Ich gehe gern und gut essen und schreibe auch darüber. Rein privat, aus Spaß und nicht kommerziell.
Vorwiegend, aber nicht nur, besuchen wir sogenannte Gourmet-Restaurants und reisen dafür auch gezielt durch Deutschland und ins europäische Ausland.
Mehr Berichte auf meinem Blog http://tischnotizen.de oder meinen Facebook-Profilen https://www.facebook.com/tischnotizen.de/ und https://www.facebook.com/thomas.westermann.5 .
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Bewertungs-Statistik
Insgesamt 103 Bewertungen 137378x gelesen 2537x "Hilfreich" 2513x "Gut geschrieben"
Besucht am 22.01.2017Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 184 EUR
Manchmal braucht es einen deutlichen Schnitt, um erfolgreich zu sein. Marc und Nadine Flogaus haben vor einigen Jahren ihr damals hochgelobtes „Flogaus“ gründlich umgekrempelt. Wir waren seinerzeit zwar nie dort, aber wenn ich es noch recht erinnere, war es ein ambitioniertes Restaurant mit ebensolcher Preisgestaltung, Mehrgang-Menü und eben dem, was es halt so braucht, wenn man die einschlägigen Restaurantführer beeindrucken und vielleicht auf einen Stern hinarbeiten will.
Ob es sich auf Dauer nicht gerechnet hat oder einfach nicht mehr das war, was die beiden in ihrem Restaurant machen wollten, weiß ich nicht. Auf jeden Fall war downsizing angesagt. Rustikaleres, aber dennoch gemütliches Ambiente, blanke Tische, eine übersichtliche Karte mit einfacheren Gerichten, die im besten Sinne bürgerlich sind und abgespeckten Preisen.
Schlechter gekocht wird seitdem sicherlich nicht, nur eben anders. Und das wird auch vom Michelin anerkannt, der hier seinen Bib Gourmand verteilt, mit dem gute Qualität zu vernünftigem Preis auszeichnet wird.
Die beiden Male, die wir nun im umbenannten „Metzger & Marie“ waren, war es jedesmal ausgebucht. Herzlichen Glückwunsch kann man da nur sagen: Neukonzeption offensichtlich geglückt.
Die Gerichte auf der Karte werden wahlweise ihm, Metzger, oder ihr, Marie (beides wohl Spitznamen von Marc und Nadine Flogaus) zugeschrieben, wobei sie mehr für Fisch und vegetarisch und er fürs Fleischliche zuständig ist. Ein deutlicher österreichischer Einschlag ist unverkennbar.
Die Küche grüßt mit Laugenstangen, Butter und köstlichem Schinken und Leberwurst. Das ist originell und von ausgezeichneter Qualität.
Wir wählen zum Start Marie's Rote Garnele und Färöerlachs, was als Salat kommt, der gut angemacht ist und von einer Avocadocreme begleitet ist. Der Lachs ist geräuchert, die Garnelen kurz gebraten. Alles in allem ein ordentlicher Einstieg.
Metzger's Backhendl ist als Vorspeisenportion gedacht und daher auch gut zu bewältigen. Es kommen drei knusprig ausgebackene Stücke vom Stubenküken, saftig und makellos, dazu leckerer Kartoffelsalat und Remoulade. Nun bin ich etwas voreingenommen, was Remoulade angeht, weil ich meine eigene so wundervoll finde, dass es alle anderen einfach schwer haben. Und auch diese hier ist mir zu wenig kräutrig und insgesamt zu flach und mayonnaisig, aber die Backhendl-Stücke und der Salat machen das wett.
Im „Metzger & Marie“ werden, und das finde ich äußerst lobenswert, auch den Innereien angemessenen Platz eingeräumt. Wo sonst kann man regelmäßig auch Kutteln oder Kalbsbries bekommen? Einen Stammplatz auf der Karte, weil scheinbar eines der beliebtesten Gerichte hier, haben die Kalbsknochen, aus denen das Mark mit Schnittlauch gelöffelt wird und zu dem es nichts weiter als geröstetes Brot gibt. Das hat etwas archaisches, ist fettig, aber ungemein g'schmackig.
Im Hauptgang wird es erneut fleischig. Zum einen kommt eine stattliche Portion geschmorter Lammhaxe auf den Tisch, mit getrockneten Tomaten, Artischocken und Kartoffelpüree leicht mediterran angehaucht. In Summe aber ist dies ein rustikales Wohlfühlgericht, das gut zur kalten Jahreszeit passt.
Mein Cordon Bleu steht dem in nichts nach. Besonders erwähnenswert sind hier aber die ganz ausgezeichneten Beilagen, wobei neben den leckeren Speckkroketten vor allem das saure Karottenpüree herauszuheben ist. Hier war ich beim Lesen der Karte erst skeptisch, aber tatsächlich schmeckt das stückige und in der Tat säuerliche Püree ganz fabelhaft. Den Kniff geben hier gepickelte Karotten und Reisessig, wie wir auf Nachfrage erfahren.
Nach so viel Fleisch reicht es nur noch für ein Dessert zum Teilen. Der Bananensplit kommt in dekonstruierter, aber nicht wirklich schlankerer Form im Glas. Mascarpone tut hier einen ordentlichen Dienst, um das Bananenkompott bloß nicht zu gesund wirken zu lassen. Das ist schon eine recht mächtige Angelegenheit, der wir dringend mit einigen der ausgezeichneten Obstbrände zu Leibe rücken müssen.
Die Weinkarte listet einige interessante deutsche und österreichische Weine und bei den offenen Weinen verfährt man so, dass die Flasche auf dem Tisch gelassen wird und anschließend nach Verbrauch abgewogen und abgerechnet wird. Gefährlich, weil man meistens doch mehr nimmt, als man will, aber unterm Strich auf jeden Fall fair berechnet.
Dass das „Metzger & Marie“ auch sonntags geöffnet hat, ist ein weiterer Vorteil, der nicht zu unterschätzen ist, weil die Auswahl da in Köln doch überschaubar ist. So ist es auch nicht verwunderlich, wenn man an so einem Abend das ein oder andere bekannte Gesicht an anderen Tischen erblickt.
Und wer vom Metzger & Marie auch etwas mit nach Hause nehmen will, kann speziell dafür konzipierte Gerichte auch im Weckglas erstehen. Nicht die schlechteste Idee.
Manchmal braucht es einen deutlichen Schnitt, um erfolgreich zu sein. Marc und Nadine Flogaus haben vor einigen Jahren ihr damals hochgelobtes „Flogaus“ gründlich umgekrempelt. Wir waren seinerzeit zwar nie dort, aber wenn ich es noch recht erinnere, war es ein ambitioniertes Restaurant mit ebensolcher Preisgestaltung, Mehrgang-Menü und eben dem, was es halt so braucht, wenn man die einschlägigen Restaurantführer beeindrucken und vielleicht auf einen Stern hinarbeiten will.
Ob es sich auf Dauer nicht gerechnet hat oder einfach nicht mehr das war,... mehr lesen
4.0 stars -
"Rustikale Küche mit Pfiff" tischnotizenManchmal braucht es einen deutlichen Schnitt, um erfolgreich zu sein. Marc und Nadine Flogaus haben vor einigen Jahren ihr damals hochgelobtes „Flogaus“ gründlich umgekrempelt. Wir waren seinerzeit zwar nie dort, aber wenn ich es noch recht erinnere, war es ein ambitioniertes Restaurant mit ebensolcher Preisgestaltung, Mehrgang-Menü und eben dem, was es halt so braucht, wenn man die einschlägigen Restaurantführer beeindrucken und vielleicht auf einen Stern hinarbeiten will.
Ob es sich auf Dauer nicht gerechnet hat oder einfach nicht mehr das war,
Besucht am 21.12.2016Besuchszeit: Mittagessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 278 EUR
Unser erstes Menü 2016 hatten wir bei Tim Raue in Berlin und das (nahezu) letzte soll auch dort sein. Ein Lunch bei Raue ist eigentlich immer gesetzt, denn ich mag die Atmosphäre dort, das helle Restaurant mit den meterhohen Fenstern, dem lockeren Service und dem großartigen Essen, das es mittags nach wie vor zu verhältnismäßig günstigem Kurs gibt, für ein Zweisternerestaurant allemal. Andere Häuser dieser Klasse würden was um dessen Auslastung zur Mittagszeit geben. Alle Tische sind an diesem Mittwoch besetzt.
Das Schöne ist, dass die Karte neben einigen Klassikern immer auch genug Abwechslung bietet, dass es einem nicht langweilig wird. Im Rahmen unseres Berlin-Trips hatten wir bei fünf Restaurants drei für uns neue Adressen, die zum Teil durchaus experimentell und fordernd waren. Da ist es beruhigend, sich bedenkenlos fünf Gänge (68,--€) auszuwählen und zu wissen, dass es gut werden wird.
Zum Apéritif gibt es wie gewohnt einige kleine prägnante Knabbereien, den bekannten marinierten Schweinebauch, die japanische Gurke, die würzigen Cashews und etwas vorzügliche Salami. All dies bereitet den Gaumen mit der prägnanten Schärfe auf die folgenden Gänge vor. Denn eins ist klar: Tim Raue würzt mutig und eher mit dem Gong als mit dem Glöckchen.
Deutlich wird das zum Beispiel beim Sashimi von der Makrele mit Shiso und einem Sud aus Ponzu. Wie bereits bei früheren Gerichten, und da auch gerne bei den fischigen Vorspeisen, wird der Schärfegrad bis an die Grenze ausgereizt, aber eben nicht überschritten. Toll und auch optisch ein echter Hingucker.
Dem steht auch die Gänseleber (8,--€ Zuschlag) , eines der zahlreichen Signature-Dishes, in nichts nach. Mit Matcha-Tee marmoriert, einigen getrockneten Trauben, etwas säuerlichem Gel, einem leicht scharfen Püree und einigen Blättern Jiaogulan, dem Unsterblichkeitskraut, garniert, ist auch dieses Gericht einfach erst mal super schön anzuschauen. Je nachdem, in welcher Dosierung die unterschiedlichen Komponenten mit der schmelzigen Leber kombiniert werden, ergeben sich sehr abwechslungsreiche Nuancen. Zu Recht ein Klassiker.
Zum festen Repertoire bei Raue gehören immer einige Dim Sums, die auch häufiger wechseln, so dass man sich überraschen lassen kann, welche Gerichte oder Zutaten er in Dim Sum-Form interpretiert. Bei mir ist es ein Klassiker der französischen Küche, die Ente à l'Orange mit Chicorée und in der Tat schwebt, vor allem durch die ausgezeichnete Sauce, ein ganz klares vertrautes Aroma über dem Teller. Der Teig perfekt, die Füllung elegant - sehr gelungen.
Die Version mit Hühnerbrühe, Jakobsmuschel und Bambuspilzen ist mir zu dezent. Klar ist die Brühe gut, aber weder das luftige Teiggebilde noch das Muschelfleisch können markante Gegenpunkte setzen. Gut, aber nicht überragend.
Ein weiterer Klassiker dann der Zander im Sud aus 10-jähriger Sojasauce (8,--€ Zuschlag), den mein Mann wählt. Auch über diesen Teller ist bereits so häufig berichtet worden, dass ich nicht viel hinzufügen muss. Der Zander ist von hervorragender Qualität und der Sud in seiner unglaublichen Tiefe einfach zum Hineinlegen. Ich hatte das Gericht im Januar und erinnere beim Querprobieren sofort wieder alle Details.
Ich selbst probiere dieses Mal den Hamachi in Jade Sauce und Sansho Pfeffer. Das gefällt mir auch sehr gut, lässt eine dezente Schärfe erkennen, bleibt aber unterm Strich sehr elegant.
Beim Hauptgang entscheide ich mich für das im Lotusblatt gegarte Bettlerhuhn, einem Stück aus der Perlhuhnkeule, mit Feldsalat. Das Fleisch schmeckt würzig und leicht scharf, ist aber grenzwertig portioniert. Gefühlt (oder tatsächlich) sind wir hier bei nicht mehr als 70-80g, so dass das Querprobieren dieses Mal nur in homöpathischen Mengen passiert.
Was auch für die 6 Scheibchen Bauch des Dong Po-Schweins gilt. Akkurat aufgestellt und mit sehr feiner Galgantsauce und Wassermelone versehen, ist auch dies ein Fleischgang eher am unteren Gewichtsniveau. Geschmacklich aber dafür weit oben.
Zum Abschluss gehe ich auf die süße Seite und bekomme mit einer knusprigen Rolle aus Quitte, Macadamia Nougat und Passionsfrucht eine fast schon klassisch anmutende Komposition. Ist erneut auf sehr gutem, aber nicht überragendem Level.
Dafür überrascht mich der Käsegang meines Gatten umso mehr. Was mit Brie de Meaux, schwarzem Trüffel und Haselnuss eher belanglos klingt, entpuppt sich als cremig, knuspriges Vergnügen, das absolut überrascht. Natürlich probieren wir auch hier quer und ich muss mich zügeln, den Teller überhaupt wieder herzugeben.
Tim Raue ist und bleibt eine sichere Bank. Seine Handschrift ist unverkennbar und in dieser Form in Deutschland vermutlich einmalig. Das ist asiatische Küche modern und reduziert interpretiert, aber außerordentlich fokussiert und geschmacklich tiefgründig. Schärfe, mal mehr, mal weniger prägnant, aber immer dezent vorhanden, ist ein vorherrschendes Thema. Aber es ist ja auch spannend zu erfahren, dass es Schärfe nicht nur in unterschiedliche Graden, sondern auch in unterschiedlichen Geschmacksformen gibt. Die Portionsgröße bei den Hauptgängen fand ich etwas unbefriedigend, aber mit fünf oder sechs Gängen ist man gut bedient und darf sich auf ein höchst erfreuliches Mittagserlebnis einstellen.
Dazu trägt auch der unkomplizierte Service und André Macionga als Sommelier bei, der aus einer umfangreichen Weinkarte nicht nur kostspieliges empfiehlt. Wir hatten beim letzten Besuch großen Spaß mit dem Chardonnay Rosengarten vom Weingut Uexkuellhof aus Bechthofen, das von Georg Fischer, einem Starfotografen bewirtschaftet wird und bestellen ihn erneut. Der Wein ist kraftvoll, mit gut eingebundenem Holz und hält ausreichend mit der Schärfe der Gerichte mit. Zudem ist er mit 48 Euro mehr als fair bepreist.
Als wir zwei Stunden später im Zug nach Hause sitzen, ist eins schon jetzt klar. Wenn Berlin, dann auf jeden Fall wieder Tim Raue. Gesetzt ist eben gesetzt.
Unser erstes Menü 2016 hatten wir bei Tim Raue in Berlin und das (nahezu) letzte soll auch dort sein. Ein Lunch bei Raue ist eigentlich immer gesetzt, denn ich mag die Atmosphäre dort, das helle Restaurant mit den meterhohen Fenstern, dem lockeren Service und dem großartigen Essen, das es mittags nach wie vor zu verhältnismäßig günstigem Kurs gibt, für ein Zweisternerestaurant allemal. Andere Häuser dieser Klasse würden was um dessen Auslastung zur Mittagszeit geben. Alle Tische sind an diesem Mittwoch... mehr lesen
Tim Raue
Tim Raue€-€€€Restaurant, Sternerestaurant03025937930Rudi-Dutschke-Str. 26, 10969 Berlin
5.0 stars -
"Asiatische Küche - perfekt modern interpretiert" tischnotizenUnser erstes Menü 2016 hatten wir bei Tim Raue in Berlin und das (nahezu) letzte soll auch dort sein. Ein Lunch bei Raue ist eigentlich immer gesetzt, denn ich mag die Atmosphäre dort, das helle Restaurant mit den meterhohen Fenstern, dem lockeren Service und dem großartigen Essen, das es mittags nach wie vor zu verhältnismäßig günstigem Kurs gibt, für ein Zweisternerestaurant allemal. Andere Häuser dieser Klasse würden was um dessen Auslastung zur Mittagszeit geben. Alle Tische sind an diesem Mittwoch
Besucht am 20.12.2016Besuchszeit: Mittagessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 231 EUR
Ich hasste Turnhallen. Der leicht modrige Geruch pubertierenden Schweißes und alter Bodenmatten, der Anblick von Turngeräten, die ich nicht beherrschte und Kletterseilen, an denen ich wie ein nasser Sack hing - all das gehört zu den weniger schönen Erinnerungen an meine Schulzeit. Und an all das denke ich heute Mittag bei meinem Glas Champagner und beim Blick in die Karte. Denn ich sitze in der ehemaligen Turnhalle einer früheren jüdischen Mädchenschule. Der große Saal ist übersichtlich besucht und der Service platziert die Gäste weiträumig in allen Ecken des Raumes, so dass absolute Privatsphäre gewährleistet ist. An der hohen Decke beeindruckende Leuchter aus Muranoglas, die aus der namengebenden Pauly-Manufaktur stammen. Wir sitzen in unmittelbarer Nähe der Küche, die durch ein Fenster ebenfalls einsehbar ist und ich weiß, dass ich hier heute nicht schwitzen muss.
Die Küche im Pauly Saal wird geleitet von Arne Anker und alleine dessen Biografie weckt allergrößte Neugierde bei mir. Unter Sergio Herman (seinerzeit mit 3 Michelin-Sternen und 20 von 20 Gault Millau-Punkten ausgezeichnet - was der GM eigentlich nur theoretisch und nach meinem Wissen tatsächlich nur zweimal insgesamt in seiner Geschichte getan hat) im legendären und mittlerweile geschlossenen "Oud Sluis", später dann als Souschef unter Nick Bril im neuen Herman-Projekt "The Jane" in Antwerpen gestählt, bin ich neugierig, wieviel sich in Ankers eigenem Stil davon wiederfinden mag.
Mittags gibt es ein Lunch-Menü das 2 Gänge zu 36 Euro bietet, 3 Gänge zu 46 Euro und 4 Gänge zu 56 Euro. Bei Vorspeise und Hauptgericht kann man zwischen zwei Alternativen wählen.
Das Menü startet ohne Amuse Bouche, aber mit gutem Brot, direkt mit einem perfekt glasig gegarten Stück Lachs, Cous Cous und einer Variation von diversen Beten. Das ist nicht nur hübsch anzusehen, sondern schmeckt auch wunderbar leicht, der Sud gibt etwas säuerliche Noten als Kontrast zur bissfesten gelben und roten Bete. Ein schöner Auftakt.
Es geht weiter mit Lachsforelle, ebenfalls auf den Punkt zubereitet und begleitet von einer Variation aus Schwarzwurzeln und Knollenziest in unterschiedlichen Texturen. Das ist sehr elegant und im Mund abwechslungsreich.
Ich bleibe bei Fisch und wähle im Hauptgang den Dorsch, der als sattes Stück kross auf der Haut gebraten ist. Kennzeichnend auch hier wieder eine Variation als Beilage, diesmal vom Kürbis, als Pürree und in Scheiben, Haselnuss als Crumble gibt Textur, die Cranberry-Sauce Fruchtigkeit. Erneut ein spannender Teller, bei dem die Kontraste so geschickt austariert sind, dass es im Ganzen immer noch harmonisch bleibt.
Auf der anderen Seite des Tisches findet sich ein super saftiges und knuspriges Stück Schweinekarree, das auch geschmacklich voll überzeugt und Lichtjahre entfernt von irgendwelcher Massenware ist. Dazu gibt es eine etwas süßliche Masala-Sauce , Polenta und Kerbelwurzel in verschiedenen Ausprägungen. Bei diesem Teller begeistert mich der Hauptdarsteller deutlich mehr als die Beilagen, das dafür nachhaltig.
Uneingeschränkte Begeisterung bringt dann allerdings das Dessert, in dem Mandarine in verschiedenen Formen (Mousse, Creme, geeiste Perlen, Natur) durchdekliniert wird. Dazu Limonenkresse, Yuzu und Sake als säuerliche Mitspieler. Ein wunderbar frisches Dessert, das viel Handwerk und Verspieltheit in Sergio Hermannscher Tradition erkennen lässt.
Zum sehr guten Espresso gibt es noch zwei verschieden aromatisierte Schokoplättchen, ein als Stein getarntes Sorbet und ein Macaron. Auch dies wieder auf sehr gutem Niveau.
Mag der Lunch im Vergleich zum Abendessen womöglich etwas reduziert angeboten werden (was ich nur vermuten kann, weil wir abends noch nicht hier waren), ist aber bereits das auf sehr hohem Niveau. Nicht nur, weil wir die beiden vorhergehenden Menüs mit überwiegend experimentellen Gemüsegängen verbracht haben, war dieses Mittagessen eine große Wohltat. Das war frisch, modern, geschmackvoll und sehr sorgfältig zubereitet.
Mit Sicherheit aber ist der Pauly Saal eine der für mich am sympathischsten genutzten Turnhallen.
Ich hasste Turnhallen. Der leicht modrige Geruch pubertierenden Schweißes und alter Bodenmatten, der Anblick von Turngeräten, die ich nicht beherrschte und Kletterseilen, an denen ich wie ein nasser Sack hing - all das gehört zu den weniger schönen Erinnerungen an meine Schulzeit. Und an all das denke ich heute Mittag bei meinem Glas Champagner und beim Blick in die Karte. Denn ich sitze in der ehemaligen Turnhalle einer früheren jüdischen Mädchenschule. Der große Saal ist übersichtlich besucht und der Service... mehr lesen
Pauly Saal
Pauly Saal€-€€€Restaurant, Bar, Biergarten, Sternerestaurant03033006070Auguststr. 11–13, 10117 Berlin
4.5 stars -
"Raffinierte Küche in der Turnhalle" tischnotizenIch hasste Turnhallen. Der leicht modrige Geruch pubertierenden Schweißes und alter Bodenmatten, der Anblick von Turngeräten, die ich nicht beherrschte und Kletterseilen, an denen ich wie ein nasser Sack hing - all das gehört zu den weniger schönen Erinnerungen an meine Schulzeit. Und an all das denke ich heute Mittag bei meinem Glas Champagner und beim Blick in die Karte. Denn ich sitze in der ehemaligen Turnhalle einer früheren jüdischen Mädchenschule. Der große Saal ist übersichtlich besucht und der Service
Besucht am 19.12.2016Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 431 EUR
Marketing ist schon mal die halbe Miete. Die Website des Restaurants spart nicht mit markanten Ansagen, vom "Anspruch der Rückbesinnung auf Ursprünglichkeit", "kulinarischem Pioniergeist", "handwerklich geprägter Schöpfermentalität" und "nachhaltig orientiertem Wertebewusstsein".
Normalerweise würden mich solche dick aufgetragenen und verkopft wirkenden Aussagen eher abschrecken. Aber ich bin ja neugierig, kulinarisch einigermaßen aufgeschlossen und wenn man aus mehreren Ecken hört, wie begeistert alle über diesen seit November 2015 existierenden Laden in Berlin Mitte sind, muss wohl was dran sein. Dass auch der Michelin bereits nach einem Jahr den ersten Stern zückt, wird ebenfalls seinen Grund haben.
Die Macher Ivo Ebert als Gastgeber und Andreas Rieger, der Küchenchef, sind aus dem "reinstoff" bekannt und auch wenn man es auf der Website nicht so deutlich propagiert, wird schnell klar, dass wir es auch hier mit einem Konzept starker Regionalität und extrem gemüsebetonter Küche zu tun bekommen werden. All das wissen wir und ignorieren die ideologische Keule einfach mal, als wir mit dem Aufzug in das Kellergeschoss, also auf -1 fahren und im schlicht, eleganten Ambiente von ebenso eleganten, jungen Damen sehr freundlich begrüßt und an einem der großzügig gestellten Tische platziert werden. Immerhin, denke ich, wenn schon Gemüse, dann wenigstens chic und hip.
Im einsunternull gibt es nur ein Menü, das bei 10 Gängen 117 € kostet und auf Minimum 6 Gänge, dann 77 Euro, reduziert werden kann. Wir wählen das volle Programm und entscheiden uns nicht für die Getränkebegleitung, denn so groß ist meine Experimentierlust heute doch nicht. Die Weinkarte listet viel Unbekanntes, darunter viele Naturweine und da ich mich mit Orange Wine für gewöhnlich etwas schwer tue, lassen wir uns von Benjamin Becker, der wort- und kenntnisreich jeden Wein beschreiben kann, eine Flasche Weißen Burgunder empfehlen, ein Großes Gewächs vom mir bis dato völlig unbekannten Weingut Störrlein Krenig aus Franken. Der ist ausgezeichnet und entspricht sehr meinem Geschmack. Danach sollte es eine Flasche Matassa rouge aus dem Roussillon sein, der leider ausverkauft war. Alternativ wird es der empfohlene Espadeiro vom Weingut Attis aus dem Rias Baixas. Die Beschreibung der autochthonen Rebsorte klang spannend, im Glas ist es eine interessante Erfahrung und durchaus schmackhaft, aber ich hätte mir etwas kräftigeres und kantigeres gewünscht. Der Wein hier ist eher von mittlerem Körper und kühlem Charakter. Erst später sehen wir, dass er auch nur 11 Vol.-% hatte. Das erklärt dann einiges.
Kommen wir zum Essen: Ein erster Gruß sind getrocknete Kohlblätter, die von einer etwas undefinierbaren Creme zusammengehalten werden. Das hinterlässt einen leicht bitteren Geschmack, aber ansonsten keinen besonderen Eindruck.
Parallel dazu gibt es in zwei Schälchen Karotte in flüssiger Form mit einem überwiegend süßen und eher eindimensionalen Charakter. Besser hingegen die in unterschiedlicher Größe und Farben geschichteten Karotten auf einer leichten Creme. Man kann hier, wenn man sich sehr anstrengt, sicherlich Nuancen herausschmecken. Mir gefallen die unterschiedlichen Konsistenzen, eine größere Tiefgründigkeit kann ich hingegen nicht erkennen.
Über das fabelhafte Brot und die sehr gute Butter wurde verschiedentlich bereits berichtet. Auch ich bin ebenso angetan.
Das Menü beginnt mit Rettich, Herz und Kresse. Das Rinderherz wurde wie Beef Jerkey getrocknet und dann über den Rettich gehobelt. Das wirkt mehr als Würzmittel, als dass es tatsächlich einen fleischigen Charakter beisteuert. Der Rettich war, wenn ich mich recht erinnere, sowohl fermentiert als auch roh mariniert, also durchaus geschmacklich changierend. Dazu etwas Wildkresse und ein Chip für etwas mehr Textur. Das ist optisch schön anzuschauen, im Mund auch nicht unharmonisch. Aber bereits hier beginne ich zu merken, dass ich eher nachdenke, ob es mir einfach nur schmecken darf oder ich mir mehr Gedanken machen muss zu dem, was ich zu mir nehme.
Der folgende Gang ist eine bereits mehrfach durchs Netz gegangene Tellerschönheit. Unter den akkurat geschichteten Champignonscheiben verbirgt sich eine Brotcreme. Die Scheiben sind von etwas Leinöl beträufelt und mit einigen Blüten von einem nicht mehr erinnerten Zwiebelgewächs versehen. Das sieht minimalistisch aus und bietet einen relativ klaren,erdigen, aber eben auch nicht besonders tiefen Geschmack.
Als nächstes folgt der einzig wirkliche Fleischgang, die Dünnung vom Lamm, ein Stück aus der Flanke mit einem Anteil Bauchlappen, der hier zu einer ansehnlichen Rolle geformt ist. Das Fleisch sehr saftig geschmort, die Haut sehr knusprig - ausgezeichnet! Daneben wieder akkurat geschichtete Kartoffelscheiben auf einer säuerlichen Creme, mit etwas Kamille bestäubt. Das ist für mich bis dahin - und bis zum Schluss - der überzeugendste Gang. Nicht, weil es ein geschmacksstarkes Stück Fleisch enthält, sondern weil er am abwechslungsreichsten ist und mich auch von der Präsentation begeistert. Warum dieser starke Gang bereits an dieser Stelle des Menüs kommt, erschließt sich mir zwar nicht, aber der typischen Menüdramaturgie scheint man hier eh bewusst nicht folgen zu wollen.
Optisch sehr reduziert - und erneut sauber geschichtet - der nächste Gang, in dem weiße Bete mit gleich großen Stücken eingeweckten Spargels und Haselnussmilch präsentiert werden. Weiß mit weiß auf weiß - diese monochrome Darstellung hat ihren Reiz, im Mund schmeckt man halt beide Gemüse, wobei der Spargel naturgemäß beim Einwecken an typischem Geschmack verloren hat, aber zumindest noch klaren Biss hat.
Der folgende Schmorzwiebelsud mit Zwiebelstücken und Fichtennadeln sieht erst mal schön aus. Der Sud ist kräftig, wenngleich ich die Fichtenkomponente länger suche als mein Mann. Die Fichtennadeln sind zwar weich geschmort, hinterlassen bei mir trotzdem ein unangenehmes Mundgefühl. Für mich einer der schwächeren Gänge, bei meinem Mann in den TOP 3 des Abends - so unterschiedlich ist die Wahrnehmung.
Mit kaum mehr als zwei Elementen kommt auch der nächste Teller aus, ein Streifen saftigen Saiblings, der von Lauchasche bedeckt ist und dadurch einen kräftigen Rauchgeschmack erhält. Die dazu gegebene stark einreduzierte Karottenemulsion ist mir definitiv zu süß, nahezu klebrig, und lässt kaum noch die Grundsubstanz erkennen. Im Kontrast zu dem gut gegarten Fisch interessant, aber nicht zwingend erforderlich.
Weil es für die Optik als Stilmittel einfach gut taugt, wird auch auf dem nächsten Teller wieder geschichtet. Was sich unter der akkuraten Karottenpräsentation befand, ist bereits wieder aus meiner Erinnerung verschwunden. Die Karte erwähnt Anis und Walnuss und ganz zart dämmert es noch, aber eben nicht deutlich genug. Nächster Akt.
Der ist für mich in den TOP 3 des Abends. Unter einer Schicht kräftigen Pilzgelees, die von einer hauchdünnen Scheibe Lardo bedeckt ist, finden sich säuerlich eingeweckte Pilze und schwarze Johannisbeeren als Geleetupfen. Das gibt interessante Kombinationen, je nachdem, wie stark man alles miteinander kombiniert. Gefällt mir ausgesprochen gut. Was aber auch daran liegen könnte, dass ich Pilze generell sehr gerne mag.
Der Übergang in den Dessertbereich ist abrupt, aber auch das scheint hier zum Konzept zu gehören. Unter einer hauchdünnen Platte befindet sich geeiste Milch und Heidelbeerkompott. Das ist kühl erfrischend und noch am nächsten an dem, was man klassischerweise mit Nachtisch assoziieren würde. Hat mir sehr gut geschmeckt.
Das abschließende Dessert wird von einem der Köche an den Tisch gebracht und etwas wortkarg vollendet. Drei Tage gekochte Bete, die dadurch dick, cremig und an Rübensirup erinnernd als Creme an die Schüsselwand drapiert wurde, wird mit einem Granité von Aroniabeere und Rose versehen. Das gibt interessante Kontraste und sicher ist es ein schöner Lerneffekt zu erfahren, was aus Rote Bete nach so langer Garung wird. In Summe war mir das aber erneut zu süß und mit dem ersten Dessert war ich glücklicher.
So geht nach dem Horváth ein zweiter Abend mit überwiegend gemüsigen Gängen zuende. Anders allerdings als im Horváth wirkt hier die Performance deutlich verkopfter. Die sehr reduzierte, minimalistische und fast schon artifizielle Präsentation hat durchaus ihren Reiz. Gleichzeitig schafft sie aber auch durch den ideologischen Grundton eine gewisse Distanz. Um nicht falsch verstanden zu werden: ich habe mich an dem Abend durchaus wohl gefühlt. Das Ambiente ist edel, sehr geschmackvoll und teuer ausgewählt. Der Service war freundlich, zugewandt und kompetent. Das Essen hat geschmeckt, es gab einige sehr starke Gänge wie das Lamm, die Pilze und das erste Dessert. Die Gerichte haben, ähnlich wie im Horváth oft ein cremiges Element, das die Zutaten verbindet.
Aber dennoch wird die Geschmackstiefe meistens nicht erreicht, die sich mitunter erst einstellen kann, wenn man mehr als zwei Elemente miteinander kombinieren kann. Auch über die nicht wirklich erkennbare Menü-Dramaturgie, wenn es die denn tatsächlich geben sollte, könnte man lange diskutieren. Ich fand manche Reihenfolge nicht schlüssig, aber das mag auch mit meiner über Jahre und Jahrzehnte konditionierten Restauranterfahrung zusammenhängen.
Noch zwei Tage später überlege ich, wie ich das einsunternull-Erlebnis einsortieren soll. Und vielleicht ist auch gerade das bereits Ausdruck dessen, was es mir sagen soll. Eine Henze-Oper kann spannend sein, ist aber unterm Strich eher anstrengend, zwingt zum Nachdenken und ist mutmaßlich nichts für alle Tage. La Traviata macht mir, wenn ich denn schon mal in die Oper gehe, in moderner Form meistens von Anfang an Spaß. Heute war mehr Henze.
Marketing ist schon mal die halbe Miete. Die Website des Restaurants spart nicht mit markanten Ansagen, vom "Anspruch der Rückbesinnung auf Ursprünglichkeit", "kulinarischem Pioniergeist", "handwerklich geprägter Schöpfermentalität" und "nachhaltig orientiertem Wertebewusstsein".
Normalerweise würden mich solche dick aufgetragenen und verkopft wirkenden Aussagen eher abschrecken. Aber ich bin ja neugierig, kulinarisch einigermaßen aufgeschlossen und wenn man aus mehreren Ecken hört, wie begeistert alle über diesen seit November 2015 existierenden Laden in Berlin Mitte sind, muss wohl was dran sein. Dass auch der Michelin... mehr lesen
Einsunternull
Einsunternull€-€€€Sternerestaurant03027577810Hannoversche Str. 1, 10115 Berlin
4.0 stars -
"Gemüse-Avantgarde in Berlin-Mitte" tischnotizenMarketing ist schon mal die halbe Miete. Die Website des Restaurants spart nicht mit markanten Ansagen, vom "Anspruch der Rückbesinnung auf Ursprünglichkeit", "kulinarischem Pioniergeist", "handwerklich geprägter Schöpfermentalität" und "nachhaltig orientiertem Wertebewusstsein".
Normalerweise würden mich solche dick aufgetragenen und verkopft wirkenden Aussagen eher abschrecken. Aber ich bin ja neugierig, kulinarisch einigermaßen aufgeschlossen und wenn man aus mehreren Ecken hört, wie begeistert alle über diesen seit November 2015 existierenden Laden in Berlin Mitte sind, muss wohl was dran sein. Dass auch der Michelin
Geschrieben am 19.12.2016 2016-12-19| Aktualisiert am
21.12.2016
Besucht am 18.12.2016Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 440 EUR
Warm und einladend strahlt das gemütliche Licht des Gasthauses am Paul-Lincke-Ufer den Gast an und drinnen setzt sich dieser Eindruck mit viel braunem Holz fort. Noch bevor der Apéritifwunsch abgefragt oder die Karten serviert werden, hat Jakob Petritsch, der den Service mit erfrischendem österreichischem Charme leitet, zur Begrüßung den ersten Gruß aus der Küche zur Hand, ein flüssiges Aspik, also eine stark konzentrierte Fleischbrühe. Das ist ungewohnt, aber passend, weil wärmend und sehr intensiv. Zur Abmilderung der doch recht salzig schmeckenden Brühe gibt es ein Minifläschchen gut gekühlten Alpenquellwassers. Ein einfacher, aber spannender Auftakt, der auch angesichts der kalten Außemperaturen mehr als willkommen ist.
Dem folgt eine kleine, aber gut gewählte Brotauswahl, bei dem vor allem die noch heißen Knoblauch-Langos, ein fluffig in Fett ausgebackener Hefeteig, und ein Blunzen-Muffin (also Blutwurst) begeistern. Von unserem letzten Besuch, der allerdings schon fast drei Jahre zurück liegt, hatte ich recht übersichtliche Portionen in Erinnerung. Nicht, dass ich hungrig geblieben wäre, aber das volle Programm brauchte es seinerzeit schon, um angenehme Sättigung zu erreichen. Heute habe ich richtig Appetit mitgebracht und bin daher auch dankbar für den üppigen Kartoffelstampf, der mit nicht mehr als Salz und brauner Butter einen wohltuenden Seelentröster gibt.
Vorweg genommen: auch diesmal wählen wir das volle Programm und haben uns spätestens zur Halbzeit schon keine Gedanken mehr darüber machen müssen, nicht satt zu werden.
Der abschließende Gruß aus der Küche ist gegrillte Rote Bete, die mit gerösteten Bete Schalen auf einem Sauren Rahm mit Kümmel serviert werden. Säurespitzen liefern kleine Punkte gelierten Herbsttrompetenessigs. Bereits dieser Gruß skizziert ein wichtiges Charakteristikum von Sebastian Franks Küche. Gemüse spielt darin die Hauptrolle, wird in vielfältiger Form durchdekliniert und bekommt häufig ein cremiges und damit verbindendes Element. Der Gruß schmeckt übrigens ausgezeichnet und changiert zwischen leicht säuerlich und würzig herzhaft.
Im ersten Gang bekommt Sellerie seinen großen Auftritt, als "reif" und "jung" beschrieben. Die junge Version findet sich in Form von gedämpften, gerollten Scheiben, die von einer leicht gebundenen Hühnerbouillon bedeckt sind und geröstete Selleriesaat enthält. Als Würze wird am Tisch von 12 Monate im Salzteig gereiften Sellerie gerieben. Die kleine schrumpelige Knolle verströmt bereits pur ein so intensives Aroma, dass es tatsächlich nur als Puder zum Würzen verwendet wird. In der Präsentation erinnert mich das Gericht ein wenig an einen Selleriegang, den ich vor einem Jahr im Tian in Wien gegessen habe, auch dort als Röllchen nebeneinander und von einer Sauce (dort ein Schaum bedeckt). Im Horváth allerdings liefert die cremige Bouillon eine größere geschmackliche Tiefe. Sehr gut.
Im Menü geht es regulär weiter mit Blumenkohl, als Ragout und mit einer Emulsion aus Suppenfett und geröstetem Kalbshirn, dazu ein mit Petersilienöl verfeinertes, gestocktes Eiweiß. Ich probiere davon und finde es gut und erstaunlich abwechslungsreich, zumal Sebastian Franks Küche sonst eher reduziert auf den Teller kommt.
Ich wähle alternativ das schlicht als "Röstgemüse" betitelte Gericht. Dies sind drei Karotten, bei denen der Schmorgrad bis über die Grenzen ausgereizt wurde und die nahezu verbrannt wirken, es aber nicht sind. Begleitet von einer Röstcrème aus Wurzelgemüse, einer Rauchzwiebelmarmelade sowie marinierten Petersilienwurzelherzen bietet das ein ungewohntes Karottenerlebnis, das natürlich die Süße des Gemüses herausarbeitet, aber geschickt mit Gewürzen variiert.
Der folgende Gang "Wintergemüse" überzeugt mich nicht wirklich. Wirsing und Rosenkohlblätter sind kombiniert mit einer Kümmel-Honig-Paste und einer Emulsion aus Champignons und Mandelöl. Zu sehr in den Vordergrund spielt sich für meinen Geschmack ein Kürbistrester mit Limette, der sich auch nicht recht harmonisch einfügen will. Dazu kommt, dass das ganze Gericht lauwarm ist und das entspricht einfach nicht meiner Assoziation von Kohl, den ich mir wärmer erwarte. Der grüne, eiskalte Slushy vom rohen Kohl als Kontrast ist eine nette Spielerei, aber reißt es für mich nicht raus. Der Gang ist gut, findet auch bei meinem Mann deutlich mehr Begeisterung, aber ich fand die bisherigen Gänge stärker.
Die Begeisterung setzt aber umgehend wieder ein, als der Seesaibling an den Tisch kommt, gebeizt und scharf angebraten, aber sehr saftig, flankiert von etwas gedörrtem Endividiensalat, Holunderblütenöl und Minibackerbsen. Die Kräuterbutter auf dem Fisch liefert das letzte intensive I-Pünktchen. Toller Gang, der nicht nur optisch überzeugt.
Der Titel des nächsten Ganges ist eigentlich eher irreführend, denn "Schwammer'l" lässt einen typischen Pilzgang erwarten. Tatsächlich aber finden sich die Pilze wieder nur in verfremdeter, aber sehr intensiver Form wieder. Kleine, knusprige Waldpilze, kleine Stücke gedämpfter Seitlinge sowie als Pulver auf einem dekonstruierten Butterbrot sind sie nur Beigaben zum eigentlichen Hauptdarsteller, einer veritabel großen Knolle Topinambur. Das cremige Element ist in diesem Fall ein Haselnuss-Zitronenrahm. Hier verbinden sich erneut sehr runde, erdige Aromen zu einem stimmigen Ganzen. Lediglich die Portionierung der Topinambur hätte ich mir etwas kleiner gewünscht. So ist dieser Gang doch insgesamt relativ mächtig.
Als hätte die Küche mein inneres Seufzen gehört, folgt als Erfrischung eine Variation vom Kürbis mit einem geeisten Schmorkürbis als Hauptelement. Dazu etwas süß-saurer Butternusskürbis und - cremiges Element! - eine frische Dill-Béchamel. Abwechslungsreich und sehr gut an dieser Stelle.
Fleisch war bis zu diesem Punkt nur marginal vertreten, wie es im Horváth die Regel ist und wirklich vermisst habe ich bis hierhin nichts. Trotzdem freue ich mich auf das Medaillon von der Brandenburger Rehkeule, an dessen Seite noch Rehtatar kurz angebraten beigegeben ist. Gemüsebegleitung ist diesmal die Schwarzwurzel, roh, geschmort und in den Butterbröseln verarbeitet. Fruchtige Noten kommen von einer gelierten Marillenkerncrème und einer Quitten-Essenz mit vierjährigem Rumtopf. Am Tisch angegossen dann noch eine mit Butter aufmontierte klassische Schmorsauce. Das ist eine aufwändige Variation eines klassischen Themas, Wild und Frucht, und bedient alle harmonischen Elemente eines solchen Herbst-/Wintergerichts perfekt. Trotzdem ist es so überraschend vielschichtig und anders als erwartet. Fabelhaft!
Im ersten Dessert findet sich auf einem Löffel etwas kalte Bratapfelcreme, separat dazu eine Pastinaken-Birnencreme mit gerösteter Senfsaat. Am Tisch wird ein warmer Sud von Zimt, Apfel und Muskatkürbis angegossen, der die Creme im Löffel schnell viel geschmeidiger werden lässt. In der Nase und im Mund machen sich erste weihnachtliche Gefühle breit.
Beim abschließenden Nachtisch allerdings lässt die Küche noch einmal in sommerlichen Erinnerungen schwelgen. Und es wird noch mal richtig - cremig! In dem wunderschönen Arrangement aus abgehangenem Quark, süßer Sahne und gebackenem Plunderteig finden sich neben diversen Blüten auch Tropfen ungemein intensiven Erdbeerkernöls. Dieses Öl scheint den Geschmack der Erdbeeren so stark konzentriert in sich gespeichert zu haben, dass man beim Schließen der Augen tatsächlich ganze Edbeerfelder zu sehen meint. In all seiner vermeintlichen Einfachheit ist dies eines der besten Desserts des Jahres für mich.
Was bestenfalls noch für Horváth-Neulinge eine Mutprobe ist, folgt als Petit Fours zum Kaffee: die Praline aus Schweineblut und weißer Schokolade ist längst ein Klassiker und schmeckt einfach nur angenehm süß und nach allem, aber nicht vordergründig nach Blut.
So geht das Menü mit ganz vielen Höhepunkten und nur einem nicht ganz so überzeugenden Gang für mich zuende und beweist erneut, dass Sebastian Frank mit seiner Gemüseküche eine deutlich wiedererkennbare Handschrift entwickelt hat. Fern von regional verbrämt, verkopfter Ideologie spielt Gemüse hier einfach eine größere Rolle als anderswo und darf sich in zahlreichen Zubereitungsformen von seiner besten Seite zeigen. Niemand wird hier etwas vermissen, denn die Gerichte sind geschmackstief und vielschichtig.
Hatte Frank bei unserem letzten Besuch gerade eine Phase, bei der Räucher- und Röstnoten eine dominierende Rolle spielten (was ich seinerzeit ausgesprochen mochte), war dieses Menü insgesamt eleganter und noch ausgeklügelter. Die zwei Sterne, die mittlerweile über dem Horváth leuchten, habe ich durchweg auch auf dem Teller erlebt.
Die Weinkarte listet neben überwiegend österreichischen und deutschen Gewächsen verstärkt auch Weine aus noch unbekannteren osteuropäischen Ländern wie Serbien, Kroatien und Slowenien. Die Weinreise zum Menü bietet denn auch einen interessanten Querschnitt durch diese Regionen. Wir haben eine Flasche Chardonnay Lores vom Johanneshof Reinisch aus der Thermenregion gewählt, der uns ob seiner Eleganz sehr begeistert. Danach sind wir mit dem Opus Eximium vom Weingut Gesellmann aus dem Jahr 2013 zufrieden, wenngleich der Wein eigentlich noch zu jung ist und ihm die Frische anzumerken ist.
Das Horváth hat auch in diesem Jahr einen starken Auftritt hingelegt, die Atmosphäre im Restaurant ist ausgelassen, die Sprachen um uns herum vielfältig, es ist schlicht gemütlich, so dass wir nur ungern die Wärme gegen die kalte Abendluft der Großstadt tauschen wollen. Muss aber sein. Leider.
Warm und einladend strahlt das gemütliche Licht des Gasthauses am Paul-Lincke-Ufer den Gast an und drinnen setzt sich dieser Eindruck mit viel braunem Holz fort. Noch bevor der Apéritifwunsch abgefragt oder die Karten serviert werden, hat Jakob Petritsch, der den Service mit erfrischendem österreichischem Charme leitet, zur Begrüßung den ersten Gruß aus der Küche zur Hand, ein flüssiges Aspik, also eine stark konzentrierte Fleischbrühe. Das ist ungewohnt, aber passend, weil wärmend und sehr intensiv. Zur Abmilderung der doch recht salzig... mehr lesen
Horváth
Horváth€-€€€Restaurant, Sternerestaurant03061289992Paul-Lincke-Ufer 44a, 10999 Berlin
4.5 stars -
"Vielschichtige Gemüseküche auf Sterneniveau" tischnotizenWarm und einladend strahlt das gemütliche Licht des Gasthauses am Paul-Lincke-Ufer den Gast an und drinnen setzt sich dieser Eindruck mit viel braunem Holz fort. Noch bevor der Apéritifwunsch abgefragt oder die Karten serviert werden, hat Jakob Petritsch, der den Service mit erfrischendem österreichischem Charme leitet, zur Begrüßung den ersten Gruß aus der Küche zur Hand, ein flüssiges Aspik, also eine stark konzentrierte Fleischbrühe. Das ist ungewohnt, aber passend, weil wärmend und sehr intensiv. Zur Abmilderung der doch recht salzig
Geschrieben am 18.12.2016 2016-12-18| Aktualisiert am
18.12.2016
Besucht am 17.12.2016Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 200 EUR
Ein Restaurant ist dies nicht. Und will es auch gar nicht sein. Es ist eine Bar, eine Dessert Bar um genau zu sein. Und doch fühlt es sich auch ein wenig an wie im Restaurant, einem sehr legeren zugegebenermaßen. Aber das kann auch am Umfeld liegen. Neukölln ist jetzt (noch) nicht der allerhippste Stadtteil Berlins, zwei Häuser weiter ist der Sex-Shop deutlich offensiver beleuchtet als das Entrée zur CODA Bar, an der man mangels Beschilderung auch glatt vorbei laufen könnte. Das Publikum ist jung, eher alternativ als stylish. Das Ambiente reduziert, einfache blanke Tische, Punktstrahler leuchten diese aber gut aus. Eine lange Bar, die direkten Blick in die Küche und auf das Werkeln des Barkeepers erlaubt. Laute Musik. Also doch irgendwie mehr Bar als Restaurant, oder?
Diese Ambivalenz passt zu einem Laden, in dem es nur Desserts gibt. Sogar ganze Dessert-Menüs und dazu speziell kreierte Cocktails, die sich ebenfalls jenseits des Mainstreams bewegen. Für all das steht René Frank, ehemals Chef-Patissier im "la Vie" in Osnabrück, also Dreisterne-prämiert. Und schon seinerzeit eher der Avantgarde zuzurechnen als dem klassischen Genre.
So sind wir hochgespannt, was uns heute erwartet, nehmen erwartungsvoll an der Bar Platz und fühlen uns von Anfang an sehr wohl und gut betreut. Der Service macht seine Sache kompetent, locker und ausgesprochen freundlich.
Wir starten zum Apéritif mit einigen Piemonteser Haselnüssen, die mit Algenpulver aromatisiert sind (4 Euro) und karamellisierter Schweinehaut (3 Euro), die etwas an süßes Popcorn erinnert.
Das 6 Gang Menü (49 Euro) startet relativ frisch mit Gelber Tomate, Mascarpone und kleinen Würfeln von Pain d'Épice, als Gewürzbrot. Das ist sehr harmonisch und nur leicht süß. Im Glas dazu ein Cocktail aus Haselnuss, Zwetschge, Sherry und einem sehr deutlichen Schuss Bourbon, abgerundet mit etwas frisch gestoßenem Koriander. Das schmeckt sehr spannend und gibt einen ersten Eindruck, wie sich Dessert und Getränk gerade auch durch ihren sehr unterschiedlichen Charakter ergänzen.
Im nächsten Gang treffen aufgeschäumte Milch auf lauwarme wilde Feigen, die zunächst separat gereicht werden. Für Textur und Geschmack sorgt aufgepoppter Reis. Angegossen eine leicht nussig schmeckende Sauce mit Anchovis. Klingt schräg, ist es aber nicht. Die Anchovis sollen nur eine leichte salzige Note beisteuern und sind als solche nicht herauszuschmecken. Das Getränk dazu ist ein Portwein mit Sake, Kirschessig und Soda. Passt ebenfalls gut, ist aber mit der deutlich spitzen Säure des Essigs ein markanter Kontrast zum eher milden Gericht, wobei aber die fruchtigen Noten des Cocktails gut passen.
Deutlich herber wird es mit dem Rote Bete-Dessert. Ein recht neutraler Tofu-Schaum wird flankiert von kleinen Rote Bete-Stücken, Cranberries und einem Eis von Roter Bete. Für Knusper sorgen Haselnuss-Crumble. Was ein wenig aussieht wie von Jackson Pollock inspiriert, ist im Mund sehr stimmig und nur gemäßigt wild. Klar hat es hier einen deutlich erdigen Ton von der Roten Bete, aber trotzdem ist die Dessert-Stilistik noch vorherrschend. Im Glas begleitet uns ein Cocktail von Granatapfel, Orange, schwarzer Olive und weißem Wermuth. Auch hier paaren sich wieder vielschichtige Aromen, die in Kombination mit dem Essen quasi wie eine Erweiterung des Spektrums wirken. Sehr gelungen.
Der nächste Gang ist das einzige explizit herzhafte Gericht. Eine zunächst unscheinbare weiße Halbkugel aus hauchdünnem, kräftigen Schafskäse gibt, wenn sie zerschlagen wurde, geröstete Brioche-Brösel, Trauben und Rucola frei. Das ist in Summe schlichtweg so lecker, dass ich es glatt sofort noch mal bestellen könnte. (Ich halte mich zurück, weil sich ein deutlicher Sättigungsgrad bemerkbar macht.) Das ist kein hochkompliziertes Gericht, aber clever komponiert und optisch gut umgesetzt. Der Crémant aus dem Jura wird mit Salzkaramell-Sirup aufgepeppt und passt ebenfalls wieder hervorragend.
Mit dem nächsten Gang wird es noch mal gemüsig, aber wieder auf der dezenten Seite. Petersilienwurzel und Kokos finden sich als geschmeidiges Eis neben einer Creme aus schwarzem Knoblauch, der eine angenehme Süße aufweist und nichts von dem klassischen Knoblaucharoma aufweist. Dazu geröstete Pinienkerne und kleine Chips von der Petersilienwurzel. Angegossen ein Sud von Limettenöl. Auch hier bleibt das herbe Element eher zurückhaltend, so dass auch der klassische Süßspeisenliebhaber nicht völlig verstört zurück gelassen wird. Das Getränkepairing ist erneut überraschend, aber passend. Ein tiefdunkles Stout mit schweren karamelligen Noten wird mit ebenso schwerem, süßen Moscatel aromatisiert. Spätestens an dieser Stelle merkt man, dass nicht nur das Essen sättigt, sondern auch die Getränke. Den eher breiten, cremigen Charakter des Desserts unterstützt das Bier aber ausgezeichnet.
Zum Abschluss wird es sowohl klassisch als auch experimentell. Unter einer schwarzen Haube verbirgt sich ein Würfel, der mit flaumigem Schokoladen-Espuma gefüllt ist, dazu Pflaume als Kompott und Sorbet, ein Haselnussschaum, und angegossen eine Zichorien-Sauce. Das ist optisch wunderschön und geschmacklich noch am nächsten an dem, was man von einem Dessert erwartet - wenn das ganze nicht geräuchert worden wäre. Der Rauch verzieht sich schnell und hinterlässt nur einen leichten Hauch Holzkohle-Aroma, der das Gericht angenehm aufpeppt. Im Glas dazu ein Lambrusco amabile, dem mit einem Zerstäuber Single Malt Whiskey zugegeben wird, der sich deutlich länger in der Nase hält und damit eine fabelhafte Ergänzung zum leichten Rauchton des Desserts gibt.
Nach zweieinhalb Stunden geht dieser Parforce-Ritt zuende, der gar nicht so wild war, wie man hätte befürchten können, aber doch aufregend genug, um eine spannende Erweiterung bekannter Essgewohnheiten zu bieten.
Lesen sich viele Gerichte zunächst etwas abenteuerlich, bleiben sie in der Gesamtaromatik aber immer stimmig und näher am erwartbaren süßen Geschmacksbild als an komplett kontrastierender Charakteristik. Da haben wir in manchen Restaurants schon Desserts erlebt, die durch übermäßigen Einsatz von Kräutern zu einer deutlichen Schieflage führten. Den manchmal fast experimentelleren Teil übernehmen hier öfter die Getränke, die ich fast gleich wichtig finde, weil sie die Gerichte auf überzeugende Weise ergänzen und ihnen zum Teil eine zusätzliche Tiefe verleihen. Die Getränkebegleitung schlägt übrigens mit 33 Euro sehr moderat zu Buche.
René Frank hat mit der CODA Dessert Bar ein Konzept umgesetzt, das ganz nah am Puls einer kulinarisch aufgeschlossenen Großstadt ist. Es ist schwer vorstellbar, dass das im Moment woanders so funktionieren könnte wie in Berlin. Aber es ist gut zu verstehen, warum die CODA Bar derzeit eine der heißesten Adressen in der Berliner Gastronomielandschaft ist.
Ein Restaurant ist dies nicht. Und will es auch gar nicht sein. Es ist eine Bar, eine Dessert Bar um genau zu sein. Und doch fühlt es sich auch ein wenig an wie im Restaurant, einem sehr legeren zugegebenermaßen. Aber das kann auch am Umfeld liegen. Neukölln ist jetzt (noch) nicht der allerhippste Stadtteil Berlins, zwei Häuser weiter ist der Sex-Shop deutlich offensiver beleuchtet als das Entrée zur CODA Bar, an der man mangels Beschilderung auch glatt vorbei laufen könnte.... mehr lesen
Coda · Dessert, Dining & Bar
Coda · Dessert, Dining & Bar€-€€€Sternerestaurant03091496396Friedelstr. 47, 12047 Berlin
4.5 stars -
"Dessert-Menüs für aufgeschlossene Esser" tischnotizenEin Restaurant ist dies nicht. Und will es auch gar nicht sein. Es ist eine Bar, eine Dessert Bar um genau zu sein. Und doch fühlt es sich auch ein wenig an wie im Restaurant, einem sehr legeren zugegebenermaßen. Aber das kann auch am Umfeld liegen. Neukölln ist jetzt (noch) nicht der allerhippste Stadtteil Berlins, zwei Häuser weiter ist der Sex-Shop deutlich offensiver beleuchtet als das Entrée zur CODA Bar, an der man mangels Beschilderung auch glatt vorbei laufen könnte.
Geschrieben am 15.12.2016 2016-12-15| Aktualisiert am
15.12.2016
Besucht am 14.12.2016Besuchszeit: Abendessen 3 Personen
Rechnungsbetrag: 98 EUR
Ich gebe zu, dass ich in der Regel nicht mehr groß nach Alternativen suche, wenn ich Gefallen an einem Restaurant gefunden habe. Das ist nicht so bei Sternerestaurants, bei denen mich die Vielfalt reizt, auch viel auszuprobieren. Aber bei Länderküchen oder Restaurants mit ganz engem Konzept, kann ich ausgesprochen treu sein.
Das Akira ist so eine Adresse. Es ist mein Lieblings-Japaner in Köln, wo es rund um den Ring nicht an All you can eat- oder Running Sushi-Läden mangelt. Gar nicht weit weg davon, in einer Seitenstraße vom Hohenzollernring, in Nähe des Friesenplatzes, liegt dieses kleine Eckrestaurant, das im Inneren eher schmucklos wirkt und nur wenige Plätze an Bartischen bietet. Trotzdem ist es gemütlich, was auch am sympathischen Service liegt, den hier die Chefin alleine bewerkstelligt. Das geschieht durchaus unter erschwerten Bedingungen, da die Küche im Kellergeschoss liegt und sie damit einige Wege zurückzulegen hat. Dass es trotzdem nicht zu Wartezeiten, weder beim Essen noch bei den Getränken kommt, spricht für die gute Organisation und die allgegenwärtige Aufmerksamkeit.
Die Karte bietet neben einigen kalten und warmen Vorspeisen, die im Tapasformat portioniert sind und sich gut zum teilen eignen, eine überschaubare Auswahl von warmen Fisch- und Fleischgerichten, einigen Currys, Nudelsuppen und Tempuras. Und dann gibt es selbstverständlich eine üppige Auswahl an Sashimi, Nigiri, Maki oder Inside-Out-Sushi.
Wer einen guten Querschnitt probieren möchte, wählt so wie wir eine der Sushi Moriawase-Platten (klein: 13,80€, groß: 18,50€). Darauf finden sich 7 Nigiris aus Lachs, Thunfisch, Makrele, Garnele und Aal sowie 8 Inside-Out Rolls. Alle sind ausgesprochen lecker, akkurat geschnitten und der Fisch von makelloser Frische.
Substantieller sind dann vor allem die Gyoza (3,00€ pro 3 St.), gebratene Teigtaschen mit Hühnerhackfleisch. Die sind leicht knusprig und würzig und werden in süß-saure Sauce gedippt.
Sehr gut und ebenfalls über Durchschnitt der Wakame Meeresalgensalat (3,30€), ebenso wie der Agedashi Tofu (5,50€), der frittiert und in würzigem Sojasud serviert wird. Auf diese Art bekommt er richtig Geschmack und ist alles andere als belanglos, wie es häufig mit Tofu passieren kann.
Desserts sind jetzt nicht wirklich die Stärke der japanischen Küche und demzufolge fällt die Auswahl auch hier eher dünn aus. Wir lassen es heute aus, weil wir gut gesättigt sind, aber von früheren Besuchen kann ich das Grüntee- und das Sesameis empfehlen. Ungewöhnlicher, aber angenehmer Geschmack.
Trinken kann man im Akira entweder Bier, Tee, Sake, aber auch einige wenige, aber anständige Weine.
Das Akira hebt sich durch seine überschaubare Größe, den individuellen Charme und die sehr gute Qualität zu mehr als fairem Preis deutlich ab von den vielen Massenläden. Dass sich hier auch japanische Gäste einfinden, spricht wohl auch für sich.
Für Köln also auch weiterhin meine erste Wahl, wenn es um Sushi geht. Ich bin halt treu.
Ich gebe zu, dass ich in der Regel nicht mehr groß nach Alternativen suche, wenn ich Gefallen an einem Restaurant gefunden habe. Das ist nicht so bei Sternerestaurants, bei denen mich die Vielfalt reizt, auch viel auszuprobieren. Aber bei Länderküchen oder Restaurants mit ganz engem Konzept, kann ich ausgesprochen treu sein.
Das Akira ist so eine Adresse. Es ist mein Lieblings-Japaner in Köln, wo es rund um den Ring nicht an All you can eat- oder Running Sushi-Läden mangelt. Gar nicht... mehr lesen
4.0 stars -
"Sushi in persönlichem Rahmen" tischnotizenIch gebe zu, dass ich in der Regel nicht mehr groß nach Alternativen suche, wenn ich Gefallen an einem Restaurant gefunden habe. Das ist nicht so bei Sternerestaurants, bei denen mich die Vielfalt reizt, auch viel auszuprobieren. Aber bei Länderküchen oder Restaurants mit ganz engem Konzept, kann ich ausgesprochen treu sein.
Das Akira ist so eine Adresse. Es ist mein Lieblings-Japaner in Köln, wo es rund um den Ring nicht an All you can eat- oder Running Sushi-Läden mangelt. Gar nicht
Geschrieben am 16.11.2016 2016-11-16| Aktualisiert am
16.11.2016
Besucht am 02.10.2016Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 432 EUR
Das Wetter ist usselig. Es regnet, es ist windig. Herbst halt und so ist es praktisch, dass der Bus genau gegenüber vom Restaurant hält. Wie zuvorkommend, wenn einem dann schon die Tür geöffnet wird, noch bevor man die Schwelle erreicht hat.
Betritt man das schmucke Schieferhaus zum ersten Mal, so wie wir heute, ist man doch überrascht über den unaufdringlich modernen Stil, der sich auch in den Gasträumen fortsetzt. Wir fühlen uns auf Anhieb wohl, wozu auch der herzliche Service beiträgt, der zügig den Apéritif und erste Snacks serviert - ein luftiger Rote Bete Schaum und ein würziges Rillette.
Und dann erleben wir ein kleines Déjà-vu. Wie bereits zwei Tage vorher im holländischen Dreisterner warten wir - erst auf die Speisekarten, später dann noch mal ähnlich lange auf die Weinkarte. Das ist ja alles nicht so mega-tragisch, weil man sich vorab im Internet sowieso schon über das Menü kundig gemacht hat und die Wahl eigentlich feststeht. Aber es bringt den Ablauf gleich zu Beginn unnötig zum Stocken. Und wenn die Karten denn endlich alle da sind, kommen auch die nächsten Grüße und man ist dann an mehreren Fronten gleichzeitig zugange, weiß nicht, ob man erst essen, dann lesen oder doch beides gleichzeitig tun soll, weil man ja auch die Bestellung nun nicht noch weiter hinauszögern will. Und wenn dann die Weinkarte noch überproportionale Ausmaße hat, wird es ganz kriminell, weil man nicht mal weiß, wo man die schadlos ablegen soll.
Das ist jetzt übrigens keine spezifische Kritik an der Post, wo die Weinkarte völlig normales Format hat, sondern eine generelle Beobachtung, die ich ab und zu mache, wenn die Küche schneller ist als der Service.Vielleicht ist es mir auch nur besonders aufgefallen, weil es halt zweimal in kurzer Zeit passierte.
Aber davon abgesehen, haben die drei Grüße (eine schöne Kürbissuppe, eine erdige Kürbiscreme und ein frischer Kräuterschaum mit Lachskaviar) den jeweiligen Eigengeschmack sehr klar herausgearbeitet.
Das Menü startet asiatisch mit einem Sashimi und Tatar vom Thunfisch, etwas Ingwergel, luftiger Miso-Mayonnaise, Quinoasalat und sehr würzigem Sojasud. Angegrillte Wassermelone gibt einen schönen fruchtigen Akzent. Das erlaubt alles viele verschiedene Kombinationsmöglichkeiten, die sehr gut aufgehen. Lediglich das Türmchen aus Tapiokaperlen ist mir persönlich zu kompakt und steuert ein etwas klebriges Mundgefühl bei. Das hätte ich nicht unbedingt gebraucht.
Passend dazu der 2014 Schiefer Riesling von Van Volxem.
Mit dem Meeresfrüchteragout mit Muschelschaum folgt ein weiterer, durchaus opulenter Gruß aus der Küche, der sehr süffig zu löffeln ist und eine etwas vordergründige Tomatennote hat.
Ganz vorzüglich dann der Bergische Bachsaibling, der von Speck, Gurken, Jakobsmuscheltatar, Buttermilchsud sowohl herzhaft als auch säuerlich elegant eingefasst ist. Etwas Dillöl liefert einen dezenten kräutrigen Ton bei und zur Krönung gibt noch etwas Imperial-Kaviar für die jodigen Töne. Das macht großen Spaß, auch im Zusammenspiel mit dem fülligen Silvaner von der Ersten Lage Hohnart des Fürstlich Castell'schen Weinguts.
Über den nächsten Gang scheiden sich am Tisch die Geister. Die Ceviche vom Offiziersbarsch ist umgeben von zahlreichen Komponenten, die für sich genommen, gut und prägnant waren. In Summe passierte mir hier aber einfach zu viel auf dem Teller. Der Fisch hatte Mühe, sich gegen Süßkartoffel, Kokosnuss, Mango und Kalamansi zu behaupten. Mehr noch aber war mir der Koriander in Gelform viel zu konzentriert und zu präsent. Nicht schlüssig fand ich zudem, an dieser Stelle des Menüs noch einmal ein kaltes Fischgericht zu servieren. Persönlich hätte ich mir, vielleicht auch angesichts des herbstlichen Wetters draußen, noch einen süffigen, warmen Fischgang gewünscht. Aber wie gesagt: die Meinungen am Tisch waren geteilt. All das, womit ich nicht recht warm wurde, genoss mein Mann voll und ganz. Es lebe der unterschiedliche Geschmack!
Unstrittig hingegen die Zustimmung zum dazu servierten 2014 Menetou-Salon von Jean-Max Roger.
Und mein Wunsch nach etwas Süffigem, jahreszeitlich Angepassten wurde mit dem nächsten Gang auch prompt erfüllt. Ein noch leicht weiches Ei wird von Steckrübe, Maronen, Meerrettich und reichlich Herbsttrüffeln sehr harmonisch begleitet. Ist aber auch eine Kombination, mit der man nicht viel falsch machen kann und die eine Garantie für glückliche Gesichter ist.
Interessant dazu der 2014 Chardonnay vom Weingut Lis Neris aus dem Friaul. Komplett im Stahl ausgebaut, aber lange auf der Feinhefe gelagert, bringt er eine große Fülle und Kraft mit, die gegen Ei und Trüffel standhält.
Vor dem Hauptgang gibt es als Erfrischung noch eine Variation von Himbeeren in diversen Texturen. Schön anzusehen und sehr klar im Geschmack, um nicht zu sagen: pur.
Sehr abwechlungsreich dann der Bergische Rehrücken mit Steinpilzen, Kürblikuchen und Salzmelone als dezent fruchtigem Akzent. Der Holunderjus ist stark reduziert und bildet mit dem angerösteten Schmorgemüse eine gute Ergänzung zum eleganten, wohl sous-vide gegarten Fleisch.
Im Glas dazu ein kraftvoller 2008 Tempranillo von Monte Real aus dem Rioja.
In der Post wird der Käsegang traditionell als Abschluss des Menüs nach dem Dessert serviert. Wir haben es lieber andersherum und so folgt jetzt der vorbereitete Teller mit 5 klassischen, aber gut gereiften Sorten aus dem Tölzer Kasladen, dazu Früchtebrot und Feigensenf.
In der Weinbegleitung dazu ist jetzt ein Sherry im Glas vom Weingut Valdespino. Der Pedro Ximenez ist für sich alleine sehr komplex und schmeckbar hochwertig. Bei einer Auswahl von Hart- bis Weichkäse vermutlich auch kein schlechter Kompromiss, aber ich persönlich mag es an dieser Stelle etwas weniger süß.
Was leider auch für den Banyuls zum abschließenden Dessert gilt, das für mein Empfinden eher eine Riesling Auslese, einen Rieslaner oder ähnliches vertragen hätte. Gebackene Zwetschgen und ein hervorragendes Vanilleeis sind eine klassische Kombination, die immer gut funktioniert. Schwierig zu essen und insgesamt etwas zu viel allerdings die drei relativ harten Mürbeteigbröckchen. Im Glas separat dazu eine schöne Tonkabohnencrème mit Zwetschgenmousse und Butterbröseln. Dies gibt dem etwas rustikalen Teller wiederum eine feine Ergänzung.
Nach diesem insgesamt sehr üppigen Menü folgt noch ein Marshmallow zum Abschluss. Und mehr braucht es auch nicht, denn der Sättigungsgrad ist mehr als gut erreicht.
Die Küche von Alejandro und Christopher Wilbrand findet eine gute Balance zwischen bergischer Rustikalität und weltläufiger Offenheit. Bei manchen Gerichten stimmten für mich die Proportionen einiger Komponenten nicht hundertprozentig, wie beim Ceviche oder bei der Vorspeise. Stark hingegen, weil für mich klarer fokussiert und stimmig konzipiert der Saibling, das Reh und der Trüffelgang. In Summe aber war dies ein Essen auf hohem Niveau, dem der große Aufwand jederzeit anzumerken war.
Für das Wohlbefinden sorgt auch der gut aufgelegte Service unter Christoph Clemens, der uns eine hochwertige Weinbegleitung servierte, auch wenn die letzten beiden Weine nicht mehr ganz meinen persönlichen Geschmack trafen. Aber das ist verschmerzbar und schmälert nicht den positiven Gesamteindruck, den die sympathische Post hinterlässt.
Das Wetter ist usselig. Es regnet, es ist windig. Herbst halt und so ist es praktisch, dass der Bus genau gegenüber vom Restaurant hält. Wie zuvorkommend, wenn einem dann schon die Tür geöffnet wird, noch bevor man die Schwelle erreicht hat.
Betritt man das schmucke Schieferhaus zum ersten Mal, so wie wir heute, ist man doch überrascht über den unaufdringlich modernen Stil, der sich auch in den Gasträumen fortsetzt. Wir fühlen uns auf Anhieb wohl, wozu auch der herzliche Service beiträgt,... mehr lesen
Gourmetrestaurant Zur Post
Gourmetrestaurant Zur Post€-€€€Restaurant, Hotel, Sternerestaurant, Ausflugsziel02202977780Altenberger-Dom-Straße 23, 51519 Odenthal
4.5 stars -
"Zwischen bergischer Rustikalität und weltläufiger Offenheit" tischnotizenDas Wetter ist usselig. Es regnet, es ist windig. Herbst halt und so ist es praktisch, dass der Bus genau gegenüber vom Restaurant hält. Wie zuvorkommend, wenn einem dann schon die Tür geöffnet wird, noch bevor man die Schwelle erreicht hat.
Betritt man das schmucke Schieferhaus zum ersten Mal, so wie wir heute, ist man doch überrascht über den unaufdringlich modernen Stil, der sich auch in den Gasträumen fortsetzt. Wir fühlen uns auf Anhieb wohl, wozu auch der herzliche Service beiträgt,
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Ob es sich auf Dauer nicht gerechnet hat oder einfach nicht mehr das war, was die beiden in ihrem Restaurant machen wollten, weiß ich nicht. Auf jeden Fall war downsizing angesagt. Rustikaleres, aber dennoch gemütliches Ambiente, blanke Tische, eine übersichtliche Karte mit einfacheren Gerichten, die im besten Sinne bürgerlich sind und abgespeckten Preisen.
Schlechter gekocht wird seitdem sicherlich nicht, nur eben anders. Und das wird auch vom Michelin anerkannt, der hier seinen Bib Gourmand verteilt, mit dem gute Qualität zu vernünftigem Preis auszeichnet wird.
Die beiden Male, die wir nun im umbenannten „Metzger & Marie“ waren, war es jedesmal ausgebucht. Herzlichen Glückwunsch kann man da nur sagen: Neukonzeption offensichtlich geglückt.
Die Gerichte auf der Karte werden wahlweise ihm, Metzger, oder ihr, Marie (beides wohl Spitznamen von Marc und Nadine Flogaus) zugeschrieben, wobei sie mehr für Fisch und vegetarisch und er fürs Fleischliche zuständig ist. Ein deutlicher österreichischer Einschlag ist unverkennbar.
Die Küche grüßt mit Laugenstangen, Butter und köstlichem Schinken und Leberwurst. Das ist originell und von ausgezeichneter Qualität.
Snack: Laugenstangen, Brot, Leberwurst, Schinken
Wir wählen zum Start Marie's Rote Garnele und Färöerlachs, was als Salat kommt, der gut angemacht ist und von einer Avocadocreme begleitet ist. Der Lachs ist geräuchert, die Garnelen kurz gebraten. Alles in allem ein ordentlicher Einstieg.
Marie's Rote Garnele und Färörlachs / Rauch / Avocado / Spinat
Metzger's Backhendl ist als Vorspeisenportion gedacht und daher auch gut zu bewältigen. Es kommen drei knusprig ausgebackene Stücke vom Stubenküken, saftig und makellos, dazu leckerer Kartoffelsalat und Remoulade. Nun bin ich etwas voreingenommen, was Remoulade angeht, weil ich meine eigene so wundervoll finde, dass es alle anderen einfach schwer haben. Und auch diese hier ist mir zu wenig kräutrig und insgesamt zu flach und mayonnaisig, aber die Backhendl-Stücke und der Salat machen das wett.
Metzger's Backhendl / Stubenküken / Kartoffelsalat / Remoulade
Im „Metzger & Marie“ werden, und das finde ich äußerst lobenswert, auch den Innereien angemessenen Platz eingeräumt. Wo sonst kann man regelmäßig auch Kutteln oder Kalbsbries bekommen? Einen Stammplatz auf der Karte, weil scheinbar eines der beliebtesten Gerichte hier, haben die Kalbsknochen, aus denen das Mark mit Schnittlauch gelöffelt wird und zu dem es nichts weiter als geröstetes Brot gibt. Das hat etwas archaisches, ist fettig, aber ungemein g'schmackig.
Metzger's Kalbsknochen / Schnittlauch / Röstbrot / Knoblauchchips
Im Hauptgang wird es erneut fleischig. Zum einen kommt eine stattliche Portion geschmorter Lammhaxe auf den Tisch, mit getrockneten Tomaten, Artischocken und Kartoffelpüree leicht mediterran angehaucht. In Summe aber ist dies ein rustikales Wohlfühlgericht, das gut zur kalten Jahreszeit passt.
Metzger's Geschmorte Lammhaxe / Kartoffeln / Tomaten / Artischocken
Mein Cordon Bleu steht dem in nichts nach. Besonders erwähnenswert sind hier aber die ganz ausgezeichneten Beilagen, wobei neben den leckeren Speckkroketten vor allem das saure Karottenpüree herauszuheben ist. Hier war ich beim Lesen der Karte erst skeptisch, aber tatsächlich schmeckt das stückige und in der Tat säuerliche Püree ganz fabelhaft. Den Kniff geben hier gepickelte Karotten und Reisessig, wie wir auf Nachfrage erfahren.
Metzger's Cordon Bleu / Speckkroketten / Saures Karottenpüree / Ketchup
Nach so viel Fleisch reicht es nur noch für ein Dessert zum Teilen. Der Bananensplit kommt in dekonstruierter, aber nicht wirklich schlankerer Form im Glas. Mascarpone tut hier einen ordentlichen Dienst, um das Bananenkompott bloß nicht zu gesund wirken zu lassen. Das ist schon eine recht mächtige Angelegenheit, der wir dringend mit einigen der ausgezeichneten Obstbrände zu Leibe rücken müssen.
Metzger's Bananensplitt / Schokoladencrunch / Mascarpone / Rum
Die Weinkarte listet einige interessante deutsche und österreichische Weine und bei den offenen Weinen verfährt man so, dass die Flasche auf dem Tisch gelassen wird und anschließend nach Verbrauch abgewogen und abgerechnet wird. Gefährlich, weil man meistens doch mehr nimmt, als man will, aber unterm Strich auf jeden Fall fair berechnet.
Dass das „Metzger & Marie“ auch sonntags geöffnet hat, ist ein weiterer Vorteil, der nicht zu unterschätzen ist, weil die Auswahl da in Köln doch überschaubar ist. So ist es auch nicht verwunderlich, wenn man an so einem Abend das ein oder andere bekannte Gesicht an anderen Tischen erblickt.
Und wer vom Metzger & Marie auch etwas mit nach Hause nehmen will, kann speziell dafür konzipierte Gerichte auch im Weckglas erstehen. Nicht die schlechteste Idee.