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Unser Ziel war, wie so häufig in den letzten Jahren, das etwas verstreut unterhalb der mächtigen Kanisfluh an der Bregenzerach liegende Bergdorf Au (800 m ü.NN). Wir freuten uns nicht nur auf die idyllische Bergwelt, die sich in diesem hinteren Eck des Bregenzerwaldes ausgiebig erwandern lässt, sondern auch auf die kulinarischen Genüsse, die uns bei Familie Simma im Hotel Rössle erwarten würden.
Kleiner Tipp für erholungssuchende Feingaumen: Ruhig mal kurzzeitig den GG-Kosmos verlassen und die Bilder auf TA anschauen. Sie lassen erahnen, warum wir hier zum wiederholten Male im Halbpensions-Himmel schwelgten.
Die eingeplante Mittagspause wollten wir im ca. 1600 Einwohner zählenden Örtchen Deuchelried, einem rund einen Kilometer östlich von der Kreisstadt Wangen im Allgäu gelegenen Ortsteil, verbringen.
Hier schlugen wir nicht zufällig auf. Unser Ziel war das Landgasthaus Adler, das – und hier war der Name nun wirklich Programm – der leider nicht mehr auf diesem Portal aktive Kollege „Gast im Haus“ (ein Jammer!) vor ein paar Jahren gleichermaßen detailliert wie enthusiastisch beschrieben hatte.
Seither stand diese Einkehradresse ganz oben auf meinem Futter-Register. Ich musste sie nur noch irgendwie in unsere „Boxenstopp-Strategie“ auf dem Weg in den Bregenzerwald einbauen…
Nun, es war Sonntag und da empfängt das von Anne-Kathrin und Uwe Zöller geführte, lediglich von Freitag bis Sonntag geöffnete Haus auch über Mittag seine Gäste. Ein spontaner Anruf während der Fahrt gen Süden sicherte uns überraschend problemlos einen Tisch für zwei Personen und ein Kleinkind zu.
Unser Auto stellten wir auf dem direkt neben dem Lokal befindlichen Parkplatz ab. Der Ortskern von Deuchelried machte auf uns einen sehr idyllischen Eindruck. Ja, der ländliche Süden unserer Republik hat auch seine Reize. Und in Zeiten wie diesen tut ein Stückchen „heile Welt“ auch mal ganz gut.
Die katholische Kirche grüßte erhaben von schräg gegenüber. Ein hübsch angelegter Spielplatz war ebenfalls in Reichweite. Die Möglichkeit, dass sich unsere Kleine nach dem Stillsitzen im Lokal hier noch würde austoben können, nahmen wir später dankend an. Ein Umstand, der uns auch den übrigen Reiseweg nach Österreich gut meistern ließ.
Bereits von außen machte das stattliche, teilweise mit Schindeln verkleidete Anwesen aus der guten alten Wirtshauszeit einen sehr gepflegten Eindruck.
Außen Wirtshaus - innen Geschmack!
Dieser sollte sich drinnen mehr als nur bestätigen. Inhaberin Anne-Kathrin Zöller begrüßte uns freundlich. An ihrer Reaktion merkte man sofort, dass auch kleinere Kinder im Adler gerne gesehen sind.
Über leicht knarzendes Fischgrätenparkett ging es an unseren klassisch eingedeckten, in schneeweißes Leinen gehüllten Tisch, der sich im ersten von zwei Gasträumen befand. Das - von der Straße aus gesehen - vordere Speisezimmer hatte eine ähnliche Größe, wirkte jedoch etwas rustikaler, was vielleicht am dunklen Holz seiner altehrwürdigen Kassettendecke lag.
Nostalgisch - klassisch - gediegen
Frau Zöller strahlte die Souveränität einer erfahrenen Gastronomin (die sie sicherlich auch ist) aus. Sie hatte ihr Landgasthaus richtig gut im Griff und umsorgte freundlich und zuvorkommend ihre Gäste, deren Großteil sich aus regelmäßig hier einkehrenden Wiederholungstätern rekrutierte. Gerade auf dem Land beruht ja der langfristige Erfolg einer Gastronomie nicht selten auf einer sorgsam aufgebauten Stammklientel.
Blickfang unseres Gästeabteils war der etwas provisorisch wirkende Thekenbereich, hinter dem ein kleiner Durchgang zur Küche führte.
Frau Zöller bei der Arbeit
Von hier aus stillten die Servicedamen den Durst ihrer Gäste und trugen die fertig angerichteten Teller aus der Zöller’schen Kochstube.
Eine Glasvitrine, die auf Hochglanz polierte Weinkelche und hochprozentige Flaschenware zur Schau stellte, lauerte hinten im Eck. Ein Klavier diente als Abstellfläche für weitere „Spiritualitäten“ und fungierte ganz nebenbei noch als „Trennwand“ für die Ausschank-Enklave. Innenarchitektonisch durchaus clever gelöst und definitiv nicht alltäglich.
Gastraumimpression mit Stammgastanteil
Auf den aus dunklem Holz geschnitzten Stühlen saß es sich dank ausreichend gepolsterter Unterlage richtig bequem. Für Gäste mit empfindlichem Rücken hielt man zusätzlich noch ein paar weiche Kissen bereit. Weiße Stoffservietten, Brottellerchen und Silberbesteck kündeten von stilvoller Tischkultur. Eine gehobene (aber nicht abgehobene!) Landhausatmosphäre, in der wir uns gleich wohlfühlten.
Der Kinderstuhl ließ nicht lange auf sich warten. Dann reichte uns die Hausherrin die bereits aufgeschlagenen Speisenkarten. Aha, hier wusste man anscheinend noch die kleinen, aber feinen Freundlichkeiten im Service zu beherzigen. Sehr schön. Das bewusst reduzierte Angebot passte samt Aperitif- und Weißweinempfehlung auf zwei DIN-A4-Seiten.
Einem halben Dutzend wohlklingender Vorspeisen, standen zwei Suppen, drei Fischgerichte, vier Fleischteller und ein vegetarisches Hauptgericht gegenüber. Hausmannsköstliche Klassiker im bestbürgerlichen Sinne, mal mediterran, mal asiatisch akzentuiert. Dabei aber immer mit dem Gewicht auf den kulinarischen Entsprechungen der Jahreszeit.
Spargelschaumsuppe und Spargel-Risotto durften da genauso wenig fehlen wie der Spargel-Cocktail mit Garnelen und Melonen-Curry-Chutney für vorweg. Kräuterspargel mit gebratenen Meerwassergarnelen und Kalbsleber auf Kartoffel-Spargelragout grüßten hingegen von der Schiefertafel mit den Tagesempfehlungen.
Doch selbst diese nicht allzu große Auswahl stellte mich vor Entscheidungsnot. Da klang ja ein Hauptgang besser als der andere. Von den feinen Vorableckereien ganz zu schweigen. In solchen Fällen hilft meist die Getränkebestellung, um erstmal ein wenig auf Zeit zu spielen.
Eine kleine Apfelschorle (0,2l für 2,40 Euro) für das Töchterchen und eine Flasche „Allgäuer Alpenwasser“ (medium, 0,7l für 7,50 Euro) für ihre Eltern waren ruckzuck geordert.
Guter Durstlöscher
Zum Hauptgang gönnte ich mir ein „falsches“ Viertel Rosso Passo (0,2l für 7,50 Euro) aus dem offenen Vollzug.
Der aus den Trauben Sangiovese und Merlot vinifizierte Rote von der Cantine Lenotti aus Bardolino (vom Ufer des Gardasees) machte später als harmonisch-weicher Tropfen zu meinem Fleischgang eine ganz passable Figur. Da hatte ich schon dünnere Rotweine für mehr Geld im Glas.
Da unsere Kleine auf ihren obligatorischen Pasta-Teller nicht verzichten wollte, sollte sie später ein paar Tagliolini mit gedämpftem Gemüse und dunkler Sauce für lächerliche 5 Euro erhalten. Zu dem Preis bekommt man heutzutage ja nicht mal mehr TK-Chicken-Nuggets im SB-Restaurant in die Pappschale geschmissen.
Im Adler löst man die Verköstigung der Kleinen scheinbar ganz anders, nämlich wunschgemäß (soweit das für die Küche machbar ist). Kindergerichte waren in der Karte gar keine aufgeführt. Großes Lob an Frau Zöller und die Küche, die das wirklich sehr kindgerecht angingen. Über den geringen Preis konnte man sich bei der gebotenen Qualität nur wundern. Wahrscheinlich war er „gemischt kalkuliert“ und schlug deshalb so gastfreundlich zu Buche.
Während meine Frau mit einem bunten Salat mit gerösteten Kürbiskernen (11,50 Euro) zu starten gedachte, stand mir der Vorspeisensinn nach etwas Exotischerem. Dem Kakuni vom Iberico auf Glasnudelsalat mit Curry-Sauce (17 Euro) wollte und konnte ich einfach nicht entsagen. Wann hat man schon die Möglichkeit, einen auf japanische Art geschmorten Schweinebauch in einem der besten Allgäuer Lokale zu verputzen?
Bei den Hauptspeisen wollten wir uns beide aus den hiesigen Fleischtöpfen bedienen. Die Gattin entschied sich ganz überraschend und entgegen ihrer im Lokal häufig auf Fleisch verzichtenden Natur für die Lammnüsschen auf mediterranem Ofengemüse an Rosmarinjus (35 Euro). Da konnte ich ja gar nicht anders als mit dem Rücken vom Weiderind auf Spargel-Risotto an Portweinjus und buntem Gemüse (35 Euro) adäquat zu kontern.
Vom Allgäuer Mineralwasser erfrischt, ging es eher rustikal „amused“ ans Stullenschmieren. Zwei Aufstriche – eine ganz formidable Paprikacrème sowie ein schmackiger Kräuterquark – und ein Stück Butter wollten gerecht auf ein paar Scheiben Brot verteilt werden.
Aufstriche zum Beißvertreib
Besonders das außen krachend-krustige und innen noch leicht warme Körnerbrot war jede cremige „Streich(el)einheit“ wert. Das einfache, auf solider Grundlage geschmierte Butterbrot vermochte auch den Hunger der Jüngsten am Tisch fürs Erste zu besänftigen. These simple things...
Gutes Brot - so wichtig!
Nach angenehmer Wartezeit kamen zusammen mit dem Kinderteller unsere Vorspeisen. Frau Zöllers Angebot, das Essen für die Kleine vorzuziehen, nahmen wir dankend an. Von unseren Hauptgerichten konnten wir ihr ja später noch etwas abgeben.
Dann nahm meine Frau ihr knackig frisches, in zeitgemäßer Keramik serviertes Blattwerk unter Messer und Gabel. Eine ungemein leckere, mit Senf, Honig und einem Hauch von Curry veredelte Vinaigrette verlieh dem jungen Grün seinen besonderen Kick am Gaumen. Meine (große) Herzensdame war begeistert.
Bunt trieb es der Salat...
Ähnlich erging es dem Töchterlein. Schnell hatte sie an ihrer Bandnudelportion Gefallen gefunden.
Kinderteller von Format!
Zusammen mit der dunklen Bratenjus und den kleingeschnittenen Gemüsewürfeln aus dem Dampf ergab das einen auch geschmacklich recht ausgewogenen Kinderteller, der lediglich etwas zu groß ausgefallen war. Da mussten Mama und Papa später noch ein wenig nachhelfen.
Mein mit lilafarbenen Radieschensprossen verzierter Schmorbauchquader thronte stolz auf einem stattlichen Unterbau aus Glasnudelsalat, Rucola und Radicchio.
Kakuni auf Glasnudelsalat
Ein paar halbierte Cocktailtomaten schmuggelten sich ebenfalls unter diese herrlich süffige, von asiatischen Aromen geprägte Vorspeise.
Allein das Dressing des Glasnudelsalats hatte es in sich. Die darin enthaltene Chilischärfe kitzelte zeitversetzt am Gaumen, während sich die Limette um einen zusätzlichen Frischekick kümmerte. Die um das Kakuni-Türmchen geklekste Thai-Curry-Sauce aus der Quetschflasche vereinte Koriander, Zitronengras, Kokos & Co. auf geradezu raffinierte Art und Weise.
"Ihr wollt es doch (b)auch!"
Dass sich bei diesen Mitspielern der in Soja, Mirin und braunem Zucker geschmorte, lauwarme Schweinebauch „sauwohl“ fühlte, lag auf der Hand bzw. auf der hübsch gewählten Keramik. In der Summe ergab das eine vom ersten Bissen an sehr überzeugende Vorspeise mit ausgeprägter eigener Handschrift.
Da hatte Chefkoch Uwe Zöller gleich zu Beginn mächtig auf die Aromenpauke gehauen und mir dabei ein unerwartet intensives Gaumenerlebnis der asiatischen Art in einem urdeutschen Wirtshaus beschert. Ich war schwer beeindruckt und freute mich umso mehr auf mein Hauptgericht.
Dies ließ dann auch nicht mehr lange auf sich warten. Eine bravourös auf den von mir gewünschten Garpunkt („medium rare“) gebratene, in zwei Stücke zerteilte Tranche vom heimischen Rinderrücken hatte es sich auf geschmeidigem Spargelrisotto gemütlich gemacht.
Solch ein Weiderindrücken kann schon entzücken!
Ein betörender Duft nach Portwein umschmeichelte sofort meine Nase. Gut, dass der Küchenchef nicht mit Beiguss gespart hatte. Die Portweinjus war nämlich vom Allerfeinsten. Kein Tröpfchen sollte von ihr zurückbleiben.
Weiderindrücken von "Rex Risotto", dem Saucengott von Deuchelried, zubereitet
Tourniertes Gemüse aus dem Dämpfer brachte zusätzlichen Biss und auch etwas Farbe ins Spiel. Geschmacklich und texturell gab es da überhaupt nichts zu beanstanden. Auch die Portionsgröße ging absolut in Ordnung. Bei Wegputzen dachte ich unwillkürlich: So und nicht anders muss das gemacht werden! In der Deuchelrieder Küche regierte nämlich „Rex Risotto“, vom Saucengott persönlich geweiht.
Auch der mediterrane Ausflug meiner Frau ins Land der saftigen Lämmer wurde nicht bereut.
Lammnüsschen mediteran aka "Premium-Mäh"
Die aus der Keule geschnittenen Medaillons wurden vorher wahrscheinlich gut mariniert bevor sie zusammen mit Kräutern in Pfanne landeten. Besser kann gebratenes Fleisch kaum riechen. Ich gönnte der gegenübersitzenden „Lammkundin“ ihr „Premium-Mäh“, das mit gerösteten Kartoffeln und Gemüse aus dem Ofen die passenden Beigaben erhielt. Dass die angegossene Rosmarinjus geschmackliche Tiefe besaß, war dann auch keine Überraschung mehr.
Gut gesättigt und mit der Gewissheit, dass am Abend noch ein dreigängiges Menü samt Salatbuffet im Hotel Rössle auf uns wartete – ich entschied mich verständlicherweise für den Steinbutt –, verließen wir ohne einen süßen Abschluss das sehr empfehlenswerte Gasthaus der Familie Zöller und gönnten unserem Töchterchen auf dem Spielplatz nebenan noch ein wenig Bewegung.
Den Adler in Wangen-Deuchelried werden wir uns für zukünftige Rastpausen auf dem Weg in den Bregenzerwald mit Sicherheit merken. Danke, lieber „Gast im Haus“ für diesen tollen Tipp!