-Hügels angetan. Sein geschmolzener Käse hatte ein feines Aroma und hielt die Eierkleinteile auf dem Teller zusammen. Keine Ahnung, ob man dieses Gericht irgendwo besser hinbekommt. Der Dame gegenüber schmeckte es jedenfalls fantastisch.
Bei der Schweinerei auf meinem Teller hatte man nicht mit saftigen Bauchscheiben gespart. Feinste Metzgerware, die da geräuchert und nicht zu fett im Sauerkraut gegart wurde und auf selbigem lag. Das Kraut war geschmacklich über alle Zweifel erhaben und hätte auch jedem Pfälzer Teller zur Ehre gereicht. Die salzige Würze des gepökelten Fleisches wurde vom herrlich milden Kartoffelbrei (wie bei Muttern!) gut aufgefangen. Ich persönlich mag es ja, wenn das Püree nicht zu flüssig gerät. Das Verhältnis von Milch, Butter und Kartoffeln muss eben passen und das tat es hier. Ein deftiger Teller mit ausgezeichneter Hausmannskost, den ich bis auf die letzte Pfütze des Sauerkrautsudes genoss. Gutbürgerliche Küche kann unter fachkundiger Verwendung hochwertiger Produkte richtig gut tun! Oder wie der Großmeister der Restaurantkritik Thomas Platt einmal schrieb: „Ein gutes Gericht erzählt die Wahrheit über seine Zutaten, ein schlechtes dagegen die Wahrheit über seinen Koch.“
Zum Abschluss gönnten wir uns noch ein paar Eis- bzw. Sorbetkugeln, die allesamt aus der eigenen Herstellung kommen. Und so füllten fruchtiges Himbeer-Sorbet (2,20 Euro pro Kugel) und cremigsüße Schokolade (weiß und braun, 1,60 Euro pro Kugel) unseren letzten freien Raum im Magen.
Beim Stöckeler werden wir im Rahmen des nächsten Allgäu-Urlaubs sicherlich wieder einkehren. Sein mit Leibspeisen gespicktes Angebot wird uns dann wohl zu Wiederholungstätern machen. Warum auch nicht bei einem so erstklassigen Preis-Genuss-Verhältnis wie hier. Und einem Service, der seinen Dienst am Gast so professionell und dennoch herzlich umsetzt. Für Besucher des Westallgäus deshalb mein Tipp: anrufen – reservieren – hingehen. Alles weitere ergibt sich dann von selbst.
Aller guten Dinge sind ja bekanntlich drei und das Beste kommt meist zum Schluss. Schon seltsam, dass solch banale Phrasen den kulinarischen Abschluss unseres Kurzaufenthalts im Allgäu auf eine platte, aber zutreffende Formel brachten. Aber genau so war es in Scheideggs erstem Haus am Platz, auf das mich Monsieur Michelin mit seinem Teller für eine Küche mit guter Qualität aufmerksam machte. Drei Tage verbrachten wir in dem staatlich anerkannten Kurort und den Besuch „beim Stöckeler“, wie man diese kulinarische Institution... mehr lesen
Zum Hirschen | Restaurant beim Stöckeler
Zum Hirschen | Restaurant beim Stöckeler€-€€€Restaurant, Biergarten, Gasthof083812119Kirchstr. 1, 88175 Scheidegg
5.0 stars -
"Beeindruckende Küchen- und Serviceleistung in Scheideggs erstem Haus am Platz" marcO74Aller guten Dinge sind ja bekanntlich drei und das Beste kommt meist zum Schluss. Schon seltsam, dass solch banale Phrasen den kulinarischen Abschluss unseres Kurzaufenthalts im Allgäu auf eine platte, aber zutreffende Formel brachten. Aber genau so war es in Scheideggs erstem Haus am Platz, auf das mich Monsieur Michelin mit seinem Teller für eine Küche mit guter Qualität aufmerksam machte. Drei Tage verbrachten wir in dem staatlich anerkannten Kurort und den Besuch „beim Stöckeler“, wie man diese kulinarische Institution
Besucht am 31.05.2018Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 42 EUR
Nach unserer Wandertour auf den Hochgrat mit kurzer, vom Wetter erzwungener Stippvisite im Staufner Haus wollten wir eigentlich im ersten Gasthaus am Platz („Zum Hirschen“) in Scheidegg den Tag kulinarisch ausklingen lassen. Die vorangeschrittene Uhrzeit ließ uns dann aber spontan in Oberstaufen halt machen. Ein kurzer Blick auf die Bewertungen bei TA und das in Stadtmitte befindliche, denkmalgeschützte Gasthaus mit dem etwas anachronistisch daherkommenden Namen „Altstaufner Einkehr“ war als Ziel schnell auserkoren.
Stolz kündete der Schaukasten neben dem Speisen- und Getränkeangebot von der Auszeichnung, dass man es im FEINSCHMECKER unter die 500 besten „Restaurants für jeden Tag“ geschafft hatte. Die Treppe des altehrwürdigen, mit Schindelfassade verzierten Anwesens war schnell erklommen und da standen wir nun im Flur zwischen Küche, Tresen und der rechterhand hereinströmenden Gemütlichkeit einer ultra-urig eingerichteten Gaststube. Schade, dass niemand vom Servicepersonal Zeit und Lust hatte von uns Notiz zu nehmen. Ein kurzer Blick ins Innere des Lokals genügte, um rasch festzustellen, dass wir an diesem Abend (es war Feiertag!) keinen Platz bekommen würden. Zwei Damen, die zeitgleich mit uns kamen, erging es genauso. Sie zogen es vor, drinnen zu warten, während wir uns nach draußen zur Beratung zurückzogen.
Noch eh wir uns gedanklich um einen Plan B kümmern konnten, bemerkten wir, dass im baumbestandenen Biergarten direkt neben dem Gebäude gerade ein Tisch freigeworden war. Nun also doch die Einkehr in der „Einkehr“!
Aus dem Meckatzer-Fehler vom Vortag hatte ich gelernt. Ein großes Zötler „Korbinian Dunkel“ (3,70 Euro der halbe Liter) aus der Rettenberger Familienbrauerei, die den malzig-intensiven Gerstensaft schon seit rund 500 Jahren braut, und ein Mineralwasser (0,5l für 2,80 Euro) ließen dem Durst keine Chance.
Der Blick in die handgeschriebene, hübsch aufbereitete Speisenkarte verriet schon auf der ersten Seite die gastronomische Philosophie des Hauses. Als Mitglied der Vereinigung „Landzunge“ setzte man hier voll auf Regionaliät und (Bio-)Qualität bei den verwendeten Produkten. Rind aus freier Haltung, Bachforellen von heimischen Gewässern und Allgäuer Käse aus dem Umland standen exemplarisch für die Umsetzung einer zeitgemäßen Heimatküche mit modernem Qualitätsanspruch.
Bodenständig, aber mit Niveau präsentierte sich das ausgesuchte Speisenangebot. Eine Handvoll Tagesgerichte, darunter Preziosen wie Ragout vom Staufner Reh mit Spargel-Pilz-Gemüse (19,50 Euro) oder Zanderfilet in der Pankokruste auf Frühlingssalat mit mariniertem Spargel und Balsamico (16,90 Euro), schufen saisonale Fakten.
Das Wiener Schnitzel mit Kartoffelsalat und Preiselbeeren (18,70 Euro) kam natürlich vom Allgäuer Kalb, während sich hinter dem Jägerteller nach Oma Eckers Rezept ein Hirschgulasch vom Schlegel mit hausgemachten Spätzle und Blaukraut (18,90 Euro) verbarg. Selbstgemachte Dinkelbandnudeln mit gegrilltem Gemüse, Sbrinz (Schweizer Hartkäse) und Tomatenragout (14,90 Euro) wurden den Veggies offeriert. In Pergament gebackene Allgäuer Bachforellenfilets mit Blatt-Spinat, Strauchtomaten Bio-Feta und Salzkartoffeln (17,50 Euro) standen für den feinen Fischgaumen bereit.
Zusätzlich wurden fünf Fleischgerichte vom Grill angeboten. Darunter auch der 180g schwere Zwiebelrostbraten vom regionalen Weiderind (19,50 Euro), dem ich mich nicht entziehen konnte. Die Beilagen durfte man sich separat auswählen. Für 3,80 Euro Extra wurden sensationelle Spätzle mit geschmacksintensiver, lange eingekochter Bratensoße geliefert. Jeder Bissen des perfekt medium gebratenen Stücks vom Roastbeef zerging auf der Zunge. Eine Fleischqualität wie ich sie schon lange nicht mehr zwischen Messer und Gabel hatte. Davon hätte ich auch locker 100g mehr verputzt, ohne Frage. Wobei die üppige Auflage kross frittierter Zwiebeln auch erst einmal bewältigt werden musste. Ein rundum gelungenes Beispiel für handwerklich einwandfrei gekochte Regionalkost. Allein wegen dem Zwiebelrostbraten (und der à part gereichten Sauce) hätte ich als Wahloberstaufener hier meine Stammadresse. Nur schade, dass die Lichtverhältnisse keine aussagekräftigeren Fotos vom Essen mehr zuließen. Für das Beef Royal unter der Zwiebelfrisse müssen diesmal Worte reichen!
Meine Begleitung zog an diesem lauen Abend die kalte Küche vor. Ihre Oberstaufner Käsebrotzeit (12,50 Euro) hatte Bergkäse, „Gemanschter“ (Obazda ähnlich), Romadur und Ziegenkäse aus der Region auf dem mit Radieschen und Zwiebeln hübsch garnierten Teller zu bieten. Einer zünftigen Vesper stand nichts mehr im Wege, zumal die Käseplatte wohl portioniert war. Besonders schmeckte ihr der cremig-pikante, zusammen“gemanschte“ Käseaufstrich, der zum frischen Graubrot eine ganz hervorragende Figur machte.
Beide Gerichte waren von der Menge her absolut ausreichend portioniert. Einer Nachspeise bedurfte es (leider) nicht mehr. Eigentlich schade, denn die angebotene Lavendel-Crème-Brulée mit Holunderblüteneis und frischen Erdbeeren (8,50 Euro) hatte schon mein Interesse geweckt.
Zum Schluss noch ein Wort zum Service. Der junge Mann, der an jenem Abend für den kompletten Biergarten zuständig war, machte seine Sache richtig gut. Der große Andrang schien ihn nicht sonderlich zu beeindrucken. Er war stets auf Zack und kam zudem sehr sympathisch rüber. Bereitwillig beantwortete er unsere Fragen zu bestimmten Gerichten bzw. verwendeten Produkten. Wir waren so froh, dass wir nicht unter das „Servicejoch“ der gestressten Damen im Inneren des Lokals geraten waren. Manchmal ist eben die zweite Platzwahl die erste. Drinnen war übrigens noch um 23 Uhr die Hölle los, wovon ich mir beim Gang zu den sehr gepflegten Toiletten ein Bild machen konnte. Keine Frage, die „Einkehr“ ist eine empfehlenswerte Adresse für Gäste, die für Qualität gerne auch mal ein paar Euro mehr ausgeben. Hier lohnt es sich definitiv!
Nach unserer Wandertour auf den Hochgrat mit kurzer, vom Wetter erzwungener Stippvisite im Staufner Haus wollten wir eigentlich im ersten Gasthaus am Platz („Zum Hirschen“) in Scheidegg den Tag kulinarisch ausklingen lassen. Die vorangeschrittene Uhrzeit ließ uns dann aber spontan in Oberstaufen halt machen. Ein kurzer Blick auf die Bewertungen bei TA und das in Stadtmitte befindliche, denkmalgeschützte Gasthaus mit dem etwas anachronistisch daherkommenden Namen „Altstaufner Einkehr“ war als Ziel schnell auserkoren.
Stolz kündete der Schaukasten neben dem Speisen- und Getränkeangebot... mehr lesen
4.5 stars -
"Allein der Zwiebelrostbraten rechtfertigte die „Einkehr“" marcO74Nach unserer Wandertour auf den Hochgrat mit kurzer, vom Wetter erzwungener Stippvisite im Staufner Haus wollten wir eigentlich im ersten Gasthaus am Platz („Zum Hirschen“) in Scheidegg den Tag kulinarisch ausklingen lassen. Die vorangeschrittene Uhrzeit ließ uns dann aber spontan in Oberstaufen halt machen. Ein kurzer Blick auf die Bewertungen bei TA und das in Stadtmitte befindliche, denkmalgeschützte Gasthaus mit dem etwas anachronistisch daherkommenden Namen „Altstaufner Einkehr“ war als Ziel schnell auserkoren.
Stolz kündete der Schaukasten neben dem Speisen- und Getränkeangebot
Besucht am 30.05.2018Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 50 EUR
Ein Kurzaufenthalt im Allgäu stand über Fronleichnam auf dem Programm. Den geplanten Zwischenstopp im renommierten Landgasthaus Adler in Wangen-Deuchelried ließen wir aus. Es rollte einfach zu gut an diesem Mittwochabend. Kurz vor unserem Zielort Scheidegg ereilte uns dann der große Hunger und zwang uns zu einem deftigen Abendessen. Dies fand im Nachbarort Lindenberg, einer ca. 11000 Einwohner zählenden Gemeinde, die das Herzstück der Region Westallgäu bildet, statt. Ich hatte mich im Vorfeld bei TA informiert und den Ort der ersten Einkehr ganz bewusst nach dessen hoher Platzierung auf diesem Portal gewählt. Die Lindenberger Nr. 1 würde sicherlich für ein zünftiges Abendmahl taugen, so der Plan.
Was ich da noch nicht wusste, beim alten Bräuhaus handelt es sich um die Lindenberger Traditionsgaststätte schlechthin. Der Einband der Speisenkarte verriet mir die bewegte Geschichte des altehrwürdigen, von der Familie Seeger geführten Gasthauses, das zu den ältesten im Ort zählt und in dem bis 1920 noch Bier gebraut wurde. Schon kurios, dass im hinteren Hof des Bräuhauses Ende des 19.Jahrhunderts eine Kneipp’sche Badeanstalt errichtet wurde. Bei deren Eröffnung war Kräuterpfarrer und Wasserdoktor Sebastian Kneipp selbst zugegen, so die Überlieferung. Ich war gespannt, ob uns die Portionen auch ganzheitlich ansprechen und mit hohem Heilpflanzenanteil auf dem Teller landen würden.
Die schwül-warme Witterung ließ uns an einem Tisch im von übermannshoher Vegetation umfriedeten Biergarten Platz nehmen. Der immer dunkler werdende Himmel kündete von einer herannahenden Gewitterfront. Die Chancen auf einen dauerhaften Verbleib im Freien schwanden deshalb von Minute zu Minute.
Nachdem ich die Werbeseite für das in dieser Region zu Recht nicht sonderlich beliebte Meckatzer Bier geflissentlich überblättert hatte, wurde der essenzielle Teil der Speisenkarte näher in Augenschein genommen. Zwei Suppen und vier verschiedene Salate eröffneten noch etwas schüchtern die Palette bodenständiger Spezialitäten aus der Region, eher auf den Folgeseiten ein wahres Fest für Fleischesser zelebriert wurde. Schnitzelvariationen, gegrillte Putenkost, Roastbeefvergnügen und Brauhausspecials deuteten auf paradiesische Zustände für ausgewiesene Fleischvernichter hin. Fünf vegetarische Teller und dreimal Fisch richteten sich dagegen etwas kleinlaut an die Fraktion der Verzichter.
Der Wärme trotzend bestellte ich vorneweg eine Tasse Brätstrudelsuppe (3,90 Euro). Eine süffiges Meckatzer (die Halbe „Weiss-Gold“ für 3,30 Euro) und eine Traubensaftschorle (0,2l für 2,50 Euro) wurden jedoch von der jungen, ihre Sache sehr gut machenden Bedienung zuerst an den Tisch gebracht. Als Hauptgerichte standen das Altbayrische Schnitzel (17,50 Euro), das mit seiner Kruste aus frischem Meerrettich, Senf und Käse mein Interesse weckte, sowie die für meine Begleitung mittlerweile schon obligatorischen Allgäuer Kässpätzle (10,90 Euro) schnell fest. Bei beiden Gerichten war zudem ein Beilagensalat im Preis inbegriffen. Dennoch hielten wir uns die Option auf einen hausgemachten Kaiserschmarren zum Nachtisch offen.
Die klare, mit ordentlich Schnittlauch versehene Brühe wurde im Einweckglas serviert. Die eingerollten, mit einer delikaten Brätfüllung ausgestatteten Pfannkuchen hatte man scheibchenweise in den heißen Brodem gegeben. Schon der erste Löffel kündete von übertriebenem Salzgebrauch. Der schmeckbare Einsatz von „Verstärkern“ verriet, dass wohl Mama Maggi in der Küche den Kochlöffel schwang. Die Brätstrudelscheiben hatten gegen die omnipräsente Brühwürfelwürze leider keine Chance und kamen geschmacklich nicht zur Entfaltung. Schade, so hatte ich mir den kulinarischen Auftakt im Allgäu nicht vorgestellt.
Was danach folgte, entschädigte für den eher dürftigen Suppenauftakt. Der Beilagensalat kam als großer Salatteller incognito und hatte ein ganz schön pfeffriges Joghurtdressing zu bieten. Radieschen, Gurken, Zwiebeln, Paprika und Tomaten werteten nicht nur optisch das von pikanter Dressingtunke überzogene Blattwerk auf. Weniger wäre hier sicherlich mehr gewesen, denn das Gegenteil von „gut“ ist ja bekanntlich „gut gemeint“. Egal, der Salat schmeckte auch mit Soßenoverkill, denn die Zutaten waren frisch und der Hunger groß.
Keine zwei Cocktailtomaten später standen auch schon unsere Hauptspeisen vor uns. Bei den in einer ovalen Schale gereichten Kässpatzen wurde nicht an Röstzwiebeln gespart. Ein zugegeben nicht gerade asketisch anmutendes Gericht, dessen eidottergelbe Protagonisten unter einer geschmolzenen Allgäuer Käsemischung begraben lagen. Auch mengenmäßig einer ausgewachsenen Hauptspeisenportion durchaus würdig. Aber hallo, wir sind hier in Bayern!
Apropos Bayern bzw. Altbayern: zwei schweinerne Vertreter altbayrischer Bauart standen, flankiert von einer mächtigen Portion Bratkartoffeln, mitten im Spiegel einer deftigen Bratensoße vor mir und signalisierten ihre Verzehrbereitschaft. Dem wachen Auge des Rezensenten entging dabei nicht das etwas zu lange Verharren des Gerichtes unter dem Salamander, wie unschwer an den leicht verkohlten Stellen der aus Senf, Meerrettich und Käse bestehenden Überbackschicht zu erkennen war.
Gut, nun habe ich auch einmal ein Altbayrisches Schnitzel genossen. Die Bratkartoffeln gerieten tadellos. Auch die Bratensoße bot keinen Grund zur Beanstandung. Das Fleisch unter der dicken Senf-Meerrettich-Haube stammte vermutlich vom Schweinerücken. Leider war es aufgrund der zu dominanten Auflage geschmacklich kaum wahrnehmbar. Da sind mir die soufflierten Semmelbrösel drum herum schon lieber, so mein Fazit dieses etwas zu deftig ausgefallenen Schnitzelexperiments.
Ein aufziehender Gewitterschauer zwang uns schließlich zur Flucht ins Innere des Gasthauses. Wir gerade mitten am Hauptspeisen, als uns erste dicke Regentropfen den Freiluftgenuss vermiesten. Egal mit allem was wir und die Bedienung tragen konnten ging es durch den großen Saal (für Gesellschaften) in die gepflegte Gaststube. Kein Wunder, dass bei der Größe des Anwesens ganze Busgesellschaften locker platziert werden können, so mein Gedanke, als ich die bierseligen Hallen betrat.
Drinnen dominierte hölzerne Rustikalität, die sich an Wänden und Decke widerspiegelte. Das massive Wirtshausmobiliar (Stühle, Tische, Wandbänke) versprühte zusätzlich ländlichen Charme. Der passende Rahmen für Helles vom Fass und Deftiges aus der Pfanne. Draußen goss es mittlerweile wie aus Kübeln, was die heimelige Atmosphäre im Inneren des Bräuhauses noch verdichtete.
Die Idee, noch einen Kaiserschmarren mit beschwipsten Zwetschgen zu zwitschern, entsprang wohl der Bierlaune, die eindeutig auf das Konto des zuvor bestellten Meckatzer Zwickelbieres ging. Definitiv nichts für Anfänger, dieser bernsteinfarbene, trübe Hopfensud, über dessen Spätfolgen am nächsten Tag hier kein Wort verloren wird. Nur so viel sei gesagt: als ich tags darauf im Staufner Haus hoch über Steibis einen Einheimischen vom Meckatzer Zwickel erzählte, schüttelte der nur mitleidig sein Haupt, ehe er in schallendes Gelächter verfiel und daraufhin einen großen Schluck von seinem süffigen Zötler-Bier nahm. Er wusste scheinbar genau, welchen Gerstensaft man in dieser Gegend bevorzugen sollte.
Auch die süße Mehlspeise zum Nachtisch wies keine geringe Portionierung auf. Und so zogen wir doch recht übersättigt von dannen, um noch die letzten paar Anreisekilometer nach Scheidegg zu absolvieren. Für den nächsten Tag waren wir jedenfalls gestärkt genug, um die 1000 Höhenmeter auf den Hochgrat (1834 m) hinauf zu Fuß erledigen zu können, was uns trotz schlechten Wetteraussichten auch gelang. Der Bericht über den Kalorienausgleich am Abend in Oberstaufen folgt.
Ein Kurzaufenthalt im Allgäu stand über Fronleichnam auf dem Programm. Den geplanten Zwischenstopp im renommierten Landgasthaus Adler in Wangen-Deuchelried ließen wir aus. Es rollte einfach zu gut an diesem Mittwochabend. Kurz vor unserem Zielort Scheidegg ereilte uns dann der große Hunger und zwang uns zu einem deftigen Abendessen. Dies fand im Nachbarort Lindenberg, einer ca. 11000 Einwohner zählenden Gemeinde, die das Herzstück der Region Westallgäu bildet, statt. Ich hatte mich im Vorfeld bei TA informiert und den Ort der ersten... mehr lesen
Zum alten Bräuhaus
Zum alten Bräuhaus€-€€€Restaurant083811693Hirschstraße 16, 88161 Lindenberg im Allgäu
4.0 stars -
"Zünftige Einkehr im Lindenberger Traditionsgasthaus zu Beginn unseres Allgäu-Kurztrips" marcO74Ein Kurzaufenthalt im Allgäu stand über Fronleichnam auf dem Programm. Den geplanten Zwischenstopp im renommierten Landgasthaus Adler in Wangen-Deuchelried ließen wir aus. Es rollte einfach zu gut an diesem Mittwochabend. Kurz vor unserem Zielort Scheidegg ereilte uns dann der große Hunger und zwang uns zu einem deftigen Abendessen. Dies fand im Nachbarort Lindenberg, einer ca. 11000 Einwohner zählenden Gemeinde, die das Herzstück der Region Westallgäu bildet, statt. Ich hatte mich im Vorfeld bei TA informiert und den Ort der ersten
Besucht am 28.05.2018Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 64 EUR
An einem warmen Montagabend im Wonnemonat Mai radelten wir gen Neupotz, um nach langer Abstinenz dem Traditionslokal „Zum Lamm“ einen Besuch abzustatten. Hier, wo ich schon als Jugendlicher die feine Fischküche kennen und schätzen gelernt habe, wird seit vielen Jahren Wert auf kultivierte Gastlichkeit in gepflegter Landgasthofidylle gelegt. Gerne erinnere ich mich an meinen letzten Besuch im Oktober 2016, als wir mit unserer Wörther Schlemmertruppe zu viert dort einfielen und einen richtig tollen Abend verbrachten.
Über das Innere des auch in diesem Jahr mit einem Bib Gourmand ausgezeichneten Restaurants im Herzen von Neupotz habe ich mich bei meinen beiden bereits auf GG verfassten Berichten genügend ausgelassen. Da hat sich seitdem nichts verändert. Warum auch? Die Gäste fühlten sich im etwas in die Jahre gekommenen Landhausambiente des holzvertäfelten Gastraums sichtlich wohl, so mein Eindruck an diesem Abend. Zur leicht französisch angehauchten Frischeküche von Manfred Kreger passen eben weißes Leinen, Stoffservietten und auf Hochglanz polierte Gläser ganz vortrefflich. Und so waren wir gespannt, mit welchen Leckereien uns der Altmeister an diesem Abend verwöhnen würde.
Nachdem unsere Räder im Hof geparkt waren, empfing uns die Hausherrin Frau Ulrike Reger freundlich und platzierte uns in Eingangsnähe unweit des Thekenbereichs. Unterstützt wurde sie im Service von einer jüngeren Kollegin, die ihre Sache ebenfalls zu unserer vollsten Zufriedenheit erledigte. Unser Durst wurde zunächst mit herrlich prickelndem Mineralwasser der Marke „Bellaris“ – für mich eines der besten seiner Art – gestillt. Für die 0,75-l-Flasche wurden nicht unanständige 4,20 Euro abgerechnet. Mein Bellheimer Naturtrüb kam frisch gezapft im stilechten Röhrenglas (0,3l für 2,70 Euro) der gleichnamigen Brauerei und zeichnete sich durch eine erstaunlich geringe Halbwertzeit aus. Kaum hatte es den Tisch erreicht, hatte sich schon ein Großteil des Inhalts „verflüchtigt“.
Die doppelseitige Speisenkarte von Manfred Kreger bot auch diesmal ein überschaubares, aber mit Bedacht zusammengestelltes, hauptsächlich auf Fisch und Fleisch beschränktes Programm, das von einer zusätzlichen Empfehlungskarte ergänzt wurde. Sechs Vorspeisen und neun Hauptgänge (4 mal Fisch, 4 mal Fleisch, 1 mal Veggie) hatte man im Standardrepertoire. Darunter befanden sich pfiffige Kreationen wie Thunfisch mit asiatisch mariniertem Spargel und Mangosalsa (14 Euro) sowie Seeteufel & Oktopus mit gegrillter Wassermelone, Paellacreme und Basmati-Reis (25 Euro). Aber auch Klassiker wie das panierte Zanderfilet mit Kartoffelsalat (17,50 Euro) oder der Lammrücken mit Ziegenkäse-Kräuter-Kruste, Provencal-Gemüse und Bratkartoffeln (24,50 Euro) klangen appetitanregend.
Um der vegetarischen Klientel etwas entgegen zu kommen (nur ein fleisch- bzw. fischloses Gericht finde selbst ich ein wenig mager), wurden auf der Zusatzkarte Tagliolini mit Parmesan und frisch gehobeltem Sommertrüffel (15 Euro) als Vorspeise angeboten. Diese klangen mindestens genauso verlockend wie das zusätzlich empfohlene Thunfischsteak bzw. das Rinderfilet. Beide Hauptgänge wurden saisonbedingt mit Spargel angeboten und waren für um die 25 Euro zu haben. Den preislichen Höhepunkt markierte derweil der mit Thymian-Aprikosen, Blumenkohlpüree, Briocheknödel und Trüffeljus gereichte Rehrücken. Er schlug mit 30 Euro zu Buche. Soviel zur Speisenauswahl im „Lamm“, die leider immer noch nicht online einsehbar ist.
Wir wählten das Spargelsüppchen (6,90 Euro) und einen kleinen Salatteller (4,50 Euro) vorweg, um den ersten Hunger zu stillen. Danach sollten es das panierte Zanderfilet (17,50 Euro) und das Rumpsteak mit Kräuterbutter (22 Euro) kulinarisch richten. Das zweite naturtrübe Bellheimer ließ nicht lange auf sich warten. Genau wie der Gruß aus Kreger’s Küche, der uns eine halbe Jakobsmuschel auf mediterranen Gemüsereisnudeln einbrachte und einen ersten Hinweis auf die hier vorherrschende Produktqualität und deren punktgenaue Zubereitung lieferte.
Im kurz vorher mit dem Pürierstab aufgeschäumten Süppchen vom königlichen Saisongemüse schwammen noch leicht bissfeste Stücke. Kleingehacktes Schnittlauch hatte es sich auf dem Sahnehäubchen gemütlich gemacht. Der darunter verborgenen Brühe fehlte es ein wenig an Schmackes. Aber da scheiden sich ja die stangenvernarrten Geister, die primär auf das milde, leicht süßliche Aroma des Edelgemüses setzen. Dennoch hätte sie ruhig etwas resoluter gewürzt in die Tiefen ihres Tellers strömen dürfen. Mir wär’s Recht gewesen.
Der kleine Salatteller, den meine Begleitung vorweg genoss, punktete mit frischen Zutaten und einem fein abgeschmeckten Essig-Öl-Verhältnis beim Dressing. Wohlwissend, dass ich den Gleichen in Grün noch bei meinem Zanderfilet als Inklusivbeilage erwarten durfte, freute ich mich auf die vor mir liegenden Leckerbissen. Der laut Karte dazugehörige Kartoffelsalat ließ sich problemlos in eine knusprige Bratkartoffelbeilage umordern. Diese kam als Doppelportion in einer großen Schüssel für uns beide, da auch das Rumpsteak meiner Begleitung mit dem gleichen Kartoffelgefolge versehen war. Gut gewürzt, knusprig und mit etwas Schnittlauch verfeinert kam die goldbraun gebratene Vorzeigebeilage anscheinend aus der „richtigen“ Pfanne, denn da troff nichts vor Fett. Kurzum: sie konnten mit dem Referenzprodukt vom Oma Jülg (Weinstube Jülg in Schweigen) locker mithalten.
Das wie gewünscht medium gebratene Rumpsteak, auf welches sich meine Begleitung stürzte, lag stolz auf einem Bett aus kleingeschnittenen, blanchierten Zuckerschoten, die kurz vorher in einer hellen Soße geschwenkt wurden. Als farblicher Kontrast wirkte die dunkle Jus, die in respektabler Menge den Tellerboden benetzte. Eine „Krone“ aus selbstgemachter Kräuterbutter toppte das königliche Fleischvergnügen, das auch von der Menge her (geschätzte 200 g) angemessen erschien. Zusammen mit der kraftvollen, dunklen Soße und den knusprigen Bratkartoffeln war das allerfeinste, ohne Firlefanz zubereitete Hausmannskost, die mit ordentlich „Schmackes“ auf dem Teller landete.
Zum Zander des Jahres nur so viel: ein Prachtexemplar von einem Panierfisch! Innen saftig, außen kross. Der hat wahrscheinlich ein paar Tage zuvor noch seine Bahnen im nahegelegenen Altrhein gezogen, so frisch schmeckte der. Auch von der Würze her, geht das kaum besser. Die Zitronenviertel lagen nach dem Verzehr der Fischpreziose unausgedrückt daneben – das sagt eigentlich schon alles. Auch hier keine Fetttropfen, sondern eine – wieder in der „richtigen“ Pfanne – kross gebratene Panade, die mit feinem Buttergeschmack aufwartete. Ein zugegeben supereinfaches Gericht, das hier im Lamm ganz viel Spaß machte und das ich – außer vielleicht beim ebenfalls in Neupotz ansässigen Restaurant „Hardtwald“ – nirgendwo besser zubereitet in Erinnerung habe.
Da radelte es sich panierfisch- bzw. rumpsteakgestärkt schon wesentlich leichter zurück ins gastronomisch unterbelichtete Heimatdorf. Um den Zander kommt man in Neupotz kaum herum. Schon gar nicht, wenn er so perfekt aus der Pfanne kommt wie bei Küchenchef Kreger, bei dem auch nach vielen Jahren gastronomischer Tätigkeit keinerlei Ermüdungserscheinungen in Sachen Produktqualität und deren Verarbeitung zu erkennen sind. Eine respektable Leistung. Chapeau, Manfred!
An einem warmen Montagabend im Wonnemonat Mai radelten wir gen Neupotz, um nach langer Abstinenz dem Traditionslokal „Zum Lamm“ einen Besuch abzustatten. Hier, wo ich schon als Jugendlicher die feine Fischküche kennen und schätzen gelernt habe, wird seit vielen Jahren Wert auf kultivierte Gastlichkeit in gepflegter Landgasthofidylle gelegt. Gerne erinnere ich mich an meinen letzten Besuch im Oktober 2016, als wir mit unserer Wörther Schlemmertruppe zu viert dort einfielen und einen richtig tollen Abend verbrachten.
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Zum Lamm
Zum Lamm€-€€€Restaurant072722809Hauptstraße 7, 76777 Neupotz
4.5 stars -
"Delikates Neupotz Teil 2: Gehobene Hausmannskost und feine Fischküche in wohltuend unaufgeregter Souveränität auf den Teller gebracht" marcO74An einem warmen Montagabend im Wonnemonat Mai radelten wir gen Neupotz, um nach langer Abstinenz dem Traditionslokal „Zum Lamm“ einen Besuch abzustatten. Hier, wo ich schon als Jugendlicher die feine Fischküche kennen und schätzen gelernt habe, wird seit vielen Jahren Wert auf kultivierte Gastlichkeit in gepflegter Landgasthofidylle gelegt. Gerne erinnere ich mich an meinen letzten Besuch im Oktober 2016, als wir mit unserer Wörther Schlemmertruppe zu viert dort einfielen und einen richtig tollen Abend verbrachten.
Über das Innere des auch
Besucht am 25.05.2018Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 54 EUR
Ungefähr ein Jahr nach der familiären Schnitzelschlacht in der benachbarten Traditionsgastwirtschaft „Zur Krone“, folgte nun der Besuch im zweiten Haus am Platze, welches keine 250 Meter davon entfernt liegt. An der Rülzheimer Rose bin ich sicherlich schon gefühlte tausendmal vorbeigefahren. Aufgefallen ist mir dieser Prototyp einer gutbürgerlichen Dorfwirtschaft eigentlich nie. Unscheinbar liegt das Gasthaus an der belebten Hauptstraße (die man hier „Neue Landstraße“ nennt) im Ortskern von Rülzheim und macht von außen den Eindruck eines bereits seit längerer Zeit geschlossenen Lokals. Würde da nicht das Bellheimer-Bier-Logo über dem breiten Treppenaufgang thronen, niemand würde in dem hellblau gestrichenen Anwesen gastronomische Tätigkeiten vermuten.
Mein Kollege, ein erklärter Rumpsteak-Spezi und Gerstensaft affiner Freund deftiger Fleischküche, hatte an diesem Freitagabend für uns beide reserviert, was in der Rose generell zu empfehlen ist, da die Hütte brummt. Die geschätzten 100 Sitzplätze verteilen sich auf zwei Gasträume und ein Nebenzimmer für größere Gesellschaften. Hat man die Treppe erklommen, biegt man links in einen nicht gerade freundlich illuminierten Flurbereich. Der Muff der 70er Jahre strömt einem in Anbetracht der mit dunklem Holz verkleideten Wände entgegen. Hat man den ersten Gastraum zur Linken erfolgreich passiert, stößt man geradewegs auf den Thekenbereich, an dem das frisch gezapfte Bellheimer Bier am liebsten schoppenweise ausgeschenkt wird – so jedenfalls mein erster Eindruck. Hier befand sich übrigens auch der Stammtisch, wo nach guter alter Sitte eine sechsköpfige Männerrunde einen gepflegten Schafkopf spielte.
Selten habe ich schneller die gastronomische Zeitreise in die Vergangenheit angetreten wie im Inneren der Rülzheimer Rose. Links vom Tresen schloss sich Gastraum Nummer zwei an. Etwas größer als der erste und nahezu komplett belegt. Ich fürchtete schon um einen Platz, aber mein Kollege hatte es sich bereits an einem etwas versteckt liegenden, „romantischen“ Zweiertisch in direkter Thekennähe gemütlich gemacht. Um einer drohenden Verdurstung vorzubeugen, hatte er schon präventiv einer ersten „Halben“ aus dem Schoppenglas zugesprochen. Bier aus Gläsern zu trinken, aus denen normalerweise die Riesling-Schorle halbliterweise gezecht wird, schien mir anfangs etwas befremdlich, aber der pichelnde Mensch wird ja mit zunehmendem Alkoholpegel immer flexibler – zumal dem aus Bellheimer Silberpils und süßem Zitronensprudel gemixten Radler ganz hervorragende Attribute im Bereich des Durstlöschens zugestanden werden.
Das Innere des Gastraums transpirierte den nostalgischen Dunst längst vergangener Tage. Anscheinend wusste mein Gegenüber mein ungläubiges Staunen über die überholte Aufmachung fachmännisch einzuordnen. „Feinster Rumänen-Barock“ so das knappe Urteil meines Kollegen über die in die Jahre gekommene Inneneinrichtung, der es etwas an Helligkeit mangelte. Kein Wunder, gesellte sich zum dunklen Fliesenboden die noch dunklere Holzverkleidung an den Wänden. Die zur Straßenseite hinzeigenden Fenster wurden von einer weißen Gardine verdeckt. Die etwas gedämpften Lichtverhältnisse trugen jedoch zur Gemütlichkeit bei. Wäre der Gastraum leer gewesen, hätte die Atmosphäre leicht in Richtung Tristesse kippen können. So aber herrschte eine bierselige Betriebsamkeit, die auf altmodischen Polsterstühlen ausgesessen wurde. Ein paar Wandfunzeln mussten brannten unnütz vor sich hin. Die Speisenkarten lagen hinter uns auf dem Tresen. An diesem Abend schien die Servicechefin den Laden alleine zu schmeißen und das bei fast ausverkauftem Haus. Da half nur Eigeninitiative, um an das nachlesbare Speisenangebot zu gelangen.
Gleich auf der ersten Seite stand geschrieben, dass Familie Wagner die Rülzheimer Rose führt. Ich denke, sie tut das schon seit etlichen Jahren und das Programm, das sich in dem mit Klarsichthüllen bestückten Ringbuch namens Speisenkarte nachlesen ließ, hätte gutbürgerlicher gar nicht sein können. Zwar habe ich kein Schild mit der Aufschrift „Vegetarier müssen draußen bleiben!“ am Eingang hängen sehen, aber dieser kulinarischen Randgruppe zeigt man hier ganz eindeutig die ausgestreckte Rinderzunge (in Madeirasauce). Lediglich der gemischte Salatteller mit Ei (6 Euro) stand für den fleischlos agierenden Pflanzenfresser bereit. Frohlockungen wie Rumpsteak, Schnitzel, Burgunderbraten, Schweinelendchen und Pfälzer Schweinereien (Bratwurst und Leberknödel) versprachen dagegen sättigende, recht üppig portionierte Fleischrationen, wie die Teller am Nachbartisch verrieten. Ein rustikales Carnivorenidyll wie es sich jeder Beef-Bazi wünschen würde. Und das zu Preisen, die keineswegs unverschämt daher kamen.
Natürlich hatte ich mich schon im Vorfeld über das Speisenangebot der „Rose“ informiert. Einer der fachkundigsten Fleischschmecker und Steakvernichter der Südpfalz riet mir spontan zum Rumpsteak, das sie hier ganz besonders gut hinbekommen würden. In sechs verschiedenen Ausführungen war es in der Karte vertreten. Neben Pommes Frites, Kroketten und Nudeln komplettierten hausgemachte Kartoffelknödel das Beilagensortiment. Diese waren im Preis genauso enthalten wie der gemischte Salatteller vorweg. Die Preise bewegten sich zwischen 18,90 Euro (entweder mit schwarzer Pfeffersauce, Zwiebelschmorsauce, Kräuterbutter oder Knoblauchsahnesauce) und 20,50 Euro (mit Pfifferlingsauce). Ich entschied mich für die Variante mit Champignons (19,50 Euro) und wählte als Beilage Kroketten. So wie damals bei meiner Kommunionsfeier in der Herxheimer Bahnhofsgaststätte. Mein Kollege, der mit dem Rumpsteak „nach Art des Hauses“ bislang gute Erfahrungen gemacht hatte, blieb seiner Soße treu und orderte schwarz und pfeffrig.
Da zeitgleich mit unserem Erscheinen eine größere Gruppe den Saal für Gesellschaften bevölkerte, stellten wir uns auf eine längere Wartezeit beim Essen ein. Frau Wagner und ihre beiden jüngeren Servicegehilfen mussten Vollgas geben, denn der Andrang war groß – wie an fast jedem Abend, wie mir die etwas spröde wirkende Chefin in einem kurzen Plausch am Tisch verriet. Der Gerstensaft stammte aus der in der Nähe gelegenen Bellheimer Brauerei und war mit 3,20 Euro für den halben Liter äußerst fair bepreist. Der Radler kostete übrigens das gleiche. Ein Viertel trockener Pfalz-Riesling schlug mit 3 Euro zu Buche. Das Nachbestellen der Getränke dauerte manchmal etwas länger, da Frau Wagner meist im Nebenraum zu Gange war und der junge Mann am Ausschanktresen Glas um Glas füllte.
Die Befürchtung, dass sich die Zubereitung unseres Essens wegen der zu versorgenden Meute nebenan in die Länge ziehen würde, bestätigte sich jedoch nicht. Bald schon hatten wir die ansehnlichen Beilagensalate auf dem Tisch stehen. Das Essig-Öl-Dressing fiel herrlich oldschool aus. Die grünen Salatblätter genossen sichtlich ihr Bad in der säuerlich angemachten Menge. Was die Ingredienzien anbelangt wurde hier kein Innovationspreis angestrebt, aber guter Standard mit frischen Zutaten lass ich mir auch gerne schmecken.
Nun zu den beiden Hauptgründen unserer kulinarischen Zusammenkunft an diesem Abend, den beiden Prachtkerlen, die mit ordentlich Sauce bedeckt und zwei rechtschaffenen Krokettenkörbchen (solide TK-Ware) den Weg zu uns fanden. Gute 300 Gramm Verzehrgewicht brachten die medium gebratenen Tranchen vom Rinderrücken sicherlich auf die Waage. Wir waren uns ihrer Herkunft nicht sicher, denn bei deutscher Ware fällt der Cut gemeinhin etwas dünner aus. Die Zartheit des Fleisches ließ mich an Südamerika denken. Beim Anblick der Dosen-Champignons in meiner Pilzsauce kam mir GG-Genosse Daueresser in den Sinn. Denn dieser favorisiert ja bekanntlich die Dosenware auf Pizzen.
Vom ersten Anschnitt meines Rumpsteaks bis zur letzten Krokette war das ein in sich stimmiger Teller gutbürgerlichster Hausmannskost. Sowohl die Pilzsauce als auch die schwarz glänzende Pfeffertunke meines Kollegen zeugten von einwandfreiem Küchenhandwerk, bei dem sich der Umgang mit Pülverchen anscheinend in Grenzen hielt. Wahrscheinlich schmeckte hier die braune Grundsoße schon vor 30 Jahren so. Kein Wunder, dass sie mich in die Zeit meiner ersten Gasthausbesuche versetzte. Neue Geschmackserlebnisse hatten wir in der Rülzheimer Rose auch nicht erwartet, sondern eine herzhafte Erinnerungsküche, wie sie heutzutage nur noch selten anzutreffen ist. Wenn sie dann noch so schmackhaft wie hier daher kommt, wird selbst dem gemeinen Gourmand ganz „retro-rustikal“ zu Mute.
Ungefähr ein Jahr nach der familiären Schnitzelschlacht in der benachbarten Traditionsgastwirtschaft „Zur Krone“, folgte nun der Besuch im zweiten Haus am Platze, welches keine 250 Meter davon entfernt liegt. An der Rülzheimer Rose bin ich sicherlich schon gefühlte tausendmal vorbeigefahren. Aufgefallen ist mir dieser Prototyp einer gutbürgerlichen Dorfwirtschaft eigentlich nie. Unscheinbar liegt das Gasthaus an der belebten Hauptstraße (die man hier „Neue Landstraße“ nennt) im Ortskern von Rülzheim und macht von außen den Eindruck eines bereits seit längerer Zeit geschlossenen... mehr lesen
Zur Rose
Zur Rose€-€€€Gaststätte072728699Neue Landstraße 35, 76761 Rülzheim
4.0 stars -
"Fleischlastiger, vom Aussterben bedrohter Gastro-Anachronismus mit zarten Rumpsteaks zu zivilen Preisen" marcO74Ungefähr ein Jahr nach der familiären Schnitzelschlacht in der benachbarten Traditionsgastwirtschaft „Zur Krone“, folgte nun der Besuch im zweiten Haus am Platze, welches keine 250 Meter davon entfernt liegt. An der Rülzheimer Rose bin ich sicherlich schon gefühlte tausendmal vorbeigefahren. Aufgefallen ist mir dieser Prototyp einer gutbürgerlichen Dorfwirtschaft eigentlich nie. Unscheinbar liegt das Gasthaus an der belebten Hauptstraße (die man hier „Neue Landstraße“ nennt) im Ortskern von Rülzheim und macht von außen den Eindruck eines bereits seit längerer Zeit geschlossenen
Geschrieben am 26.05.2018 2018-05-26| Aktualisiert am
26.05.2018
Besucht am 06.05.2018Besuchszeit: Abendessen 3 Personen
Rechnungsbetrag: 278 EUR
Das japanische Traditionsrestaurant Osaka hat schon lange seinen festen Platz in der Mannheimer Gastronomie gefunden. Seit rund 18 Jahren wird hier am Kaiserring fernöstliche Kochkunst auf ganz besondere Art und Weise zelebriert. Denn hier werden die Gerichte direkt vor den Augen der Gäste auf einem Tischgrill, dem sogenannten Teppanyaki, zubereitet. Besonders bei Freunden asiatisch inspirierter Grillgerichte ist diese Art der Zubereitung sehr beliebt. Dies hat dem Osaka über die Grenzen Mannheims hinaus einen guten Ruf eingebracht. In unserer Region lässt sich eine solche Teppanyaki-Erfahrung eher selten machen, weshalb ich umso gespannter war, die frisch vom Teppan gereichten Preziosen einmal genauer zwischen die Essstäbchen zu nehmen.
Die an eine gutbürgerliche Küche erinnernden, etwas aus der Mode gekommenen Buntglasscheiben verwirren den Neuankömmling. Diese würde man nicht unbedingt einem japanischen Gasthaus zuordnen. Stattdessen weisen rote Papierlaternen und ein japanisches Torii (Holztor) in Miniaturform unmissverständlich den Weg nach drinnen, wo wir ausgesprochen freundlich empfangen und in den extra dafür vorgesehenen Empfangsbereich im hinteren Teil das Gastraumes geführt wurden. Hier ließ man uns ausreichend Zeit, um in Ruhe anzukommen und die reichhaltige Speisenkarte bei einem warmen Reiswein (6,50 Euro) und einem Glas Martini Rosso (4,80 Euro) zu studieren.
Die Karte listete eine ganze Reihe vielsprechender Mehrgangmenüs, die man direkt am heißen Tisch genießen konnte. Je nach Anzahl ihrer Gänge und der verwendeten Zutaten lagen diese preislich zwischen 49 und 83 Euro. Dies mag schon recht ambitioniert klingen, war aber in Anbetracht der hier eingesetzten Edelprodukte wie Hummer, Fasan oder Gänseleber nachvollziehbar kalkuliert. Neben den abwechslungsreichen Menüs, konnte man aus einer Vielzahl von Teppanyaki-Hauptgerichten wählen. Daneben komplettierten diverse Suppen, einige Reis- und Nudelgerichte, Feines vom Robata-Grill sowie eine ordentliche Auswahl an Sushi den äußerst breitgefächerten Speisezettel im Osaka.
Doch bevor wir uns kulinarisch ins Tischgrill-Treiben stürzten, wurden wir mit einem seidig-glänzenden Kimono ausgestattet. Dieser sollte uns gegen Fettspritzer schützen und erleichterte uns ganz nebenbei das Eintauchen in die japanische Esskultur. Wir entschieden uns zweimal für das verlockend klingende Osaka-Menü (70 Euro) sowie die günstigere Edo-Variante (49 Euro). Eine stattliche Preisdifferenz, die uns trotz des beim Edo-Menü fehlenden Hummers und der Seezunge nicht ganz nachvollziehbar erschien.
In gespannter Erwartung nahmen wir unsere Plätze rund um den heißen Tisch ein. Als Durstlöscher fungierten eine Flasche Mineralwasser (6,50 Euro) sowie eine trockene Weißburgunder-Chardonnay-Cuvée vom Weingut Knipser aus Laumersheim (30 Euro die Flasche), die sich als passende Begleitung der überwiegend aus Fisch und Meeresfrüchten bestehenden Menüs entpuppte. Schade, dass der sehr aufmerksam agierende Service beim Nachschenken der Getränke so auf die Tube drückte. Hier hätten wir uns etwas mehr Entschleunigung und weniger Geschäftssinn gewünscht.
Die beiden von einem schmalen Durchgang getrennten Grilltische bildeten eine in sich abgeschlossene Einheit. An ihrer Peripherie fanden bis zu 15 Personen Platz. Wir saßen an schon etwas abgenutzt wirkenden Tischen, die aus einfachen Spanholzplatten gefertigt waren. Zwei Teppanyaki-Köche schnippelten, spachtelten, brutzelten und flambierten fast Rücken an Rücken. Sie waren dabei stets hochkonzentriert und ließen ihre Grillspachteln mit großer Präzision über die heiße Stahlplatte gleiten. Über ihnen thronten etwas antiquiert wirkende Abzugshauben, die, ähnlich wie das gesamte Interieur des Lokals, ihre beste Zeit schon hinter sich hatten. Leider halfen da auch die gereichten Kimonos recht wenig, als der fetthaltige Dunst in unsere Kleider zog.
Auf jedem Platz befanden sich drei Saucen zum Dippen (Soja, Erdnuss, Süß-scharf), eine kleine Schale mit pikant mariniertem Kimchi und die obligatorischen Essstäbchen. Nichts sollte von der nun folgenden Bratkunst ablenken. Doch bevor der Teppanyaki-Meister in Aktion trat, wurden die Vorspeisen gereicht. Eine kleine Sashimi-Auswahl mit rohem Lachs, Surimi und Meerbrasse und eine dick im Tempuramantel frittierte Garnele kamen als erste Leckerbissen aus der Küche, ehe kunstvoll zerteiltes Gemüse (Zucchini, Champignons und Lotus) auf der heißen Platte zischend die Menüfolge eröffnete.
Wir staunten nicht schlecht, mit welcher Akribie unser Koch die mit Knoblauch verfeinerte Margarine auf seine gigantische Herdplatte manövrierte. Wie er die übrig gebliebene Karkasse einer frischen Hummerkrabbe zur Aromatisierung des Öls nutzte, um so die Basis für einen mit Reiswein und Sojasauce verfeinerten Sud zu erstellen. Auf das Grillgemüse folgte Fisch. Genauer gesagt zwei dünne Tranchen Seezunge und etwas Lachs. Anfänglich kommen einem die Portionen vielleicht etwas zu knapp bemessen vor. Aber mit zunehmender Dauer des Menüs weiß man die wohl kalkulierten Mengen zu schätzen.
Nach dem fein gewürzten, aber leider etwas zu trocken ausgefallenen Seezungenfilet, bekamen die Meeresfrüchte eins übergebraten. Die Hummerhälften wurden dabei noch weiter in ihre Einzelteile zerlegt. Das leicht süßlich duftende Fleisch wurde von den Schalen befreit und genau wie die Jakobsmuscheln scharf angebraten. Frühlingszwiebeln, Salz, Pfeffer und ein wenig Sojasauce sorgten für eine subtile Würze, die den frischen Geschmack des Krustentieres in den Vordergrund rückten. Die restlichen Teile des Hummers dünsteten unter eine Art Kupferglocke. Mit einem Extrabesteck konnten wir die Scheren knacken und das geschmacksintensive Innere des Kopfes auspuhlen. Dies stellte zweifellos den kulinarischen Höhepunkt unseres Teppanyaki-Menüs dar.
Die gebratenen Reis- und Nudelbeilagen kamen ebenfalls von der heißen Platte frisch auf unsere Teller, ehe die Vorbereitungen für die Fleischgänge getroffen wurden. Dazwischen durften wir uns an einer umami-würzigen Miso-Suppe erfreuen. Die dünnen, mit gebratenen Champignons gefüllten Scheiben vom Entrecôte, hatten genau wie das in Würfel geschnittene Rinderfilet den perfekten Gargrad erwischt. Letzteres wurde mit hoher Flamme vor unseren Augen flambiert. Kein Wunder, dass uns bei dieser Zubereitungsart ganz warm ums Herz wurde.
Fazit:
Den süßen Schlusspunkt setzte ein einfallsreich aus Pfannkuchenteig kreiertes Dessertmäuschen, das mit seiner Vanille-Eis-Nase und dem süßen Sirup-Mund ein echter Hingucker war. Mit knapp 280 Euro war das für drei Personen kein günstiges Vergnügen. Aber man zahlt hier eben nicht nur für die angebotenen Edelprodukte, sondern in erster Linie für ihre virtuose Art der Zubereitung. Für manche mag das alles nach „mehr Schein als Sein“ klingen, aber den Erlebnisfaktor sollte man im Osaka nicht unterschätzen. Schade nur, dass die Inneneinrichtung so anachronistisch ausfiel. Hier wäre sicherlich noch deutlich Luft nach oben.
Das japanische Traditionsrestaurant Osaka hat schon lange seinen festen Platz in der Mannheimer Gastronomie gefunden. Seit rund 18 Jahren wird hier am Kaiserring fernöstliche Kochkunst auf ganz besondere Art und Weise zelebriert. Denn hier werden die Gerichte direkt vor den Augen der Gäste auf einem Tischgrill, dem sogenannten Teppanyaki, zubereitet. Besonders bei Freunden asiatisch inspirierter Grillgerichte ist diese Art der Zubereitung sehr beliebt. Dies hat dem Osaka über die Grenzen Mannheims hinaus einen guten Ruf eingebracht. In unserer Region lässt... mehr lesen
3.5 stars -
"Alteingesessenes, etwas in die Jahre gekommenes Teppanyaki-Restaurant mit hohem Erlebnischarakter und mindestens genauso hoher Preisgestaltung" marcO74Das japanische Traditionsrestaurant Osaka hat schon lange seinen festen Platz in der Mannheimer Gastronomie gefunden. Seit rund 18 Jahren wird hier am Kaiserring fernöstliche Kochkunst auf ganz besondere Art und Weise zelebriert. Denn hier werden die Gerichte direkt vor den Augen der Gäste auf einem Tischgrill, dem sogenannten Teppanyaki, zubereitet. Besonders bei Freunden asiatisch inspirierter Grillgerichte ist diese Art der Zubereitung sehr beliebt. Dies hat dem Osaka über die Grenzen Mannheims hinaus einen guten Ruf eingebracht. In unserer Region lässt
Geschrieben am 19.05.2018 2018-05-19| Aktualisiert am
19.05.2018
Besucht am 10.03.2018Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 64 EUR
Zumindest in kulinarischer Hinsicht. Denn das vietnamesische Restaurant „Le Cyclo“ befindet sich nicht am Mekong, sondern in Rheinnähe. Genauer gesagt in der Wormser Straße zu Speyer, keine 5 Minuten Fußmarsch vom Altpörtel entfernt. Der Name des Lokals leitet sich übrigens von den dreirädrigen Fahrrad-Taxis, den sogenannten „Cyclos“ ab. Diese sind als Transportmittel in den Städten Südostasiens nach wie vor von großer Bedeutung.
Auf das im Juni 2014 eröffnete, von einer vietnamesischen Familie betriebene Restaurant wurde ich durch einen Bericht im Rhein-Neckar-Gastromagazin „Espresso“ aufmerksam. Rudimentär versprachlichte Schilderungen des dort Erlebten veranlassten etliche Kolumnisten bei Tripadvisor zum fast schon inflationären Gebrauch der Begriffe „authentisch“ und „traditionell“. Da wird man natürlich schnell hellhörig, zumal der letzte Besuch unseres Mannheimer Lieblingsindochinesen „Mémoires d‘ Indochine“ schon länger zurück lag. Da Speyer immer eine Stippvisite wert ist, kehrten wir im Rahmen zweier Ausflüge Mitte März bzw. Ende April beide Male im „Le Cyclo“ ein.
Beim Erstbesuch hatten wir vorsorglich reserviert, was an jenem Samstagabend auch absolut notwendig war, denn wir besetzten die letzten beiden Tische im knapp 50 Sitzplätze umfassenden Gastraum. Man platzierte uns in einem schummrigen Winkel im hinteren Teil des Lokals, was für die Qualität meiner „Beweisfotos“ nicht gerade förderlich war. Für einen romantischen Abend zu zweit mag die omnipräsente Farbe Rot ja ganz dienlich sein, denn sie steht ja bekanntermaßen für Glück und Erfolg. Dass manche damit auch Kommunismus und Revolution verbinden, passt dann eher zur wechselvollen Landesgeschichte Vietnams.
Egal, das Rot der Wände schaffte jedenfalls eine leicht obskure Atmosphäre. Von der Decke baumelten Leuchten im Stil asiatischer Lampions. Die dunkle Bambusverkleidung der Wände (und des Thekenbereichs) und das schwarz lackierte Mobiliar kontrastierten zum helleren Holz des Laminatbodens. Zusammen mit der gläsernen Fensterfront ergab das ein durchaus stimmiges, mit einer gehörigen Portion Asia-Flair versehenes Interieur, das zum Verweilen einlud und ideale Rahmenbedingungen für unsere kulinarische Reise in das Land des aufgehenden Drachens bot.
Kaum hatten wir das kleine Lokal betreten, empfing man uns mit der bekannten asiatischen Freundlichkeit. Den gesamten Abend hindurch fühlten wir uns vom Servicepersonal gut umsorgt. Man bediente uns fürsorglich, beantwortete bereitwillig Fragen zu verschiedenen Gerichten und fragte mehrfach nach, ob denn alles zu unserer Zufriedenheit sei. Dabei agierten die Bedienungen weder aufdringlich noch überengagiert. Sicherlich ein Umstand, der uns schnell ankommen und wohlfühlen ließ.
Auf der ersten Seite der Speisenkarte war vom Einfluss Frankreichs auf die vietnamesische Küche die Rede. Keine Frage, die Grande Nation hat der auf einfachen Zutaten basierenden Landesküche Vietnams gehörig ihren Stempel aufgedrückt. Immerhin brachte die rund 100-jährige Kolonialherrschaft der Franzosen neben Repression, Aufständen und dem verheerenden Indochinakrieg auch eine ganze Reihe interessanter Gerichte hervor.
Aus der zehn Gerichte umfassenden Vorspeisenauswahl entschieden wir uns für das gemischte Programm. Auf der „Entrée-mixte-Platte“ (12,50 Euro) befanden sich jeweils zwei Frühlingsrollen, Wantan und kleine vietnamesische Pfannkuchen (erinnerten an die niederländischen Poffertjes) sowie vier mit Garnelen, Salat und Reisnudeln gefüllte Sommerrollen. Die süßliche, mit Erdnussraspel versehene Dipsauce auf Fischbasis verlieh dem Vorspeisenreigen die nötige Süffigkeit.
Besonders die herzhaften, nach Garnelen und Frühlingszwiebeln schmeckenden Mini-Pfannkuchen (5,50 Euro) hatten es uns angetan, weshalb wir sie als deftigen „Nachtisch“ noch einmal nachorderten. Wir genossen die aus Reismehl hergestellten Vietnam-Crêpes zusammen mit einer leichten, nach Kokosnuss duftenden Nuoc Mam Sauce quasi zum Dessert und verzichteten deshalb auf etwas Süßes.
Bei den Hauptspeisen fiel uns die Entscheidung nicht leicht. Kein Wunder, klangen doch die meisten der zwanzig verschiedenen Hauptgerichte mehr als verlockend. Hinter dem Namen „Bò Bún Chả Giò“ (10,50 Euro) verbarg sich eine Schale mit kurzgebratenen Rinderfiletstreifen und frittierten vietnamesischen Frühlingsrollen auf Reisnudeln bzw. Salat. Das lauwarm servierte Gericht wurde am Tisch mit Nuoc Mam Sauce übergossen. Es hatte eine schöne Koriander-Note, war mit Erdnuss- und Karottenklein verfeinert und ergab auch texturell ein in sich stimmiges Gesamtbild. Meine Begleitung war jedenfalls hochzufrieden damit.
Die krossfrittierten, in Stücke geschnittenen Frühlingsrollen ließen es im Mund ordentlich krachen, während die zarten Streifen vom Rinderfilet und die geschmeidigen Reisnudeln für ein eher samtiges Mundgefühl sorgten. Eine ganze Schüssel voll „umami“ hatte auch mein „Tôm Bún Chả Giò“ (11.50 Euro) zu bieten. Im Prinzip handelte es sich um das gleiche Gericht, nur wurden hier die Rinderfiletstreifen durch gebratene Garnelen ersetzt. Beide Hauptgerichte überzeugten uns auf ganzer Linie und wir hätten gerne noch ein wenig mehr davon in der Schale gehabt. Zugegeben, die Portionsgröße hätte an dieser Stelle etwas üppiger ausfallen dürfen.
Das empfanden wir als nicht besonders schlimm, konnten wir das Restvolumen unserer Mägen mit einem frischen Nachgang sinnvoll füllen. Knusprige, von grünen Klebreisflocken ummantelte Riesengarnelen standen zusammen mit einem frischen Pomelo-Salat (13,50 Euro) auf der „Menu Spécial“ genannten Empfehlungskarte. Die in der asiatischen Küche verbreitete, sehr fruchtig schmeckende Pampelmusenart wurde dank Karotten, frischer Minze, Limette, Chili, Ingwer und Erdnüssen zum einem sommerlich-frischen Geschmackserlebnis erhoben. Die hausgemachte Nuoc Mam Sauce war die Basis für das süßsäuerliche Dressing, das den Teller harmonisch abrundete.
Als wir das „Le Cyclo“ an einem Montagmittag Ende April besuchten, schien der Ansturm auf den Mittagstisch schon abgeflaut und wir ließen es uns bei frittierten Crevetten (7,50 Euro), gebratenen Schweinerippchen (6,50 Euro) von der Mittagskarte und Udon-Nudeln mit Tofu aus dem Wok (10,50 Euro) so richtig gut gehen. Auch an jenem Mittag mundete uns die einfache, aber äußerst schmackhafte Viet-Küche und verschaffte uns ein kleines Break vom Alltag, das man sich ja auch mal unter der Woche gönnen sollte. Auf meinen mit Zitronengras, Soja und Frühlingszwiebeln gewürzten Rippchen lag noch ein Spiegelei. Der Reis befand sich darunter. Alles in allem ein unkompliziertes, aber appetitlich zubereitetes Tellergericht, das gut sättigte.
Für die Flasche Selters Classic wurden stolze 5,80 Euro berechnet. Das süffige Saigon-Bier aus der 0,33l-Flasche schlug mit 3,80 Euro zu Buche, genau wie der Maracuja-Saft (0,4 l). Die Getränkepreise sind für kleinstädtische Verhältnisse schon am oberen Rand kalkuliert. Dass die Domstadt Speyer primär vom Tourismus lebt, merkt man nicht nur an ihrer hohen Restaurantdichte, sondern eben auch an den sportlichen Wasserpreisen. Trotzdem kein Grund, die Kaiserstadt nicht öfter zu besuchen. Und auch im „Cyclo“ werden wir sicherlich mal wieder auf Asia-Reise gehen.
Zumindest in kulinarischer Hinsicht. Denn das vietnamesische Restaurant „Le Cyclo“ befindet sich nicht am Mekong, sondern in Rheinnähe. Genauer gesagt in der Wormser Straße zu Speyer, keine 5 Minuten Fußmarsch vom Altpörtel entfernt. Der Name des Lokals leitet sich übrigens von den dreirädrigen Fahrrad-Taxis, den sogenannten „Cyclos“ ab. Diese sind als Transportmittel in den Städten Südostasiens nach wie vor von großer Bedeutung.
Auf das im Juni 2014 eröffnete, von einer vietnamesischen Familie betriebene Restaurant wurde ich durch einen Bericht im Rhein-Neckar-Gastromagazin... mehr lesen
Le Cyclo
Le Cyclo€-€€€Restaurant06232 6845877Wormser Straße 23, 67346 Speyer
4.0 stars -
"I was in ‘Nam…!" marcO74Zumindest in kulinarischer Hinsicht. Denn das vietnamesische Restaurant „Le Cyclo“ befindet sich nicht am Mekong, sondern in Rheinnähe. Genauer gesagt in der Wormser Straße zu Speyer, keine 5 Minuten Fußmarsch vom Altpörtel entfernt. Der Name des Lokals leitet sich übrigens von den dreirädrigen Fahrrad-Taxis, den sogenannten „Cyclos“ ab. Diese sind als Transportmittel in den Städten Südostasiens nach wie vor von großer Bedeutung.
Auf das im Juni 2014 eröffnete, von einer vietnamesischen Familie betriebene Restaurant wurde ich durch einen Bericht im Rhein-Neckar-Gastromagazin
Geschrieben am 10.05.2018 2018-05-10| Aktualisiert am
10.05.2018
Besucht am 03.05.2018Besuchszeit: Abendessen 4 Personen
Der Betreiber vom „Scheibenhardt“ und ehemalige Sternekoch der Villa Hammerschmiede Leonhard Bader hat sich im Karlsruher Stadtteil Rüppurr einen Kindheitstraum erfüllt. Seit April 2017 tischt er in seinem „Wirtshaus“ saftige Fleischspeisen zu nicht minder gepfefferten Preisen auf. Bemüht um bestbürgerliche Verkostung verzichtet Bader beim Interieur auf die übliche Gasthaus-Folklore und setzt voll auf Retro-Chic. Dem neuen Michelin-Führer war das Ganze einen Teller für „eine Küche mit guter Qualität“ wert. Dem Erstbesuch Anfang Februar diesen Jahres folgte rund drei Monate später ein zweiter mit esskräftiger Unterstützung der Wörther Schlemmerboys. Hier nun der Versuch, aus beiden Erlebnissen einen möglichst detaillierten Rezensions-Eintopf zu köcheln.
Leonhard Bader schuf hier, wo früher anständige italienische Kost serviert wurde, eine gediegene Schmankerlstube, deren Ruf auch die linksrheinischen Freunde ehrlicher, handwerklich sauber gekochter Traditionsküche aufhorchen ließ. Kein Wunder, gehörte doch Bayern dank König Maximilian I. viele Jahre lang zur Pfalz. Oder war es umgekehrt? Egal, ein Antrittsbesuch in Baders Fleischkost-Komplex war also nur noch eine Frage der Zeit und der Abstecher in die Rastatter Straße längst überfällig.
Die Vita des Inhabers habe ich schon bei meinem Scheibenhardt-Bericht vom November 2016 ausreichend beleuchtet. Als passionierter Wurstmacher brachte Bader bereits im letzten Jahr deftige Schmankerl unter Golfer und Karlsruher Geldadel, indem er eine rustikale Alpen-Hütte auf dem Hofgut Scheibenhardt installierte. Vielleicht reifte da sein Konzept für ein zünftiges Wirtshaus bajuwarischer Tradition, das der Karlsruher Karnivoren-Kaste noch gefehlt hat.
„Badenziosen“ wie Schäufele, Flädle, Bubespitzle und Co. haben ihren Platz auf der gutbürgerlichen Speisenkarte eingebüßt. Dafür locken Altmünchner Brez’nsuppe, knuspriger Schweinsbraten (immer aus der ganzen Schulter zubereitet) und G’röstl mit Blutwurst. Bader, für den es „nichts Besseres gibt als einfach was Guads“, bietet eine herzerwärmende Erinnerungsküche mit viel selbst verwursteten Schweinereien, die sich nicht selten auf Omas Rezepturen stützen. Nostalgie meets Zeitgeist. Unser neuer Heimatminister wäre sicherlich genauso begeistert wie der auf regionale Spezialitäten versessene Fleischvernichter.
Der weiträumige, lediglich von einer massiv wirkenden Stützsäule unterbrochene Gastraum wirkte wenig gemütlich. Zu großflächig, zu saalartig schien die Räumlichkeit angelegt. Ich schätzte allein für die Gast“stube“ gute 130 Sitzplätze. Da half auch die auf Behaglichkeit herunter gedimmte Beleuchtung am Abend recht wenig. Für gemütliche Wirsthaus-Atmosphäre war das Ganze eine Spur zu wuchtig angelegt, das stand schon frühzeitig fest.
Und dabei hatte man sicherlich viele Gedanken in die Raumgestaltung investiert. Dunkles Holzlaminat wertete den Boden auf. In weißes Leinen gehüllte Tische sorgten für kultivierte Tischverhältnisse, auch wenn die abwischbare, weiße Tischfolie den noblen Eindruck ein wenig schmälerte. Rechterhand befand sich der stattliche Ausschankbereich. Unweit davon beschwörten ein paar rustikale, an Bierbänke erinnernde Sitzgelegenheiten eine gediegene Festzeltatmosphäre.
Im eigentlichen Gastraum reihten sich die sauber eingedeckten Tische sehr dicht aneinander. Für unseren Geschmack schienen die Tischabstände zu knapp bemessen. Auf dem Weg zu den Toiletten ging es rechts an einer separaten Fleischreifekammer mit Glasfenster vorbei. Nicht nur für Freunde des trockengereiften Porterhouse-Steaks ein veritabler Blickfang.
Das Wort „unkonventionell“ wäre bezüglich der Deckenbeleuchtung doch ziemlich untertrieben. Mehrere Systeme aus sternförmig angeordneten, an der Decke befestigten Messingrohren, an deren abgeknickten Enden die blanken Glühbirnen herabbaumelten, zierten den Speisesaal. Modern? Ja klar. Stylish-urban? Auf jeden Fall. Passend zur übrigen Einrichtung? Wohl eher eine Geschmacksfrage, die jeder für sich selbst beantworten sollte. Gleiches traf auch auf das etwas unbeholfen wirkende Ensemble aus bis zur Decke reichenden Birkenstämmen zu. Neben dem puristisch anmutenden Fake-Kamin, über dem ein ausgestopfter Hirschkopf thronte, strapazierten Schaukelstuhl und Tierfellteppich unser Geschmacksempfinden in Sachen Innenausstattung etwas über Gebühr.
Da gefielen mir die nüchtern gerahmten Schwarzweiß-Fotos mit Alpen-Motiven an der Wand schon besser. Vielleicht war ja gewollt, dass nicht alle von ihnen ganz gerade hingen. Mittels indirekter Beleuchtung wurden diese deutlich subtiler wirkenden Dekorationselemente gekonnt in Szene gesetzt. Die rotweißkarierten Sitzpolster nahmen den seriös wirkenden Holzstühlen das Formelle. Plastikblumen und Teelichter dekorierten etwas zu dürftig die Tische.
Junges Servicepersonal war entsprechend der Raumkapazität ausreichend vorhanden, so dass es nicht lange dauerte, ehe wir nach der Zuweisung unseres Platzes, die Speisenkarten in den Händen hielten. Tagesempfehlungen und ausgegangene Gerichte wurden mündlich ergänzt. Auf Rückfragen wurde eher schlecht als recht mit geschäftstüchtiger Nettigkeit reagiert. Leider mussten wir diese vordergründige, aufgesetzt wirkende Freundlichkeit bei beiden weiblichen Bedienungen feststellen. Auf die Rückfrage, warum das bestellte Bärlauch-Schmalztöpferl nicht als Amuse vorweg serviert wurde, sondern zeitgleich mit den Vorspeisensuppen, bekamen wir fadenscheinige Erklärungen mit schnippischem Unterton zu hören. Kein geschultes Fachpersonal, das uns da bediente. Soviel war schnell klar.
Das Speisenangebot, das sich auf drei zusammengehefteten DIN-A4-Seiten wiederfand, listete eine ganze Reihe herzhafter, mal mehr, mal weniger saisonal beeinflusster Gerichte für den kleinen und großen Hunger. Neben ein paar „Mongdratzerl“ (Kleinigkeiten) zum Bier – darunter auch das bereits erwähnte Schmalztöpferl – offerierte man ein gutes halbes Dutzend verlockender Vorspeisen (Südtiroler Speckbrettl, Kartoffel-Spargelsalat, handgeschnittenes Rindertartar, Obatzda und lauwarmer Stangenspargel), ein paar appetitlich klingende Suppen (Altmünchner Brez’nsuppe, Spargelcreme- und Bärlauchschaumsuppe), fleischlastige Schmankerl (knuspriger Schweinebraten, Cordon Bleu vom Jungschwein, Münchner Schnitzel mit Brez’nkruste, Kalbsleber vom Grill und das originale Wiener Schnitzel), selbstproduzierte Wurstspezialitäten (Münchner Milzwurst in Butter gebraten, Baders kälberne Weißwürste und Fleischkäse vom Grill) sowie ein mindestens sechs Wochen in der gläsernen Kammer gereiftes, 300 Gramm schweres Rib-Eye- oder Rumpsteak. Letzteres kam in Begleitung von Pommes frites, Kräuterbutter und kleinem Salat und war mit 32,90 Euro das teuerste Gericht auf der Karte. Ansonsten lag man bei den Hauptgerichten knapp unterhalb der 20-Euro-Marke, was bei der gebotenen Hausmannskost schon etwas höherpreisig anmutete. Das in Butter gebratene Kalbsschnitzel, welches als Klassiker des Hauses gilt, schlug mit stolzen 25 Euro zu Buche.
Auf der dritten Seite dann noch mal eine mir etwas überdimensioniert erscheinende Auswahl an Tagesempfehlungen (???), die neben den derzeit obligatorischen Spargelgerichten auch kulinarische „Schweinereien“ wie beispielsweise gebackenes Schweinskotelett, Medaillons vom Schweinefilet und Blutwurst-G’röstl listeten und den Karnivoren Glückseligkeit versprachen. Mit Ochsenfetzen vom Filet, Rinderragout und dem 48 Stunden lang geschmorten Ochsenschwanz wurde die Palette mit herzhaften Soßengerichten ergänzt. Letztere waren saisonbedingt auf der winterlichen Empfehlungskarte, während bei unserem Besuch im Mai vorwiegend dem Königsgemüse in verschiedensten Zubereitungsarten und Kompositionen gehuldigt wurde.
Da wir das Restaurant an einem Donnerstagabend besuchten, gab es zusätzlich noch eine Seite mit „inneren Werten“ zu dem an sich schon sehr umfangreichen Speiseprogramm. Im Eingangstext wurde unserer Meinung nach etwas zu dick aufgetragen, wenn da von „schlachtfrischen Innereien, wie man sie aus früheren Zeiten kennt“ werbewirksam geschrieben stand. Warum man an einem eher mäßig besuchten Abend, an dem lediglich 6 bis 7 Tische belegt waren, noch elf (!!!) weitere Gerichte mit „schlachtfrischen“ Innereien auf einer Zusatzkarte anbieten muss, hat sich uns nicht erschlossen. Dass da selbstverständlich mit vakuumierten bzw. tiefgekühlten Zutaten gearbeitet wird, ist nicht nur logisch, sondern auch sinnvoll, da es sonst die reinste Verschwendung wäre. Den Gästen das Ganze dann aber als „schlachtfrisch“ zu verkaufen, ist mehr als hanebüchen. Gebratene Ochsenhoden („weiße Niernderln“), Kutteln in Veltlinersauce, gebackenes Lammbries, gesottene Kalbszunge, in Butter gebratenes Kalbsherz und der in der Brez’nkruste gebackene Kuheuter stehen zugegebenermaßen nicht auf jeder Wirtshauskarte. Aber warum muss man hier auf Teufel komm raus den Eindruck erwecken, dass alles direkt vom Schlachthof auf den Teller wandert? Außerdem fragt man sich, wem ein solch reichhaltiges Angebot nützt. Auf keinem einzigen Tisch landete an unserem Besuchsabend ein Innereiengericht. Mit einer reduzierteren Auswahl würde es doch auch gehen. Und man würde glaubhafter wirken.
Bei unserem Besuch im Winter verzichteten wir auf eine alkoholisch basierte Flüssigkeitsaufnahme und orderten eine frisch-perlende Holunderblütenschorle (3,90 Euro) sowie eine Flasche Peterstaler Mineralwasser (0,75 Liter für urbane 5,80 Euro). Damals knurrte uns der Magen nach dem Besuch des Badischen Staatstheaters und wir kehrten recht spontan bzw. zu recht später Stunde (gegen 21.30 Uhr) in Baders wenig badischem Wirtshaus ein.
Meine Begleitung hatte sich damals für die Maultaschen in der Hauptgerichtsversion (14,90 Euro) entschieden. Diese wurden in einer kleinen Cocotte mit Schmelzzwiebeln und einem lauwarmen Kartoffel-Gurkensalat serviert. Letzteren hatte man ganz unten im Töpfchen versteckt. Die dunkle Bockbiersauce (Erdinger Pikantus) wurde dazu à part gereicht. Bei selbstgemachten Maultaschen ist die Erwartungshaltung bzgl. der Füllung immer recht hoch. Und auch Leonhard Bader weiß, wie man solche Schwaben-Dumplings korrekt befüllt, denn seine fein gewürzte Masse aus Hack, Brät, Zwiebeln, Spinat und eingeweichten Semmeln hatte ordentlich Schmackes. Die deftige Biersauce sorgte für ausreichende Süffigkeit, während sich die feine Essig-Note des Kartoffel-Gurkensalats für den säuerlichen Akzent verantwortlich zeigte. Von der Portionsgröße her nicht übertrieben, waren sie ein durchaus gelungenes Beispiel für handwerklich einwandfrei zubereitete Hausmannskost wie man sie in Baden bzw. im Schwabenland nicht nur an Gründonnerstag und Karfreitag zu schätzen weiß.
Damals beim Erstbesuch entschied ich mich für das Cordon Bleu vom Jungschwein (18,90 Euro), das mit gekochtem Honigschinken und Bergkäse gefüllt war und von einer separat im Saucentöpfchen servierten Pilz-Rahm-Sauce begleitet wurde. Das größte Manko schon damals: die fehlende Würze des von krosser Panade umgebenen Schweinerückens. Auch löste sich der wie frittiert wirkende Bröselteppich zu schnell und viel zu leicht vom im klassischen Schmetterlingsschnitt dargebotenen Fleischkern. Zudem steuerten der sehr zahme Bergkäse und der viel zu milde Honigschinken kaum deftige Geschmacknoten bei und so hielt sich der Aromengewinn, den die Füllung vorab versprach, doch arg in Grenzen. Das Gericht kam nicht über das Niveau eines Durchschnitts-Cordon-Bleus, wie man es in den meisten Gastwirtschaften gutbürgerlicher Gesinnung erhält, hinaus. Jedoch mit dem Unterschied, dass es hier deutlich mehr kostete. Die durchaus vorhandene Fleischqualität kam aufgrund der Zubereitungsart nicht wirklich voll zum Tragen. Da konnte es auch die mit feiner Sherry-Note versehene Pilzrahmsoße nicht rausreißen.
Bei unserer Versammlung der anonymen Wörther Kulinariker Anfang Mai, wollte ich mit meinen drei Kollegen einen zünftigen Wirtshaus-Abend verbringen, wohlwissend dass die eingefleischten Schlemmerboys bei der reichhaltigen Auswahl an Schweinereien hier sicherlich fündig werden würde. Der warmen Witterung war die erfrischende Holunderblütenschorle geschuldet. Diese füllte ich mit etwas Mineralwasser noch auf, da sie mir ein wenig zu süß war. Meine Kollegen blieben in der Mehrzahl beim Wasser. Lediglich der mir gegenüber sitzende Bacchus-Jünger bestellte sich seinen Rebsaft glasweise.
Das Bärlauch-Schmalztöpferl (3,90 Euro) sollte eigentlich als kleiner Appetithappen vorweg kommen, wurde dann aber – wie schon erwähnt – zusammen mit den Vorspeisensuppen serviert. Leider entpuppte sich das auf der Karte erwähnte „frische Holzofenbrot“ als ziemlich trockene Angelegenheit, die auf eine längere „Liegezeit“ schließen ließ. Außerdem hatte das Schmalztöpferl eine eher mousse-artige Konsistenz und wurde mit zunehmender Dauer immer flüssiger. Den Bärlauch schmeckte man zwar deutlich heraus, aber ansonsten hatte der Aufstrich wenig „Schmalziges“. Wäre es ein Gruß aus der Küche gewesen, hätte ich über die recht eindimensional mundende Fettcreme kein großes Aufhebens gemacht. So war sie ein unnötiger Begleiter unserer Suppen, die keinem am Tisch einen Nachschlag abtrotzte und demnach relativ unverbraucht den Weg zurück in die Küche antrat.
Der Kollege gegenüber von mir hatte sich für die Altmünchner Brez’nsuppe (5 Euro), die in keinem bayrischen Wirtshaus fehlen darf, entschieden. Diese wurde mit ordentlich Einlagenmaterial geliefert. Zwischen dem „Brezelklein“ waren noch Röstzwiebeln und Schnittlauch auszumachen, welche der klaren Rinderbrühe zusätzlich Geschmack verliehen. Das war schon eine ansehnliche Portion, die üppig bemessen die kleine Porzellanschüssel füllte und ganz schön auf Sättigung setzte.
Genau wie mein Kollege, empfand auch ich die Bärlauchschaumsuppe (6,50 Euro) übertrieben salzig. Da hatte man versucht, die fehlende Bärlauchwürze durch übermäßigen Einsatz von Brühe wettzumachen. Die darin schwimmenden Croutons und das in homöopathischer Dosis verabreichte Lachsstückchen hatten geschmacklich keine Chance und gingen auch im übertragenen Sinne regelrecht unter. Auch von Schaum konnte übrigens keine Rede sein. Die Mühe, da noch einmal kurz vorher den Stabmixer rein zu halten, hatte man sich sichtlich gespart.
Lediglich ein Kollege hielt sich nicht an die interne Flüssigvorspeisenregelung und orderte die „legendären Fleischküchle“ (so stehen sie in der Karte) in der kleineren Vorwegversion (6,90 Euro). Genauer gesagt handelte es sich dabei um ein stattliches Fleischpflanzerl, das von ausreichend dunkler Biersauce und Kartoffel-Gurkensalat flankiert wurde. Als Vorspeise war das von der Portionsgröße her schon eine richtige Hausnummer. Nun hat das Bader’sche Wirtshaus noch nicht einmal ein Jahr geöffnet und schon hängt man hier einem Gericht den Legendenstatus an. Etwas übertrieben, wie der auf Wurst- und Fleischwaren spezialisierte Hobbykoch knapp urteilte, denn die Frikadellen bewegten sich geschmacklich auf Normalniveau. Trotzdem war das ein in sich stimmiger, süffiger Hausmannskostteller, dessen würzig-säuerliche Aromen gut ineinander griffen.
Bei den Hauptgängen verzichteten wir auf den ganzen vegetarischen Schnickschnack und gaben uns mit zweimal Cordon Bleu (18,90 Euro), einmal Ochsenfetzen (18,90 Euro) und einmal Schweinemedaillons (16,50 Euro) zufrieden. Lediglich eine Portion Stangenspargel ließen wir saisonbedingt in der Tischmitte platzieren. Soweit ich mich erinnere, wurden diese vom Ochsenfiletfutzi im Solo erfuttert. Die Anhänger des „blauen Bandes“ zeigten sich wenig begeistert von der Würze ihres panierten, mit Käse und Schinken gefüllten Schweineschnitzels. Da deckten sich ihre Beobachtungen mit den von mir festgestellten „Ungereimtheiten“ in Sachen Panade, Würzung und Innenausstattung. „Nach Art der hohen Kochkunst“, wie sie früher mit dem Zusatz „à la cordon bleu“ bezeichnet wurde, war das nun wirklich nicht.
Meine drei Schweinefiletmedaillons wurden zusammen mit den hausgemachten Eierspätzle und den Speckbohnen in einer Cocotte serviert. Das kurzgebratene Fleisch von der Schweinelende war tadellos gewürzt und fiel schön saftig aus. Die Speckbohnen hatten noch leichten Biss und die gelben, kurz vorher durch eine Presse ins heiße Wasser gedrückten Spätzle schmeckten ebenfalls ganz ausgezeichnet. Leider waren sie von der Menge her so dürftig kalkuliert, dass ich noch eine kleine Portion nachordern musste. Die weiße Pfeffersauce hatte zwar ordentlich Wumms, kam aber schon in lauwarmem Zustand an den Tisch. Sie geriet bei abnehmender Temperatur immer mehr ins Stocken, was ihr zu Recht den Ruf einer Mehlpampe einbrachte. Geschmacklich war sie dennoch besser als sie aussah. Auch bei diesem Gericht waren es also die Kleinigkeiten, die den Genuss ein wenig einschränkten.
Die Filetfetzen vom Ochsen schwammen in einer hellen Sauce – meiner weißen Pfeffersauce nicht unähnlich – und wurden von Bratkartoffeln und einem kleinen Salatteller begleitet. Sinnbildlich auch für dieses Gericht war die Tatsache, dass mein Gegenüber besonders für den hervorragend angemachten Beilagensalat lobende Worte fand. Warum man hier nicht auf eine kräftige dunkle Jus setzte, erschloss sich mir nicht. Ob das Fleisch tatsächlich vom Filet stammte, war für mich nicht mehr schmeckbar, da es schon beim Auftragen in der Sauce schwamm und dadurch sein letztes bisschen Medium eingebüßt hatte. Hätte man die Tunke à part serviert, wäre dem Filetgedanken eher Rechnung getragen worden.
Apropos Rechnung. Auch da hielten wir uns an die gute deutsche Sitte, die Kosten für das Mahl zu splitten. Unsere Bedienung zeigte dabei Defizite im Umgang mit der Abkassier-Software und erleichterte meinen Kollegen, der zuerst bezahlte, fälschlicherweise um zwei Hauptgänge. Druckt man die Rechnungen vorher aus und überprüft diese bevor man zum Kassieren an den Tisch tritt, lassen sich peinliche Rechenfehler von vornherein minimieren. Dass nur zwei von uns ihre Rechnung in gedruckter Form ausgehändigt bekamen, sprach auch nicht unbedingt für eine souveräne Serviceleistung.
Und so kamen wir nach zwei gelungenen Passionsfruchtsorbets (je Kugel 2,30 Euro) und einem Vanille-Eis mit heißen Himbeeren (6,90 Euro) zu einem insgesamt eher durchwachsenen Resümee. Weniger wäre in Baders Wirtshaus sicherlich mehr. Eine Verschlankung des Speiseangebots könnte die bodenständige, aus qualitativ guten Zutaten gefertigte Erinnerungsküche noch aufwerten. Weniger Sitzplätze, die neben einem gemütlicheren Ambiente, auch den Personalaufwand verringern würden, täten dem Wirtshaus gut. Genau wie ein wenig mehr Bodenhaftung bei den Flaschenweinpreisen. Klar, dass hier keine Pfälzer Verhältnisse zu erwarten waren, aber das Gesamtpaket muss bei den Preisen einfach noch stimmiger werden. Man darf also gespannt sein, wie sich das Zweitlokal des Herrn Bader entwickelt. Für gute Hausmannskost braucht es jedenfalls keine Fahrt über den Rhein. Keine wirklich neue Erkenntnis für uns Pfälzer Schlemmerboys!
Der Betreiber vom „Scheibenhardt“ und ehemalige Sternekoch der Villa Hammerschmiede Leonhard Bader hat sich im Karlsruher Stadtteil Rüppurr einen Kindheitstraum erfüllt. Seit April 2017 tischt er in seinem „Wirtshaus“ saftige Fleischspeisen zu nicht minder gepfefferten Preisen auf. Bemüht um bestbürgerliche Verkostung verzichtet Bader beim Interieur auf die übliche Gasthaus-Folklore und setzt voll auf Retro-Chic. Dem neuen Michelin-Führer war das Ganze einen Teller für „eine Küche mit guter Qualität“ wert. Dem Erstbesuch Anfang Februar diesen Jahres folgte rund drei Monate später... mehr lesen
Baders Wirtshaus
Baders Wirtshaus€-€€€Restaurant0721 98920989Rastatter Straße 23, 76199 Karlsruhe
3.0 stars -
"Bodenständig zubereitete Erinnerungsküche, bescheidene Serviceleistungen und ein eher schwaches PLV sorgen in Baders Fleischkost-Komplex für mehr Tiefen als Höhen" marcO74Der Betreiber vom „Scheibenhardt“ und ehemalige Sternekoch der Villa Hammerschmiede Leonhard Bader hat sich im Karlsruher Stadtteil Rüppurr einen Kindheitstraum erfüllt. Seit April 2017 tischt er in seinem „Wirtshaus“ saftige Fleischspeisen zu nicht minder gepfefferten Preisen auf. Bemüht um bestbürgerliche Verkostung verzichtet Bader beim Interieur auf die übliche Gasthaus-Folklore und setzt voll auf Retro-Chic. Dem neuen Michelin-Führer war das Ganze einen Teller für „eine Küche mit guter Qualität“ wert. Dem Erstbesuch Anfang Februar diesen Jahres folgte rund drei Monate später
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Selbst die Schnarchfraktion vom Meininger-Verlag (Neustadt a. d. W.), die uns alle zwei Jahre mit ihrem „Pfälzer Restaurantführer“ mehr amüsiert denn informiert, hat vom Können des talentierten Herrn Seiler Junior Notiz genommen und ihn in der 2018/2019er Auflage zum „Aufsteiger“ der Pfalz gekürt. Bewertet mit 2,5 Kochlöffeln im Schlemmeratlas und ausgezeichnet mit einem Michelin-Teller für eine Küche mit guter Qualität kommt der „Kronprinz“ nun auch bei bedeutsameren Gastroführern gut weg.
Der ehemalige Lehrling des mittlerweile in Rente geschickten Südpfälzer Sternekochs Karl-Emil Kuntz (Krone in Herxheim-Hayna) hat hier im beschaulichen Weinörtchen Weyher, das der gemeine Rhodt-Besucher gerne links oberhalb liegen lässt, den elterlichen Betrieb sukzessive modernisiert und zeitgemäß ausgerichtet. Bodenständig, aber mit kreativem Touch – so lässt sich die einfallsreich umgesetzte Regionalküche von Chefkoch Seiler kurz und knapp charakterisieren.
Seine Küchenphilosophie, die auch den Blick ins benachbarte Frankreich nicht scheut, baut dabei genauso auf Pfälzer Klassiker „aus Omas Rezeptbuch“ wie auf mediterrane Genüsse, die das Mittelmeer ein Stückchen näher rücken lassen. Kochkurse und Küchenpartys, Krimi-Dinner und Neujahrsbrunch – der Veranstaltungskalender des „Kronprinzen“ kann sich sehen lassen.
Dass nun auch der äußere Rahmen den hübsch angerichteten Preziosen auf dem Teller angeglichen wurde, kann der hier einkehrenden Genussklientel nur Recht sein. Man hat die beiden Gasträume, in denen bis zu 60 Personen Platz finden, von piefigen Vorhängen und Tischdecken sowie altbackenen Polstern (der Wandbänke) befreit und sie dadurch deutlich entkrampft. Auch der dunkle Filz-Teppich, der sicherlich den größten Anteil am überholten Ambiente früherer Tage hatte, hat mittlerweile ausgedient. Dank gepflegtem Laminatboden wirkt das Interieur nun wesentlich zeitgemäßer und freundlicher. Bunte Pop-Art von jungen Künstlern (aktuell von Julia Neverman alias "Younique") ziert neuerdings die Wände. Auf den blanken Holztischen hält man sich mit überflüssiger Deko zurück, ohne jedoch auf liebevolle Details der klassischen Tischkultur, wie z.B. die hübsch gefalteten Stoffservietten bzw. den kleinen Brotteller, zu verzichten.
Frau Rita Seiler empfing uns in gewohnt freundlicher Manier. Unser ca. einstündiges Zuspätkommen schien kein Problem. Der Andrang hielt sich an jenem Donnerstagabend in Grenzen und so saßen wir schließlich ziemlich zentral im Hauptgastraum mit Blick auf den Ausschankbereich, hinter dem es zur Küche ging. Aus der kam der Küchenchef ganz nonchalant gestapft, trug ein paar hübsch angerichtete Teller an den Nachbartisch und begrüßte uns dabei in lässiger Art und Weise. Schon ein cooler Typ der Simon Seiler. Einer, der die Nähe zu seinen Gästen schätzt, kommt eben gleich sympathisch rüber.
Auf dem Tisch lag bereits ein hölzernes Klemmbrett, auf dem ein mit dickem Edding beschriebenes DIN-A4-Blatt befestigt war. Darauf stand in leserlicher Handschrift die heutige Tagesempfehlung, nämlich Rinderbäckchen, Nudeln und Salat für 16,90 Euro, geschrieben. Ein erstes deftiges Ausrufezeichen in Sachen Hausmannskost.
Frau Seiler reichte uns die Speisenkarten. Auf der ersten Seite war eine recht umfangreiche Aperitif-Auswahl gelistet. Sherry, Martini, Campari und andere appetitanregende Alkoholika waren u.a. vertreten. Aber auch Alkoholfreies wie der Traubensecco vom Weingut Hörner aus Hochstadt hatte man im Programm. Ein Rosé-Secco (0,1l für 3,60 Euro) und ein URsUS Gin Tonic (0,2l für 5,90 Euro) beschwichtigte die „Spritties“ am Tisch, während die beiden anderen Mitglieder unseres Futtervereins das Mineralwasser (0,75l für 4,90 Euro) gleich flaschenweise kommen ließen.
Da jeder weiß, dass Tonic ohne Alkohol recht „ginlos“ daher kommt, genoss ich meinen Begrüßungslongdrink mit Original-Gin aus Weyher (!!!) in vollen Zügen. Das aromatische Destillat stellt nämlich Simon Seiler in Kooperation mit dem Weyherer Winzer Josef Brecht selbst her. Zwei aus dem gleichen Ort mit derselben „Schnapsidee“ sozusagen.
Außerdem wurde an diesem Abend Flüssiges in Form mehrerer Johannisbeerschorlen (0,5l für 3,50 Euro) sowie Espresso (2 Euro), Kaffee (2,30 Euro die Tasse) und natürlich Wein verkonsumiert. Mit allein 17 verschiedenen Weinen im offenen Bereich, zeigt man sich gut aufgestellt. Schön, dass hier das Augenmerk auf dem direkten Umfeld des Weinortes Weyher liegt und ausschließlich Winzer aus der direkten Nachbarschaft offen kredenzt werden. Entdeckungen sind somit glasweise garantiert.
Auch beim Flaschenweinangebot gibt man sich regional verwurzelt. Viele bekannte Weyherer Jungwinzer, wie z.B. Graf, Meier oder Möwes, hat man im Portfolio. Daneben baut man mit Jülg (Schweigen), Klein (Hainfeld), Hartmann (Kirrweiler) und Hörner (Hochstadt) ganz bewusst auf die junge Südpfalz, die sich unter Weinkennern immer mehr einen Namen macht und deren Weine beim „Kronprinzen“ äußerst preiswert zu erstehen sind.
Freunde der ersten Lage bzw. des Großen Gewächses werden dagegen bei Minges (Flemlingen) und Meßmer (Burrweiler) fündig. Großes Lob an dieser Stelle an die mit viel Bedacht zusammengestellte Weinkarte. Sie ist ein gutes Beispiel dafür, dass sich auch in besseren Restaurants veritable Trouvaillen für um die 20 Euro ergattern lassen.
Schon bei unserer Ankunft blieben wir neugierig am Glasschaukasten draußen stehen und warfen erste Blicke auf das Speisenangebot. Drinnen blätterten wir uns dann gemütlich durch die verschiedenen Menüs, deren Gerichte sich auch alle einzeln bestellen ließen. Drei an der Zahl waren es und alle klangen sie verlockend. Dem Menü „Signatur“ (vier Gänge für 49 Euro) konnte mein Kollege nicht widerstehen. Lachsforelle, Meerwassergarnele, Rinderfilet und Pfälzer Erdbeervariation bildeten die verführerische Menüfolge, die auch ohne Meeresfrucht in drei Gängen (39 Euro) erhältlich war. Der mir schräg gegenüber sitzende Gourmand beschränkte sich auf diese „Light-Version“.
Für Veggies gab es ebenfalls vier Gänge in Menüform (32 Euro) zu bestellen. Mit dem berühmten Erdesbacher Ziegenfrischkäse, einer Tomatensuppe, einem Kräuter-Risotto mit Pfifferlingen und der Kombi aus Pfälzer Erdbeeren und Pirmasenser Wawi-Schokolade kämen selbst Fleischverzichter voll auf ihre Kosten, so die einhellige Meinung in unserer Carnivoren-Runde. Für Gockel-Genossen und Saumagen-Sympathisanten wurde das Menü „Palatina“ offeriert. Auch hier wahlweise in drei oder vier Gängen (27 bzw. 29 Euro). Hier galt es mit Saumagen-Carpaccio, Rinderkraftbrühe, Gockel in Woi („coq au vin“) und dem bereits erwähnten Erdbeerdessert fertig zu werden. Und das alles für unter 30 Euro.
Zweimal lautete die Entscheidung am Tisch „pro Pfalz-Menü“. Bei letzterem tauschte ich die Rinderkraftbrühe gegen die Tomatensuppe aus der Veggie-Palette. Alles kein Problem im „Kronprinzen“ – noch nicht einmal Aufpreis wurde berechnet.
Neben den Menüs existierte eine überschaubare Auswahl an Fleisch- und Fischgerichten (Rumpsteak, Barbarie-Entenbrust, Kalbszunge, Zander und Rotzunge). Der Saumagen „nach Omas Art“ (12,90 Euro) bediente die Pfalz-Esser und für die vespernde Zunft standen ein paar kalte Gerichte (Schwartenmagensalat, Käseteller, etc.) bereit.
Der Kollege zu meiner Rechten wählte das Schnitzel „Wiener Art“ (12,90 Euro), das hier mit Kartoffel-Gurken-Salat serviert wurde. Mit einem Saumagen-Carpaccio (9,90 Euro) und einer Tomatensuppe (4,90 Euro) erweiterte er seinen Hauptgang zu einem individuellen Drei-Gang-Menü.
Fehlte nur noch der passende Wein. Eine Flasche Merlot Auslese (29,90 Euro) vom Weingut Norbert Brecht aus Weyher sollte mit stolzen, im Holzfass gereiften 15 Volumenprozent unsere Lust auf stoffige Tanninfülle befriedigen. Der warmen Witterung wegen ließen wir den kräftigen Roten zunächst etwas runterkühlen.
Dem ersten Hunger wurde mediterran begegnet. Eingelegte Oliven und eine streichzarte Tomatenbutter sollten Abhilfe schaffen. Aufs frische, von Vater Seiler selbstgebackene Brot gestrichen, war das ein erster wohlschmeckender Küchengruß, den wir dankend annahmen. Zusätzlich wurde uns eine Tüte mit aromatisch duftendem Curry-Popcorn auf den Tisch gestellt. Die ging reihum und war viel zu schnell geleert. Auf einer kleinen Schiefertafel lagen halbe Cocktailtomaten, Salatgurkenscheiben und herzhafter Schinken als Fingerfood aufgespießt. Schon die kleinen kulinarischen Aufmerksamkeiten zu Beginn zeigten, dass die Küche in der Lage war, aus recht einfachen Produkten Schmackhaftes zu zaubern. So konnte es weiter gehen.
Beim ersten Gang lagen gebratene Saumagenscheiben um einen aufgeschichteten Hügel aus Kraut-und Blattsalat. Ein Teller, der sowohl texturell, als auch geschmacklich ein breites Spektrum abdeckte. Die salzige Würze steuerte der hauchdünn aufgeschnittene Saumagen bei, während das krautige Innere für sommerliche Frische sorgte. Knackiger Salat und knusprig gebratenes Pfälzer Schweinsallerlei – eine durchaus passende Vorspeise für einen warmen Juni-Abend. Vielleicht hätte das Hausdressing noch etwas mehr Essig-Wumms vertragen. Denn als Fan der sauer angemachten Elsass-Salate halte ich von zurückhaltenden „Anmachmethoden“ generell nicht viel. Der schräg gegenüber sitzenden Kollege lobte jedenfalls seine mit Gin-Schmand verfeinerte, kalt geräucherte Lachsforelle über den grünen Apfel, der – genau wie die darin enthaltenen Radieschen – seiner Vorspeise den besonderen Frischekick verlieh.
Wir schalteten gemächlich in den zweiten Gang. Der Lachsforellenverzehrer musste pausieren, da er ja die Meerwassergarnele mit Cous-cous hatte sausen lassen. Wir hingegen mutierten zu Suppenkaspern und bekamen zweimal frisch pürierte Tomatensuppe und eine Rinderkraftbrühe serviert. Vielleicht hat Küchenchef Seiler ein Faible für Spiderman oder die Roten Teufel vom Betzenberg, so mein erster Gedanke als ich die mit einem weißen „Netz“ überzogene „FCK-Suppe“ vor mir stehen sah. Später verriet er mir, dass er für das Muster der Oberfläche griechischen Joghurt – ja genau der fette Südländer! – benutzte, daher auch die etwas festere Konsistenz beim Verzehr.
Wie ich es hier schön öfter erlebt habe, nutzte Seiler auch diesmal den Tellerrand, um mit Tomatenmarmelade, helleren Tomatenstücken und ein paar Essblüten seiner Vorstellung eines optisch aufgepeppten Suppentellers gerecht zu werden. Das „Zierwerk“ sah nicht nur gut aus, sondern passte ganz wunderbar zur fruchtigen Tomatenmasse eine Etage tiefer. Einziger kleiner Kritikpunkt war auch hier die etwas defensive Art der Würzung. Klar kann das auch zu Lasten von Frucht und Frische gehen, würde aber dem Gericht insgesamt zu einem breiteren Geschmacksbild verhelfen, so die einhellige Meinung am Tisch. Simon, etwas mehr Chuzpe beim Würzen darfst du ruhig zeigen!
Dass es auch beherzter geht, war bei den Hauptgängen deutlich schmeckbar. Sowohl die herrlich zarten Brust- und Keulenstücke meines in Riesling-Sauce badenden Woi-Gockels, als auch das stattliche mit kräftiger dunkler Jus, cremiger Polenta und deftigen Speckbohnen versehene Rinderfilet (feinste argentinische Blockhouse-Qualität) aus dem Signatur-Menü ließen keine kulinarischen Wünsche offen. Aromatisch, vollmundig, gut! In der gehaltvollen Sahne-Sauce meines Coq-au-vin sorgten frische Champignons und aromatische Kräuter (Petersilie und Schnittlauch) für den delikaten Feinschliff. Zusammen mit einem ansehnlichen Häufchen Tagliatelle eine stattliche Portion, die ich da zu verputzen hatte. Denn Simon Seiler kocht sicher nicht für klägliche Kalorienzähler, wehmütige Weight-Watcher und depressive Dauerabnehmer. Das würde ja schon rein optisch gar nicht zu ihm passen. Seine Gerichte sind nicht nur hübsch arrangiert und handwerklich gekonnt zubereitet, sondern machen auch satt. Ein zeitgemäßer, aber durchaus üppiger Pfalz-Stil, der keinen hungrig unter die Tischplatte purzeln lässt.
Nur der Kartoffel-Gurken-Salat, den sich mein Nebenmann zu seinem knusprigen Schweineschnitzel „Wiener Art“ einverleibte, kam geschmacklich eher unscheinbar daher. Wie beim Salatdressing zuvor, fehlte ihm ein wenig die Essigwürze. Zugegeben nicht jeder mag Säure, aber bei manchen Gerichten gehört sie einfach dazu. Dem Schnitzelbegleiter hätte jedenfalls etwas mehr Pep gut zur Kartoffel gestanden, so die Meinung meines Kollegen.
Doch diese Kleinigkeiten waren spätestens beim Anblick des Pfälzer-Erdbeer-Desserts, das die drei Menü-Esser als letzte „Hürde“ zu nehmen hatten, verflogen. Auf einer länglichen Schiefertafel zeigte Seiler, dass er auch als Pâtissier sein Handwerk beherrscht. Er präsentierte die Pfälzer Erdbeere in verschiedenen Texturen. Als krachendes Baiser, als cremiges Sorbet, als halbgefrorenes Parfait und als naturbelassene Schnipsel. Dazu gesellten sich marinierte Rhabarberstücke, eine Nocke herb-süßer Mousse au chocolat, eine herrlich fluffige Vanillecrème und ein paar dunkle Schokosplitter. Bei diesem Sommerdessert stimmte die Balance aus süßen, herben und säuerlichen Elementen perfekt. Daneben sorgten ein paar Minzblätter für zusätzliche Frische.
Und so beendeten wir unser „Clubtreffen“ in Weyher mit gutem Bauchgefühl und in großer Zufriedenheit. Klar, wäre ein Besuch in der nahegelegenen Winzerstube von Volker Krug auch mal einen Besuch wert, aber bei Simon Seilers Küche wissen wir eben, wo wir dran sind und dass es uns dort so richtig gut schmeckt. Kulinarische Bauchlandungen, wie neulich erst in Neustadt-Gimmeldingen im Restaurant Moro erlebt, sind hier keine zu erwarten. Dafür eine liebevoll zubereitete Pfalz-Küche, die mit fairem Preis-Genuss-Verhältnis und frischen Produkten zu gefallen weiß.