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Mein letzter Besuch in der ruhigen Schwabinger Seitenstraße datiert noch aus der Zeit ohne diese Weihen, 2013 muss es gewesen sein. Trotzdem kann ich mich an einiges aus der japanisch-europäischen Aromenküche erinnern. Und an die umlaufende Kirschbaum-Bank in der Stuben, nur mit einem dünnen Alibi-Kissen belegt. Brutale Härte, die mich damals nach drei Stunden zu ein paar Yoga-Übungen auf der kleinen Toilette zwang. Die Stühle sind zwar besser gepolstert, aber wer möchte schon alleine den ganzen Abend die recht leere, weiße Wand anschauen?
An dieser rustikalen Sitzgelegenheit hat sich nichts getan und auch im Übrigen sind Gastraum wie Séparée unverändert. Wie angenehm, denn die schöne, über 100 Jahre alte Einrichtung mit vielen Jugendstil-Elementen vermittelt schon beim Eintreten eine gastliche Atmosphäre, auch wenn man mangels Windfang oder Flur recht unvermittelt ins Restaurant platzt. Nur ein hohes Blumenarrangement in der Raummitte schafft einen Kontrapunkt und verweist in seiner Eleganz auf die asiatischen Note der Küche.
Gut in Erinnerung ist mir auch der vormalige Gastgeber und Sommelier Ireneo Tucci, der mich u.a. mit einem formidabel gereiften Passito verwöhnte. 2015 ging die Restaurantleitung auf die herzliche Julia Pleintinger über, die heuer im Service von mehreren jungen Herren unterstützt wurde. Deren Ansagen gerieten vollständig, jedoch arg schablonenhaft, was aufgrund des sehr gut gefüllten Restaurants und der eng gestellten Tische nicht zu überhören war. Aber Souveränität braucht ihre Zeit, mit der auch das bei Nachfragen noch überschaubare Produktwissen wachsen wird. Ansonsten meist auf der Höhe. Nur das hierzulande wohl eher als Erfrischung, denn zur Säuberung gereichte oshibori kam ausgekühlt an den Tisch. Schade, das geht besser. Dafür gab’s eine frische Serviette nach Rückkehr aus dem unauffälligen Sanitärbereich.
Für die Weinbegleitung zeichnete ein leicht distanzierter Mitarbeiter verantwortlich, der meinen Wunsch nach charakterstarken französischen Weißweinen - soweit passend - erfüllen konnte.
Bei Aperitif und Digestif hatten wir ein dagegen ein paar Schwierigkeiten; vergeblich hatte ich gehofft, dass auf den Keller der zur selben Gruppe gehörenden Geisels Vinothek zurück gegriffen werden könne.
Weißen Portwein als Auftakt gab es daher zu meiner Überraschung schon mal nicht. Der ersatzweise Vermouth kam dann zunächst zweimal mit schwarzen Schwebteilchen im Kristallglas an den Tisch. Was vor dem Untergrund der blütenweiße Tischdecke und mit einem Strahler von oben allerdings auch leichter auffiel, als bei der schummrigen Beleuchtung hinter der Theke. Schwamm drüber. Schade lediglich, dass die beim ersten Versuch noch vorhandene Zitronenschale auf der Strecke geblieben war.
Erfreulicherweise stand zum Abschluss ein P.X. im Angebot. Leider war der Albalá 2011 sehr spritig, so dass ich um einen Port bat. Auch der servierte LBV von 2009 noch eher zu frisch. Alles Geschmacksache.
Die Karte listet ein 5- und ein 7-Gang-Menü (150€/180€) auf. Aber auch die Wahl à la carte ist möglich und wurde von den meisten (Freundes-, Geschäfts- und anderen) Paaren, die den überwiegenden Teil der Gäste ausmachten, auch bevorzugt. Mit Blick auf den Termin am nächsten Morgen entschied ich mich für die kleine Auswahl:
Tarbouriech Auster - Maronen - Quinoa - Sellerie - Bergamotte
Langoustine -Aubergine - Aprikose - Kaffirlimetten-Kurkumasud
Taschenkrebs - Rettich - Mikan - Seeigel - Schweinekinn
Entenleber - Blumenkohl - Cous Cous - Olive
Mollebusch Birne - Mohn - Hefe - Lorbeer - Verveine
Dazu die Weinbegleitung (für die - sorry - „Freaks“ ausnahmsweise en detail):
Eingeschenkt wurden
ein junger Sauternes Lions de Suduiraut (Sauvignon gris, Sauvignon blanc, Semillon) 2011,
Chenin Blanc von der Loire Trie speciale Baumard 2010,
ein weißer Bordeaux (Sauvignon Blanc/Semillon Bordeaux) Virginie de Valandraud Thunevien/Andraud 2010,
von der Rhone ein Viognier Les Conturs de Deponcins Francois Villard 2015
und als krönender Abschluss mein geliebter Saar-Riesling Scharzhofberger GG von Kesselstatt 2013.
Bis auf den etwas beliebigen Sauternes war ich sehr zufrieden, wenn auch nicht völlig hin und weg.
75€ für 5 großzügig gefüllte, teils nachgeschenkte Gläser.
Sowohl der (im dritten Versuch) einwandfreie Vermouth als auch die beiden Dessertweine, die ja nun überhaupt nichts verbrochen hatten, gingen aufs Haus - sehr großzügig!
Die Amuses stimmten dann pointiert auf die Küche ein und werden in ihrer Vielfalt auf einer extra gereichten Karte angekündigt.
Aus der kalten Auswahl beeindruckten das pikante Rindertartar mit knusprigem Chip
und die perfekte Balance bei Süßwasser-Garnele und Königskrabbe
Dagegen fiel die Gelbschwanzmakrele ab, die von den Mitspielern mit einem zudem unbestimmbaren Geschmacksbild zu sehr überlagert wurde
In der warmen Abteilung überzeugte der schmackige Eierstich mit Beurre blanc
Und natürlich das reinste umami im puren Dashi.
Die wundervoll fluffige Teigtasche
ließ zwar Pflaume erkennen, nicht aber Shitake und Perigord-Trüffel.
Weiter ging’s mit einem Hefeteigbrot, das durch lockere Krume
und eine feinberstende Kruste begeisterte. Auch die Begleiter
Butter, Tofu-Topfenquark und besonders ein geschmacklich wie optisch intensives Schnittlauch-Traubenkernöl schienen formidabel. Prüfen konnte ich das zunächst nur kurz, denn kaum hatte ich das Prachtbrot in einer Kombi probiert, stand Frau Pleintinger mit dem ersten Gang am Tisch. Nun gebe ich ja zu, dass ich ein recht sinnliches Verhältnis zu frischem Brot habe (Sehen, Fühlen, Riechen, tatsächlich sogar Hören und dann erst Schmecken), aber das ging doch zu schnell. Was ich auch mitteilte. Etwas beleidigt - wie mir schien - zog meine Gastgeberin mit dem Teller wieder von dannen. Ein paar erklärende Worte, betreffend meine Wertschätzung für die Leistung der Küche (oder des externen Bäckers) auch bei diesem Teil des Menüs hellten die Stimmung beiderseits wieder auf.
Im zweiten Anlauf durfte ich dann die fleischigen Austern mit viel Eigengeschmack aus dem Étang de Thau genießen, die sich unter einem wie hingetupften Kräuter- und Blütengemälde versteckten
Mit eingelegten Selleriestreifen, geraspelten Maroni, Quinoa und einer fruchtig-ätherischen Bergamotte-Emulsion ergab sich ein überraschend „molliges“ (tn) Mundgefühl. Sehr, sehr guter Auftakt.
Der zweite Gang hielt das Niveau locker: Der zarteste Kaisergranat, seit es Krustentiere gibt
konkurrierte nussig-süß mit einem kunstvoll gedrehten Turm aus Auberginenstreifen und -Mus, der mit pikantem
Aprikosencoulis
gefüllt und einem Segel gekrönt war. Umschmeichelt wurde beides von einem zum Niederknien süffigen Auszug von Kaffirblättern mit Kurkuma. Wow.
Jedoch: Der nächste Gang, den ich gegen die vorgesehene Taube aus Anjou getauscht hatte, brachte den Höhepunkt des Menüs und sicher einen der, wenn nicht DEN besten Teller 2017!
Und wie herausfordernd war diese vermeintliche Kleinigkeit, denn zwei schnelle Bissen und er wäre an einem vorbei gegangen als „gutes Fleisch mit saftigem Mantel“.
Tatsächlich war das Stück super-saftiges Schweinefleisch (confiert?) kurz gegrillt worden, was für einen rauchigen Kick sorgte. Um hernach eine Auflage von Reis und feinst gerupften Taschenkrebs zu erhalten
Diese himmlische Praline
badete in einer zunächst à part gereichten Beurre blanc mit Uni
wobei ich den Seeigel erst nicht schmeckte, bevor sich im Abgang der prägnante, jodig-nussige, ganz leicht bittrige Ton durchsetzte. Gel von Satsumas steuerte feine Frucht bei. Wasabiöl setzte ebenso pikante Akzente, wie die dünnen Schnitte von verschiedenen Radis Frische und etwas Struktur mitbrachten. Ein Meisterwerk der modernen Hochküche.
Durch den Tausch des Hauptgangs ließ die Küche die Entenleber
nach hinten vor das Dessert rutschen. Vielleicht fiel deshalb auch eine Erfrischung aus, die ich bei der Leichtigkeit der Gerichte nicht vermisste.
Bei der leicht angebratenen, rosa Leber
gefiel auch der Sud, hier abwechslungsreich durch orientalische Ankläge mit Rosenwasser und Orangenblüte. Auch Richtung Orient zeigten die Beilagen Cous-Cous, getrocknete Mandeln, Blumenkohl und verschiedene Texturen der Olive; den asiatischen Touch stellte allein Yuzu-Gel her. Die ganz leicht gewürzte Leber war super, ansonsten überzeugte mich der kulinarische Ausflug in andere Weltregionen nicht so sehr, wie die vorigen Gänge. Auf diesem Niveau etwas unterkomplex, auch optisch. Darauf angesprochen, murmelte Frau Pleintinger, man wolle halt nicht immer nur Einflüsse aus Fernost... Aber warum denn nicht, wenn es so phantastisch funktioniert?
Irritiert war ich gewesen, als der Service ein Laguiole-Messer eindeckte. So fest ist Entenleber eigentlich nicht... Des Rätsels Lösung: Das schöne alte Silbermesser habe doch einige Scharten, die die Leber häßlich zerreißen würden.
Schon allein mangels eines Käseangebotes, wählte ich abschließend das Dessert.
Aber Birne an sich und erst recht diese Sorte ist ein selten gesehener Gast in deutschen Restaurants. Da war ich neugierig.
Und ich wurde nicht enttäuscht...
Das Ragout konnte mit deutlicher Säure punkten und kontrastierte gut mit dem ätherischen Anflug von Lorbeer und Verbene-Sorbet. Eiskörner und Sud von Holunder gaben rote Frucht dazu, sehr gut gemachter Mohncrisp und Hefe-Crumble und -Stroh sorgten für den Punch durch Crunch. Ebenfalls eine Pracht fürs Auge.
Auch ohne Kaffee kam ich noch zu einem mannigfaltigen „Süßen Ende“:
Heidelbeertarte mit japanischem Honig
ein eisgekühltes, witzig serviertes (eventuell etwas zu süß geratenes) Ananas-Calpis
und - mit grandiosem Understatement - schlicht als Limette
wurden die kleinen Preziosen angekündigt. Perfekt. Und dann war da noch der natürlich im Hause gebackene „Keks“
dessen Glücksbotschaft mich mit einem zufriedenen Lächeln in die Schwabinger Nacht entließ.
Fazit:
Die Küche hat geliefert, was die vielfältigen und weiter anhaltenden Lobeshymnen (kürzlich Julien Walther, troisetoiles) verheißen. Grandiose Aroma-Küche (Von den Kräutern und erst recht den Gewürzen habe ich vermutlich nur einen Bruchteil überhaupt bewusst wahrgenommen, geschweige denn identifiziert.) bei durchweg tollen Produkt-Qualitäten. Keine Schwächen, nur „Toll! Toll! Toll!“ mit mehr oder minder starken Ausreißern zu „Phänomenal!“
Dass es trotzdem insgesamt kein perfekter Besuch war, lag eher am Drumherum. Der Service hatte nicht seinen stärksten Abend, es hakte doch mehr als einmal. Und auch von den Weinen hätte ich noch mehr erwartet.
Trotzdem: Der Werneckhof ist weiterhin eine tolle Bereicherung!
(Und natürlich auch eine Entreicherung! Um gewissen Herren gleich mal den ersten Kalauer von der Tastatur zu nehmen...)