"Denn sie wusste nicht, was sie tat! Haben die ‘nen Stern?"
Geschrieben am 02.07.2020 2020-07-02 | Aktualisiert am 03.07.2020
"Gäste unerwünscht"
Geschrieben am 28.07.2018 2018-07-28
"Gerne wieder"
Geschrieben am 16.06.2018 2018-06-16
"Nicht wieder!"
Geschrieben am 16.06.2018 2018-06-16
"Das Beste zum Schluß - Darß, die Neunte / Hier passte alles..."
Geschrieben am 08.10.2017 2017-10-08
"Darß, die Sechste - schönes Ambiente, rustikal und dazu noch leckeres Essen"
Geschrieben am 03.10.2017 2017-10-03 | Aktualisiert am 03.10.2017
"Darß, die Fünfte - rauh, aber herzlich gemeint"
Geschrieben am 03.10.2017 2017-10-03 | Aktualisiert am 05.10.2017
"Darß, die Vierte - gutes Essen in einem der ältesten Häuser Dierhagens"
Geschrieben am 01.10.2017 2017-10-01 | Aktualisiert am 05.10.2017
"Darß, die Zweite: perfekte Lage, perfekter Ausblick und dann noch guter Service und gutes Essen"
Geschrieben am 01.10.2017 2017-10-01 | Aktualisiert am 01.10.2017
Unseren Tisch in der Ostseelounge reservierte ich telefonisch, die Speisen des online einsehbaren Menüs gefielen mir sehr gut. Meine Frage, ob es auch à la carte Gerichte gäbe, bejahte die freundliche Dame am Telefon.
So fuhren wir bei schönstem Wetter an diesem Abend die 20 Minuten nach Dierhagen. Mit dem Fahrrad, am Strand entlang, auch 20 Minuten. Aber ich wollte ja lebend ankommen. Fahrräder gehen gerne mit mir durch und werfen mich ab. Also lieber das Auto.
Bei unserer Ankunft waren wir schon recht erstaunt über die große Hotelanlage. Das Hotel liegt wunderschon, etwas abseits, direkt zwischen Ostsee und einem Waldgebiet. Der Hotelparkplatz war gleich rechts ausgeschildert. Von dort liefen wir auf das große Hotelgebäude zu.
Meine Erwartungen wurden beim Anblick des großen Hotelgebäudes gedämpft, irgendwie erinnerte mich das Haus eher an eine Rehaklinik.
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Die Lobby dann modern und einladend gestaltet. Den Restaurantbereich erkannten wir und steuerten auf einen Mitarbeiter zu. Dieser erklärte uns freundlich, dass wir noch nicht ganz am richtigen Platz seinen, begleitete uns zum Fahrstuhl und wählte die 4. Etage für uns.
Dort angekommen, empfing uns eine Mitarbeiterin und führte uns durch das ansprechende Restaurant
Interieur
gleich raus auf die Terrasse mit perfektem Blick auf die Ostsee! Die Servicedame kannte offensichtlich die
Reaktionen neuer Gäste, hielt sich dezent im Hintergrund und wir durften erst einmal ungestört den Ausblick genießen.
Ausblick!
Dann wies sie auf unsere Chillecke mit bequemen Loungemöbeln und bot ein Glas Champagner an.
Keine Frage, dass dies der richtige Auftakt an diesem Ort war!
Die Menükarte mit angebotener Weinreise lag bereits für uns bereit.
Das komplette Menü
Ebenso unser Apéro:
Tatar von der Norweger Jakobsmuschel mit Yuzu, Miso, Shiso-Öl, Kokoswasser & Kokosessig.
Stilvoll in der Jakobsmuschel gereicht. Ein toller Auftakt, dazu der Champagner und die Aussicht – wir waren sehr gespannt auf den Verlauf des Abends.
Tatar von der norweger Jakobsmuschel
Ein wenig Wehmut, als ich einen Blick in die Weinkarte nahm. Es gab auch Sekt vom Reichsrat von Buhl, Deidesheim. Den hätten wir dem angebotenen Champagner vorgezogen.
Die Menükarte gefiel durchaus. Mein Mann mag kaum Geflügel und leider auch keinen Schafs- oder Ziegenkäse. Ich fragte nach den Á-la-Carte-Gerichten. Die Aussage bei meiner telefonischen Reservierung war falsch, es gibt in der Ostseelounge ausschließlich das wechselnde Menü. Das war kein Problem für uns.
Um beide gemeinsam den Abend zu genießen, reduzierten wir das Menü von 7 auf 5 Gänge zu je € 92,00. Ohne Ente und ohne Käse (wobei ich mir nach Sättigungsgrad vorbehielt, den Käsegang nachzulegen).
Nach unserem Aperitif wurden wir zum reservierten Tisch geleitet. Der Teppich im Restaurant so flauschig und tief, ich fragte mich, wie viele Kinder wohl schon in ihm verloren gingen. Für die Bilder im Raum hätte man sich Zeit nehmen müssen. Ob sie alle von Slobodan Dane Kapevski waren kann ich nicht sagen. Aber die, die wir von ihm sahen, waren wirklich interessant.
Die schön eingedeckten Tische standen in großzügigen Abständen, die großen Schiebetüren über den Abend weit geöffnet.
Der Service fest in weiblicher Hand. Die beiden Servicedamen wurden von der kompetenten Sommelière unterstützt. Diese hatte sich bereits auf der Terrasse vorgestellt und ging über den Abend perfekt auf unsere Wünsche ein.
Wir wurden mit Selters Mineralwasser, 0,75 l - € 6,80 versorgt. Da wir mit dem Auto da waren, entschieden wir uns gegen die angebotene Weinreise und einigten uns darauf, bei deutschen Weißweinen zu bleiben.
Auftakt mit dem 2018er Rheingau-Riesling, alte Reben, trocken, Weingut Spreizer 0,1 l - € 8,50.
2017er Sauvignon Blanc, Pfalz, Freinsheim, Weingut Rings. 0,1 l - € 8,50.
Zum Apéro überraschte die Küche mit einer kunstvoll und vielseitigen Auswahl. Mein erster Gedanke: „Die müssen doch ‘nen Stern haben!“.
Auftakt
Womit beginnen?
Kartoffel Tarte Tatin-Mimolette: Luftiger Blätterteig harmonierte perfekt mit der Erdknolle. Das Kartoffelaroma sehr schön im Vordergrund, der Hartkäse sehr passend dazu.
Kartoffel Tarte Tatin-Mimolette
Karamellisiertes Wachtelei mit Trüffel & Störkaviar: Das wachsweiche Wachtelei zerging ebenso auf der Zunge wie die Begleitung von Trüffel und Kaviar. Sehr stimmig, das Ei so dezent karamellisiert dass ich keine störende Süße bemerkte.
Karamellisiertes Wachtelei mit Trüffel & Störkaviar
Als nächstes entschloss ich mich für Macaron – Grüner Apfel, Blutwurst & Senfsaat. Nicht ganz ohne Grund: An Blutwurst habe ich mich schon seit Jahrzehnten nicht mehr ran getraut. Und so war es dann gut, dass die Blutwurstscheibe sehr dünn geschnitten war und die anderen feinen Aromen den Blutwurstgeschmack milderten.
Macaron – Grüner Apfel, Blutwurst & Senfsaat & Algencracker mit Hamachi
Der Algencracker mit Hamachi & Wasabi danach erfreute dann den Gaumen mit seinem Knusper und der Harmonie zwischen Fisch und Alge um so mehr.
Es folgte Bisontatar mit Räucheraal & Eigelbcréme.
Der Kombination von Fisch und Fleisch stehe ich nach wie vor mit Vorsicht und gemischten Gefühlen gegenüber. Hier gelang der Küche ein perfektes Zusammenspiel. Höchst aromatisch und puristisch das Bisontatar. Das feste Fleisch des Räucheraals und die Eigelbcreme dazu ein Genuss.
Ich sprach es aus: „Die müssen doch ‘nen Stern haben!“.
Zweierlei köstliches und angewärmtes Brot folgten mit Meersalz, Salzbutter und Kräutercreme.
Sehr gutes Brot
Das Brot, ich fragte nach, nicht hausgebacken. Denn mit der ortsansässigen Bäckerei Kröger verfüge man über einen hervorragenden Lieferanten, dem stimme ich gerne zu. Auf Wunsch wurde Brot nachgereicht.
Die ausgesprochen freundlichen und aufmerksamen Servicemädels servierten den ersten Gang unseres Menüs.
Roh marinierter Boddenzander – weißer Spargel – Kokosmilch, Tahitivanille, serviert im tiefen Teller
Roh marinierter Boddenzander – weißer Spargel – Kokosmilch, Tahitivanille
Der in feine Stücke geschnittene Zander ein Gedicht, obenauf dünne Streifen vom grünen Spargel. Der weiße Spargel wohl in der leichten Kokosmilch mit dezenten Vanillearomen eingebunden. Ein wenig Quinoa lieferte nussigen Crunch.
Licht und Schatten beim nächsten Gang. Wobei sich der Schatten ausschließlich auf die Lichtspiele bedingt durch die inzwischen tief stehende Sonne geschuldet war.
Geflämmter Müritzhecht – Erbsencreme – Lardo – Krosse Schuppen.
Bei der Ankündigung des fetten Specks und Fischschuppen erkannte ich auf der Stirn meines Mannes bereits die Sorgenfalten. Die Momente, bei denen ich mich köstlich über ihn amüsiere. Denn ich war mir sicher: Gleich ist er wieder begeistert, dass Neues so klasse schmeckt.
Wir wurden beide nicht enttäuscht und kürten diese Speise zum Ostseeurlaubsgewinner 2020!
Geflämmter Müritzhecht – Erbsencreme – Lardo – Krosse Schuppen
Meine Herren, das war mal ein Knaller! Ich bin mir nicht sicher, ob ich überhaupt schon mal Hecht aß. Aber dieser hier, fast roh und dies lieben wir, war mit seinen Begleitern ein Gaumenfeuerwerk. Die frischen Erben, in verschiedenen Texturen inklusive der frischen Ranken. Und die Schuppen? Ein genialer Knusper, viel zu schade für den Abfluss.
Michelinstern?
Auch der nächste Gang gefiel uns kaum weniger.
Ikejime Stör aus Boek – Flußkrebsjus – Sandkarotten – Estragon
Ikejime Stör aus Boek – Flußkrebsjus – Sandkarotten – Estragon
Perfekt gegarter Stör, kräftig-mutige Jus, die Karotten mit unvergleichlichem Eigenaroma.
Arbeiten mit Profis. Der Service am gesamten Abend motiviert und gut gelaunt. Dennoch strahlten die Damen souveräne Ruhe aus. Eine Wohltat für die Gäste. Pünktlich zum Sonnenuntergang trat an allen Tischen noch mehr Ruhe ein. Serviert wurde nichts mehr. Zufall oder Wissen? Denn nun wollten alle Gäste den traumhaften Sonnenuntergang auf der Terrasse erleben.
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Und dann ging die Genussreise weiter! Der für uns erste Fleischgang des Abends. Denn auf die Entenbrust verzichteten wir ja.
Schulter vom Wagyurind – Kräuterbutterhollandaise – cremige Polenta- Grillgemüse.
Schulter vom Wagyurind – Kräuterbutterhollandaise – cremige Polenta- Grillgemüse
Ein perfekt medium, sicherlich sous vide, gegartes Fleisch. Geschmacklich einwandfrei, aber so ein paar Röstaromen hätten nicht gestört. Die leichte und trotzdem intensive Jus sehr fein. Cremige Polenta angekündigt und auch so erfüllt, die Beilagen konnten ebenso punkten.
Das Dessert:
Geeister Sauerampfer – Griechischer Joghurt – Holunderblüte – Gurke – Minze
Sicherlich ist Vielen bekannt, dass ich auf besondere, insbesondere Eiskreationen stehe und auch selbst gerne zubereite. Kräuter sind mein besonderes Steckenpferd und bei der Ankündigung des geeisten Sauerampfers war ich sehr gespannt.
Meine Spannung wurde erfüllt und übertroffen!
Geeister Sauerampfer – Griechischer Joghurt – Holunderblüte – Gurke – Minze
Serviert in der gefrosteten tiefen Steinschale überraschte nicht nur das wunderbare Sauerampfereis, harmonisch abgestimmt mit Holunderblüte, Gurke und Minze als Crunch, Baiser, der Joghurt unverfälscht im „Untergrund“. Ganz wunderbar fand ich die Ergänzung des nicht genannten Sauerklees.
Sehr oft verzichte ich auf Desserts, sie reizen mich einfach nicht. Hier hätte ich fast nach einer zweiten Portion gefragt!
Sterneverdächtig!?
Inzwischen war ich mir sicher, hier wirklich bei der Reservierung das Wesentliche verpasst zu haben.
Denn es folgte, selbstverständlich und inzwischen von uns erwartet, das Pre-Dessert.
süße Versuchungen
Pecanuss – Cornflakesmilch & gepuffter Wildreis: Cremige Eiscreme mit dem „Drumrum“ das Kindheitserinnerungen wach werden lässt.
Pecanuss – Cornflakesmilch & gepuffter Wildreis
Sponge Bob aus weißer Schokolade & Maracuja: Zerging auf der Zunge, die Maracuja sorgte für angenehme Säure im süßen Quabbel.
Essbarer Stein aus Mandelmilcheis: Die Schokohülle knackte auf und das zarte Mandelmilcheis vollendete den Abend…. fast.
Essbarer Stein
Gebackenes Malzblättchen, als Halterung ein Zapfen, das war unser Abschluss eines wunderbaren und nicht erwarteten Abends.
Malzblättchen
Die müssen doch einen Stern haben!?
Es ist mir wirklich peinlich. Und bis heute rang ich mit mir, ob ich es zugebe. Aber eigentlich finde ich es lustig! In der ganzen Recherche und Vorbucherei unserer „Abendmahle“ entging mir tatsächlich, dass wir hier im mit einem Michelinstern ausgezeichnetem Restaurant einkehrten.
Seit 2014 hält Küchenchef Pierre Nippkow mit seinem Team einen Michelin-Stern. Seine Küche spiegelt seine Heimat, die Ostsee, die weite Landschaft und dem Bodden wider. So wie er es ankündigt… wenn sich frau richtig informiert.
Das Einzige was uns an diesem Abend fehlte: Es wäre schön gewesen, zum Abschluss der Küchencrew kurz persönlich für den wunderbaren Abend zu danken.