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Seit der Eröffnung 2018 haben Sabine und Uli Kocks an der Lingener Straße 24 einen Treffpunkt für Genießer geschaffen, der Gäste aus weiter bis weitester Entfernung angelockt hat. Einige Community Kollegen hier von GG durfte ich schon zu diesem wunderbaren Ort begleiten.
Aber ich hatte mich in stillen Momenten schon seit längerem gefragt, was wird, wenn die beiden ihren verdienten Ruhrstand antreten wollen? Das würde für mich und viele andere Menschen in Rheine und dem Münsterland bedeuten, wir müssen uns einen neuen Platz suchen für genussvolle Momente und Stunden.
Zu Beginn des Jahres kam sie dann, diese befürchtete Nachricht. Die Beiden teilten mir mit, dass sie zum Jahresende den Betrieb der Vinothek einstellen werden. Das Verständnis für die Entscheidung der Beiden teilte sich mit viel Trauer. Wieder verlieren wir in Rheine einen Ort für Genießer. So reich sind wir damit nicht gesegnet, außerhalb von Osnabrück und Münster schon mal gar nicht. Und gefühlt sind es gerade diese mit Herzblut betriebenen Genussorte, die vermehrt ihre Türen schließen. Im Angesicht dieser Neuigkeiten genoss ich noch mal einen Sommer bei Sabine und Uli, immer nach meinem Marktbesuch am Freitagnachmittag kehrte ich auf ein Viertel ein, traf mich mit Menschen, die sich dort über die Jahre kennen gelernt hatten und die einem ans Herz gewachsen waren.
Natürlich sollten nicht einfach die Türen geschlossen werden, die Beiden hatten beschlossen, kurz vor dem Ende noch einmal eine finale abendliche Weinreise mit ihren besten und liebsten Kunden zu organisieren, eine Reise durch die (sozusagen) Grand Crus dieser Welt und des Kellers der Vinothek. Ein gewisser dieser langjährigen und guten Kunden meinte dann, dass an einem solchen Abend ein gewöhnlicher Vesperteller völlig falsch sei und zu solchen Weinen ein entsprechendes Menü serviert werden muss. Er fand die Zustimmung von Sabine und Uli, und erklärte in einem Anfall von völliger Selbstüberschätzung, ein solches Menü für 25 Gäste kochen zu wollen.
Da stand er nun, der Carsten1972 und fing an zu überlegen, was er denn servieren könnte zu den Weinen, die Sabine für diesen besonderen Abend aus ihrem Schatzkeller zu holen gedachte. Viel Brainstorming später, und inzwischen dazu geholter Expertise und Unterstützung stand ein Menü, mit dem sowohl das nun dreiköpfige Köche-Team als auch das finanzierende Veranstalterpaar glücklich waren.
Der Abend rückte näher und die Vorbereitungen schlossen wir am Freitag ab, Sabine hatte die Gaststube für den Event vorbereitet, während das Küchenteam seine Vorbereitungen in der heimischen Küche beendete und alle Zutaten und vorbereiteten Gerichte in die Vinothek transportierte.
Ein paar Kollegen hier wissen, wie stimmungsvoll es in diesem Raum sein kann, wenn sich dort gut gelaunte Menschen zum essen und trinken treffen. Zur Begrüßung hatte Sabine einen Sekt vorgesehen, traditionell hergestellt, aber nicht aus der Champagne, auch nicht aus Europa, sondern aus Südafrika. Von der Winery Graham Beck, Kapregion, ein 2017 Cape classic vintage rosé brut. Ein Foto aller Flaschen findet sich am Ende des Berichts. Was serviert man zu einem Schaumwein? Austern natürlich. Und so gab es irische Felsenauster.
Gratiniert nach Kilpatrick Art für diejenigen unter den Gästen, die rohe Austern nicht unbedingt goutieren.
Zu einem Chablis 1er Cru Vau de Very der Domaine de la Cote de Fasse servierte das Küchenteam ein vegetarisches Gericht, fermentierte Rote Beete, als Carpaccio mit Schafskäse und einer Vinaigrette ergänzt.
Dieses Carpaccio leitete über zu einem GG Riesling des WG Wittmann, Rheinhessen, aus der Lage Auelerde von 2018. Nun wurde der Fischgang serviert, Lachs, Dorade, eine Gamba, Herz- und Miesmuscheln wurden gedünstet serviert, begleitet von mediterranen Kräutern und Olivenöl. Der Gast durfte sich Gedanken machen, welcher Wein besser passte, der Riesling oder der darauf folgende Weißburgunder vom Volkacher Karthäuser Berg des WG Juliusspital aus 2012.
Bis hierhin ging die Reise durch hochwertige Weißweine, und erleichtert nahm das Küchenteam zur Kenntnis, dass man mit der Speisenwahl nicht völlig daneben gelegen hatte. Drei wirklich besondere Rotweine hatte Sabine Kocks zur Verkostung ausgesucht.
Südafrika, Tokara Winery, Stellenbosch, Cabernet Sauvignon Reserve Collection von 2017
Italien, Brunello di Montalcino, DOCG, Col d'Orcia, aus der Toscana von 2015
Frankreich, Aloxe Corton, Les Caillettes, Domaine Henri Delagrange, von 2018 (mit ganz besonderer Vorfreude vom Autor dieser Zeilen erwartet).
Dazu ein Klassiker der burgundischen Küche, ein Boeuf Bourgignon, leider nicht fotografiert. Ewige Schande über den Rezensenten, er war zu beschäftigt den Aloxe in allen seinen Aspekten zu genießen.
Dessert musste auch sein, es gab eine Riesling Auslese zum Abschluss einer wunderbaren Reise durch die Weine dieser Welt. Aus Trittenheim an der Mosel kam dieser restsüße Wein, Jahrgang 2019 von der Winzerin Eva Clüsserath. Das Küchenteam hatte sich dazu einen New York Style Cheese Cake ausgedacht, gekrönt von einem Salzkaramell. Dann waren wir durch mit der Weinreise und dem zugehörigen Menü. Die letzte Flasche gesellte sich zur exklusiven Parade.
Wie immer in den letzten 5 Jahren waren die Stunden in der Vinothek von Sabine Kock extrem genussvoll und bereichernd. Sommelière und Küchenteam waren froh, dass der Abend gut verlaufen war und freuten sich über den Applaus der Gäste.
Fazit des Abends und vieler weiterer. Rheine verliert einen Ort des Genusses und der Lebensfreude, die ihm zwei Menschen mit Leidenschaft für Wein und Lebensart beschert hatten. Das ist der Grund für eingangs beschriebenen Genuss und Wehmut. Aber ich habe auch von Vorfreude gesprochen. Und die hat einen Grund, denn Sabine und Uli haben Nachfolger für ihr Geschäft gefunden. Die Beiden, auch ein Paar, waren Kopf zwei und drei des Küchenteams an diesem Abend und sie werden die Vinothek mit geänderten Konzept fortführen. Alle Indizien deuten darauf hin, dass in nicht allzu ferner Zeit neues Leben aufblüht in der Lingener Straße 24. Es wird berichtet, wenn es so weit ist.
PS dies ist ein etwas ungewöhnlicher Bericht, ich bitte um Verzeihung, sollten Stil und Inhalt Stein des Anstoßes sein!