Wir verwenden Cookies
Wenn Sie unsere Webseiten besuchen, kann Ihre Systemsoftware Informationen in Form von Cookies oder anderen Technologien von uns und unseren Partnern abrufen oder speichern, um z.B. die gewünschte Funktion der Website zu gewährleisten.
Und in diesem Jahr ist der November gastronomisch noch viel trüber. Da heißt es, sich an die schöne Sommerzeit zu erinnern, als Wetter und Gemüt noch sonnig waren und die Wirte nach dem ersten lock-down erfreulich unbürokratisch ihre Außenbestuhlung weit ins städtische Weichbild schieben konnten. So lachten mich denn bei einem ziellosen Bummel durch das im wörtlichsten Sinne pittoreske Ostertor
Narrenhände...
auch das bewusst abgeschrammelte und gewohnt klapperige Gartenmobiliar der Küche13 an.
Vergangene Enttäuschungen mild lächelnd ignorierend, fragte ich um 18.00 Uhr nach einem Platz, der mir mit der deutlichen Ansage zuteil wurde, diesen nach spätestens zwei Stunden wieder zu räumen. Mein schüchterner Hinweis, dass die zeitliche Begrenzung nicht recht zum offerierten 6(!)-Gänge-Menü (sehr nette 54€) passe, fruchtete ebensowenig, wie meine Bereitschaft, mit einer Flasche Wein den Umsatz auch bei längerer Tisch-Belegung zu sichern. Da war er wieder - der unbedingte Wille, dem Kunden deutlich zu machen, wie glücklich er sich schätzen könne, hier überhaupt verköstigt zu werden. Nun, so wurden es eben nur 4 Gänge und ein Sauvignon blanc von Pfannebecker mit viel gelben Fruchtaromen (ebenfalls freundliche 5,9€ für 0,2l) aus der Auswahl an offenen Weinen, der ich mit meinen beschränkten Kenntnissen „guten Durchschnitt“ bescheinigen möchte.
Immerhin, die hier schon mehrfach gesichtete Service-Fee war zwar wie stets kurz und knapp, erledigte aber ihr umfangreiches Pensum fachlich gut und gar nicht mal unfreundlich. Selbst der wackelnde Tisch wurde ohne Erinnerung bei einem der vielen Läufe zwischen Küche und weit verteilten Tischen mit einem Korkenstück beruhigt. Mein Lob, dass der Service bei diesem Besuch viel besser sei als früher, kam von Herzen, verwirrte die Gute jedoch. Ihre Entgegnung, dass sie selbst doch schon seit Jahren hier arbeite, hätte ich vielleicht nicht mit einem Eben drum! kommentieren sollen. Die Stimmung sank da kurzzeitig etwas, aber mit der Feststellung, dass jede/r mal einen schlechten Tag habe, rettete ich die Situation souverän. Glaub ich.
Ein Freibier von Störtebeker (3,2€) für den ersten Durst, später Viva con Agua für 5,9€, auch das keineswegs überzogene Preise.
Die Küche grüßte mit einem frischen, süßlichen Roggenmischbrot, einem erfreulich flüssig-leichten, Dill-lastigen Kräuterquark, Olivenöl und vier entsteinten Kalamata-Oliven, beides von Jordan aus der Klingenstadt (Also Jordan, die Oliven wohl nicht...).
Soliger Appetithappen
Alles lecker. Nachschlag gäb‘s für 2,5€.
Aus der angenehm fokussierten, aber abwechslungsreichen Karte fand ich besonders vielversprechend:
- Leicht gebeizter ike-jime Saibling mit kalt mariniertem Fenchel im Kombuchasud und Wildkräutern (15€)
- Pikante geeiste Melonen-Tomatensuppe mit Mozzarella und Parmesan (9€)
Ergänzt aus der Tagesempfehlung um
- Enten-Labskaus (Hä?) für 13€
- Bauch vom Bentheimer Schwein (22€).
Der Einstieg gelang schon mal gut mit dem recht süß gebeizten Saibling, garniert erneut mit viel Dill und weißem Sesam auf einer Basis knackigen Fenchels. Die Süße wurde durch den Kombucha-Sud gut austariert.
Saibling, Fenchel, Kombucha
Allein, mir war es zu viel vom festen Fenchel. Da musste lange gekaut werden, so dass der Fisch geschmacklich schon lange durch war, die Säure sowieso. Etwas Schärfe hätte jetzt noch für Abwechslung gesorgt. Sehr gelungen die gesondert gereichten diversen Wildkräuter mit starken, ätherischen Aromen in einer fruchtigen Vinaigrette, die leicht pikant endete (Sic!). Dazu selbstgemachte Croûtons, würzig und knusprig. Einziges Manko: Die großen, benetzten Blätter ließen sich aus dem kleinen engen Topf nicht ohne Tropfen-Schleuderei heraus fischen - eine flache Schale wäre kundenfreundlich gewesen.
Wildkräutersalat im Spritzermodus...
Na, Reinigungen müssen auch leben...
Die wunderschöne
Geeiste (nö) Melonen-Tomatensuppe
geeiste, pikante Melonen-Tomatensuppe hatte zwei Probleme:
Sie war nicht geeist und sie war nicht pikant. Das erste Manko empfand ich als schade an diesem warmen Abend, das zweite als ärgerlich. So blieb die plakative Süße der Melone sehr im Vordergrund, zumal sie von der Tomate nicht genügend eingefangen wurde. Auf der anderen Hand war der Parmesan-Chip noch nicht durchgeweicht und brachte eine willkommen lange Salzigkeit mit. Mozzarellafetzen sorgten tatsächlich für ein leicht cremiges Mundgefühl und die Kräuterkomponente überzeugte auch als Öl. An sich ein schöner Teller, der wie manches in der Küche13 mit etwas weniger „Lässigkeit“ noch deutlich besser sein könnte.
Auf den nächsten Teller war ich gespannt und tatsächlich überraschte das Enten-Labskaus als eine dekonstruierte Variante des bekannten Seefahrergerichts:
Enten-Labskaus
Fester Kartoffelstampf als Unterlage, darauf Würfel von Roter Bete und Gewürzgurke und zuoberst Scheiben von Entenbrust. Das Fleisch - noch leicht rosa - sah trockener aus
Kalte Entenbrust in Scheiben
als es tatsächlich war. Allerdings auch geschmacklich sehr zurückhaltend, gegen die anderen Zutaten kam es als festeste Komponente zwar spät, aber immerhin noch zur Geltung. Für mich funktionierte das Experiment hauptsächlich aus einem Grund nicht: Es war ein insgesamt kalter Teller. Mit Erwartungen zu brechen, kann reizvoll sein. Beim Braten war das nicht der Fall, zumal Fett und Haut einer Entenbrust in kalt nicht wirklich gewinnen. Meine Meinung. Immerhin gab’s nochmal den leckeren Salat ganz ohne Spritzgefahr.
Der abschließende Gang war ein Gedicht für Liebhaber der Bunten Bentheimer!
Bauch vom Bunten Bentheimer
Der sehr fette Bauch erst 72 Stunden sous vide gegart, danach brachial angebraten. Perfekt. Die Beilagen waren klug aufeinander abgestimmt. Die kräftig reduzierte, solo etwas zu salzige Portwein-Sauce harmonierte gut mit der eben auch sehr süßen Möhrencrème. Der stückige Kartoffelstampf verleugnete die viele gute Butter keineswegs, lecker. In diesem schweren Ensemble war der knackige Pakchoi eine angenehme Gemüse-Abwechslung. Nur der Weißweinschaum sollte wohl nur einen kleinen optischen Aufheller bieten, geschmacklich ging er natürlich völlig unter.
Nicht schlimm, bester Gang des kurzen Abends.
Schweinebauch mit Weißweinschaum
Schwein, Pakchoi, Möhre, Kartoffel, Portweinsauce
Pünktlich nach zwei Stunden holte mich meine Liebste von der improvisierten Bürgersteig-Terrasse ab. Abschiedsschmerz? Naja, gut gegessen habe ich an diesem Abend ohne Zweifel. Und es war auch keine große Überraschung, dass mein Wunsch nach Kartenzahlung den etwas genervten Hinweis nach sich zog, dass man dann „eine andere Rechnung“ machen müsse...
Es ist einfach nicht meine Welt, dieses gewollt hochgehaltene Unperfekte. Das sollte dann mit einer umso authentischeren Gastlichkeit einher gehen. Immerhin macht man sich wohl doch Sorgen um die Gäste; man zeigt es halt nur auf schriftlichem Wege...