Wir verwenden Cookies
Wenn Sie unsere Webseiten besuchen, kann Ihre Systemsoftware Informationen in Form von Cookies oder anderen Technologien von uns und unseren Partnern abrufen oder speichern, um z.B. die gewünschte Funktion der Website zu gewährleisten.
Das Clara war noch immer auf der Suche nach einem Chefkoch und die eigentlich favorisierte, sehr zu empfehlende Weinbar (Über 100! offene Weine und eine kleines, aber feines Menü.) hatte noch nicht wieder geöffnet. Deshalb ging es ins historisch höchst interessante Hotel Elephant, das bis vor wenigen Jahren mit dem AnnaAmalia noch ein besterntes Restaurant beheimatete. Dann entschied man sich auch am Weimarer Marktplatz, einen Gang zurück zu schalten, Chefkoch Mario Fabbri wechselte in die oben erwähnte Weinbar. Im auch namentlich entschlackten AnnA setzt man nun hauptsächlich auf ein gehobenes regionales à-la-carte-Angebot und ergänzt dies durch ein kreativeres Abendmenue, das mit 94€ für sechs Gänge aber recht selbstbewusst bepreist ist.
Bei Wasser (nur 5,1€), White Port (6,0€)
und Campari-O (9,5€, aber mit frisch gepresstem Saft) bestellten wir etwas querbeet, was auch kein Problem war. Überhaupt agierten alle Kräfte sehr kundenorientiert, gut gelaunt, mit Respekt, aber auch Selbstbewusstsein, wenn ein Gast mal etwas zu Unrecht kritisierte (Datenschutz verhindert hier nähere Angaben!). Hat richtig Spaß gemacht! Wozu aber auch das nach meinem Geschmack einfach wunderschöne, elegante, aber nicht steife Ambiente beiträgt. Schon der Gang durch die Lobby-Bar des Elephant beschwingt mich und auch der langgezogene Gastraum mit Blick in den Garten hat ebenso Stil wie ausreichend Platz, die Tische angenehm zu platzieren, so dass wir uns weder einsam, noch von einer kleinen Business-Gesellschaft gestört fühlten.
Frau Kühn im Service nahm meine Erinnerung an die Sterne-Zeit bedauernd zur Kenntnis und machte uns erst einmal mit dem aktuellen Motto vertraut: „Wir wollen einfach leckere Speisen anbieten.“ Ein Amuse gehört dazu nicht mehr, ebensowenig wie Mignardises zum Abschluss. Aber immerhin zweierlei gutes Brot begleitet von einer Linsencrème, Olivenöl, Butter und Fleur de Sel.
Der aus der Weinbegleitung heraus empfohlene Grauburgunder vom Saale-Weingut Zahn überzeugte uns nicht (genug), aber aus guten alten Zeiten fand sich noch ein feines Mosel-Gewächs, das geschmacklich voll einschlug. Zudem mit 60€ ein echtes Schnäppchen, denn im Netz werden derzeit 38€ aufgerufen. Und für genau diese Summe wurde uns sogar noch ein zweites Fläschchen für den heimischen Keller verkauft. Da das etwas länger dauerte, vermute ich mal, dass der Service auch erst im Netz nach einem Preis suchen musste;-)
Für Spaß im Glas war also gesorgt, während ich alleine mit Thüringer Wild(schwein)schinken (18€) startete, der mit Steckrübe, präsentem Basilikum und Kümmelvariationen stimmig kombiniert wurde. Die seit dem Winter 1916/17 hierzulande oft geschmähte Rübe konnte sich gut gegen die recht salzige Schweinerei behaupten, besonders durch die knackige Textur der süß-sauer eingelegten Variante. Das Kümmel-Karamell blieb entgegen meiner Besorgnis angenehm im Hintergrund und setzte sich erst gegen Ende eines Happens in Szene. Eine „irgendwie“ bekannte, rustikale Geschmackswelt, aber verfeinert und mit dem Basilikum gelungen erweitert.
Beide genossen wir dann das bei 62 Grad knapp über Läufigkeit gegarte Landei (18€), zu dem wohl gepökelter Wels in einem salzig-kühlen Kontrast stand. Natürlich begleitet von feinem Kartoffelschaum und statt Spinat hob würzig-kräuterige Petersilie das Ganze aus zu viel Molligkeit. Das und eine gute Prise Chilipulver!
Bei der Thüringer Sauerkrautsuppe mit Senfsaat (14€) wäre ich wieder solo gewesen, aber der Service hatte etwas „dagegen“. So bekam auch meine Liebste einen Teller der samtenen, vermutlich durchs Sieb gestrichenen Suppe, denn kein Fetzchen Kohl trübte die Freunde über die erfrischende Säure, die mittels der Sahne gut eingebunden war. Auf der Zunge zerplatzten die kleinen Senfkörner, vermutlich nicht die einzigen Scharfmacher. Für etwas zum Knabbern war der nicht weltbewegende, aber mit Sesam und Käse schon leckere Vollkorn-Blätterteigzopf zuständig. Nur die in der Karte angekündigte Petersilie glänzte am Gaumen durch Abwesenheit, hier wäre neben der Winzigkeit von Chiffonade ein Öl sicher nicht verkehrt gewesen. Trotzdem: Dieser Ausflug fort vom Menü geriet überraschend elegant, nicht das, was ich mir unter einem Sauerkraut-Gang vorgestellt hatte. Wie angenehm.
Vor dem Fleisch konnte ich natürlich nicht umhin, um ein Sorbet (4€) zu bitten. Die Wahl fiel auf erfrischende Passionsfrucht und die Küche präsentierte stilvoll.
Ganz gut, dass die Erfrischung kam, denn die Küche ließ sich viel Zeit mit dem nächsten Teller.
Der Hauptgang (39€) stellte dann eine Premiere dar, denn Mufflon hatte ich zuvor noch nicht probieren dürfen. In der Tat seinem zahmen Verwandten aromatisch nicht unähnlich, hatte ich spontan eine Assoziation zu Bison-Fleisch. Das perfekt medium gebratene Rückenstück war auch fester als das übliche Lamm, aber überhaupt nicht zäh. Wilder, halt. Sehr gut gelungen die Beilagen, sei es die intensiv reduzierte Sauce, der in Textur und Geschmack perfekt gelungene Haselnussbutter-Crumble, schön heiße Waldpilze oder der Kopfsalat, der in der Pfanne Röstaromen bis an die Grenze zur Bitterkeit bekommen hatte. Was auch Sinn machte, um dem kräftigen Fleisch Paroli zu bieten.
Schön, dass das AnnA einen veritablen Käsegang (16€) anbietet: Variationen von altem Gouda, Birne und Johannisbeere. Das gab schöne Kombinationsmöglichkeiten von süß, sauer, umami und salzig, dazu die vielen Konsistenzen. Nichts Weltbewegendes, aber interessant und lecker. Den von mir gewünschten Banyuls wollte der Service nur ungern bringen, da zu mächtig. Aber Hey! am Ende entscheidet der persönliche Geschmack und der Käse konnte schon was. Außerdem macht Bertrand guten Stoff, gleich nach Gebrüdern Parcé. Für mich passte das schon. Kam der süße Pyrenäe vielleicht deshalb nicht auf die Rechnung, weil er gegen den Rat des Service bestellt wurde? Nein, sicher nicht, zu kundenorientiert agiert hier das Team!
An diesem schönen Abend wollte ich den Süßen Fan nicht allein beim Dessert lassen! Zu lecker klangen Rosmarin, Cheesecake und Weinbergpfirsich (14€). Und: Endlich mal hat mich ein süßer Gang glücklich gemacht. Wie ein lockerer Flan die Quarkcreme mit den knusprigen Krümeln, kühles Rosmarineis, saftig-süßes Pfirsichragout, nicht zur Unkenntlichkeit verkocht, ein kleiner würziger Knusper durch geröstete Rosmarin-Nadeln, gegen die Süße frischer Sauerrahm. Passte alles wunderbar - Schleck, Suchtgefahr!
Auch hier spendierte das Haus etwas Süßes - Moscato d‘Asti hat in den letzten zwei, drei Jahren ein unglaubliches Comeback hingelegt. Zu Recht, wie dieses Pairing zeigte.
Und so endete ein Besuch, der auch ohne Gaumenschmeichler und Kleingebäck rundum überzeugte. „Wir wollen einfach leckere Speisen anbieten.“ Das ist dem Team des AnnA umfassend geglückt. Sollten beim nächsten Weimar-Besuch die Alternativen erneut geschlossen sein, werde ich mit Freuden wieder am Marktplatz einkehren!