Kochen ist für mich eine Freude. Essengehen eine Leidenschaft. Das muss nicht immer auf höchstem Niveau sein. Auch ehrliche Hausmannskost oder kleinere Leckereien aus aller Welt können kulinarisch den Tag erhellen. Bei Restaurant-Kritik habe ich dann auch am "Darüber-Schreiben" gefallen gefunden. Der Wechsel zu GastroGuide eine logische Folge nach all der negativen Entwicklung dort. Als Südpfälzer kenne ich mich in der dortigen Gastrolandschaft auch ein wenig aus, bin aber immer froh, wenn ich über regionale Tellerränder schauen kann. Die asiatische Küche hat es mir dabei besonders angetan.
Kochen ist für mich eine Freude. Essengehen eine Leidenschaft. Das muss nicht immer auf höchstem Niveau sein. Auch ehrliche Hausmannskost oder kleinere Leckereien aus aller Welt können kulinarisch den Tag erhellen. Bei Restaurant-Kritik habe ich dann auch am "Darüber-Schreiben" gefallen gefunden. Der Wechsel zu GastroGuide eine logische Folge nach all... mehr lesen
Bewertungs-Statistik
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Besucht am 17.10.2019Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 56 EUR
ǀ Prolog ǀ
Ende des letzten Jahres, genauer gesagt am 29.12.2018, kam es zu einem verheerenden Brand im Ortskern des direkt an der Weinstraße gelegenen Hainfeld. Davon betroffen war das Restaurant „Zum Logel“, ein gutbürgerliches Kleinod aus Sandstein und Fachwerkgebälk, dessen gutes Preis-Leistungs-Verhältnis vor allem Freunde deftiger Hausmannskost anlockte.
Seine traditionelle Bauweise beschleunigte leider die Feuerentwicklung, was die nahezu komplette Zerstörung des von Inhaber Helmut Götz in fünf Jahren mühevoller Arbeit sanierten Winzerhauses zur Folge hatte. In der Regionalpresse wurde der Schaden auf über eine halbe Million Euro beziffert. Das Gasthaus „Zum Logel“, das 2011 eröffnet wurde und sich seitdem einer wachsenden Beliebtheit erfreute, stand nach über sieben Jahren kurz vor dem Ende.
Für viele Gastronomen bedeutet eine solche Katastrophe das sichere Aus. Nicht so jedoch für den 63-jährigen Wirt Helmut Götz und sein Team. Der handwerklich talentierte Küchenmeister setzt seit dem Unglück alles daran, das einst so schmucke Anwesen wieder aufzubauen.
Dass dies nicht von heute auf morgen geschieht, ist klar. Bis zur Wiedereröffnung im nächsten Jahr hätte sich wohl ein Großteil des Logel-Teams Arbeit in anderen Gastronomien der Region gesucht. In den aktuell vorherrschenden Zeiten des grassierenden Personalmangels wäre das wohl das endgültige Aus für das Lokal des emsigen Helmut Götz gewesen.
Doch Not macht ja bekanntlich erfinderisch. Da kam die Idee für ein Ausweich-„Quartier“ gerade Recht. Vor den Toren von Hainfeld, an der Landstraße in Richtung Roschbach, standen die Räumlichkeiten einer ehemaligen Wein- und Straußwirtschaft leer. Diese boten sich als Übergangslösung an.
Dauergourmets und andere Gernesser der Region erinnern sich sicherlich an das hervorragende „Arens Restaurant“, das just in diesem Anwesen seinen gastronomischen Aufstieg erlebte. Seit dem Weggang von Philipp Arens in Richtung Sankt Martin (Haus am Weinberg) im Jahr 2016, war es in dem Gemäuer der ehemaligen Weinstube „Zum Räwehäsel“ jedoch still geworden.
Als Gastro-Nostalgiker hat es mich umso mehr gefreut, als ich davon erfuhr, dass in der Roschbacher Straße 3 seit dem 10. April 2019 wieder Töpfe und Pfannen auf dem Herd stehen. Keine Gourmetküche wie bei dem Vorgänger, aber zumindest eine grundsolide Regionalkost wird seitdem offeriert. Helmut Götz und seine getreuen „Logelisten“ hatten ihr neues Quartier bezogen. Der Name „Logels Quartier“ hätte nicht treffender gewählt werden können.
Jetzt fragt sich der geneigte Leser vielleicht, was denn bitteschön ein „Logel“ ist. Nun, der Begriff kommt – ganz typisch für die Pfalz – aus dem Bereich des kontrollierten Weinkonsums. Ein Logel ist nämlich ein kleines Holzfässchen, das die Winzer früher mit Rebsaft oder anderem füllten, damit sie während ihrer Arbeit draußen im Weinberg nicht verdursteten.
ǀ 1.Besuchǀ
An einem warmen Samstagabend Ende Juli rief ich in Logels Quartier an, um mich nach einem Tisch für zwei Personen zu erkundigen. Überraschenderweise erhielt ich für meine Spontananfrage eine Zusage für denselben Abend. Also machten wir uns auf den Weg nach Hainfeld.
Dort angekommen ließ schon der überfüllte Parkplatz auf ein trubeliges Inneres schließen. Und tatsächlich, sowohl auf der hübsch angelegten Außenterrasse mit Pfälzerwaldblick als auch im Gastraum war mächtig viel los. Man setzte uns an einen suboptimalen Tisch direkt im Gewusel, an dem noch ein anderes Pärchen saß. Dazusetzen ist ja in vielen Pfälzer Weinstuben gängige Praxis.
Wir hatten Zeit das Geschehen intensiv zu beobachten, denn anscheinend blieb den gestresst wirkenden Servicedamen noch nicht einmal von jener, um uns mit Speisenkarten zu versorgen. Wir bekamen im Laufe des Abends mit, dass die Logel-Mannschaft einen Ausfall im Service zu verkraften hatte und das ausgerechnet bei der hohen Auslastung.
Eigentlich wollten wir schon wieder gehen, als uns dann doch noch das Götz’sche Köchelverzeichnis gereicht wurde und kurze Zeit später unsere Bestellungen an die Frau (vom Service) gebracht werden konnten. Vorneweg hatten wir uns auf das geräucherte Forellenfilet aus Eußerthal (Pfälzerwald) entschieden (11,90 Euro). Dieses wurde in Gefolgschaft eines mit gebratenen Pfifferlingen verfeinerten Blattsalates angeboten und stand neben Scampispießen und hausgebeiztem Gravedlachs in der auf leichte Sommergerichte abzielenden Saisonkarte.
Meine Frau wählte aus dem vegetarischen Angebot die in Salbeibutter gebratenen Gnocchi auf buntem Antipasti-Gemüse in Tomaten-Kräutersud (9,50 Euro), während ich trotz der warmen Witterung Lust auf das panierte Volksgericht schlechthin hatte. Zwei elegisch gebutterte Schnitzel vom Schweinerücken (10,80 Euro) sollten von Champignonrahmsoße süffig unterfüttert - und von hausgemachten Spätzle auf gutbürgerliches Sättigungsniveau gehoben - den Weg zum hungrigen Kostgänger finden.
Die Flasche Mineralwasser der Marke „Bellaris“ bekommt man hier für faire 3,80 Euro gereicht. Außerdem stehen viele offene Kreszenzen von Winzern aus dem Ort bereit. Früher kamen diese zumeist vom Weingut Ludwig Graßmück (Birkweiler), da dessen Besitzer zur Verwandtschaft des Logel-Chefs gehört.
Nach all der Unterstützung, die man von vielen Hainfeldern nach dem Brand erhalten hatte, ist der offene Ausschank einiger Hainfelder Gewächse vielleicht auch als kleines Dankeschön an die Winzer des Ortes zu sehen.
Wir bestellten ein Viertel vom trocken ausgebauten Grauburgunder Kabinett vom Weingut Matthias Glaser (5,40 Euro). Keine falsche Entscheidung, wie wir bald feststellten. Dass es mit dem Essen an diesem Abend länger dauere, hat man uns schon bei der Bestellung mitgeteilt. Aufgrund unseres Hungers dehnte sich die Zeitspanne bis zum Servieren der Vorspeise natürlich noch aus.
Uns grüßte die Küche mit einer dünnen Scheibe kaltem Rieslingschinken (schön durchwachsen!) an sauer angemachter Rohkostbrunoise und pikanter Meerrettichcreme. In einer Weinstube sind solche Aufmerksamkeiten eher die Ausnahme. Der deftig-frische Appetizer wurde mit ein paar Scheiben Baguette schnell verputzt. Der Auftakt war geglückt.
Es folgte ein ansehnlich bestückter Salatteller, dessen kurz angebratene Pfifferlinge eine tolle Qualität hatten. Auch das leicht von der Haut lösbare Forellenfilet aus dem Pfälzerwald überzeugte mit seinem saftig-rauchigen Fleisch. Zu dem Salat mit hochwertigem Zuchtfisch aus der Region gesellten sich noch Cocktailtomaten in verschiedenen Rottönen, Frühlingszwiebeln, Knuspercroutons, leicht angeröstete Sonnenblumenkerne und etwas „Radieschenklein“.
Kiwi, Orange und Honigmelone steuerten ein paar zusätzliche Fruchtakzente bei. Auf dem dekorativen Glasteller war also geschmacklich und texturell für reichlich Abwechslung gesorgt. Wie sich später noch herausstellen sollte, war diese Salatvorspeise unser „Dish of the day“. Da konnten unsere beiden Hauptgänge leider nicht mithalten.
Wie sagte einst ein großer Rezensent der Berliner Küche: „Das Gebratene ist nichts als des Verkohlten Anfang“. Nun etwas krosser gebraten hätten meine beiden panierten Folklorestücke schon die Pfanne verlassen dürfen. Die Panade löste sich ja schon beim Hingucken vom spärlich gewürzten Schweinerücken. Die hausgemachten Spätzle waren nicht übertrieben portioniert und bedeckten als ein mit frischer Petersilie bestreuter Sättigungshügel nur einen kleinen Teil des Porzellans. Die mit Pilzrahmsauce prall gefüllte Sauciere stand vorsorglich gleich mit auf dem Teller. Nun das Schweinchen schien seine saftigsten Stunden schon hinter sich gehabt zu haben. Für mich fiel diese Art panierter Volkstümlichkeit schlichtweg zu trocken aus. Nur mit reichlich Beiguss aus der Saucenkanone war da beizukommen. Ohne diese hätte sich die Gaumeninformation doch arg in Grenzen gehalten.
Auch meine Gattin war mit ihrem vegetarischen Gnocchi-Teller nicht rundum zufrieden. Die mit Käse überbackenen Kartoffelteignocken schwammen förmlich in Salbeibutter. Das mit frischen Kräutern (Thymian, Salbei) garnierte Tellergericht fiel eindeutig zu fettig aus.
Etwas enttäuscht verließen wir das Götz’sche Übergangsquartier am Ortsrand von Roschbach und waren doch ein wenig verwundert über die vielen positiven Berichte, die auf anderen Plattformen über das „Logel“ kursierten. Schon damals war mir klar, dass wir wohl einen schlechten Tag erwischt hatten und dass sowohl der Service als auch die Küche unter „Normalbedingungen“ noch deutlich würde zulegen können. Ein zweiter Besuch sollte Klarheit schaffen.
ǀ 2.Besuchǀ
Es dauerte dann doch bis Mitte Oktober, ehe ich zusammen mit einem Kollegen, der erst kürzlich in Schnitzialkunde promoviert hatte, an einem herbstlich verregneten Donnerstagabend den Weg nach Hainfeld antrat. An diesem Abend war bedeutend weniger los als bei unserem Besuch im Juli.
Ich hatte kurz vorher angerufen und nach freundlicher Begrüßung wurden wir von Frau Teuer, der Servicechefin, an einen großen Tisch geführt, an dessen anderem Ende sich bereits ein älteres Paar über Rumpsteak mit Zwiebeln und Bratkartoffeln (er) sowie einen Fischteller (sie) hermachte.
Ein Blick in die Runde und alte Erinnerungen an selige Arens-Zeiten kamen bei mir auf. Damals wirkte der Gastraum jedoch um einiges gemütlicher. Mir schien, dies war in erster Linie der Beleuchtung geschuldet. Die Deckenfluter tauchten das „Logel-Quartier“ in viel zu helles Licht. Die lauschige Weinstubenatmosphäre vergangener Tage suchte ich vergebens, auch wenn der betagte Kachelofen von früher noch genauso trotzig die Blicke der Gäste auf sich zog wie vor vielen Jahren.
Keine weißen Tischdecken störten die Holzoptik, die in Form von massiven Wirtshausstühlen, blanken Tischplatten, rustikaler Wandverkleidung und einer Holzdecke im Fassdaubenstil allgegenwärtig war. Das in Papierservietten eingebundene Besteck lag auf einem Holzbrettchen gestabelt in Greifweite.
Im Vergleich zum Erstbesuch ging es an diesem Abend recht beschaulich zu. Ein paar Tische waren belegt. Die meisten der Gäste hatten schon gegessen oder waren gerade dabei. Mein Blick fiel auf zwei kleine, an der Wand hängende Holzfässchen. Gleich zwei Exemplare des Namensgebers hatte man zu Deko-Zwecken oder für Begriffsstutzige aufgehängt.
Erst jetzt fiel mit auf, dass der Thekenbereich komplett neugestaltet war. Die beiden umsichtigen Damen, die an diesem Abend den Service unter sich aufteilten, waren gerade mit der Bereitstellung von Getränken beschäftigt.
Kaum saßen wir, hielten wir schon die Klemmbrettkarten in den Händen. Der Herbst hatte auch hier bereits kulinarisch Einzug gehalten. Ihm huldigte man mit Kürbiscremesuppe, Feldsalat (mit Speck und Croutons) sowie Gambas auf gegrillten Kürbisspalten. Zu diesen drei Vorspeisen gesellten sich noch Steak und Braten von der Hirschkalbkeule und zwei Fischteller als saisonale Empfehlungen bei den Hauptgerichten.
Das klang doch schon sehr vielversprechend. Mein Kollege wollte vorweg die Kürbissuppe (4,20 Euro) mal austesten, während ich mich für den Feldsalat (6,80 Euro) begeistern konnte. Zum Sattessen sollte es für ihn ein großer bunter Salatteller mit in Pfefferbutter gebratenen Roastbeefstreifen (13,90 Euro) und für mich die Hacksteaks mit Spätzle (waren ja beim ersten Besuch schon genehm) und Champignonrahmsoße (9,50 Euro) sein.
Die rote Cuvée „Konstantin“ vom Hainfelder Weingut Bernhard Koch (Viertel für 5,50 Euro) geleitete mich auf Samt-Tanninen gefällig durch den Abend. Diesmal kam als kleiner Küchengruß ein aus Chorizo, kaltem Braten und Birne zubereiteter Fleischsalat, dessen delikates Essig-Öl-Dressing meine Freude auf den Feldsalat noch steigerte.
Dieser präsentierte sich nicht minder lecker angemacht. Angebratener Speck verlieh den eher geschmacksneutralen Rapunzelblättern die nötige Würze. Croutons und Sonnenblumenkerne päppelten meine Vorspeise texturell auf. Knackfrischen Biss verkündeten die Radieschen-Scheiben. Etwas Orange, Kiwi und Erdbeere brachten etwas Fruchtsüße auf den essigsauren Salatteller. In der Summe war das ein sehr erfreulicher Auftakt.
Hatte mein Kollege anfänglich noch seine Bedenken, da die Sahnehaube auf seiner Kürbissuppe etwas mächtig ausfiel, waren diese nach dem ersten Probieren wie weggelöffelt. Der renommierte „Bachelor of Schweins“ kniff an diesem Abend bei der Bestellung des Logel’schen Panierstücks und verleibte sich lieber einen Salatteller ein. Gut, ein paar medium gebratene Roastbeefstreifen argentinischer Provenienz ließ sich der ausgewiesene Fleischkenner dann doch nicht nehmen. Ein wenig beherzter hätte man diese allerdings würzen dürfen.
Mir dagegen setzte man ganz nonchalant die fluffigsten Hacksteaks ever vor. Zusammen mit der Champignonrahmsauce und den Spätzle war das ein veritabler Wohlfühlteller für einen verregneten Herbstabend. Die Soße war keine schnöde Tütenware, sondern fußte schmeckbar auf kräftiger Jus-Basis. Mit frischen Pilzen und dem richtigen Händchen beim Abschmecken konnte da wenig schiefgehen. Insgesamt war dieser Teller kein Vergleich zu den beiden traurigen Panade-Exemplaren, die mir im Sommer aufgetischt wurden.
Von der über dem Kachelofen platzierten Schiefertafel mit den Desserts des Tages entschieden wir uns für die Mousse von Pfälzer-Maronen (7,20 Euro), die mit Baileys und Vollmilchschokolade verfeinert war und in Begleitung von Weintraubengelee geliefert wurde. Mein Kollege ließ mich in Anbetracht der beiden üppig portionierten Nocken nicht im Stich. Etwas mehr nach Kastanie hätte das fluffige Hüftgold schon schmecken dürfen, aber zusammen mit dem Gelee hat auch der süße Abschluss hingehauen.
Nach einem sehr angenehmen Plausch mit der Serviceleiterin Frau Teuer, die meine investigative Neugier geduldig ertrug und bereitwillig „auf ein paar Fragen…“ einging, verließen wir rundum zufrieden das gutbürgerliche (Übergangs-)quartier. Im Vergleich zur ersten Einkehr im Sommer, lief es wesentlich runder (und auch entspannter) ab. Die schmackige Hausmannskost mit Hang zu üppigen Saucen lässt mit saisonalen Einsprengseln keine Langeweile aufkommen. Nächstes Jahr sieht man sich bestimmt in den neuen alten Räumlichkeiten wieder. Wir sind gespannt.
ǀ Prolog ǀ
Ende des letzten Jahres, genauer gesagt am 29.12.2018, kam es zu einem verheerenden Brand im Ortskern des direkt an der Weinstraße gelegenen Hainfeld. Davon betroffen war das Restaurant „Zum Logel“, ein gutbürgerliches Kleinod aus Sandstein und Fachwerkgebälk, dessen gutes Preis-Leistungs-Verhältnis vor allem Freunde deftiger Hausmannskost anlockte.
Seine traditionelle Bauweise beschleunigte leider die Feuerentwicklung, was die nahezu komplette Zerstörung des von Inhaber Helmut Götz in fünf Jahren mühevoller Arbeit sanierten Winzerhauses zur Folge hatte. In der Regionalpresse wurde der... mehr lesen
Logels Quartier
Logels Quartier€-€€€Restaurant06323938793Roschbacher Straße 3, 76835 Hainfeld
4.0 stars -
"Ich war (doch) wieder hier…in Logels Quartier…und diesmal hat alles gepasst!" marcO74ǀ Prolog ǀ
Ende des letzten Jahres, genauer gesagt am 29.12.2018, kam es zu einem verheerenden Brand im Ortskern des direkt an der Weinstraße gelegenen Hainfeld. Davon betroffen war das Restaurant „Zum Logel“, ein gutbürgerliches Kleinod aus Sandstein und Fachwerkgebälk, dessen gutes Preis-Leistungs-Verhältnis vor allem Freunde deftiger Hausmannskost anlockte.
Seine traditionelle Bauweise beschleunigte leider die Feuerentwicklung, was die nahezu komplette Zerstörung des von Inhaber Helmut Götz in fünf Jahren mühevoller Arbeit sanierten Winzerhauses zur Folge hatte. In der Regionalpresse wurde der
Geschrieben am 15.10.2019 2019-10-15| Aktualisiert am
15.10.2019
Besucht am 16.08.2019Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 126 EUR
Als der Franzose Bruno Robichon zusammen mit seiner Frau Hannelore im Juli des Jahres 1984 im idyllisch gelegenen Rieslingdorf Frankweiler die Dorfwirtschaft „Zur Frankenburg“ in der Orensfelsstraße übernahm, dümpelte die Südpfalz aus kulinarischer Sicht noch mächtig vor sich hin.
Gut, im selben Jahr übernahm ein gewisser Karl-Emil Kuntz das Amt des Küchenchefs in der Haynaer Krone und erkochte sich zwei Jahre später seinen ersten Stern, aber ansonsten war in der von Weinstuben, Straußwirtschaften und Dorfbeizen gesäumten Region kulinarisch nicht besonders viel los. Die Liebe der deftigen Regionalküche ging damals eben in erster Linie durch den Saumagen.
Insofern war diese der Kulinarik unseres Nachbarlandes verpflichtete Genussenklave mitten im Wohngebiet von Frankweiler von Beginn an etwas Außergewöhnliches. Und dass heute, 35 Jahre (!) später, das Restaurant immer noch existiert und es sich nach wie vor einer großen Beliebtheit erfreut, spricht für seine kontinuierliche Qualität, mit der seit über drei Jahrzehnten exquisite Franko-Klassiker serviert werden. Als feste gastronomische Instanz und verlässliche Empfehlung ist dieses familiengeführte Traditionslokal längst kein Geheimtipp mehr.
Und so kam auch ich vor gut 25 Jahren das erste Mal in den Genuss der klassisch französisch inspirierten Bistroküche von Maître Robichon. Ein familiäres Weihnachtsessen führte mich damals in das von außen recht wenig auf Spitzenküche hindeutende Wohnhaus. Die auf den Punkt zubereiteten Fischgerichte von damals hält mein kulinarisches Langzeitgedächtnis bis heute gespeichert.
Die heimelige Wohnzimmer-Wintergarten-Atmosphäre der beiden Gasträume (zusammen um die 45 Sitzplätze) hatte ich dagegen nicht mehr so ganz auf dem Schirm, als ich zusammen mit meiner Frau an einem warmen Sommerabend Mitte August nach langer Abstinenz mal wieder dort aufschlug. Dass der Folgebesuch schon knapp zwei Monate später erfolgen sollte, konnten wir da noch nicht ahnen. Es muss uns anscheinend recht gut gefallen haben.
Auch wussten wir im August noch nichts von der bevorstehenden Renovierung des ersten Gastraumes, dem man in der Folgezeit ein komplett neues Aussehen verpasste. In dem vormals trauten Wohnzimmer mit gepflegter Landhausatmosphäre hielt ein nicht minder schickes Bistroambiente Einzug. Mit neuer Beleuchtung in Form zeitgemäßer Pendelspots, grünen Wänden und edlen, nach eigenen Vorstellungen gefertigten Holztischen und Wandbänken war das eine Überraschung im allerbesten Brasserie-Sinne.
Bei beiden Besuchen reservierte ich per Facebook bzw. Email. Dabei kommunizierte ich sowohl mit der Tochter Sophie (FB), die seit sieben Jahren im Servicebereich tätig ist, als auch mit ihrer Mutter Hannelore (Mail). Letztere lässt es – auch dank ihrer engagierten Tochter – nach so vielen Jahren in der Gastro verständlicherweise etwas ruhiger angehen und steht nicht mehr jeden Abend hinterm Tresen.
Und so war es auch die Tochter Sophie, die uns freundlich in Empfang nahm und unsere Jacken zur Garderobe beförderte. Sie wurde an beiden Abenden von einer weiteren Servicekraft unterstützt. Auf unsere Fragen reagierte man fachkundig und aufgeschlossen. Man ließ uns genügend Zeit und nach jedem Gang wurde nachgefragt, ob denn alles in Ordnung gewesen sei. Das passierte nicht wie einstudiert, sondern klang nach echtem Interesse am Wohl des Gastes. Dass beim Besuch im Oktober der Küchenchef selbst für eine kleine Fachsimpelei über die Zubereitung seiner Bouillabaisse an unseren Tisch kam, zeigte uns, dass man sich hier nicht nur für die Stammklientel Zeit nimmt.
Monsieur Robichon wurde in der Küche von einem weiteren Koch (Nils), der hier auch seine Lehrzeit absolviert hatte und quasi als rechte Hand des Chefs fungierte, entlastet. Auch den jungen Azubi (Tobias) konnte ich durch die Durchreiche zur Küche erkennen. Die ein oder andere Aushilfe schien die überschaubare Personaldecke des Lokals zu komplettieren.
Gemäß der vorhandenen Man- bzw. Womanpower war das Speisenangebot auf das Wesentliche beschränkt ohne dabei dürftig zu wirken. Bruno Robichon möchte seinen Gästen die Feinheiten der Franzosenküche näherbringen und bietet neben einer reduzierten À-la-carte-Auswahl an klassischen Bistrogerichten (Fischsuppe, gemischter Vorspeisenteller, Croustillant mit Lammfüllung, Filet vom Charolais-Rind, Medaillons vom bretonischen Lamm und Seewolffilet mit Jakobsmuscheln) drei verschiedene Menüs („Plaisir“, „Gourmet“ und eines mit saisonalem oder regionalem Bezug) an.
Einige der À-la-carte-Gerichte finden sich in etwas abgewandelter Form in den Menüs wieder. Die Entscheidung für das fünfgängige Gourmet-Menü (60 Euro) fiel mir nicht schwer. Das originäre Seeteufel-Carpaccio konnte problemlos gegen die viel gelobte Fischsuppe mit Rouille und Croutons getauscht werden. Zu Seewolffilet und Lamm-Medaillons (zweiter und dritter Gang) gesellten sich noch eine feine Käseauswahl und eine Tartelette mit Zitronenmousse und Zitronen-Thymian-Sorbet.
Meine Frau ließ sich vom Saison-Menü (49 Euro) in vier Etappen in die Provence entführen. Auf ihrer Gaumenreise wurde sie von gegrilltem provenzalischem Gemüse mit Ziegenfrischkäse, einer kleinen Fischsuppe mit gebratenem Doradenfilet, Kaninchenpaupiette mit frischen Pfifferlingen sowie Aprikosen mit Lavendelcrème und Aprikosensorbet in den Süden Frankreichs geschickt.
Die wirklich hervorragend sortierte Flaschenweinkarte, die neben einer Vielzahl französischer Trouvaillen auch gute Pfälzer Tropfen listet, lässt das Herz eines jeden Weinliebhabers höherschlagen. Alle wichtigen Weinregionen unseres Nachbarlandes sind mit ausgesuchten Kreszenzen vertreten. Neben Burgund, Beaujolais, Bordeaux und Rhônetal wird selbst dem Maconnais, der Loire und dem Languedoc vinophil gehuldigt.
Freunde großer Pfalzgewächse dürfen sich an Riesling von Rebholz (Siebeldingen), Weißburgunder von Münzberg (Landau-Godramstein) und Spätburgunder von Meßmer (Burrweiler) erfreuen. Auch kleine Flaschen zu 0,375l sind im umfangreichen Rebsaftsortiment der Robichons vertreten.
Im August wählten wir noch ganz brav aus dem offenen Angebot ein Viertel Côtes du Rhône Villages Séguret von der Domaine de l’Amandine für faire 5,50 Euro sowie einen saftigen Weißburgunder Kabinett vom Siebeldinger Winzersektspezialisten Wilhelmshof zu 6,50 Euro für die gleiche Menge. Der rote Südfranzose war ein echter Wolf im Schafspelz. Samtweich schmeichelte er uns durch den Sommerabend, während Kollege Weißburgunder mit Schmelz und einem Hauch Exotik keinen besseren Gegenpart hätte abgeben können.
Bei unserer Einkehr im Oktober war von Zurückhaltung bezüglich der Wahl eines geeigneten Flaschenweines dann keine Spur mehr. Die 14%ige Réserve Rouge aus dem Jahre 2012 namens „Mas de Tannes“ vom Ausnahmewinzer Paul Mas (Languedoc) erwies sich als würdiger Essensbegleiter, der mit wunderbarer Flaschenreife tiefdunkel in unseren Gläsern schwappte. Mit einem Preis von lediglich 23,50 Euro war er zudem ein echtes Schnäppchen.
Zur Einstimmung wurden unsere „bouches“ ganz vortrefflich „amüsiert“. Im August erfreute uns eine aromatisch duftende Paprika-Espuma mit Olivenöl-Emulsion, die genau wie der zwei Monate später mit Curry verfeinerte und mit einer erdig-säuerlichen Rote-Bete-Vinaigrette ausgestattete Hokkaido-Schaum das kleine Gläschen aromatisch ausfüllte. Ein Hauch von Saisonalität, der schon beim luftigen Aufgalopp zu spüren war. Dazu wurden herzhafte Käsewindbeutel, die man im Burgund als „Gougères“ bezeichnet, gereicht. Fluffiger hätten die Grüße aus der Küche gar nicht ausfallen können.
Spätestens als wir vor ein paar Tagen das zweite Mal bei Bruno Robichon einkehrten, wurde uns klar, wie wichtig dem Küchenchef eine feine Säurekomponente bei seinen Gerichten ist. Diese zieht sich wie ein roter Geschmacksfaden – in unterschiedlichen Nuancen und Schattierungen versteht sich – durch sein Speiserepertoire. Typisch französisch eben.
Den Auftakt machte eine gänzlich ohne Alkohol auskommende Fischsuppe, die auf kräftiger Bouillonbasis mit tomatiger Abendröte und ganz viel geschmacklichem Meeresrauschen daherkam. Am Rand des mit saftiger Fischfileteinlage gefüllten Tellers kündete ein gelblicher Saum vom beherzten Einsatz eines der wichtigsten Bouillabaisse-Gewürze überhaupt, dem Safran. Auch die Verwendung von Knoblauch wurde nicht von vornherein unter Homöopathieverdacht gestellt.
Folglich konfrontierte die aromatische Fischbrühe meine Geschmackspapillen mit einem mediterran-maritimen Breitwandformat, das ich lediglich am Hafen von Marseille noch eine Spur intensiver wahrgenommen hatte. Aber das war lange her. Bravo, das „Unterschriftgericht“ von Herrn Robichon war ein sehr gelungener Auftakt und kam einem lukullischen Wirkungstreffer gleich. Auf Rouille, Röstbrot und Käseraspel, die als obligatorische Beilagen nicht fehlen durften, hätte ich sogar verzichten können, so herrlich wohlschmeckend geriet Brunos Bouillabaisse.
Auch meine Frau lobte ihren nach frischen Kräutern duftenden Gemüsehügel, der mit angerösteten Pinienkernen, feinem Olivenöl und einer stattlichen Ziegenkäsefüllung aufs Angenehmste drauflos „ratatouillierte“. Die gegrillten Hauptakteure lauteten Aubergine, Zucchini und Paprika. Der akkurate Einsatz von Knoblauch, Salbei, Thymian und Rosmarin ließ sie aber erst geschmacklich zur vollen Entfaltung kommen. Die ebenfalls mit einer Kräuternote versehene Käsecrème von der Ziege passte mit ihrer leicht herben Frische ganz hervorragend in dieses bunte Provence-Potpourri.
Wir schalteten einen Gang höher. Während Madame eine etwas kleinere, dem Menü angepasste Variante von der Fischsuppe vorgesetzt wurde, bekam ich es mit einem perfekt auf der Haut gebratenen Seewolffilet, das auf hausgemachten Sepia-Nudeln thronte, zu tun. Eine „zum Reinlegen“ gut abgeschmeckte Sauce Ratatouille ergänzte diesen schon rein optisch sehr gelungenen Fischgang auf angenehm süffige Weise. Gut, dass da noch ein paar Schlückchen vom Weißburgunder Kabinett im Glas waren. Denn zum Fischteller passte er ausgezeichnet. Ach, wie herrlich so eine schnörkellos gekochte, aus hochwertigen Grundzutaten bestehende Mittelmeerkost doch schmeckt! Was braucht’s da mehr?
Aber es gab ja noch mehr. Und auch den fleischlichen „Aufgaben“ des Abends wollten wir uns gerne stellen. Zumal mir der geballte Duft der Macchia in Form zweier saftiger Lamm-Medaillons aus der Bretagne auf einem ebenso wohlriechenden Saucenspiegel in die Nase stieg. Das Kartoffelgratin reichte man à part in einer kleinen Auflaufschale. Dazu gesellte sich noch leicht bissfest gegartes Gemüse (Erbsen, Karotten, Kohlrabi).
Ein klassisches Dreikomponentengericht, das in erster Linie von der handwerklich tadellos zubereiteten Lammjus und den beiden leicht durchwachsenen, à point gegrillten Medaillons des von Natur aus schon leicht würzigen Salzwiesenlamms lebte. Sein aromatisches Fleisch genügte, von einer animierenden Kräutermarinade kongenial verfeinert, nicht nur höchsten olifaktorischen Ansprüchen, sondern erzeugte auch ein breites Gaumengrinsen bei seinem Endverbraucher.
Ebenfalls wunderbar saftig geriet die einer Roulade nicht unähnliche Paupiette vom Kaninchen, die sich meine Frau zusammen mit Pfifferlingen der gehobenen Güteklasse einverleibte. Und jeder, der sich in Fleischgerichten auskennt weiß, die schnell so ein Häschen texturell ins Trockene hoppelt. Ein Hauch von Basilikum, der sowohl von der Füllung des Karnickelrückens sowie von der üppig portionierten Jus herrührte, umwehte das mit den gleichen Gemüsebeigaben servierte Festessen. Mit seinem Händchen fürs Abschmecken verlieh Maître Robichon auch diesem vollmundigen Beiguss das gewisse Extra und ließ so meine Herzensdame aus dem Vollen löffeln.
Der Käsegang vor dem Dessert bestand aus vier gut gereiften Exemplaren. Ziegenkäserolle, Comté, Reblochon und Fourme d’Ambert deckten ein recht breites Geschmacksspektrum, das von mild bis würzig reichte, ab. Auch texturell war das ein angenehmer Querschnitt durch den französischen Käsekontinent. Der cremige Fourme d’Ambert, der weiche Ziegenkäse, der etwas biegsamere Reblochon und der Hartriegel aus der Franche-Comté machten richtig Spaß. Die recht üppige Menüportion wurde von uns im Sharing-Modus bewältigt. So ganz sollten die gebotenen Milcherzeugnisse unsere Mägen noch nicht schließen.
Denn das süße Finale stand uns ja noch bevor. Die von Him- und Heidelbeeren flankierte und mit Zitronenmousse bestückte Tartelette aus feinstem Mürbeteig hatte als sauer-aromatischen Gegenspieler eine Kugel Zitronen-Thymiansorbet mit auf den Teller bekommen. Gut, dass bei so viel Zitrusfrische ein paar kleine Merinque-Tupfer meine Nachspeise wieder zum Süßen wendeten.
Auch die Gattin war angetan von ihrem Aprikosentraum, dessen vorzügliche Lavendelcrème die süßreife, von reichlich Carotin gesegneten Fruchtstücke um eine leicht herbe Note erweiterte. Das Aprikosensorbet lieferte dazu noch die passende Frische. Sauer, herb und süß – eine Kombination, die eigentlich jedes Dessert zu einem runden Geschmackserlebnis erheben.
Dass man uns zur Rechnung noch zwei Stück Schokotarte kredenzte, machte uns überhaupt nichts aus, zumal dieser Petit-Four-Ersatz jedem guten Patissier ein neidloses „Chapeau“ abgerungen hätte. Das war kein Rausschmeißer, sondern eine Einstiegsdroge für Liebhaber des gehobenen Kakaoanteils. Zusammen mit der letzten Rotweinpfütze genossen war das tadellos oder „comme il faut“ wie der Franzose sagt.
Wie gerne würde ich auch den zweiten Besuch hier gebührend rezensieren. Aber das würde wohl dann doch den textlichen Rahmen sprengen. Nur so viel sei gesagt: meine beiden an diesem Abend gewählten À-la-Carte-Gerichte, eine fabelhaft gegrillte Entenstopfleber (auf Apfel-Blätterteigkissen mit Linsen an Vinaigrette) mit sagenhaft zarten Tranchen von der Entenbrust (22,50 Euro) sowie das perfekt medium rare gebratene Filet vom Charolais-Rind an Rotweinsauce, Herbstgemüse und frischen Pilzen (29,80 Euro) stand dem viergängigen „Menu Automne“ (49 Euro) meiner Frau in nichts nach.
Der Vollständigkeit halber seien die vier Stationen ihrer kulinarischen Herbstwanderung kurz aufgezählt. Ziegenfrischkäse mit Rote Bete und herbstlichem Gemüse machte den farbenfrohen Auftakt. Den Zwischengang markierte eine mit Crevetten, Mies- und Jakobsmuschelfleisch gefüllte Coquilles St. Jacques, die der überbackenen bretonischen Art gar nicht so unähnlich war. Beim Hauptgang eiferten Brust und Keule vom Stubenküken um die saftigsten Momente auf dem Teller. Einem herrlich süffigen Mirabellen-Clafoutis hatte man Zwetschgenkompott und Mirabellensorbet als adäquate Begleiter mitgegeben. Für uns ein Nachtisch zum Teilen und Dahinschwelgen.
Merci Sophie, Merci Bruno für diese beiden Abende auf ganz hohem Geschmacksniveau. Die äußerst wohlgeratenen Gaumenorgien beeindruckten und wir freuen uns schon auf den nächsten Besuch. 35 Jahre lang eine solche Qualität auf die Teller zu bringen sind aller Ehren wert. Chapeau, Monsieur!
Als der Franzose Bruno Robichon zusammen mit seiner Frau Hannelore im Juli des Jahres 1984 im idyllisch gelegenen Rieslingdorf Frankweiler die Dorfwirtschaft „Zur Frankenburg“ in der Orensfelsstraße übernahm, dümpelte die Südpfalz aus kulinarischer Sicht noch mächtig vor sich hin.
Gut, im selben Jahr übernahm ein gewisser Karl-Emil Kuntz das Amt des Küchenchefs in der Haynaer Krone und erkochte sich zwei Jahre später seinen ersten Stern, aber ansonsten war in der von Weinstuben, Straußwirtschaften und Dorfbeizen gesäumten Region kulinarisch nicht besonders... mehr lesen
5.0 stars -
"Akkurat zubereitete französische Bistroklassik in einem charmant geführten Familienbetrieb" marcO74Als der Franzose Bruno Robichon zusammen mit seiner Frau Hannelore im Juli des Jahres 1984 im idyllisch gelegenen Rieslingdorf Frankweiler die Dorfwirtschaft „Zur Frankenburg“ in der Orensfelsstraße übernahm, dümpelte die Südpfalz aus kulinarischer Sicht noch mächtig vor sich hin.
Gut, im selben Jahr übernahm ein gewisser Karl-Emil Kuntz das Amt des Küchenchefs in der Haynaer Krone und erkochte sich zwei Jahre später seinen ersten Stern, aber ansonsten war in der von Weinstuben, Straußwirtschaften und Dorfbeizen gesäumten Region kulinarisch nicht besonders
Geschrieben am 24.09.2019 2019-09-24| Aktualisiert am
24.09.2019
Besucht am 06.08.2019Besuchszeit: Abendessen 4 Personen
Rechnungsbetrag: 53 EUR
„Mailand oder Madrid – Hauptsache Italien!“, so wird der gute Andy Möller wohl noch in hundert Jahren zitiert, obgleich sich jener an seine wohl berühmtesten Worte heute nicht mehr so recht erinnern mag. Ich dagegen erinnere mich noch ganz gut an meine mächtige Pizza Pescatore, die ich beim Besuch eines alteingesessenen Ristorantes in Neustadt an der Weinstraße vorgesetzt bekam.
Selten ist es mir so wie dort ergangen. Trotz größtem Hunger hatte ich von vornherein nicht einmal den „Hauch einer Chance“ – um in der Fußballsprache zu bleiben – auf Komplettverzehr meines durchmesserstarken, tomatisierten Hefeerzeugnisses aus dem gemauerten Holzofen. Aber immer schön der Reihe nach…
Wir hatten uns nach einem anstrengenden Klettertag im Gimmeldinger Steinbruch nicht für „Madrid“ (=Tapasladen in der Hintergasse), sondern für „Mailand“ entschieden. Der Ableger der Landauer Pizzeria Milano (stadteinwärts direkt nach der Queichheimer Brücke) serviert seit gut 15 Jahren seine überdimensionierten Rundbackwaren italienischer Provenienz in der Neustadter Talstraße, die sich als B39 durch die Stadt schlängelt und sie in Richtung Lambrecht (Pfälzerwald) wieder verlässt.
Hätte ich mir doch nur vorab die Webseite vom Milano angeschaut. Schon beim Schriftzug wäre mir die Verbindung zu dem einmal und nie wieder besuchten Landauer Ristorante aufgefallen. Denn auch damals, als mich einmal der nächtliche Hunger zu später Stunde in die Italo-Bude geführt hatte, war ich alles andere als begeistert von der viel zu großen, nicht besonders appetitlich belegten Pizza, deren Boden leider sämtliche Knusprigkeit vermissen ließ.
Nun gut, mit drei Kletterfreunden im Gepäck und einer mächtigen Portion Kohldampf versuchte ich in der Nähe des Lokals einen Parkplatz zu bekommen. Auf die Idee kamen anscheinend schon andere vor mir, was in der kleinen Sackgasse, in der sich das Milano befindet, nicht zum Erfolg führte. Ein paar Meter weiter befand sich jedoch ein großer Lidl-Parkplatz, auf dem ich das Gefährt abstellen konnte.
Es erwartete uns ein etwas in die Jahre gekommener Gastraum, der seine besten Zeiten schon ein paar Tage hinter sich zu haben schien. In der großräumigen Abfütterungshalle war schätzungsweise ein Viertel der Plätze belegt. Wir setzten uns gleich an den ersten Tisch zu unserer Linken – den Thekenbereich und den Pizzaofen in unmittelbarer Sichtweite.
Das abgewetzte Fischgrätparkett, die rustikalen Holzbalken an der Decke sowie die mit Weinbaumotiven verzierten Fensterscheiben gemahnten an alte Zeiten, in denen hier noch die Winzergenossenschaft das kulinarische Sagen hatte. Das war schon eine Weile her. Zwischenzeitlich tobten sich in den Räumlichkeiten mehrere Chinesen gastronomisch aus. Bis dann vor rund 15 Jahren ein Pizza-Clan aus Südosteuropa sein Landauer Imperium um eine Neustadter Filiale erweiterte. Die zunehmende „Albanisierung“ italienischer Gastbetriebe greift auch in der Pfalz immer mehr um sich.
Mehr an Information war unserem Wirt dann doch nicht zu entlocken. Wahrscheinlich kommen nicht jeden Tag Gäste vorbei, die sich nach der Nutzungshistorie des Gebäudes erkundigen. So oder so schien ihn mein ständiges Nachhaken eher zu nerven, als ihn in eine echte Konversation zu verstricken. Ein nicht komplett unsympathischer Gastrokauz, aber einer mit etwas zu kumpelhaftem Auftreten, das bei seinen Stammgästen wahrscheinlich besser ankommt als bei uns Neuankömmlingen.
Manche halten diesen Zwang, immer alles mit einem flotten Spruch – ob passend oder nicht sei mal dahingestellt – zu kommentieren, fälschlicherweise für südländischen Charme. Vieles, was der gute Patron an jenem Abend so von sich gab, war überflüssig. Und erst recht nicht lustig. So richtig gastfreundlich erschien uns das nicht. Am besten nicht weiter auffallen und den Teller leer essen - war unsere Devise. Selbst die leicht provokative Idee, eine Pizza Prosciutto ohne Schinken zu bestellen, wurde schnell wieder verworfen.
Etwas angenehmer als der Humor unserer Bedienung fielen dagegen die Getränkepreise aus. Der halbe Liter Radler – gut, er war mit „Bier“ der Marke Moninger gemischt – belief sich auf 2,90 Euro. Das gleiche Geld legte man übrigens auch für ein kleines Export-Bier auf den Tisch. Mein Viertel Lambrusco wurde für gängige 3,50 Euro aus der Flasche gelassen, während die Flasche Mineralwasser mit 4,50 Euro (für 0,7l) zu Buche schlug. Für eine große Cola (0,4l) berechnete man 2,80 Euro. Für Neustadt-City sind das sicherlich noch akzeptable Preise, die hier abgerufen werden.
Nun blätterten wir uns durch das umfangreiche Pizza- und Pastafibel, die ganz „oldschool“ aus einer eingehefteten Sammlung bedruckter DIN-A4-Blätter, die schmucklos funktional in Klarsichthüllen steckten, bestand. Gleich beim Teigfladensortiment wurde ich stutzig. Handelte es sich bei den Angaben zum Durchmesser der drei Auslieferungsgrößen: klein – mittel – groß etwa um einen Druckfehler? 35 (klein), 37 (mittel) und 40 (groß) Zentimeter standen als Vergleichsmaße über den gestaffelten Preisangaben. Zwischen klein und groß lagen maximal zwei Euro Preisdifferenz.
Wir nahmen uns die Zeit für einen kleinen Exkurs in Sachen Pizzaflächenberechnung. 40 cm Durchmesser, ergab selbst bei nicht ganz gelungener Kreisform einen Radius von 20 cm. Diesen quadriert und mit der Kreiszahl Pi (ca. 3,14) multipliziert, ergab eine stattliche Fläche von über 1200 cm² Pizzalandschaft, die im größten Falle auf den Aspiranten wartete.
All diese Rechenexempel nutzten nichts, da wir noch gar nicht bestellt hatten. Trotz weitgehend leerem Lokal ließ sich unsere Bedienung Zeit. Da wurde zuerst entspannt abkassiert. Dann mit der gleichen Gelassenheit der Nebentisch abgeräumt. Sollten sich die vier ausgehungerten Kletterer an Tisch 1 doch erst einmal an der folierten Speisekarte sattsehen.
Sein Ignorieren hatte anscheinend Methode. Unsere Gier nach Nahrung ließ die Durchmesserangaben auf der Karte subjektiv schrumpfen. Die Folge: eine mittlere Margherita (7 Euro), eine mittlere Salami (7,50 Euro) und eine große Capricciosa (9 Euro) wurden von meinen drei Kletterkollegen geordert. Ich bestellte sogar noch eine Tortellini-Brühe („Tortellini in Brodo“ für 4,50 Euro) zu meiner mittleren Pizza Pescatore (8,50 Euro) dazu. Keine Ahnung warum. Mir war einfach danach.
Beim Erstbesuch gleich eine Meeresfrüchte-Pizza zu bestellen setzt schon ein gewisses Vertrauen voraus. Oder hatte ich hier etwa Mut mit Leichtsinn verwechselt? Nun, der mit reichlich gestocktem Eigelb und drei Tortellini servierten Brühe hatte Mama Maggi geschmacklich auf die Sprünge geholfen. Die sehr heiße und leider auch recht salzige Suppe erzeugte ein leichtes MNG-Bitzeln auf der Zunge. Geschmacklich überzeugte sie nicht. Da riss es auch die gefüllte Pasta-Einlage nicht raus.
Kurze Zeit später wurden die gewaltigen Rundlinge geliefert. Spätestens jetzt bereute ich die Bestellung meiner Vorspeisensuppe zutiefst. Schon der Anblick der mit Thunfisch (banale Dosenware), Krabben und Muscheln (geschmacksneutrale Glas-, Eimer- oder TK-Ware) belegten Pescatore ließ meinen Hunger schwinden. Etwas unappetitlich empfand ich die Tatsache, dass sie weit über den Tellerrand hinausragte und sich deshalb auf einer Seite bis zur Tischdecke hinab bog. Wenn man schon so exorbitant große Teigscheiben aus dem Ofen zieht, könnte man sie ja wenigstens auf die passenden Teller legen.
Der Rand zu dick, der Teig viel zu zäh, die Meeresfrüchte fad bzw. trocken und die Tomatensauce der Billigdose entronnen. So könnte man die kulinarischen Attribute meiner italoiden Rundbackware kurz auf den Punkt bringen. Was an Masse vorhanden war, fehlte leider dem Belag an Klasse. Einziger Pluspunkt dieses ganz auf Sättigung abzielenden Volksgerichts war die wohldosierte Menge an Käse, mit dem man es nicht auch noch übertrieben hatte. Geschmacksblinde mit enormem Spachteldrang würden wohl unverständlich mit den Schultern zucken, da sie sich überglücklich das nicht Geschaffte einpacken lassen, um sich daran noch am nächsten Tag zu laben.
Auch ein Blick in die Runde verriet: mit Genuss hatte das alles wenig zu tun. Eher mit schweißtreibender Arbeit. Die dafür nicht besonders geeigneten Messer taten bei zunehmender Pizzastarre (durch Erkalten) ihr Übriges. Wie schrieb der geschätzte Kollege Vully letztens so treffend: „Gut zubereitete Pizza darf keine Arthrose im Zeigefinger durch Messerdruck verursachen…“. Genau so isses!
Nur fürs Protokoll: einer am Tisch schaffte doch tatsächlich sein Teig gewordenes Wagenrad. Ich war es nicht. Ich ließ auch nichts einpacken. Ich „hatte fertig“ (Trap).
Selten habe ich in den letzten Jahren am eigenen Hefefladen eine solch ernüchternde Erfahrung machen müssen. Was denken sich diese kleinstirnigen Küchenhasardeure eigentlich, wenn sie sich am kulinarischen Erbe Italiens vergehen? Eigentlich hätten sie verkochte Nudeln mit Ketchup verdient. Aber lebenslänglich!
Dass es ein paar Wochen später ausgerechnet in Landau um einiges schlimmer kommen sollte, ahnte da noch niemand. Ihr dürft euch also schon auf den zweiten Teil der Reihe „Pizza brutale – ein Traditionsgericht, das seinen Namen nicht verdient!“ freuen…
„Mailand oder Madrid – Hauptsache Italien!“, so wird der gute Andy Möller wohl noch in hundert Jahren zitiert, obgleich sich jener an seine wohl berühmtesten Worte heute nicht mehr so recht erinnern mag. Ich dagegen erinnere mich noch ganz gut an meine mächtige Pizza Pescatore, die ich beim Besuch eines alteingesessenen Ristorantes in Neustadt an der Weinstraße vorgesetzt bekam.
Selten ist es mir so wie dort ergangen. Trotz größtem Hunger hatte ich von vornherein nicht einmal den „Hauch einer Chance“... mehr lesen
Milano
Milano€-€€€Restaurant06321899733Talstraße 1, 67434 Neustadt an der Weinstraße
2.5 stars -
"Letzte Ausfahrt: „Fressnarkose!“ – Viel Masse und wenig Klasse in diesem Neustadter Tempel für überdimensionierte Teigfladen" marcO74„Mailand oder Madrid – Hauptsache Italien!“, so wird der gute Andy Möller wohl noch in hundert Jahren zitiert, obgleich sich jener an seine wohl berühmtesten Worte heute nicht mehr so recht erinnern mag. Ich dagegen erinnere mich noch ganz gut an meine mächtige Pizza Pescatore, die ich beim Besuch eines alteingesessenen Ristorantes in Neustadt an der Weinstraße vorgesetzt bekam.
Selten ist es mir so wie dort ergangen. Trotz größtem Hunger hatte ich von vornherein nicht einmal den „Hauch einer Chance“
Geschrieben am 14.09.2019 2019-09-14| Aktualisiert am
14.09.2019
Besucht am 28.06.2019Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 48 EUR
Sommer, Sonne, Südstadt. Exakt zwei Wochen vor dem Fest aller Feste weilten wir ein Wochenende lang in Nürnberg, um gemeinsam mit unseren Freunden deren Hochzeit zu feiern. Für uns war das quasi eine Art „Warm-up“ bevor es 14 Tage später „ernst“ wurde. Nach langer Fahrt und einigen überstandenen Staus auf der A6 war ich doch recht erleichtert als ich am frühen Abend das von meiner Zukünftigen angemietete Apartment erreicht hatte.
Mit Hilfe von Tante TA erschloss ich mir kurzerhand das kulinarische Umfeld, das einen vielgelobten Thailänder in fußläufiger Reichweite vorzuweisen hatte. Ein kurzer Anruf sicherte uns einen Tisch und die Gewissheit, dass wir auch bei später Einkehr noch etwas zu futtern bekämen.
„Arooi Dii“ sagt der Thai, wenn es ihm besonders gut schmeckt. Und in dem von Jens Pfeiffer (Service) und seiner Frau Suphatthana (Küche) Ende 2014 eröffneten Lokal sollte es uns an jenem warmen Freitagabend so richtig gut munden, soviel sei vorweggenommen.
Wir durften uns einen Platz auf der von Hecken umfriedeten Außenterrasse aussuchen. Vom wuchtigen Sandsteinerker des Anwesens prangte die Jahreszahl 1914. Alte Bausubstanz, aber keineswegs heruntergekommen. Ganz im Gegenteil. Sowohl der ansprechend gestaltete Freiluftbereich, als auch das Innere des Thai-Restaurants erschienen uns sehr gepflegt.
Bei der Inneneinrichtung fiel mir sofort die Verwendung wertiger Materialien ins Auge. Massive Holztische, bequeme Polsterstühle und edler Parkettboden sind keine typischen Interieurmerkmale von Thai-Gastronomien. Auch der Verzicht auf den üblichen Deko-Tinnef (Figuren, Lampions, Bambusschirme, Flaggen und ähnlicher Asia-Pomp) wirkte sich sehr positiv auf das Ambiente aus. Kurzum: unser Ersteindruck war durchweg positiv.
Und das blieb auch so. Denn mit dem ehemaligen Versicherungsfachwirt Jens Pfeiffer lernten wir einen überaus freundlichen Restaurantbesitzer kennen. Ein interessanter Gesprächspartner, der uns humorvoll und empathisch umsorgte. Besser kann man aus meiner Sicht seine Gäste nicht abholen. Kompliment!
Dass man hier auch konzeptionell mit einem zwinkernden Auge agiert, war schon beim Inspizieren der aufs Wesentliche reduzierten Speiseauswahl klar. Vier Vorspeisen, drei Suppen, fünf Hauptgerichte und ein Dessert. Veggies können die meisten Teller auch „ohne“ bekommen. That’s it!
Trotz der wenigen Gerichte verzichtet man auch im „Arooi dii“ nicht auf Nummern, die ja üblicherweise dazu dienen, die Speisenvielfalt in Asialäden besser zu erfassen. Diese machen hier weder auf den ersten Blick noch auf den zweiten Blick Sinn. Hat sie der gewiefte Wirt etwa willkürlich vergeben? Mitnichten, wie er uns später aufklärte. Jede Nummer hat ihre „tiefere“ Bedeutung, bloß hat das von den Gästen bisher noch kaum jemand bemerkt. So weit, so skurril.
Nun, ich störte mich nicht weiter an dem exotischen Nummernsalat. Nr. 232 (Garnelen im Teigmantel), Nr. 44 (Gebratenes Rinderfilet mit Gemüse, Chili und grünem Pfeffer) oder Nr. 69 (Schwarzer Reis mit Früchten und Kokosmilch) klangen ziemlich vielversprechend. Nr. 19 (Glasnudelsalat mit Hähnchenbrustfilet) und Nr. 57 (Garnelencurry in Grün mit Gemüse und Thai-Basilikum) nicht minder sympathisch.
Getränketechnisch ließe es sich hier bei flüssigem Brot aus Franken, einem Roasted Coconut Juice, diversen Flaschenweinen (selbst die Pfalz war mit einem Cabernet Sauvignon vertreten…) oder einem Mekong Sour (mit Thai-Whisky) gut entspannen, so mein erster Eindruck von dem mit Bedacht konfigurierten Suffsortiment. Unseren trockenen Kehlen wurde jedoch zunächst mit einer Flasche Frankenbrunnen (0,75l für 4,20 Euro) begegnet. Danach ereilte uns das „Pfeiffer’sche Hopfenfieber“, was ein Minnesängerpils (0,33l für 2,70 Euro) und ein trübes Kellerbier (gleicher Preis für gleichen Inhalt) von der Ritter St. Georgen Brauerei aus Nennslingen auf den Tisch brachte. Beides süffige Vertreter ihrer Art, wie man sie in Franken gerne braut und auch in der Pfalz zu schätzen weiß.
Unsere Entscheidung fiel auf den Glasnudelsalat (8,50 Euro), den wir uns als Vorspeise teilten, sowie das grüne Curry – einmal mit Garnelen (14,50 Euro) und einmal in der Veggie-Version (13,50 Euro). In Zahlen ausgedrückt: (19 : 2) + 2 * 57 – x, wobei hier der Platzhalter x für eine gar nicht mal so geringe Anzahl saftiger Garnelenschwänze steht, auf die ja einmal verzichtet wurde.
Hinter dem Namen „Yum Wansen“ verbarg sich kein mit der Gitarre bewaffneter Wandermusiker aus Bad Zwischenahn, sondern ein bereits auf zwei Teller verteilter Glasnudelsalat der Extraklasse. Neben frischem Koriander, saftiger Hähnchenbrust und dünnen Zwiebel- bzw. Karottenstreifen war es vor allem das hervorragend abgeschmeckte, gut geschärfte Dressing, das uns begeisterte. Das ideale Gericht für diesen lauen Sommerabend.
Nun harrten wir der grünen Currys, die da kommen sollten und es auch bald taten. „Gäng Kheow Wan Gung“, so der offizielle Titel unserer Bestellung, duftete uns aromatisch entgegen. Ein erster Gemüsecheck lieferte bissfeste Beweise. Die Anzahl der Garnelenschwänze lag jenseits sparsam kalkulierter Homöopathie. Brokkoli, Zuckerschoten, Zucchini, Champignons – alles da, alles allerliebst gegart. Dazu die unschlagbare Kombi aus Kokossud und Thai-Basilikum, die dem süffig-pikanten Tellergericht sein exotisches Etwas verlieh. Zusammen mit der schneeweißen, feinkörnigen Sättigungsgrundlage aus dem separat gelieferten Bastkörbchen waren das zwei handwerklich astrein zubereitete Thaicurrys, die unseren abendlichen Spachteldrang aufs angenehmste besänftigten.
Dass wir dann noch ein wenig länger blieben wie eigentlich geplant, war der herzlichen Art unseres Gastgebers geschuldet. Es entwickelte sich eine interessante Unterhaltung, die mit zwei Gläsern Belmont Gold Coconut Rum – einer Art flüssigem Bounty – aufs Haus endete. Denn seine Vorliebe für parfümierte Zuckerrohrschnäpse teilt Jens Pfeiffer gerne mit seinen Gästen.
So konnten wir gestärkt in die Büffetschlacht, die uns am nächsten Tag erwartete, ziehen. Das Arooi Dii steht nicht zufällig so weit oben bei TA, denn hier wird ohne Protzpose mit frischen Zutaten gekocht und das zu sehr fairen Preisen.
„Arooi dii!“ sagt der Thai. Dem konnten wir an diesem Abend nur beipflichten.
Sommer, Sonne, Südstadt. Exakt zwei Wochen vor dem Fest aller Feste weilten wir ein Wochenende lang in Nürnberg, um gemeinsam mit unseren Freunden deren Hochzeit zu feiern. Für uns war das quasi eine Art „Warm-up“ bevor es 14 Tage später „ernst“ wurde. Nach langer Fahrt und einigen überstandenen Staus auf der A6 war ich doch recht erleichtert als ich am frühen Abend das von meiner Zukünftigen angemietete Apartment erreicht hatte.
Mit Hilfe von Tante TA erschloss ich mir kurzerhand das... mehr lesen
4.5 stars -
"Fernköstlicher Abend in der Nürnberger Südstadt" marcO74Sommer, Sonne, Südstadt. Exakt zwei Wochen vor dem Fest aller Feste weilten wir ein Wochenende lang in Nürnberg, um gemeinsam mit unseren Freunden deren Hochzeit zu feiern. Für uns war das quasi eine Art „Warm-up“ bevor es 14 Tage später „ernst“ wurde. Nach langer Fahrt und einigen überstandenen Staus auf der A6 war ich doch recht erleichtert als ich am frühen Abend das von meiner Zukünftigen angemietete Apartment erreicht hatte.
Mit Hilfe von Tante TA erschloss ich mir kurzerhand das
Geschrieben am 10.09.2019 2019-09-10| Aktualisiert am
10.09.2019
Besucht am 27.06.2019Besuchszeit: Abendessen 4 Personen
Rechnungsbetrag: 245 EUR
Es stimmt mich schon ein wenig traurig, wie selten die kulinarischen Zusammenkünfte unseres Schlemmerquartetts geworden sind. Doch Ende Juni hatten es die vier Wörther Gaumenakrobaten endlich wieder geschafft, ihren überfüllten Terminkalendern einen gemeinsamen Abend bei gutem Essen (und natürlich Trinken) abzuringen. Nach fast einem halben Jahr Schluckstille war das auch bitter nötig.
Die Stimmung war ausgezeichnet, denn allein schon der Spaziergang durch die Neustadter Altstadt, genauer gesagt durch die historische Hintergasse mit all ihren liebevoll restaurierten Fachwerkhäusern und idyllischen Innenhöfen, machte so richtig Lust auf ein sommerliches Abendmahl unter freiem Himmel.
Ganz am Ende der von Weinstuben und diversen anderen Gasthäusern gesäumten Futtermeile befand sich das Ziel unserer kulinarischen Schicksalsgemeinschaft an diesem warmen Donnerstagabend kurz vor Beginn der großen Ferien, das von Küchenchef Thomas Manthey betriebene Esszimmer.
Seinen überaus lauschigen Außenbereich verdankt es einem baumbestandenen Platz mit entspannendem Brunnengeplätscher, der auch von der schräg gegenüber untergebrachten Edelbulettenbude namens „Brunos Burger & Lieblingsgerichte“ gastronomisch genutzt wird. Ein wirklich herrliches Fleckchen Genusspfalz, das zu einem spontanen Gläschen Wein genauso einlädt wie zu einer mediterranen Gaumenorgie.
Wir hatten letzteres im Sinn und im Vorfeld für vier hungrige „Schlemmerboys“ reserviert. Der Tisch direkt neben der Eingangstür war uns genehm und der agile Florian Reiß, der an diesem Abend zusammen mit einer jungen Dame aus Irland den Service schmiss, brachte uns umgehend die Speiselektüre des Hauses.
Lange war es her, dass ich bei Chefkoch Manthey zu Gast war. Damals war sein Esszimmer noch im Ritterhof zu Burrweiler – heute kocht hier Ex-Kannen-Koch Florian Winter groß auf – untergebracht. Er hat sich mit seinem Umzug in die Neustädter Hintergasse bewusst verkleinert. Seiner kulinarischen Marschroute ist er jedoch treu geblieben. Der 48jährige Kölner setzt weiterhin auf eine international ausgerichtete, weltoffene Küche mit deutlich ausgeprägtem mediterranem Akzent.
Manthey ist ganz schön rumgekommen in der Gastro. Nach seiner Zeit in Wien („Fabios“ und „Da Moritz“) und einem kurzen Gastspiel in „Netts Restaurant“ (heute „Moro“) in Neustadt-Gimmeldingen eröffnete er vor rund 5 Jahren sein erstes eigenes Restaurant, das „Esszimmer in der Weingalerie“ am Ortsausgang des beschaulichen Weindörfchens Hainfeld. Übrigens genau dort, wo sich heute die Pfälzer Genussfraktion (PGF) als regional operierende Verköstigungskörperschaft um die kulinarischen Interessen ihrer Gäste kümmert.
Nun hat Manthey die Pfälzer Weinprovinz hinter sich gelassen und es sich in den Räumlichkeiten des früheren „Fontana“ gemütlich gemacht. Anfangs noch zusammen mit seiner Partnerin Silke Ulrich, die den Service in herzlich-kompetenter Art und Weise leitete. An unserem Besuchsabend war Frau Ulrich jedoch nicht anwesend. Auch beim Blick auf die Homepage tauchte ihr Name nicht mehr auf. Anscheinend haben sich da die Wege getrennt. Genauer nachfragen wollte ich natürlich nicht.
Ca. 30 Sitzplätze umfasste der übersichtlich angelegte Außenbereich. Drinnen dürften es kaum mehr sein. Im geschmackvoll möblierten, mit Zweier- und Vierertischen eingerichteten Gastraum dominierte helles Holz (Tische und Parkettboden). Bequem gepolsterte Freischwinger komplettierten die vom weißen Tuch befreiten Ess(zimmer)plätze. Die mit Platzsets, Stoffservietten, Zweifachbesteck und Wassergläsern ausgestatteten Tische wirkten recht unprätentiös. „Casual“ und trotzdem „fine“ würde hier als Beschreibung gut passen.
An der Stirnseite des Raumes fiel mir die großformatige Schiefertafel mit dem recht umfangreichen Angebot an offen ausgeschenkten Weinen ins Auge. Neben mehr oder minder bekannten Weingütern aus der Mittelhaardt (z.B. Reichsrat von Buhl und Hofgut Markus Schädler) und der Südpfalz (z.B. Gies-Düppel und Weingut Wilhelmshof), listete diese auch ein paar bemerkenswerte italienische Tropfen. Ein sardischer Vermentino oder ein Barbera aus dem Piemont bekommt man bei uns nicht so häufig offen aus- bzw. eingeschenkt. Und das zu Viertelpreisen zwischen 7 und 8 Euro. Absolut fair, denn guter Stoff kostet schließlich.
Beim Blick auf die Aperitif-Auswahl entdeckte ich einen alkoholfreien Sommerdrink namens „Herbe Orange“, bei dem Crodino – nach wie vor mein heimlicher Favorit in Sachen liquider Appetitanregung – mit Orangensaft und Eiswürfel gemixt wurde. Ich fragte nach, ob man den gelb-orangenen Italo-Klassiker auch mit Prosecco auffüllen könnte. Mit 6,80 Euro für 0,2l war ich dabei. Man berechnete mir einfach den gleichen Preis, den auch der gelistete Aperol-Spritz gekostet hätte.
Als weiterer Apero fungierte ein alkoholfreier Traubenbitzler, bei dem man weißen Traubensaft mit Limette, Mineralwasser und gefrorenen Trauben zu einem erfrischenden Sommerdrink mischte (4,50 Euro für 0,25l). Der Kollege gegenüber bestellte ganz konservativ einen halben Liter Riesling-Schorle (4,50 Euro). Für den durstigen Pfälzer sicherlich das Erfrischungsgetränk schlechthin. Apropos Erfrischung. Natürlich landete auch bald die erste von insgesamt fünf Flaschen Mineralwasser (4,90 Euro für 0,75l) auf dem Tisch.
Wie jeden Donnerstagabend stand ein 5-gängiges Tastingmenü auf dem Speisezettel. Für 39 Euro konnte man sich nach dem Motto „klein und fein“ einmal quer durch die Küche von Thomas Manthey futtern. Dem verlockenden Angebot von fünf kleinen Überraschungsgängen konnte der kulinarisch aufgeschlossene Kollege neben mir nicht widerstehen.
Der Mann mit der Rieslingschorle ging lieber auf Nummer sicher und wählte das Esszimmer Menü in der 4-Gang-Variante (58 Euro), das mit Carpaccio vom Oktopus und Garnelentartar, Gazpacho andaluz, Filet vom Adlerfisch und sizilianischen Cannolli die Neustadter Hintergasse in mediterrane Hafennähe rücken sollte.
Dem Dritten im Bunde war es nach frischem Grünzeug zumute, was ihm als Vorspeise einen mit Balsamico-Dressing angemachten Blattsalat mit gegrilltem Gemüse und süß-sauer eingelegten Tropea-Zwiebeln (9,50 Euro) einbrachte. Beim Hauptgang wagte er sich an das 220 Gramm leichte Rückensteak vom Iberico-Schwein (24,50 Euro), das vom Big Green Egg Holzkohlegrill kam und mit Pommes frites geliefert werden sollte.
Nur ich gab mal wieder den zweifelnden Entscheidungsneurotiker. Edelfisch-Ceviche mit Jakobsmuschel oder Tagliolini mit Riesengarnelen? Tagliata vom Roastbeef oder doch das mit sizilianischem Pesto bestrichene, halbrohe Thunfischsteak? Alles wäre im vor- und bestellbaren Bereich gewesen. Aber nix da! Die venezianische Fischsuppe (18 Euro) – eigentlich ein Hauptgang – wurde kurzerhand zur Vorspeise erklärt. Danach sollten es die mit frischen Pfifferlingen und Pancetta verfeinerten Trofie (16,50 Euro), eine hübsch gedrehte Pasta-Spezialität aus Ligurien, sein.
Draußen auf den gut gepolsterten Stühlen aus Polyrattan genossen wir die langsam untergehende Abendsonne, der auch unsere Markise nichts anhaben konnte. Kurz nach den Getränken grüßte die Küche mit einem kalten Gurkensüppchen, das so dezent nach dem von mir so ungeliebten Gemüse schmeckte, dass selbst ich die kleine Tasse geleert bekam. Eine erste, erfrischende Auftakthürde, die wir locker (an)nahmen.
Was duftete betörend nach Fenchel, Pernod, Schalen- sowie Schuppengetier und wartete darauf, aus dem tiefen Porzellan gelöffelt zu werden? Richtig, die frisch am Tisch angegossene, venezianische „Broeto“ aus der Manthey’schen Mittelmeerküche. Zugegeben, ein Prachtexemplar ihrer Art. Zart gekochte Stücke von Adlerfisch, Lachs und Seeteufel sowie ausgelöstes Miesmuschelfleisch machten dem hervorragend abgeschmeckten Meeresbrodem in puncto Einlage alle Ehre. Die trübe Brühe kam mit viel levantinischem Schmackes daher. Das dazu gereichte ligurische Fladenbrot war frisch geröstet und eignete sich gut zum Dippen in die nicht übertrieben „geknofelte“ Krustentier-Aioli. Ein erster Gang, der für reichlich Wohlbehagen am Gaumen sorgte und temporär sättigend wirkte. Würde ich jederzeit wieder bestellen!
Auch der Kollege gegenüber zeigte sich äußerst zufrieden mit seinem Oktopus-Garnelen-Carpaccio, das seinen viergängigen Menü-Reigen nicht minder mediterran eröffnete. Dem Tasting-Aspiranten neben mir wurde als erster Überraschungsgang Thunfischtataki im Miniformat auf knackigem Erbsengemüse serviert. Auch bei ihm ein durchaus spannender Auftakt, bei dem nicht geklotzt sondern geklekst wurde.
Nur der Vierte im Bunde war mit seinem Grünzeug etwas unzufrieden. Was sein Dressing an geschmacklicher Kante zu wenig hatte, hatten die Salatblätter an Sandkörnern zu viel vorzuweisen. Das geht sicher besser, was man bei einem Preis von knapp 10 Euro für den Vorspeisensalat auch erwarten kann. Kann aber andererseits auch mal passieren.
Danach ging es kulinarisch in Richtung Südspanien. Die in einem Glas servierte Gazpacho Andaluz kühlte die erhitzten Gaumen von gleich zwei schwitzenden Suppenkaspern am Tisch. Begleitet wurde der iberische Kaltschalen-Klassiker von einem Crostini mit Peperonata und Büffelmozzarella. So weit so stimmig. Ein Probierlöffel davon überzeugte auch den Schreiber dieser Zeilen. Aromatische Säure und subtile Frische in feinfühlig abgeschmeckter Balance. Manthey weiß eben, wie man die vermeintlich einfachen Gerichte gekonnt in Szene setzt.
Neben mir schaltete man mit orientalisch angehauchtem Wildlachs auf luftig-lockerem Couscous zufrieden einen Gang höher, während mir das Filet vom Adlerfisch mit Kapern-Limetten-Risotto, geschmortem Fenchel und Fischsuppen-Espuma meines Gegenübers neidvolle Blicke entlockte. Da konnte meine ligurische Pasta trotz ihrer formidablen Pfifferlingsqualität schon rein optisch nicht ganz mithalten.
Pancetta, Parmesan und Frühlingslauch verliehen meinen perfekt bissfest gekochten Trofie eine angenehme Würze, der man ruhig noch etwas mehr Pikantheit hätte zutrauen können. Das war zwar nichts wirklich Spektakuläres, aber dennoch ein sorgfältig zubereiteter Teigwarenteller, der sich mit guten Zutaten von italienischer Massenware deutlich abgrenzte.
Dazu genoss ich einen strohgelben Vermentino aus Sardinien für 7,30 Euro das Viertel. Ein erfrischend leichter Essensbegleiter, der mit seinem zurückhaltenden Bouquet meinem Nudelteller nicht die Schau stahl, sondern ihn gefällig ergänzte. Das Viertel Barbera (7,80 Euro) von Castello del Poggio aus dem Piemont, das ich dem viel zu schnell verdunsteten Sardenwein etwas später folgenließ, präsentierte sich dagegen vollmundig und angenehm saftig. Zarte Tannine und rote Beerenfrüchte zeichneten sich für sein sattes Finish verantwortlich.
Schräg gegenüber genoss der Iberico-Vernichter sein saftiges Rückensteak, das mit sagenhaft krossen, herrlich delikat gewürzten Pommes aus der Tüte, einem kleinen Beilagensalat und hausgemachter Tomaten-BBQ-Sauce serviert wurde. Keine Ahnung, ob Frittenfreigeist Manthey dafür in einer belgischen Pommesbude promoviert hat oder ein besonderes Gehör für den „Gesang“ seiner in Fett brutzelnden Kartoffelstäbchen entwickelt hat. Das war dem Frittenversteher am Tisch auch völlig Schnuppe, da diese Kombi aus knuspriger Würzhülle und weichem Flaumkern ihm vortrefflich mundete. Auch sein Iberico-Steak konnte geschmacklich überzeugen. Lediglich beim Cut hätten es noch ein paar Gramm mehr sein dürfen.
Auch der Durchprobierer mit dem Hang zu Überraschungen war inzwischen bei seinem Hauptgang angelangt. Man hatte ihm kurz gebratenes, neuseeländisches Roastbeef auf toskanischem Brotsalat serviert und er war sowohl vom perfekt gebratenen Fleisch als auch vom schmackhaften Panzanella sehr angetan. Getrocknete Tomaten, Kapern und Taggiasca-Oliven lieferten herbe Würze, Paprika und Gurken ließen sommerliche Frische Einzug halten. Natürlich kam auch sein vierter Gang in einer kleineren Portion daher. Wie alle Gänge seines Ü-Menüs war auch dieser von der Menge her sehr stimmig portioniert.
Ein Manthey-Menü ist keine dahingetupfte Abfolge von Petitessen, sondern lässt einen in der Summe auch gut satt werden. Dabei fiel auf, dass bei der Anrichtung der Speisen auf überflüssigen Schnick-Schnack verzichtet wurde und die verschiedenen Komponenten auf dem Teller harmonisch ineinandergriffen – und das sowohl optisch als auch geschmacklich. Man merkt einfach, dass hier ein erfahrener Küchenchef am Herd agiert. Einer der weiß, wie gute italienische Küche funktioniert und welch beglückenden Einfluss sie auf seine Gäste haben kann.
Und so konnten wir gegen Ende des Abends auch seinen süßen Versuchungen nicht widerstehen. Mit Zitronencrème gefüllte, sizilianische Cannolli wurden mit Pfälzer Erdbeeren und Meringue (9 Euro) kombiniert. Mein aus hausgemachtem Vanilleeis und frisch gebrühtem Espresso bestehender Affogato al Café (7,50 Euro) – oftmals auch als „Kleiner Italiener“ bezeichnet – wurde mit „im Kaffee ertrunkenen“ Schokoperlen und weißem Schokoladenschaum veredelt. Der aus Walnüssen, Pistazien und Mandeln gebackene Schoko-Florentiner überzeugte als süßer Knuspertaler und rundete die italienische Kaffeespezialität angemessen ab.
Nach einem netten Plausch mit Serviceleiter Florian Reiß und dem Hinweis, dass man aufgrund der Probleme mit den Anwohnern – kennt man ja von etlichen Gastronomien mit Außenbereich – das gemütliche Sitzen unter freiem Himmel zeitlich einschränken müsste, verließen vier zufriedene und gut gesättigte Schlemmerboys das mediterranste Esszimmer von ganz Neustadt. Denn hier macht nicht nur das Essen glücklich. Auch das Draußensitzen war uns die reinste Freude. Möge das nächste Clubtreffen bald kommen.
Es stimmt mich schon ein wenig traurig, wie selten die kulinarischen Zusammenkünfte unseres Schlemmerquartetts geworden sind. Doch Ende Juni hatten es die vier Wörther Gaumenakrobaten endlich wieder geschafft, ihren überfüllten Terminkalendern einen gemeinsamen Abend bei gutem Essen (und natürlich Trinken) abzuringen. Nach fast einem halben Jahr Schluckstille war das auch bitter nötig.
Die Stimmung war ausgezeichnet, denn allein schon der Spaziergang durch die Neustadter Altstadt, genauer gesagt durch die historische Hintergasse mit all ihren liebevoll restaurierten Fachwerkhäusern und idyllischen Innenhöfen,... mehr lesen
Das Esszimmer
Das Esszimmer€-€€€Restaurant06321 354996Hintergasse 38, 67433 Neustadt an der Weinstraße
4.5 stars -
"Hier schmeckte uns der Sommer! In Thomas Mantheys mediterraner Genussbude passten Anspruch und Wirklichkeit gut zusammen" marcO74Es stimmt mich schon ein wenig traurig, wie selten die kulinarischen Zusammenkünfte unseres Schlemmerquartetts geworden sind. Doch Ende Juni hatten es die vier Wörther Gaumenakrobaten endlich wieder geschafft, ihren überfüllten Terminkalendern einen gemeinsamen Abend bei gutem Essen (und natürlich Trinken) abzuringen. Nach fast einem halben Jahr Schluckstille war das auch bitter nötig.
Die Stimmung war ausgezeichnet, denn allein schon der Spaziergang durch die Neustadter Altstadt, genauer gesagt durch die historische Hintergasse mit all ihren liebevoll restaurierten Fachwerkhäusern und idyllischen Innenhöfen,
Geschrieben am 23.08.2019 2019-08-23| Aktualisiert am
23.08.2019
Besucht am 26.06.2019Besuchszeit: Mittagessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 36 EUR
Es geschah am hellichten Tag. Genauer gesagt an einem heißen Mittwochnachmittag. Die hohen Temperaturen hatten aus unserer Wohnung einen Schwitzkasten werden lassen. Der einzige verfügbare Ventilator im Haus war defekt, also wurde ich tätig. Ein Spontanbesuch in einem großen Kaufhaus für Elektroartikel sollte Abhilfe schaffen.
Dieses befand sich in der Karlsruher City. Nach dem eher glücklichen Erstehen des vorletzten Exemplares – es war ein leicht überteuertes Standgerät – musste der „Erfolg“ in Sachen zukünftiger Luftzirkulation mit einer mindestens genauso spontanen Einkehr kulinarisch unterfüttert werden.
Das Monkey King war mir schon ein paar Wochen zuvor aufgefallen. Meinen Recherchen nach muss es Ende 2018 eröffnet worden sein. Das Lokal liegt direkt an der Kaiserstraße, einer lebhaften Fußgängerzone, die einem zwar den Glauben an den Einzelhandel zurückgibt, aber ansonsten wenig Anziehungskraft ausübt.
Die anfängliche Sorge, es handele sich um den neuesten Laden für Handmade Premium Burger, war unbegründet. Zwar befand sich neben dem etwas überdimensioniert anmutenden Namensschild der Hinweis auf Burger und Salate im Homestyle, aber bei genauerem Hinsehen entdeckte ich an der Glasfront am Eingang des Restaurants ein paar dilettantisch ausgedruckte Speisehinweise, die mein Interesse weckten. Teilweise in chinesischer Schrift, teilweise in deutscher Übersetzung wurden unter anderem chinesische Teigtaschen (Dim Sum) und gefüllte China-Dampfnudeln (Baozi) angepriesen.
Mein Blick scannte den etwas kitschig eingerichteten Gastraum ab. Ein paar Chinesen saßen an funktionalen Tischen mit heller Holzplatte und ließen sich Nudelsuppe und Dumplings schmecken. Dazwischen ein paar Plastikbäume, an denen sich ein paar weiße Kunststoff-Affen mit Glühbirne in der Hand zu schaffen machten. Ich gebe zu, eine abgefahrenere Beleuchtungsidee ist mir selten untergekommen. Die zylinderförmigen Hängeleuchten aus der Retro-Schmiede, die wie Lampions von der Decke baumelten, waren dagegen fast schon langweiliger Mainstream.
Ich setzte mich an einen freien Tisch unweit der Bestelltheke. Denn gleich auf der ersten Seite der in einem Klemmbrett steckenden Speisenkarte wurde unmissverständlich auf den hier vorherrschenden „Self Service“ hingewiesen. Also ja nicht zu weit weg vom Ort des Orderns. Ich blätterte mich durch das Angebot an Asia-Gerichten und wurde auf ein paar Schiefertafeln, die neben der Kasse an der Wand hingen, aufmerksam. Auch hier hätten mir ein paar Semester Gastrochinesisch sicher weitergeholfen. Gut, dass die Speisen auch in deutscher Sprache nachlesbar waren.
Wan Tan in scharfer Soße, in Bier gekochtes Entenfleisch mit Kartoffeln und Karotten, chinesische Crêpes mit unterschiedlichen Füllungen, geschmorter Schweinebauch und Hähnchenkeule mit Teriyaki-Sauce und Gemüse entzifferte ich bei genauerer Inspektion der Empfehlungstafeln. Ich war jedoch in freudiger Teigtaschen-Erwartung – „Dim-Sum-Laune“ wie der Sinologe meines Vertrauens zu sagen pflegt. Die gab es im Monkey King in drei verschiedenen Ausführungen. Ich entschied mich für 12 mit Schweinefleisch, Garnelen, Shitake Pilzen, Chinakohl, Lauchzwiebeln und Ingwer gefüllte Dumplings, die mit 8,50 Euro auf der Klemmbrett-Standardkarte standen.
Die sehr aufmerksame Dame an der Kasse bemerkte mein Interesse für die gefüllten Hefeklöße, die gerade im Hintergrund frisch zubereitet wurden. Sie ließ mir bei meiner Dim-Sum-Bestellung noch ein kleines Werbegeschenk in Form eines einzelnen Baozi zukommen. Eine wirklich nette Geste, die zwei Wochen später beim Folgebesuch mit meinem Vater zur Bestellung der fluffigen China-Dampfnudeln führte.
Ein großes Manko im Monkey ist die Getränkeversorgung. Die hat nämlich Schnellimbiss-Charakter. Für jeweils 3 Euro nimmt man sich aus einem Kühlschrank sein Mineralwasser bzw. seine Limo (Alkohol gibt es nicht!) und trinkt das dann aus der erworbenen Plastikflasche. Mit Gläsern hat man es hier nicht so. Das ist nicht besonders stilvoll und wäre meines Erachtens auch ein Punkt, den man ändern sollte.
Sowohl das mit leicht süßlich abgeschmeckter Fleisch-Gemüsefüllung ausgestattete Baozi, als auch meine gedämpften Teigtaschen übertrafen meine Erwartungen. „Ich summe, also dim ich!“ soll mal ein bekannter Teigtaschendieb aus Shanghai gesagt haben. Als ich das erste „Asia-Mauldäschle“ zwischen die Stäbchen geklemmt und es danach mit ein wenig würziger Soja-Tunke genossen hatte, wusste ich, was er damit meinte.
Ich habe vor zwei Jahren während eines Kanada-Trips in Toronto ähnlich delikate Dumplings vorgesetzt bekommen. Auch letztes Jahr im „Lecker Song“ in Berlin war ich begeistert. Dass ich aber ausgerechnet auf der Karlsruher Konsummeile ein kulinarisches Aha-Erlebnis mit diesen kleinen China-Snacks haben würde, hätte ich nicht für möglich gehalten. „Don’t judge a book by its cover“ oder „Lass dich ja nicht von Leuchtreklame abschrecken“ – hier passte das wie der Aufsatz auf den Bambusdämpfer!
Ich schaute mir die Füllungen der Dämpflinge genau an. Jede fiel ein wenig anders. Da mal etwas mehr Shitake Pilze, da mal ein Garnelenstück. Das war definitiv keine aufgetaute TK-Ware. Zweifellos waren die kleinen Teigteilchen selbst gemacht, was sich bei meinem dritten Besuch (vor etwa einer Woche) mit der Aussage „Nr. 34 ist im Moment leider ausgegangen, wird aber gerade wieder frisch zubereitet und dauert deshalb ein bisschen…“ bestätigte.
Beim Folgebesuch musste mein Vater mit. Auch er ist ein Freund des gefüllten Asia-Täschchens und weiß ein gutes Baozi von einem durchschnittlichen Shaomai zu unterscheiden. Da wagten wir uns an die Wan Tan in scharfer Soße (9,90 Euro), die mit kurz gewoktem Pak Choi, Frühlingszwiebeln und reichlich frischem Koriander in einer Schüssel serviert wurden. Knackige Frische traf auf aromatische Schärfe. Keine sinnlose Brachialwürze für Sambalzombies, sondern eher eine die Geschmacksnerven stimulierende, mit der richtigen Chilidosis ausgestattete Tunke benetzte die gefüllten Miniaturen. Wir waren von diesem großzügig portionierten Hauptgang begeistert.
Außerdem probierten wir die mit reichlich heißer Brühe vollgesogenen Mini-Dumplings (6 Stück für 7,90 Euro), die mit Schweinehack, Ingwer und Lauchzwiebeln gefüllt waren und bei denen wir mit Vorsicht zu Werke gehen mussten, da wir uns sonst den Gaumen verbrüht hätten.
Klar kann man im Monkey King auch Burger mit Pommes essen. Und eigentlich setzte man anfänglich voll auf ein asiatisch angehauchtes Bulettenkonzept, wie mir ein aufgeschlossener Servicemitarbeiter im Gespräch verriet. Aber die angebotenen Dumplings und vor allem die Nudelsuppen liefen den asiatisch aufgemotzten Patties schnell den Rang ab.
Kein Wunder, kann sich doch die überwiegend chinesische Klientel an geschmorten Schweineohren, Hühnermägen oder Rinderpansen (auch als Toppings gegen einen geringen Aufpreis erhältlich) erfreuen. Asia-Läden, die eine solche Heimatküche bereithalten, sind in Karlsruhe und Umgebung rar gesät. Die Community aus dem fernen Osten dankt es dem „Affenkönig“ mit ihrer treuen Präsenz.
Die letzte Einkehr erfolgte vor gut einer Woche. Eine Radtour nach Karlsruhe endete im badischen Sommerregen. Anstatt den Lichtspielen im Schlosspark genossen wir Baozi, Teriyaki-Hähnchen mit fermentiertem Gemüse, Reis und Spiegelei (9,90 Euro) sowie gebratene Reisnudeln mit Rindfleischstreifen (10,90 Euro). Allein die selbstgemachte Teriyaki-Sauce, welche die saftige, in Stücke geschnittene Hähnchenkeule veredelte, machte das schlichte Schüsselgericht zu einem delikaten Umami-Erlebnis.
Bei meiner Nudelpfanne wurde auch nicht am Gemüse gespart. Frische Zwiebeln, Karotten und Sojasprossen tummelten sich neben Rindfleischstreifen, die auch ohne Weichmacher bestens auskamen. Nur gut, dass die inflationär verwendeten Peperoni-Stücke vom Schärfegrad her eher im unteren Scoville-Bereich angesiedelt waren. Vor dem auftretenden Rachenfeuer hatte mich nämlich schon die „Goreng-Göre“ beim Bestellvorgang gewarnt. Woraufhin ich um etwas mildere Würzung bat.
Klar naschten wir auch von den China-Crêpes, die mit verschiedenen Füllungen angeboten wurden. Den zusammengeklappten, im Omelette-Stil zubereiteten Pfannkuchen aus Reismehlteig, kleingehackten Frühlingszwiebeln und Ei (4,90 Euro in der Basis-Ausstattung) ließen wir uns mit geschmolzenem Käse (1 Euro extra) schmecken. Das süße Finale läuteten fünf frittierte, mit roter Bohnenpaste gefüllte Sesambällchen (3,90 Euro) ein. Diese hatte man auf einem Saucenspiegel aus gesüßter Kondensmilch platziert. Ein crunchig-mürber Abschluss, der von uns anstelle des leider ausgegangen Seidentofupuddings ruckzuck verputzt wurde.
Insgesamt handelt es sich beim Monkey King um eine wohlgewokte bzw. -gedämpfte Chinaküche abseits des süß-sauren Pfuschpfades. Auch die Rechnung entpuppt sich hier nicht zum berappenden Preis-Leistungs-Verhängnis. Wenn schon Asia-Imbiss, dann bitteschön so. Das Suffsortiment aus Plastik, die Bestellung an der Theke und das kitschige Interieur nehme ich bei diesem neuen „Tischlein-entdeck-mich“ gerne in Kauf. Dr. Dumpling empfiehlt: hingehen und durchprobieren!
Es geschah am hellichten Tag. Genauer gesagt an einem heißen Mittwochnachmittag. Die hohen Temperaturen hatten aus unserer Wohnung einen Schwitzkasten werden lassen. Der einzige verfügbare Ventilator im Haus war defekt, also wurde ich tätig. Ein Spontanbesuch in einem großen Kaufhaus für Elektroartikel sollte Abhilfe schaffen.
Dieses befand sich in der Karlsruher City. Nach dem eher glücklichen Erstehen des vorletzten Exemplares – es war ein leicht überteuertes Standgerät – musste der „Erfolg“ in Sachen zukünftiger Luftzirkulation mit einer mindestens genauso spontanen... mehr lesen
4.0 stars -
"Wer sich weder vom Namen noch vom Schnellimbiss-Interieur abschrecken lässt, den erwarten hier die derzeit besten Dumplings von ganz Karlsruhe" marcO74Es geschah am hellichten Tag. Genauer gesagt an einem heißen Mittwochnachmittag. Die hohen Temperaturen hatten aus unserer Wohnung einen Schwitzkasten werden lassen. Der einzige verfügbare Ventilator im Haus war defekt, also wurde ich tätig. Ein Spontanbesuch in einem großen Kaufhaus für Elektroartikel sollte Abhilfe schaffen.
Dieses befand sich in der Karlsruher City. Nach dem eher glücklichen Erstehen des vorletzten Exemplares – es war ein leicht überteuertes Standgerät – musste der „Erfolg“ in Sachen zukünftiger Luftzirkulation mit einer mindestens genauso spontanen
Geschrieben am 18.08.2019 2019-08-18| Aktualisiert am
18.08.2019
Besucht am 15.06.2019Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 55 EUR
Am Haardtrand bei Neustadt lässt es sich bekanntlich gut wandern. Wolfsburg, Hambacher Schloss, Kalmit oder Weinbiet sind allesamt beliebte Ausflugsziele, die nicht selten mit einer Einkehr kulinarisch verknüpft werden. Eine dieser klassischen Wanderungen führt von Neustadt-Hambach zum ca. 3 km entfernten Hohe-Loog-Haus, das mit deftigen Pfalztellern, gehaltvollen Hüttensuppen und leckeren Kuchen die hungrigen Hiker erfreut.
Und hätten wir nicht schon in dem Ende 2017 neu eröffneten, panasiatischen Restaurant Commami zwei Plätze reserviert gehabt, der Hohe-Loog-Teller mit Hausmacher Wurst bis zum Abwinken wäre definitiv eine Vesperoption gewesen. So sparten wir uns den Hunger auf, um erstmalig bei der „Reismutter“ („Com“ = Reis + „Mami“ = Mutter), wie die Geschäftsführerin und gebürtige Vietnamesin Thi Thu Hien Ho ihren Mix aus Sushi- und Indochina-Fusion-Restaurant nennt, einzukehren.
Das Commami gehört zusammen mit zwei Restaurants in Kaiserslautern (Mr. Lian Einsiedlerhof und Mr. Lian Schillerplatz) und dem gleichnamigen Ableger in Worms – dort schreibt man sich allerdings ComMami mit großem „M“ in der Mitte – einer vietnamesischen Gastrofamilie, die mit ihrem panasiatischen Konzept Erfolg zu haben scheint. Schon im September 2018 folgte auf das Neustadter Sushi-Lokal die Filiale in der Nibelungenstadt. Das erinnert doch stark an die nach nahezu gleichem Fusionsmuster arbeitende „Koza-Gang“, die sich von Haßloch über Landau bis nach Speyer ausgedehnt hat.
Und da steckt schon das eigentliche Grundproblem dieser NPGW (neuen panasiatischen Gastro-Welle). Kennt man eines dieser Restaurants, kennt man alle. Die mit viel Trockeneisnebel, bunten Saucenspritzern sowie panierten bzw. geflämmten Knuspermänteln kunstvoll arrangierten Rohfischplatten sehen im Grunde überall gleich schick aus. Auch die inflationär verwendeten Asia-Saucen schmecken alle wie aus der gleichen Quetschflasche gedrückt.
Ein derzeit angesagter Foodtrend „for a new generation“, zu dem auch die selbstgemachten Limonaden und Eistees passen. Und einer, der sich ganz nach dem Geschmack seines Publikums richtet. Ob das dann noch authentische Asiaküche ist, kann sich jeder selbst beantworten. Es soll leicht schmecken, hübsch aussehen und am besten noch ohne Fleisch (oder noch besser: vegan) daherkommen. Das suggeriert nicht nur Qualität, sondern lässt das schnelle Essen auch viel gesünder erscheinen. Wellness-Häppchen für den hippen Kulinarnomaden, der gestern noch sein trendiges Dasein im Bio-Burger-Laden um die Ecke fristete.
Genug gelästert. Sonst wird das Ganze hier noch eine Kolumne zum Thema „Zeitgeistküche“. Zurück zum Commami, das sich am Rande der Neustadter Innenstadt, direkt an der viel befahrenen Maximilianstraße (B 38) befindet. Die Parkplatzsituation ist in Neustadt sowieso nicht besonders prickelnd. In der Ecke findet man so gut wie gar nichts. Mein Tipp: den Wagen auf dem etwas weiter westlich gelegenen Parkplatz an der Rittergartenstraße oder in Bahnhofsnähe (inkl. kleinem Spaziergang durch die Fußgängerzone) abstellen. Neustadts Stadtkern ist ja Gott sei Dank recht übersichtlich angelegt.
Es war ein warmer Tag im Mai und nach kurzer Anmeldung im Inneren des Lokals (aufgrund der Reservierung), entschlossen wir uns, unter freiem Himmel zu speisen. Das war jedoch im Commami mit eingeschränkter Bequemlichkeit verbunden, da die zwischen Parkbänken und Weinfestgarnituren angesiedelten Sitzgelegenheiten für harte Verhältnisse sorgten. Insofern bestand unsere allererste Order in der Nachfrage nach ein paar Sitzkissen, der man mit zwei Decken – es gab scheinbar keine Kissen mehr – alternativ nachkam.
Nun, auch der Verkehrslärm von der Maximilianstraße und der Blick auf die stümperhaften Graffitis an den etwas in die Jahre gekommenen Mehrfamilienhäusern gegenüber lud nicht unbedingt zum dauerhaften Verweilen ein. Da saß es sich wahrscheinlich im schlicht-modern eingerichteten Gastraum schon deutlich besser. Egal, die Entscheidung zum Draußen-Essen war eh gefallen. Auch die Speisenkarten hatte unsere dauerfreundliche Bedienung aus dem fernen Osten schon vorbeigebracht.
Für den ersten Durst tat es das in (Pan-)Asialäden scheinbar beliebte Aqua Morelli, das man an seiner tiefblauen Flasche schon von weitem erkennt. Vielleicht purer Zufall, aber auch im Landauer Koza wird dieses nicht gerade besonders wohlschmeckende Mineralwasser italienischer Provenienz angeboten. Mit 5,50 Euro für die Flasche ist man dabei. Warum die Asiaten gerne italienisches Sprudelwasser ausschenken, erschließt sich mir zwar nicht, aber vielleicht kennt ja der ein oder andere GG-Fuchs die Zusammenhänge unseres Global-Food-Village. Ergänzend sei noch erwähnt, dass auch eine hausgemachte Limo mit Ingwer, Limette, Pfefferminzblätter und Rohrzucker (0,5 l für 4,90 Euro) von uns geordert wurde. Letztere mussten wir mittels Röhrchen aus dem obligatorischen Einmachglas zuzeln.
Der Speisezettel listet eine umfangreiche Auswahl. Edamame, Hühnerspieße und Sommerrollen – alles alte Bekannte in Sachen Vorspeisen. Ein paar Teigtaschen (Dim Sum), Lachs- bzw. Thunfischtartar sowie zwei Suppen (Kokos- und Fischsuppe) standen außerdem als Appetizer für den ersten Hunger bereit. Für Freunde des grünen Blattes wurden ein paar Asia-Salate mit Sesamdressing angeboten. Tempura-Garnelen und gegrillter Oktopus fanden sich dabei in exotisch klingenden Kombinationen wieder.
Der vietnamesischen Traditionssuppe Pho wurde in drei Varianten gehuldigt. Mit Tofu-, Hühnerfleisch- oder Rindfleischeinlage konnte man die mit Reisbandnudeln, Lauchzwiebeln, Sojasprossen und Koriandergrün veredelte Hühnerbrühe genießen. Wahlweise als Vor- oder Hauptspeisenportion. Auf den nächsten Seiten war die Auswahl an Hauptgerichten nachzulesen. Sowohl beim cremigen Kokos-Curry als auch bei der mit Kokosmilch verfeinerten Mango-Crème konnte die Einlage wie beim Schnellchinesen um die Ecke (Rind, Huhn, Tofu, Ente, Garnelen) selbst gewählt werden.
Gegrillte Roastbeefwürfel wurden als „Lucky Cube“ bezeichnet. Das mit Miso und Tamarindensauce servierte Rinderfilet erhielt den tiefsinnigen Namen „Black Tower“. Na hoffentlich lassen sie es nicht so lange im Ofen, wie der Namen vermuten lässt, war mein erster Gedanke. Plötzlich stand mit der „Paris Ente“ ein geradezu ambitioniert klingendes Gericht auf der an Entdeckungen doch recht armen Speisesammlung. Eine französische Grill-Ente wurde da auf hausgemachtem Maronenpüree mit Grillkürbis und Süßkartoffeln angeboten. Das klang mindestens genauso spannend wie Thunfisch-Tataki in Gewürzkruste oder mariniertes Rindfleisch auf lauwarmen Reisnudeln. Das restliche Angebot verlor sich in unterschiedlichsten Rohfischpreziosen. Diese reichten von einfachen Maki bzw. Nigiri über Inside Outs bis hin zu diversen Special Rolls. Ein reichhaltiges Programm, das uns die Entscheidung nicht gerade leicht machte.
Wir schafften es trotzdem. Vorneweg wagten wir uns an die beiden Suppen. Die „Fisherman’s Soup“ (4,90 Euro) meiner Verlobten hatte Lachs und Butterfisch als Einlage. Meine „Coco Soup“ wählte ich mit Garnelen (5,60 Euro). Beide hatten übrigens Kirschtomaten und Champignons in der Serienausstattung. Als kleines Zugeständnis an unsere Teigtaschenliebe bestellten wir die als „Steamy Pearl“ (4,90 Euro) bezeichneten Dumplings. Jene waren mit Garnelen und Gemüse gefüllt und wurden mit einer speziellen Soja-Sauce serviert.
Die Hauptgangfrage beantworteten wir mit einer „Crunchy Vegi“-Tempura-Roll (10,50 Euro) und einer als „Seascape“ (18,90 Euro) bezeichneten Komposition aus rohem Fisch und gekochten bzw. frittierten Garnelen, die mit Sushi-Reis, Guacamole und kleingehäckselten Cocktailtomaten serviert wurde.
Die beiden Suppen ließen nicht lange auf sich warten. Sie wurden zeitgleich mit den Dim Sum serviert. Beide waren in zeitgemäße Keramik gefüllt und dufteten vielversprechend. Die Fischeinlage der Fisherman’s Soup machte ihrem Namen alle Ehre. Neben Lachs- und Butterfischfetzen tummelten sich frisches Koriandergrün und Tomatenstücke in der leicht säuerlichen Brühe. Meine Kokossuppe war tadellos abgeschmeckt und bewegte sich im zurückhaltenden Schärfegrad. Aroma dank Currypaste – auf diese einfache Formel war auch hier Verlass.
Die Dumplings lagen neben Rettichschnipseln, Salatblättern und einer Schale mit Soja-Sauce im Bambuskorb. In der leicht süßlichen Sauce schwamm reichlich frischer Koriander. Über die mit Teriyaki-Sauce benetzten Teigtaschen hatte man geröstete Sesamkörner gestreut. Das war alles in allem ein ordentlicher Appetizer. Sicherlich keine frisch geformten „Har-Gow Deluxe“, aber auch keine Enttäuschung in Sachen TK-Krabbenknödel.
Nach dem gelungenen Start ließ man uns etwas Zeit zum Durchschnaufen, ehe die Hauptgänge aufgetragen wurden. Bei der vegetarischen Tempura-Roll hatte man es mit der Saucenverzierung etwas übertrieben. Da wurde drüber gespritzt, was die Quetschflaschen hergaben. Schade, dass man damit dem eigentlichen Protagonisten auf dem Teller jegliche Schau in puncto Geschmack stahl. Aber vielleicht hielt sich der bei der frittierten Veggie-Roll eh in Grenzen.
Mein aufgetürmtes Rohfischgebilde kam wohl auch gerade frisch aus der Teriyaki-Dusche. Hier bildeten Rettichstreifen und Salatschnipsel zusammen mit Wakame und Tomatenklein eine frische Basis, auf der es sich Sushi-Reis und Rohfischkonsorten gemütlich gemacht hatten. Dünn abgesäbelte Tranchen Thunfisch-, Lachs- und Jakobsmuschelsashimi lagen andächtig neben knusprigen, mit Pankomehl panierten Garnelenschwänzen sowie lediglich gekochten Vertretern ihrer Art. Das war genauso ansehnlich wie es gewöhnlich schmeckte. Nämlich in erster Linie nach der inflationär verspritzten süßlichen Sauce auf Sojabasis.
Lachs und Thunfisch hätte ich bei einer Blindprobe geschmacklich kaum unterscheiden können. Die crunchigen Garnelenschwänze profitierten von ihrem Fettgehalt und brachten noch am meisten Schmackes auf den Teller. Ihre gekochten Kollegen verweilten dagegen in gustatorischer Langeweile. Auch das geschmacksneutrale Jakobsmuschelfleisch sorgte eher für Gaumengähnen als für den ach so geliebten Kitzel. Das konnten die eingelegten Ingwerscheiben und die Wasabi-Knetmasse auch nicht ändern. In der Summe war das zwar ein recht ansehnlicher Fischhügel, aber vom Geschmack her eher unspektakulär. Passte aber irgendwie zur „mehr-Schein-als-Sein-Gesinnung“ hiesiger Panasiaten. Vielleicht hätte ich ja doch die französische Grill-Ente, für die es im Commami sogar einen speziellen Ofen gibt, erstehen sollen.
Grundsätzlich ist gegen diese Art der schnelleren Nahrungsaufnahme gar nichts einzuwenden. Schließlich konkurriert man nicht mit kulinarisch unterbelichteten Fast-Food-Läden und ollen Imbissbuden. Dafür sind auch die Preise zu ambitioniert. Aber trotz frischer Zutaten, Glutamatverzicht, Ölreduzierung und verstärktem Kräutereinsatz bewegt man sich bei all diesen asiatischen Fusionsküchen geschmacklich kaum von der Stelle und bleibt damit vor allem eines, nämlich austauschbar.
Dass diese Läden trotzdem so en vogue sind, liegt in erster Linie an ihrem zeitgeistigen Gastrokonzept. Für mich werden sie hingegen mit jedem Besuch immer uninteressanter, da der Reiz des Neuen mittlerweile verblasst ist und bei den Gerichten nicht der Geschmack, sondern eher das Aussehen bzw. die Anrichtung im Vordergrund stehen. Die geschäftstüchtige Idee, die verschiedensten Neigungen der Gäste unter einen Hut zu bringen, bewirkt am Ende einen mittelmäßigen Mischmasch, der zwar gekonnt in Szene gesetzt wird, am Gaumen aber über weite Strecken versagt. Irgendwie nicht Fleisch und noch weniger Fisch. Für einen Sushiladen eigentlich ein K.o.-Kriterium. Man darf also gespannt sein, in welche Richtung sich dieser Food-Trend entwickelt.
Am Haardtrand bei Neustadt lässt es sich bekanntlich gut wandern. Wolfsburg, Hambacher Schloss, Kalmit oder Weinbiet sind allesamt beliebte Ausflugsziele, die nicht selten mit einer Einkehr kulinarisch verknüpft werden. Eine dieser klassischen Wanderungen führt von Neustadt-Hambach zum ca. 3 km entfernten Hohe-Loog-Haus, das mit deftigen Pfalztellern, gehaltvollen Hüttensuppen und leckeren Kuchen die hungrigen Hiker erfreut.
Und hätten wir nicht schon in dem Ende 2017 neu eröffneten, panasiatischen Restaurant Commami zwei Plätze reserviert gehabt, der Hohe-Loog-Teller mit Hausmacher Wurst bis zum... mehr lesen
Commami
Commami€-€€€Restaurant06321 8906775Strohmarkt 12, 67433 Neustadt an der Weinstraße
3.0 stars -
"Saucengrüße aus der Quetschflasche! – Angesagter Panasiate, der neben Sushi und Pho auch ein paar bemerkenswerte Hauptgerichte bereithält, aber sonst allen gängigen Fusionsklischees entspricht" marcO74Am Haardtrand bei Neustadt lässt es sich bekanntlich gut wandern. Wolfsburg, Hambacher Schloss, Kalmit oder Weinbiet sind allesamt beliebte Ausflugsziele, die nicht selten mit einer Einkehr kulinarisch verknüpft werden. Eine dieser klassischen Wanderungen führt von Neustadt-Hambach zum ca. 3 km entfernten Hohe-Loog-Haus, das mit deftigen Pfalztellern, gehaltvollen Hüttensuppen und leckeren Kuchen die hungrigen Hiker erfreut.
Und hätten wir nicht schon in dem Ende 2017 neu eröffneten, panasiatischen Restaurant Commami zwei Plätze reserviert gehabt, der Hohe-Loog-Teller mit Hausmacher Wurst bis zum
Besucht am 11.05.2019Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 53 EUR
Gemäß dem Motto „Wenn nicht jetzt, wantan?“ hat es uns in kulinarischer Hinsicht in die Mannheimer „Bronx“ verschlagen. Es geschah an einem Samstagabend im Mai. Den vorhochzeitlichen Einkaufsbummel hatten wir erfolgreich überstanden, da kam uns das seit Mitte Februar dieses Jahres eröffnete Street-Food-Lokal in den Sinn. Unsere Freunde vom Ilbesheimer Hubertushof hatten uns schon davon berichtet. Der Thai zum hemmungslosen „Drauflosbestellen“ und freundschaftlichen „Miteinanderteilen“ wäre zudem sehr hübsch eingerichtet und die Servicemädels würden ihre Sache mit Bravour erledigen. Klar, dass ich da zum Handy griff und einen Tisch für zwei am frühen Abend reservierte.
In den Räumlichkeiten des ehemaligen Flora, einer gutbürgerlichen Beiz, die ihr Gaststättendasein vor dem Einzug des SOI 39 noch einige Zeit als Ristorante fristete, ist seit einem halben Jahr die Thailänderin Visnee Lips mit ihrem Team beheimatet. Im gleichen Anwesen residiert übrigens auch seit vielen Jahren der Gesangverein Flora 1872 e.V. Mannheim. Sicherlich kein Zufall, dass deren Chorprobe an einem Ruhetag stattfindet. Dass in seinem „Vereinsheim“ nun thailändisches Street Food kredenzt wird, ist mindestens genauso verwunderlich wie sein eigenwilliger Name oder der enorme Aufwand, der betrieben wurde, um das Lokal komplett umzugestalten.
Vergleicht man alte Aufnahmen (sind noch auf TA einsehbar) des Gastraumes mit dem neu konzipierten Interieur des SOI 39, fragt man sich, ob das tatsächlich der gleiche Ort des Geschehens ist. Hinter der altehrwürdigen Sandsteinfassade verbirgt sich nämlich ein unglaublich lässig eingerichtetes Thai-Restaurant, dessen Ambiente sich irgendwo zwischen Retro und Heimatliebe einordnen lässt. Wie geschickt hier alte Elemente der früheren Gastwirtschaft in das neue Design integriert wurden, lässt sich beispielsweise an den zum Großteil erhaltenen Holzvertäfelungen aus alten Gasthaustagen erkennen.
Dort wo sich früher der Ausschanktresen befand, wurde eine offene Küche installiert. Eingerahmt von Holzregalen mit Unmengen von Geschirr, Kochutensilien und anderen Devotionalien asiatischer Provenienz kocht dort die Mutter von Visnee Lips nach alten Familienrezepten. Man sitzt recht unbequem auf sperrigen Holzstühlen, deren Komfort sich auf ein dünnes Polsterkissen beschränkt. Für das absolute Street-Food-Feeling stehen Holzbänke bzw. Hocker aus Plastik zur Verfügung. Selbst die recht unprätentiös wirkenden, blanken Holztische unterscheiden sich von ihrer Machart und ihrem Aussehen. „Bloß kein einheitlicher Stil, bitte!“, verkündet jeder Winkel des mit ganz viel Detailliebe ausstaffierten Gastraums.
Neben der thailändischen Königsfamilie ist es die eigene Geschichte, der mit gerahmten Bildern gehuldigt wird. Quietschbunte Plastikhauben schützen die darunter wartenden Scharfmacher (Soßen zum Nachwürzen) vor insektenartigen Einflüssen. Das Besteck befindet sich zusammen mit ein paar Servietten in einer Blechdose. Ansonsten tut der farblich zur Schutzhaube abgestimmte Serviettenspender (natürlich auch aus Kunststoff) gute Dienste. Ein paar tiefe Teller komplettieren die ansonsten recht schlichte Tischlandschaft.
Man steht auf hellem Fliesenboden, der sich gut von der grünen Wellblechverkleidung des Theken- und Küchenbereichs absetzt. Die aus Holzquadraten bestehende, aufgehängte Zellrasterdecke vermittelt ein Gefühl von Geräumigkeit und wirkt sich positiv auf die Akustik im Raum aus. Daneben baumelt hier so einiges von der Decke. So fallen einem die klobigen Kugelleuchten über dem Ausschanktresen sofort ins Auge.
Weiter hinten, im ehemaligen Raucherzimmer, dessen raumtrennende Holztürkonstruktion man erhalten hat, deutet nur das Schild mit der Aufschrift „Nebenzimmer“ auf seine frühere Bestimmung hin. Heute ist dieser Raum, der mit viel Topfgrün und trendigen Hängeleuchten ausgestattet wurde, Teil des offenen Gesamtkonzepts und wird mit fünf zusätzlichen Tischen genutzt.
„SOI“ ist übrigens der thailändische Name für eine kleine Gasse, die von der Hauptstraße abzweigt. In der namensgebenden „SOI 39“ wohnt übrigens die Tante aus Bangkok, welche von der Familie gerne als Zwischenstopp nach dem langen Flug aufgesucht wird, um dann in ihre Heimatstadt Buri Ram im Nordosten des Landes weiterzureisen. Das erklärt auch die Existenz des einem Straßenschild nachempfundenen Aufstellers mit dem Namen des Lokals, der nur eines von vielen an die thailändische Heimat erinnernden Einrichtungsaccessoires darstellt.
Die Servicedame, die uns an diesem frühen Abend bedient, kommt definitiv aus dem Land des Lächelns. Sie umsorgte uns mit einer Herzlichkeit, wie man sie in den meisten Teutonentempeln leider vermisst. Und auf Zack war sie auch. Das kleine Ringbuch mit den darin gelisteten Speisen und Getränken ließ nicht lange auf sich warten.
Erfreulich schlank präsentierte sich das Speisenprogramm. Hier wurden nicht undefinierbare Fleischfetzen vom Schwein, Huhn oder Rind bzw. TK-Garnelen und Auftau-Pangasius mit etwas Alibi-Gemüse versehen und dann in verschiedenen Curryfarben und Schärfegraden „zurechtgewokt“. Ganz im Gegenteil. Man startete mit einer kleinen Auswahl an Snacks, die allesamt schon mal sehr appetitlich klangen. Kleine Reispfannkuchen mit China-Schnittlauch-Füllung, knusprig frittierter Wasserspinat im Teigmantel und hausgemachte Thai-Würstchen habe ich so noch nicht auf den Speisezetteln der einschlägigen Thaibuden ausmachen können.
Auch die Auswahl an Hauptgerichten war sehr übersichtlich. Die auf heißer Platte servierten Reisnudeln („Pad Thai Mä Jeaw“), die es auf Wunsch auch in der Vegan-Variante gegeben hätte, klangen vielversprechend. Auch die im Feuertopf brodelnde Tom Yam Gung für zwei Personen und der lauwarme Hühnchensalat namens „Laab Gai“ hatten durchaus Bestellpotenzial. Ein Blick auf die Tagesempfehlung machte mir die Entscheidung leichter. Gebratenes Buntbarschfilet mit hausgemachter Süß-Sauer-Sauce, Frühlingszwiebeln und Reis (14,90 Euro) stand auf einer kleinen Schiefertafel neben der Eingangstür. Keine Frage, auf den Fisch fiel mein Votum.
Meine Verlobte entschied sich ganz klassisch für das einzige Currygericht auf der Karte. Ihr Panaeng Curry (11,50 Euro) aus der nordthailändischen Küche wurde mit geschmortem Rindfleisch, Thai-Basilikum, Peperoni- und Bergamotte-Streifen zubereitet. Die Portion Jasmin-Duftreis (2 Euro) musste zusätzlich bestellt werden. Vorweg sollten es ein paar asiatische Gaumenkitzler sein. Mit dem frittierten Wasserspinat „Morning Glory“ (6,50 Euro) und der Thaiwurst „Sai Krok Isan“ (6,90 Euro) wollten wir dem ersten Hunger begegnen.
Als Getränke wurden eine Flasche Mineralwasser „Alwa Classic“ (0,75l für 4,80 Euro), ein hausgemachter thailändischer Eistee (0,4l für 4 Euro) sowie eine Pfütze Riesling vom VDP-Weingut Meßmer aus der Pfalz (0,1l für 3 Euro) geordert. Zu diesem Weingut scheint die Inhaberin Visnee Lips einen guten Draht zu haben, da sie alle ihre Weine von dort bezieht. Das Weingut wird auf der Homepage als Partner genannt und sogar dessen Webseite wurde verlinkt. Da würde es mich nicht wundern, wenn beim nächsten Hoffest in Burrweiler plötzlich Street Food aus Thailand zu den VDP-Kreszenzen serviert wird.
Der auf Schwarzteebasis hergestellte Eistee hatte eine angenehm herbe Säure. Gut, dass man sich mit der Zugabe von Zucker etwas zurückgehalten hatte. Ein frischer Sommerdrink, der da gut gekühlt den Durst linderte. Auch über den trockenen Riesling konnte man nichts sagen. Nur dass mir die 3 Euro für gerade mal 10cl etwas stramm bepreist erschienen.
Die Vorspeisen waren ideal zum Teilen. Auf einem bunten Teller lagen sechs nahezu kugelförmige Thaiwürste. Die leicht säuerlich schmeckende, fermentierte Wurstspezialität aus den nordöstlichen Provinzen Thailands namens Sai Krok Isan war hausgemacht und wurde ganz traditionell zusammen mit Ingwerstückchen, einer Chilischote und rohen Kohlblättern serviert. Futterte man die mit feiner Knoblauchnote versehenen Wurstkugeln zusammen mit den gereichten Beigaben, ergab das ein durchaus stimmiges Geschmacksbild, das zwischen säuerlicher Würze und frischer Schärfe changierte. Da brauchte es auch keinen Dip-Saucen-Boost. Das schmeckte auch so richtig fein.
Der Thai-Wasserspinat mit dem wohlklingenden Namen „Morning Glory“ bestand in erster Linie aus einer knusprig frittierten Tempurahülle, die mit leicht triefender Fettunterstützung dennoch für glänzende Laune sorgte. Nach was genau nun der Thai-Wasserspinat eigentlich geschmeckt hat, kann ich nicht sagen. Die Knusperhülle ließ dies leider nicht zu. Mit der süß-sauren Sauce hat der Frittierspinat aber gut harmoniert. Außerdem war ja „Sharing is caring“ unser Motto, so dass sich der recht hohe Fettanteil des Gerichts auf zwei Personen verteilte.
Meine Vorliebe für panierten Fisch hatte sich scheinbar selbst in der Mannheimer Neckarstadt herumgesprochen. Genau in diesem Zustand wurde mir nämlich das saftige Buntbarschfilet serviert. Wie ein „Phönix aus der Pfanne“ badete dieser in einer wunderbar aromatischen Süß-Sauer-Sauce, die keine Spur nach der sonst üblichen Fertigplörre aus der Glasflasche schmeckte. Chili-, Karotten- und Frühlingslauchschnipsel komplettierten dieses verdammt süffige Fischgericht, das trotz seiner Einfachheit für so viel Gaumenspaß sorgte.
Auch das im Emaille-Topf dargebotene Panaeng Curry meiner Verlobten konnte geschmacklich komplett überzeugen. Sie attestierte der aromatischen Kokossauce eine wohltuende Chili-Schärfe. Ihrem fast schon unverschämt intensiven Duft nach Thaibasilikum konnte selbst ich mich nicht entziehen. Von Koriander und Galangawurzel wurde bei der Herstellung der Curry-Paste anscheinend regen Gebrauch gemacht. Für die leichte Limonenfrische war wohl der Abrieb der Kaffir-Limette verantwortlich.
Das war nicht einfach mal so schnell „dahingewokt“, sondern mit guten Basiszutaten und ohne den Einsatz von Verstärkern aus der Tüte ehrlich zubereitet. Selbst das geschmorte Rindfleisch, das hier gänzlich ohne Weichmacher auskam, hatte noch seinen typischen Geschmack. Hier wurde nichts bis zur Unkenntlichkeit niedergekocht und in einer pampigen Curry-Sauce ertränkt. Ganz im Gegenteil. Mit einem feinen Gespür für die richtige Würze wurde aus simplen Zutaten ein sehr delikater Thai-Klassiker gezaubert.
Bei nahezu jeder Google-Bewertung, die ich über das SOI 39 las, fiel der Begriff „authentisch“, wenn es um die Beschreibung der tailändischen Gerichte ging. Nun, ich war vor einigen Jahren selbst einmal in Thailand. Eine Garküche habe ich dort nie besucht, da mir das Essen auf der Straße weder besonders gemütlich noch hygienisch vertretbar (was wahrscheinlich Quatsch war…) erschien. Deshalb maße ich mir auch nicht an, dies zu beurteilen. Aber eine willkommene Abwechslung zu den üblichen Verdächtigen in Sachen Thaikost stellt dieses Street-Food-Lokal zweifellos dar. Und über den kulinarischen Gewinn, den diese importierten Essgewohnheiten mit sich bringen, kann man ohnehin nur dankbar sein. Mit einem Wort: bereichernd!
Gemäß dem Motto „Wenn nicht jetzt, wantan?“ hat es uns in kulinarischer Hinsicht in die Mannheimer „Bronx“ verschlagen. Es geschah an einem Samstagabend im Mai. Den vorhochzeitlichen Einkaufsbummel hatten wir erfolgreich überstanden, da kam uns das seit Mitte Februar dieses Jahres eröffnete Street-Food-Lokal in den Sinn. Unsere Freunde vom Ilbesheimer Hubertushof hatten uns schon davon berichtet. Der Thai zum hemmungslosen „Drauflosbestellen“ und freundschaftlichen „Miteinanderteilen“ wäre zudem sehr hübsch eingerichtet und die Servicemädels würden ihre Sache mit Bravour erledigen. Klar, dass... mehr lesen
SOI 39 | Thai Street Food
SOI 39 | Thai Street Food€-€€€Restaurant, Catering062143731029Lortzingstraße 17-19, 68169 Mannheim
4.0 stars -
"„Nik scharf, nik gut? Von wegen!“ – Neuer Thai in der Neckarstadt-West, der trotz kleiner Auswahl, einen hohen Teilfaktor garantierte und unseren Geschmackshorizont erweiterte" marcO74Gemäß dem Motto „Wenn nicht jetzt, wantan?“ hat es uns in kulinarischer Hinsicht in die Mannheimer „Bronx“ verschlagen. Es geschah an einem Samstagabend im Mai. Den vorhochzeitlichen Einkaufsbummel hatten wir erfolgreich überstanden, da kam uns das seit Mitte Februar dieses Jahres eröffnete Street-Food-Lokal in den Sinn. Unsere Freunde vom Ilbesheimer Hubertushof hatten uns schon davon berichtet. Der Thai zum hemmungslosen „Drauflosbestellen“ und freundschaftlichen „Miteinanderteilen“ wäre zudem sehr hübsch eingerichtet und die Servicemädels würden ihre Sache mit Bravour erledigen. Klar, dass
Geschrieben am 29.07.2019 2019-07-29| Aktualisiert am
30.07.2019
Besucht am 10.05.2019Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 47 EUR
Es gibt Lokale, die liegen einem besonders am Herzen. Ein solches ist die Weinstube Alte Kelter im beschaulichen Örtchen Mörzheim bei Landau. Vier Jahre ist es her, dass ich zum ersten Mal über dieses Kleinod etwas abseits der einschlägigen Pfälzer Touristenpfade berichtet habe. Viel getan hat sich seither nicht. Dennoch kann ein kleines Update nie schaden. Also rauf aufs Rad und ab nach Mörzheim zum Günther!
Trotz ihrer etwas versteckten Lage in der Haufenstraße, die auch mit der Endung „-gasse“ gut bedient wäre, erfreut sich die Traditionsweinstube einer großen Beliebtheit. Auch die Badenser wissen, wo sich die guten Pfälzer Einkehradressen befinden und mischen sich gerne unter das Südpfälzer Regionalpublikum. Im Falle der Alten Kelter ist das – sieht man einmal vom Freitagabend ab – leider nur am Wochenende möglich. Ihren Straußwirtschaftscharakter hat sich die behaglich eingerichtete Wein- und Schmankerlstube nämlich bis heute bewahrt.
In meinem ersten Kelter-Report habe ich mich ausführlich über die namensgebende Weinpresse aus dem Jahr 1711 und das ganze Drumherum ausgelassen. Auch über die gutseigenen Weine, die hier nach wie vor zu sehr moderaten Preisen glas-, schoppen- oder flaschenweise unter das durstige Volk gebracht werden, habe ich bereits berichtet. Bis auf ein paar behutsame Preisanpassungen hat sich weder das Getränke- noch das Speisenangebot in irgendeiner Weise geändert. Ach, wie schön, dass es noch kulinarische Konstanten gibt!
Wir stellten unsere Räder im beschaulichen Innenhof ab und traten ein. Ein paar Jährchen waren seit meinem letzten Besuch ins Land gegangen, was dem Patron ein herzliches „Grüß dich, dich häwwich do jo schun ewich nimmie g’sääne!“ entlockte. Nach seinem vertrauten „Suchen eich än scheene Platz aus, ich bän gleich bei eich“ machten wir es uns in der ehemaligen Stallung gemütlich.
Günther Becker, der nach wie vor das Gespräch mit seinen Gästen pflegt und die sechs Tische in seiner Weinstube in der Manier eines Wirts der alten Schule „abklappert“, hat mittlerweile jugendliche Verstärkung bekommen. So kann der Herr des Hauses sich auch gerne mal festquatschen, ohne dass gleich jemand am Nachbartisch verdurstet.
Kurz darauf stellte sich ein junger Servicenovize namentlich vor und händigte uns das hinter Klarsichtfolie gehaltene Speisen- und Getränkeangebot aus. Diverse kalte Vespereien (z.B. die Hausmacherplatte), eine gute Handvoll Käsevariationen (u.a. Münsterkäse mit Senfsoße), ein halbes Dutzend Pfälzer Hausspezialitäten (Winzersteak, Rumpsteak, Pfälzer Teller) und ein paar deftige Hausklassiker (die „Toast-Hawaii-Legende“ lebt weiter…) standen als gehaltvolle Weinbegleiter bereit. Im Schnitt ein, zwei Euro teurer als vor 4 Jahren, aber alles im inflationskompatiblen Bereich.
Die Flasche Mineralwasser von Gerolsteiner war für vernünftige 3,50 Euro zu haben. Ein Viertel vom Spätburgunder (4 Euro) für die Dame und eines vom Grauburgunder (4,20 Euro) für den Durst des Weißweinverstehers an diesem Abend.
Die junge Dame am Tisch bestellte ganz entgegen ihrer üblichen Gepflogenheit keinen gebackenen Schafskäse - eigentlich ihr Standardgericht in Pfälzer Weinstuben - , sondern entschied sich für eine Portion “Weiße Kees“ (7 Euro), wie man bei uns den mit Zwiebeln und Schnitt- bzw. Frühlingslauch gereichten Quark nennt. Dazu passend sollten es ein paar Pellkartoffeln (3,50 Euro) als Beilage sein.
Mir war an diesem Abend nach einem kurz vor medium gebratenen Rückenstück von meinem Lieblingsweidetier. Das 250g-Rumpsteak war in der Zwiebelversion als auch mit Kräuterbutter erhältlich. Ein Beilagensalat war für den Preis von 17,50 Euro inklusive. Für die dazu bestellten Bratkartoffeln wurden 4 Euro extra berechnet. Um mich in puncto Antrieb auf dem Rückweg mit dem Rad nicht zu übervorteilen, wählte ich ganz brav das Faux-Filet „en nature“. Ich bat lediglich um etwas Bratensoße, damit es besser rutschen möge.
Der Grauburgunder verdunstete derart schnell, dass ich um ein zweites Viertel nicht herumkam. An unserem Tisch wurde es indes etwas lebhafter, denn zwei befreundete Pärchen aus der näheren Umgebung, allesamt schon jenseits der 60, gesellten sich zu uns. Damit muss man in einer Pfälzer Weinstube immer rechnen. Das „Table-Sharing“ wurde schließlich in unserer Region erfunden. Es entwickelte sich ein netter Plausch über Wein und gutes Essen. Kein Wunder, dass da auch der von unseren Freunden betriebene Hubertushof im benachbarten Ilbesheim erwähnt wurde. Die älteren Herrschaften kannten sich aus.
Schon der Beilagensalat war ein erstes schmackhaft angemachtes Statement in Sachen Produktfrische. Schön knackig, mit feiner Essignote und würzigen Frühlingszwiebeln – kurzum: ein belebender Auftakt nach Maß. In einer stattlichen Steingut-Terrine verbarg sich eine feiste Portion Weißer Käse, der ganz klassisch mit Pfeffer, Salz und etwas Paprikapulver gewürzt war. Kleingehackte Zwiebeln und Frühlingslauch wurden separat dazu serviert. Genau wie die drei mächtigen Pellkartoffeln, die in einer gesonderten Steingutschüssel vor sich hin dampften. Da hatte sich die Jüngste am Tisch ganz schön was vorgenommen.
Fast schon asketisch mutete dagegen das saftige Rumpsteak mit Fettrand an, das im gewünschten Gargrad auf meinem Teller landete. Die Bratkartoffeln waren über jeden Butterschmalzzweifel erhaben und kamen geschmacklich nah an die Referenz-Gebreedelde aus der Weinstube Jülg (Schweigen) heran. Der Begriff „Salz“ schien in der Alten Kelter kein Fremdwort zu sein und das tat meinen „Grumbeeren“ sehr gut. Ich tunkte sie genüsslich in die zusätzlich georderte „Braadesooß“, die nicht auf der Rechnung erschien.
Nach diesen ehrlich zubereiteten Portionen Pfälzer Heimatkost waren unsere Akkus wieder voll, um auch ohne „E“ den Hügel in Richtung Appenhofen angehen zu können. Natürlich setzte sich Günther Becker an diesem Abend auch zu uns an den Tisch. Ein echtes Original, mit dem man herrlich „drufflos babble“ kann und der mit seiner geselligen Art überall gut ankommt.
Gut ankommen ist in der Alten Kelter nicht schwer. Die Weine aus dem eigenen Anbau sind grundsolide und gehen selbst durch die Zugabe von Mineralwasser (auf Deutsch: Sprudel) nicht kaputt – im Gegenteil manche verlängern dadurch sogar ihre Existenz im Glas.
Solche urigen Weinschenken werden leider immer seltener, da sich ihre passionierten Betreiber in den Ruhestand verabschieden und schlichtweg der Nachwuchs fehlt. Um diese traditionelle Dialektstube mit Genussgarantie wäre es besonders schade.
Denn: „der gute Gott hat nicht gewollt, dass edler Wein verderben sollt. Drum hat er uns nicht nur die Reben, nein auch den nöt’gen Durst gegeben!“
In diesem Sinne: „Prost, Günther!“
Es gibt Lokale, die liegen einem besonders am Herzen. Ein solches ist die Weinstube Alte Kelter im beschaulichen Örtchen Mörzheim bei Landau. Vier Jahre ist es her, dass ich zum ersten Mal über dieses Kleinod etwas abseits der einschlägigen Pfälzer Touristenpfade berichtet habe. Viel getan hat sich seither nicht. Dennoch kann ein kleines Update nie schaden. Also rauf aufs Rad und ab nach Mörzheim zum Günther!
Trotz ihrer etwas versteckten Lage in der Haufenstraße, die auch mit der Endung „-gasse“ gut... mehr lesen
Weinstube Alte Kelter
Weinstube Alte Kelter€-€€€Weinstube06341 31551Haufenstraße 22, 76829 Landau in der Pfalz
4.5 stars -
"In Günther Beckers heimeliger Dialektstube ist noch keiner verdurstet – und verhungert erst recht nicht!" marcO74Es gibt Lokale, die liegen einem besonders am Herzen. Ein solches ist die Weinstube Alte Kelter im beschaulichen Örtchen Mörzheim bei Landau. Vier Jahre ist es her, dass ich zum ersten Mal über dieses Kleinod etwas abseits der einschlägigen Pfälzer Touristenpfade berichtet habe. Viel getan hat sich seither nicht. Dennoch kann ein kleines Update nie schaden. Also rauf aufs Rad und ab nach Mörzheim zum Günther!
Trotz ihrer etwas versteckten Lage in der Haufenstraße, die auch mit der Endung „-gasse“ gut
Geschrieben am 26.07.2019 2019-07-26| Aktualisiert am
26.07.2019
Besucht am 28.04.2019Besuchszeit: Mittagessen 7 Personen
Die fortschreitende „Panasiatisierung“ in der Gastroszene macht auch vor der Fächerstadt Karlsruhe nicht halt. Und in der Regel sind es Asia-Ketten, die emsig ihr erfolgreiches Fusion-Konzept verbreiten. So besuchte ich Ende letzten Jahres das direkt neben dem ZKM (Zentrum für Kunst und Medien) eröffnete Taumi, dessen trendig-urbaner Küchenmix in erster Linie auf vietnamesischen Streetfoodklassikern und japanischen Rohfischkreationen basierte. Ähnliches erwartet einen auch im Soki Garden.
Was für die einen ein völlig „overhypter“ kulinarischer Trend ist, der gar nicht schnell genug wieder verschwinden sollte, ist für andere eine bereichernde Alternative zum sich inflationär verbreitenden „Burgertum“ und den lustlos vom Drehspieß abgesäbelten Fleischschnipseln mehr oder minder vertrauenswürdiger „Kebaptisten“. Wem scharfrote Currywürste den Rachen verätzen und totfrittierte Falafelbällchen auf den Magen schlagen, dem bleibt fast nur noch der Griff in die Bento-Box. Oder er landet beim Panasiaten.
In meinem Fall war es eine Einladung anlässlich des Geburtstags meines Vaters, die mich an einem Sonntagmittag erstmalig in das seit Februar 2018 existierende Lokal führte. Das im Karlsruher Zentrum beheimatete Lokal ist der trendig aufpolierte Nachfolger der ehemaligen „Asia Dynasty“. Für Leute, die mit dem Auto anreisen, entspannt ein Parkhaus in unmittelbarer Nähe die Suche nach einem Abstellplatz für den Viertürer.
Hat man sich erst einmal durch die von etlichen Baustellen strapazierte City gekämpft und den Boliden fachgerecht verparkt, ist man erstaunt, wie beschaulich es in der zwischen Passagehof, Kaiserpassage und Waldstraße gelegenen Fressmeile zugeht. Und spätestens beim Anblick des unechten, rosafarbenen Blütentraums vor der Asia-Schenke, weht ein Hauch von Hanami durch den Karlsruher Hinterhof.
Doch wir konnten Ende April noch nicht unter dem falschen Kirschbaum feiern, dafür war das Wetter noch zu unbeständig. Als wir zu dritt das Soki Garden betraten, hatte es sich der Ettlinger Teil der Familie bereits an einer langen Tafel in dem mit viel Liebe fürs Detail eingerichteten Gastraum gemütlich gemacht. Ich blickte auf ein hübsch dekoriertes Holzregal, das die indirekt angestrahlte Wand mit unterschiedlichsten Flaschen Reiswein und anderen Nippon-Accessoires verzierte. Das Ganze wirkte auf mich wie ein überdimensionierter Setzkasten, der von seiner Struktur her gut zu den kantigen Raumteilern passte.
In dem großzügig angelegten Speisesaal saß man äußerst kommod auf bequem gepolsterten Schalensesseln, die um einfache Bistrotische mit heller Holzplatte standen. Auf der anderen Seite des Gastraums quoll derweil üppiges Grün von der Wand. Alles sehr geschmackvoll in Szene gesetzt und von entsprechenden Deckenstrahlern ins rechte Licht gerückt. Ein ausgeklügeltes Beleuchtungskonzept, zu dem auch mächtige Hängeleuchten und dimmbare Leuchtleisten gehörten und das die Atmosphäre am Abend sicher positiv beeinflusst.
Von dunklem Laminatboden und dunkelgrau gestrichener Decke nüchtern eingerahmt, saßen wir zeitgemäß-schick zwischen Bonsai- und Bambusgrün. Unterschiedliche Ebenen und mehrere raumteilende Elemente wirkten dem Hallencharakter entgegen und verliehen dem saalartigen Speiseraum ein gewisses Maß an Gemütlichkeit. Es gab kein Grund, sich hier nicht wohlzufühlen. Wie der Geräuschpegel wohl ausfallen möge, wenn der Laden am Abend komplett gefüllt ist, wollte ich mir zu dieser frühen Stunde gar nicht ausmalen. Ich genoss lieber die entspannte Atmosphäre an diesem Sonntagmittag. Sah man von unserem Tisch einmal ab, herrschte im Soki Garden noch gähnende Leere.
Der Service agierte geschäftstüchtig freundlich. Man bediente uns ohne nennenswerte Ausreißer nach oben und nach unten. Als erste Gäste des Tages bekamen wir zügig die Speisenkarten gereicht. Nach angenehmer Einlesezeit, durfte dann auch zeitnah geordert werden. Dabei wurden Rückfragen ebenso routiniert beantwortet wie die Bestellungen der sieben Personen an unserem Tisch ins Tablet getippt.
Nun, die Auswahl an Asia-Gerichten war riesig. Los ging es mit diversen Suppen, Frühlingsrollen, Teigtaschen und anderen Appetitanregern vorweg. Außerdem tummelten sich verschiedene Salate, Reisnudelsuppen und Vietnam-Bowls mit dünnen Reisfadennudeln auf dem reichhaltigen Speisezettel. Rotes Curry, knusprige Ente in Erdnusssoße sowie Surf & Turf waren als besondere Empfehlungen gelistet. Sushi, Sashimi, Tataki und Co. ließen im Anschluss daran die Wahl endgültig zur Qual werden. Ich gehöre zwar nicht zu den anonymen Entscheidungsneurotikern, aber allein schon diese enorme Palette an Gerichten turnte mich latent ab.
Ich verzichtete deshalb auf eine Vorspeise und begnügte mich mit einem Tataki vom fetten Thunfischbauch (Toro), der nur kurz den Teppanyaki-Grill gesehen hatte und mit spezieller Sesam-Soße übergossen wurde. Um mich herum gönnte man sich die ein oder andere Suppe, die aromatisch zu mir herüber duftete. Die pikante, mit Champignons, Kräutern und Tamarinde verfeinerte Garnelensuppe stahl der Kokosmilchbrühe mit Tofu eindeutig die Schau. Daran konnte auch die hübsch gesprenkelte Keramikschale nichts ändern.
Aufgrund des familiären Anlasses habe ich auf das Ablichten der Speisenkarte verzichtet. Ich wollte das Handy-Geknipse am Tisch so gering wie möglich halten und verließ mich – was das Angebot an Ess- und Trinkbarem anging – auf eine aufschlussreiche Online-Recherche. Tatsächlich ist das Speiseprogramm des Soki Garden auf deren Webseite im Pdf-Format hinterlegt, allerdings ohne Preisangabe. Und da es eine Einladung war, ging auch die Rechnung an mir vorüber.
Eine genaue Auskunft zum Preisniveau kann ich daher nicht leisten. Jedoch kamen mir beim Durchblättern der Karte die zu entrichtenden Beträge recht sportlich, wenn auch nicht abgehoben vor. Vielleicht lag dies an der schicken Umgebung und dem offenkundigen Hipness-Faktor, der sich in preislichen Aufschlägen manifestierte. Aber das kennt man ja auch von anderen Panasiaten (Koza, Taumi und Konsorten) der näheren Umgebung.
Mein Vater hatte es nach verputzter Suppe mit einem Roten Curry zu tun. Aus den Tiefen seines Tellers kündete reichlich Gemüse von vegetabilem Wareneinsatz. Kleingeschnippelte Zucchini, Aubergine, Paprika, Champignons, grüne Bohnen und helle Stücke gebratenen Hühnerfleisches konnte ich in der nach Zitronengras duftenden Kokos-Sauce ausmachen. Da hatte mein Vater mit der Wahl eines Thai-Klassikers die gesamte Japan-Vietnam-Connection am Tisch kulinarisch ad absurdum geführt und war hochzufrieden mit seinem Coup.
Der Rest der Truppe hatte sich ganz dem rohen Fischverzehr verschworen. Unter dem Namen „Kazuki“ firmierte ein aus jeweils sechs Lachs- und Thunfisch-Makis sowie vier Veggie-Rolls im Tempuramantel bestehendes Sushi-Arrangement, das mit eingelegtem Ingwer und dem obligatorischen Wasabi-Hügel aus dem Spritzbeutel geliefert wurde. Ponzu, Chiba und Teriyaki grüßten großzügig aus der Quetschflasche und setzten süffig-cremige Akzente. Für milde Frische sorgte der in dünne Streifen geschnittene Daikon-Rettich, der als Unterlage der Veggie-Big-Rolls fungierte.
Mein Schwager genoss dagegen das komplette Lachsfigurenkabinett. Sechs mit Lachs gefüllte Maki, lagen neben der gleichen Anzahl an Nigiris, die ebenfalls mit dünnen Scheiben des fetten roten Rohfischs überzogen waren. In einer kleinen Extraschüssel befand sich ein von reichlich Dressing und weiteren Lachs-Tranchen getoppter Salat. Die restlichen Sushi-Teller habe ich nicht fotografiert und deshalb auch nicht mehr auf dem Schirm. Aber eine allgemeine Zufriedenheit mit den bestellten Preziosen aus Fisch und Reis war nicht zu übersehen.
Mein Tataki-Erlebnis hielt sich dagegen in Grenzen. Auf länglichem Porzellan lagen an die acht Stücke vom kurzgebratenen Thunfischbauch. Es war zwar nicht alles Fett was glänzte, aber auch keine maritime Magerkost. Wasabi, Ingwer und eine Art Soja-Mayonnaise wurden dazu à part auf einem kleinen Holzbrett gereicht. Unter den Fischhappen schlummerte der bereits beschriebene Daikon-Rettich. Ich ließ mir Zeit, kombinierte die zarten Toro-Streifen mit etwas Soja, Wasabi und dem frischen Winterrettich.
Der Geschmack des Fisches war eigenwillig intensiv. Seine feine Fettmaserung war beim Anschnitt erkennbar und verstärkte den Schmelzeffekt auf der Zunge. Ich musste mich langsam herantasten. Das war kein Teller zum Wegputzen. Die nussige Sesam-Sauce konnte den fetthaltigen Tuna-Tranchen geschmacklich kaum Paroli bieten. Es wäre wohl eher ein Gericht zum Teilen gewesen, denn nach ein paar Stücken stellte sich schnell Sättigung ein. Außerdem fehlte mir schlichtweg die ausgleichende Komponente (Beilage) auf dem Teller, um das Gaumenerlebnis komplett zu machen.
Beim Gang zu den bemerkenswert gepflegten Nassräumen kam ich an der Rohfisch-Theke vorbei, wo sich die Zutaten für die akkurat zusammengebastelten Petitessen bestaunen ließen. Dahinter waren einige Sushiköche mit intensivem „Front-Rolling“ beschäftigt. Diese verrichteten mit stoischer Gelassenheit ihr Werk, indem sie mit Hilfe von Bambusmatten und Algenblättern längliche Reiszylinder formten, die sie kurz darauf mit scharfer Klinge in gleichgroße Sushi-Häppchen zerteilten. Das sah alles sehr gekonnt und routiniert aus.
Fazit:
Auf Sushi vs. Pho lässt sich das Soki Garden nicht reduzieren, auch wenn der stilvoll eingerichtete Panasiate beim Speisenangebot im Wesentlichen zwischen Japan und Vietnam oszilliert. Man bietet seinen Gästen gemäßigte Exotik, bei der sie den eigenen kulinarischen Kosmos nicht ernsthaft verlassen müssen, um die letztlich doch vertraute Bandbreite des Geschmacks vollends genießen zu können. Wer auf eine Riesenauswahl wert legt, wird hier sicher nicht enttäuscht und findet bei den im Baukastensystem angebotenen Gerichten auch die passende Abwechslung. Meine Begeisterung für dieser Art der panasiatischen Fusionsküche hat sich in der letzten Zeit etwas gelegt. Schmeckt halt doch irgendwie überall gleich. Aber das Essen stand bei unserer familiären Zusammenkunft eh nicht an erster Stelle. Und außer mir verließen ja alle recht zufrieden das Soki Garden. Insofern verschmerz- und durchaus wiederholbar.
Die fortschreitende „Panasiatisierung“ in der Gastroszene macht auch vor der Fächerstadt Karlsruhe nicht halt. Und in der Regel sind es Asia-Ketten, die emsig ihr erfolgreiches Fusion-Konzept verbreiten. So besuchte ich Ende letzten Jahres das direkt neben dem ZKM (Zentrum für Kunst und Medien) eröffnete Taumi, dessen trendig-urbaner Küchenmix in erster Linie auf vietnamesischen Streetfoodklassikern und japanischen Rohfischkreationen basierte. Ähnliches erwartet einen auch im Soki Garden.
Was für die einen ein völlig „overhypter“ kulinarischer Trend ist, der gar nicht schnell genug wieder... mehr lesen
4.0 stars -
"Von fetten Fischen, überdimensionierten Setzkästen und falschen Kirschbäumen" marcO74Die fortschreitende „Panasiatisierung“ in der Gastroszene macht auch vor der Fächerstadt Karlsruhe nicht halt. Und in der Regel sind es Asia-Ketten, die emsig ihr erfolgreiches Fusion-Konzept verbreiten. So besuchte ich Ende letzten Jahres das direkt neben dem ZKM (Zentrum für Kunst und Medien) eröffnete Taumi, dessen trendig-urbaner Küchenmix in erster Linie auf vietnamesischen Streetfoodklassikern und japanischen Rohfischkreationen basierte. Ähnliches erwartet einen auch im Soki Garden.
Was für die einen ein völlig „overhypter“ kulinarischer Trend ist, der gar nicht schnell genug wieder
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Ende des letzten Jahres, genauer gesagt am 29.12.2018, kam es zu einem verheerenden Brand im Ortskern des direkt an der Weinstraße gelegenen Hainfeld. Davon betroffen war das Restaurant „Zum Logel“, ein gutbürgerliches Kleinod aus Sandstein und Fachwerkgebälk, dessen gutes Preis-Leistungs-Verhältnis vor allem Freunde deftiger Hausmannskost anlockte.
Seine traditionelle Bauweise beschleunigte leider die Feuerentwicklung, was die nahezu komplette Zerstörung des von Inhaber Helmut Götz in fünf Jahren mühevoller Arbeit sanierten Winzerhauses zur Folge hatte. In der Regionalpresse wurde der Schaden auf über eine halbe Million Euro beziffert. Das Gasthaus „Zum Logel“, das 2011 eröffnet wurde und sich seitdem einer wachsenden Beliebtheit erfreute, stand nach über sieben Jahren kurz vor dem Ende.
Für viele Gastronomen bedeutet eine solche Katastrophe das sichere Aus. Nicht so jedoch für den 63-jährigen Wirt Helmut Götz und sein Team. Der handwerklich talentierte Küchenmeister setzt seit dem Unglück alles daran, das einst so schmucke Anwesen wieder aufzubauen.
Dass dies nicht von heute auf morgen geschieht, ist klar. Bis zur Wiedereröffnung im nächsten Jahr hätte sich wohl ein Großteil des Logel-Teams Arbeit in anderen Gastronomien der Region gesucht. In den aktuell vorherrschenden Zeiten des grassierenden Personalmangels wäre das wohl das endgültige Aus für das Lokal des emsigen Helmut Götz gewesen.
Doch Not macht ja bekanntlich erfinderisch. Da kam die Idee für ein Ausweich-„Quartier“ gerade Recht. Vor den Toren von Hainfeld, an der Landstraße in Richtung Roschbach, standen die Räumlichkeiten einer ehemaligen Wein- und Straußwirtschaft leer. Diese boten sich als Übergangslösung an.
Dauergourmets und andere Gernesser der Region erinnern sich sicherlich an das hervorragende „Arens Restaurant“, das just in diesem Anwesen seinen gastronomischen Aufstieg erlebte. Seit dem Weggang von Philipp Arens in Richtung Sankt Martin (Haus am Weinberg) im Jahr 2016, war es in dem Gemäuer der ehemaligen Weinstube „Zum Räwehäsel“ jedoch still geworden.
Als Gastro-Nostalgiker hat es mich umso mehr gefreut, als ich davon erfuhr, dass in der Roschbacher Straße 3 seit dem 10. April 2019 wieder Töpfe und Pfannen auf dem Herd stehen. Keine Gourmetküche wie bei dem Vorgänger, aber zumindest eine grundsolide Regionalkost wird seitdem offeriert. Helmut Götz und seine getreuen „Logelisten“ hatten ihr neues Quartier bezogen. Der Name „Logels Quartier“ hätte nicht treffender gewählt werden können.
Jetzt fragt sich der geneigte Leser vielleicht, was denn bitteschön ein „Logel“ ist. Nun, der Begriff kommt – ganz typisch für die Pfalz – aus dem Bereich des kontrollierten Weinkonsums. Ein Logel ist nämlich ein kleines Holzfässchen, das die Winzer früher mit Rebsaft oder anderem füllten, damit sie während ihrer Arbeit draußen im Weinberg nicht verdursteten.
ǀ 1.Besuch ǀ
An einem warmen Samstagabend Ende Juli rief ich in Logels Quartier an, um mich nach einem Tisch für zwei Personen zu erkundigen. Überraschenderweise erhielt ich für meine Spontananfrage eine Zusage für denselben Abend. Also machten wir uns auf den Weg nach Hainfeld.
Dort angekommen ließ schon der überfüllte Parkplatz auf ein trubeliges Inneres schließen. Und tatsächlich, sowohl auf der hübsch angelegten Außenterrasse mit Pfälzerwaldblick als auch im Gastraum war mächtig viel los. Man setzte uns an einen suboptimalen Tisch direkt im Gewusel, an dem noch ein anderes Pärchen saß. Dazusetzen ist ja in vielen Pfälzer Weinstuben gängige Praxis.
Wir hatten Zeit das Geschehen intensiv zu beobachten, denn anscheinend blieb den gestresst wirkenden Servicedamen noch nicht einmal von jener, um uns mit Speisenkarten zu versorgen. Wir bekamen im Laufe des Abends mit, dass die Logel-Mannschaft einen Ausfall im Service zu verkraften hatte und das ausgerechnet bei der hohen Auslastung.
Eigentlich wollten wir schon wieder gehen, als uns dann doch noch das Götz’sche Köchelverzeichnis gereicht wurde und kurze Zeit später unsere Bestellungen an die Frau (vom Service) gebracht werden konnten. Vorneweg hatten wir uns auf das geräucherte Forellenfilet aus Eußerthal (Pfälzerwald) entschieden (11,90 Euro). Dieses wurde in Gefolgschaft eines mit gebratenen Pfifferlingen verfeinerten Blattsalates angeboten und stand neben Scampispießen und hausgebeiztem Gravedlachs in der auf leichte Sommergerichte abzielenden Saisonkarte.
Meine Frau wählte aus dem vegetarischen Angebot die in Salbeibutter gebratenen Gnocchi auf buntem Antipasti-Gemüse in Tomaten-Kräutersud (9,50 Euro), während ich trotz der warmen Witterung Lust auf das panierte Volksgericht schlechthin hatte. Zwei elegisch gebutterte Schnitzel vom Schweinerücken (10,80 Euro) sollten von Champignonrahmsoße süffig unterfüttert - und von hausgemachten Spätzle auf gutbürgerliches Sättigungsniveau gehoben - den Weg zum hungrigen Kostgänger finden.
Die Flasche Mineralwasser der Marke „Bellaris“ bekommt man hier für faire 3,80 Euro gereicht. Außerdem stehen viele offene Kreszenzen von Winzern aus dem Ort bereit. Früher kamen diese zumeist vom Weingut Ludwig Graßmück (Birkweiler), da dessen Besitzer zur Verwandtschaft des Logel-Chefs gehört.
Nach all der Unterstützung, die man von vielen Hainfeldern nach dem Brand erhalten hatte, ist der offene Ausschank einiger Hainfelder Gewächse vielleicht auch als kleines Dankeschön an die Winzer des Ortes zu sehen.
Wir bestellten ein Viertel vom trocken ausgebauten Grauburgunder Kabinett vom Weingut Matthias Glaser (5,40 Euro). Keine falsche Entscheidung, wie wir bald feststellten. Dass es mit dem Essen an diesem Abend länger dauere, hat man uns schon bei der Bestellung mitgeteilt. Aufgrund unseres Hungers dehnte sich die Zeitspanne bis zum Servieren der Vorspeise natürlich noch aus.
Uns grüßte die Küche mit einer dünnen Scheibe kaltem Rieslingschinken (schön durchwachsen!) an sauer angemachter Rohkostbrunoise und pikanter Meerrettichcreme. In einer Weinstube sind solche Aufmerksamkeiten eher die Ausnahme. Der deftig-frische Appetizer wurde mit ein paar Scheiben Baguette schnell verputzt. Der Auftakt war geglückt.
Es folgte ein ansehnlich bestückter Salatteller, dessen kurz angebratene Pfifferlinge eine tolle Qualität hatten. Auch das leicht von der Haut lösbare Forellenfilet aus dem Pfälzerwald überzeugte mit seinem saftig-rauchigen Fleisch. Zu dem Salat mit hochwertigem Zuchtfisch aus der Region gesellten sich noch Cocktailtomaten in verschiedenen Rottönen, Frühlingszwiebeln, Knuspercroutons, leicht angeröstete Sonnenblumenkerne und etwas „Radieschenklein“.
Kiwi, Orange und Honigmelone steuerten ein paar zusätzliche Fruchtakzente bei. Auf dem dekorativen Glasteller war also geschmacklich und texturell für reichlich Abwechslung gesorgt. Wie sich später noch herausstellen sollte, war diese Salatvorspeise unser „Dish of the day“. Da konnten unsere beiden Hauptgänge leider nicht mithalten.
Wie sagte einst ein großer Rezensent der Berliner Küche: „Das Gebratene ist nichts als des Verkohlten Anfang“. Nun etwas krosser gebraten hätten meine beiden panierten Folklorestücke schon die Pfanne verlassen dürfen. Die Panade löste sich ja schon beim Hingucken vom spärlich gewürzten Schweinerücken. Die hausgemachten Spätzle waren nicht übertrieben portioniert und bedeckten als ein mit frischer Petersilie bestreuter Sättigungshügel nur einen kleinen Teil des Porzellans. Die mit Pilzrahmsauce prall gefüllte Sauciere stand vorsorglich gleich mit auf dem Teller. Nun das Schweinchen schien seine saftigsten Stunden schon hinter sich gehabt zu haben. Für mich fiel diese Art panierter Volkstümlichkeit schlichtweg zu trocken aus. Nur mit reichlich Beiguss aus der Saucenkanone war da beizukommen. Ohne diese hätte sich die Gaumeninformation doch arg in Grenzen gehalten.
Auch meine Gattin war mit ihrem vegetarischen Gnocchi-Teller nicht rundum zufrieden. Die mit Käse überbackenen Kartoffelteignocken schwammen förmlich in Salbeibutter. Das mit frischen Kräutern (Thymian, Salbei) garnierte Tellergericht fiel eindeutig zu fettig aus.
Etwas enttäuscht verließen wir das Götz’sche Übergangsquartier am Ortsrand von Roschbach und waren doch ein wenig verwundert über die vielen positiven Berichte, die auf anderen Plattformen über das „Logel“ kursierten. Schon damals war mir klar, dass wir wohl einen schlechten Tag erwischt hatten und dass sowohl der Service als auch die Küche unter „Normalbedingungen“ noch deutlich würde zulegen können. Ein zweiter Besuch sollte Klarheit schaffen.
ǀ 2.Besuch ǀ
Es dauerte dann doch bis Mitte Oktober, ehe ich zusammen mit einem Kollegen, der erst kürzlich in Schnitzialkunde promoviert hatte, an einem herbstlich verregneten Donnerstagabend den Weg nach Hainfeld antrat. An diesem Abend war bedeutend weniger los als bei unserem Besuch im Juli.
Ich hatte kurz vorher angerufen und nach freundlicher Begrüßung wurden wir von Frau Teuer, der Servicechefin, an einen großen Tisch geführt, an dessen anderem Ende sich bereits ein älteres Paar über Rumpsteak mit Zwiebeln und Bratkartoffeln (er) sowie einen Fischteller (sie) hermachte.
Ein Blick in die Runde und alte Erinnerungen an selige Arens-Zeiten kamen bei mir auf. Damals wirkte der Gastraum jedoch um einiges gemütlicher. Mir schien, dies war in erster Linie der Beleuchtung geschuldet. Die Deckenfluter tauchten das „Logel-Quartier“ in viel zu helles Licht. Die lauschige Weinstubenatmosphäre vergangener Tage suchte ich vergebens, auch wenn der betagte Kachelofen von früher noch genauso trotzig die Blicke der Gäste auf sich zog wie vor vielen Jahren.
Keine weißen Tischdecken störten die Holzoptik, die in Form von massiven Wirtshausstühlen, blanken Tischplatten, rustikaler Wandverkleidung und einer Holzdecke im Fassdaubenstil allgegenwärtig war. Das in Papierservietten eingebundene Besteck lag auf einem Holzbrettchen gestabelt in Greifweite.
Im Vergleich zum Erstbesuch ging es an diesem Abend recht beschaulich zu. Ein paar Tische waren belegt. Die meisten der Gäste hatten schon gegessen oder waren gerade dabei. Mein Blick fiel auf zwei kleine, an der Wand hängende Holzfässchen. Gleich zwei Exemplare des Namensgebers hatte man zu Deko-Zwecken oder für Begriffsstutzige aufgehängt.
Erst jetzt fiel mit auf, dass der Thekenbereich komplett neugestaltet war. Die beiden umsichtigen Damen, die an diesem Abend den Service unter sich aufteilten, waren gerade mit der Bereitstellung von Getränken beschäftigt.
Kaum saßen wir, hielten wir schon die Klemmbrettkarten in den Händen. Der Herbst hatte auch hier bereits kulinarisch Einzug gehalten. Ihm huldigte man mit Kürbiscremesuppe, Feldsalat (mit Speck und Croutons) sowie Gambas auf gegrillten Kürbisspalten. Zu diesen drei Vorspeisen gesellten sich noch Steak und Braten von der Hirschkalbkeule und zwei Fischteller als saisonale Empfehlungen bei den Hauptgerichten.
Das klang doch schon sehr vielversprechend. Mein Kollege wollte vorweg die Kürbissuppe (4,20 Euro) mal austesten, während ich mich für den Feldsalat (6,80 Euro) begeistern konnte. Zum Sattessen sollte es für ihn ein großer bunter Salatteller mit in Pfefferbutter gebratenen Roastbeefstreifen (13,90 Euro) und für mich die Hacksteaks mit Spätzle (waren ja beim ersten Besuch schon genehm) und Champignonrahmsoße (9,50 Euro) sein.
Die rote Cuvée „Konstantin“ vom Hainfelder Weingut Bernhard Koch (Viertel für 5,50 Euro) geleitete mich auf Samt-Tanninen gefällig durch den Abend. Diesmal kam als kleiner Küchengruß ein aus Chorizo, kaltem Braten und Birne zubereiteter Fleischsalat, dessen delikates Essig-Öl-Dressing meine Freude auf den Feldsalat noch steigerte.
Dieser präsentierte sich nicht minder lecker angemacht. Angebratener Speck verlieh den eher geschmacksneutralen Rapunzelblättern die nötige Würze. Croutons und Sonnenblumenkerne päppelten meine Vorspeise texturell auf. Knackfrischen Biss verkündeten die Radieschen-Scheiben. Etwas Orange, Kiwi und Erdbeere brachten etwas Fruchtsüße auf den essigsauren Salatteller. In der Summe war das ein sehr erfreulicher Auftakt.
Hatte mein Kollege anfänglich noch seine Bedenken, da die Sahnehaube auf seiner Kürbissuppe etwas mächtig ausfiel, waren diese nach dem ersten Probieren wie weggelöffelt. Der renommierte „Bachelor of Schweins“ kniff an diesem Abend bei der Bestellung des Logel’schen Panierstücks und verleibte sich lieber einen Salatteller ein. Gut, ein paar medium gebratene Roastbeefstreifen argentinischer Provenienz ließ sich der ausgewiesene Fleischkenner dann doch nicht nehmen. Ein wenig beherzter hätte man diese allerdings würzen dürfen.
Mir dagegen setzte man ganz nonchalant die fluffigsten Hacksteaks ever vor. Zusammen mit der Champignonrahmsauce und den Spätzle war das ein veritabler Wohlfühlteller für einen verregneten Herbstabend. Die Soße war keine schnöde Tütenware, sondern fußte schmeckbar auf kräftiger Jus-Basis. Mit frischen Pilzen und dem richtigen Händchen beim Abschmecken konnte da wenig schiefgehen. Insgesamt war dieser Teller kein Vergleich zu den beiden traurigen Panade-Exemplaren, die mir im Sommer aufgetischt wurden.
Von der über dem Kachelofen platzierten Schiefertafel mit den Desserts des Tages entschieden wir uns für die Mousse von Pfälzer-Maronen (7,20 Euro), die mit Baileys und Vollmilchschokolade verfeinert war und in Begleitung von Weintraubengelee geliefert wurde. Mein Kollege ließ mich in Anbetracht der beiden üppig portionierten Nocken nicht im Stich. Etwas mehr nach Kastanie hätte das fluffige Hüftgold schon schmecken dürfen, aber zusammen mit dem Gelee hat auch der süße Abschluss hingehauen.
Nach einem sehr angenehmen Plausch mit der Serviceleiterin Frau Teuer, die meine investigative Neugier geduldig ertrug und bereitwillig „auf ein paar Fragen…“ einging, verließen wir rundum zufrieden das gutbürgerliche (Übergangs-)quartier. Im Vergleich zur ersten Einkehr im Sommer, lief es wesentlich runder (und auch entspannter) ab. Die schmackige Hausmannskost mit Hang zu üppigen Saucen lässt mit saisonalen Einsprengseln keine Langeweile aufkommen. Nächstes Jahr sieht man sich bestimmt in den neuen alten Räumlichkeiten wieder. Wir sind gespannt.