Kochen ist für mich eine Freude. Essengehen eine Leidenschaft. Das muss nicht immer auf höchstem Niveau sein. Auch ehrliche Hausmannskost oder kleinere Leckereien aus aller Welt können kulinarisch den Tag erhellen. Bei Restaurant-Kritik habe ich dann auch am "Darüber-Schreiben" gefallen gefunden. Der Wechsel zu GastroGuide eine logische Folge nach all der negativen Entwicklung dort. Als Südpfälzer kenne ich mich in der dortigen Gastrolandschaft auch ein wenig aus, bin aber immer froh, wenn ich über regionale Tellerränder schauen kann. Die asiatische Küche hat es mir dabei besonders angetan.
Kochen ist für mich eine Freude. Essengehen eine Leidenschaft. Das muss nicht immer auf höchstem Niveau sein. Auch ehrliche Hausmannskost oder kleinere Leckereien aus aller Welt können kulinarisch den Tag erhellen. Bei Restaurant-Kritik habe ich dann auch am "Darüber-Schreiben" gefallen gefunden. Der Wechsel zu GastroGuide eine logische Folge nach all... mehr lesen
Bewertungs-Statistik
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Geschrieben am 02.09.2023 2023-09-02| Aktualisiert am
03.09.2023
Besucht am 04.02.2023Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 112 EUR
…dann sitzt man als „Monnemer“ mit großer Wahrscheinlichkeit in der Sushi Bar der Familie Le in der Schwetzingerstadt, einem lebhaften, östlich an die Innenstadt angrenzenden Bezirk der sympathischen Universitätsstadt an Rhein und Neckar.
Oder man sitzt dort als Pfälzer zusammen mit einem daueressenden „Monnemer“ GG-Kollegen und freut sich wie ein Tonkatsu über die kreativ arrangierten Preziosen, die mit stoischer Gelassenheit hinter der Theke zubereitet bzw. gefinished werden.
Schenkt man den gängigen Gastroportalen Glauben, so scheint dieses Sushi-Restaurant im Mannheimer Raum nahezu konkurrenzlos zu sein. Grund genug, nach langer Zeit mal wieder in meine damalige Heimat während des Referendariats zu fahren und zusammen mit meinem alten Gaumengenossen dort aufzuschlagen.
Wir hatten uns das letzte Mal im Restaurant Hans Walter im Mannheimer Stadtteil Lindenhof bei delikater Bistroküche getroffen. Das war noch vor Corona, also vor ca. vier Jahren. Leider ist das ambitioniert geführte Lokal, das auf ehrlich gekochte, deutsch-französische Küche ohne Chi-Chi setzte, der Pandemie zum Opfer gefallen.
Gut, dass der Kollege Daueresser zeitig einen Tisch in Le’s Sushi Bar reserviert hatte, denn die Zahl der Tische in dem für Asialokale recht behaglich eingerichteten Gastraum ist nicht gerade hoch. Und bei dem guten Ruf des Ladens, sind die wenigen Plätze meistens schnell ausgebucht. Außerdem besuchten wir den Mannheimer Sushi-Primus an einem Samstagabend.
Das Wiedersehen mit dem RK-Urgestein fühlte sich nicht nach 4-jähriger Abstinenz an. Man kennt und schätzt sich und hat sich immer viel zu erzählen. Mit der Straßenbahn ging es dann in den wilden Mannheimer Osten. Ein paar Meter zu Fuß und wir standen vor dem einladend beleuchteten Sushi-Tempel in der Seckenheimer Straße.
Drinnen war nahezu alles belegt. Nach freundlicher Begrüßung durch eine junge Servicedame, wurde einer der letzten freien Tische von uns okkupiert. Angenehmes, nicht zu helles Licht erfüllte den Raum, in dem es akustisch nicht gerade gedämpft zuging. Die Tische standen recht dicht gedrängt, wodurch die Gespräche vom Nachbartisch – bei weitem nicht so interessant (und so laut) wie unser Gesabbel – ab und an bei uns landeten.
Ein paar Worte zum Background dieses im Parterre eines verklinkerten Altbaus untergebrachten Rohfischkleinods. Das stimmungsvolle äußere Erscheinungsbild gefiel uns auf Anhieb
Es existiert erst seit April 2018 an Ort und Stelle. Sushimeister Duc Du Le, der vorher die Tokyo Sushi-Bar am Hauptbahnhof betrieb, zog mit seiner Familie hier ein, um hier ein Restaurant ganz nach seinen Vorstellungen zu schaffen. Dazu gehört sicherlich der gediegene Rahmen, den der Gastraum ausstrahlt.
Aber auch die mit viel Liebe zum Detail zubereiteten Eigenkreationen, für die der erfahrene Herr Le – er ist bereits seit 25 Jahren in der Stadt der Quadrate gastronomisch tätig – nur frischeste Ware verwendet, machen diesen Familienbetrieb zu etwas ganz Besonderem. Während Le gelassen hinter der Sushi-Theke werkelt, versorgt seine Tochter Hien Thanh, die Geschäftsführerin des Lokals, mit der gleichen Gelassenheit ihre Gäste.
Mit der Speisen- und Getränkeliteratur wurden wir zeitnah versorgt. Genau wie auf der Webseite des Lokals, die das Speisenangebot auf geradezu vorbildliche Weise in Wort und Bild präsentiert, hatte man auch jedes Gericht in der Karte eigens dafür abgelichtet. Zumindest für Neulinge wie uns war das sehr hilfreich, da wir uns unter „Karaage“, „Horenso“ und „Gajaco“ nicht viel hätten vorstellen können.
Auf unserem blanken, ohne Überzug auskommenden Holztisch lagen lediglich zwei kleine Schälchen für das daneben platzierte Fläschchen Sojasauce sowie die obligatorischen Ess-Stäbchen in apartem Schwarz. Japanisch, praktisch, gut - die reduzierte Tischkultur
Man reichte uns ein lauwarmes Oshibori (Erfrischungstuch), mit dem wir uns die Hände und das Gesicht reinigten. Keine Sorge: nicht gegenseitig! Oshibori zum Amuse... ;-)
Unser Plan für den aus zwei Teilen bestehenden Mannheimer Dinier-Marathon bestand aus einer von Sushi und anderen japanischen Köstlichkeiten geprägten Eröffnung – man könnte dabei durchaus von einem leichten, asiatischen Aufgalopp sprechen – bei der Familie Le und einem Original Cag Kebab (vom Lammspieß) in einem der vielen türkischen Grillrestaurants in der Mannheimer City.
Der Herr Daueresser griff zur Regulierung seines Flüssigkeitsverlusts mal wieder zu einem Erdinger Weizen aus der Flasche (0,5l für 4,40 Euro), während ich mir – neben einer Flasche Mineralwasser (0,75l für 6,20 Euro) – ein Glas Grauburgunder (0,2l für noch akzeptable 6,50 Euro) vom Pfälzer VDP-Winzer Bernhart aus Schweigen genehmigte. Der Kollege mit dem Weizenauftakt zog dann später mit zwei Gläsern Grauburgunder nach. Jo mei, er hat halt a Durrrschd g’habt!
Zur baldigen Aufnahme fester Nahrung bestellten Mr. Collini und ich dann mal munter drauf los. Die große Auswahl an Spezialitäten aus rohem Fisch und säuerlichem Reis überforderte uns fast. Diverse Sashimiteller und kunstvoll arrangierte Kreativrollen bildeten dabei den Schwerpunkt des just in time zubereiteten Rohfischreigens. Daneben waren aber auch ein paar verlockend klingende Vorspeisen gelistet.
Gleich mal schön mit was Fettigem einsteigen, so die kulinarische Marschroute zu Beginn, die uns eine Reihe von saftigen, in Pankohülle steckenden Hühnerfetzen einbrachte. Karaage - japanische Chicken Nuggets der saftigsten Art
„Karaage“ nannten sich diese japanischen Chicken Nuggets, die vormariniert und gut gewürzt auf unserer Keramik landeten und zusammen mit dem scharfen Mayonnaise-Dip für fettig-feine Fingerfood-Momente sorgten. Wir waren genauso begeistert wie überrascht. Wie hieß dieser Hit aus den 80ern? Ach ja, Dip in Japan!
Die zweite Vorspeise nannte sich schlicht „Reis Cracker“ (16 Euro). Dahinter verbargen sich jedoch keine Asia-Chips aus der Tüte, sondern eine in Geschmack und Textur sehr abwechslungsreiche, japanische Variante eines üppig belegten „Knusperbrots“ à la „Leicht & Cross“. Nur dass hier die Unterlage aus frittierten Reisnudeln bestand. Ein üppig belegter Reis Cracker
Kleingehackter, in Miso marinierter Lachs, Avocado-Stücke, japanische Mayo (nicht zu knapp!), verschiedene Arten von Sprossen und etwas Teriyaki-Sauce als Grundierung ließen ein cremig-knuspriges „Pausenbrot“ der japanischen Art entstehen, das nicht nur texturell sehr spannend ausfiel, sondern auch dem Gaumen ordentlich Breitseite gab. Das japanische "Pausenbrot" wusste zu gefallen...
Nicht nur die hierzu verwendeten Produkte – der Lachs entpuppte sich als regelrechte Umami-Bombe –, sondern vor allem die Idee, die hinter diesem an sich einfachen Snack steckte, rechtfertigte seinen Preis allemal.
Das dritte Vorabgericht, ein hammergeiles Tataki vom Blue-Fin-Thunfisch mit Salz-Pfefferkruste, Frühlingszwiebeln, kurz angeröstetem Sesam und Ponzu-Sauce (26 Euro), war wirklich jeden Cent wert, denn es zeugte von einer tadellosen Verarbeitung eines wirklich exzellenten Produkts. Tuna Kasho
Mir läuft jetzt noch, da ich diese Zeilen schreibe, beim schieren Gedanken an dieses kurz durch die heiße Pfanne gejagte, geschmackliche Highlight des Abends das Wasser im Mund zusammen, so köstlich fielen diese halbrohen, lediglich mit etwas Salz und dem richtigen Pfeffer veredelten Stücke der weltweit größten Thunfischart aus. Tataki vom Blue-Fin-Thunfisch mit Salz-Pfefferkruste, Frühlingszwiebeln, kurz angeröstetem Sesam und Ponzu-Sauce
Ich esse Thunfisch aus den bekannten Gründen nur noch sehr selten. Aber wenn ich ihn in einer solchen Qualität serviert bekomme wie hier, stellt er für mich eine der größten Delikatessen dar, die das Meer zu bieten hat. Dass ein solches Gericht seinen Preis hat, steht außer Frage. Gönnt man sich ja schließlich auch nicht jeden Tag...
Nach diesen drei Geschmacksoffensiven vorweg, meldete sich der Sushi-Hunger, was uns zwei Rollen zu jeweils sechs Häppchen einbrachte. Ich sprach mich für die mit leicht angegrilltem Thunfisch, Schnittlauch, Frischkäse und Avocado gefüllten und mit rohem Lachs überzogenen „Hideaki“ (16 Euro) aus, während Kollege Daueresser die etwas pikanter gewürzte „Ma’s Roll“ (ebenfalls 16 Euro) ins Spiel brachte. Ma's Roll (links) / Hideaki (rechts)
Letztere war ebenfalls in rohen Lachs gewickelt, hatte jedoch frittierte Garnele und Avocado in ihrem Reismantel versteckt. Allein der kleine Klecks Wasabimayo erhob dieses von frischester Ware kündende Lachsfigurenkabinett zu einer geradezu umwerfenden Lachs-Garnelen-Kombi, wie sie nur echte Könner ihres Faches hinbekommen. Ma's Roll (vorne) / Hideaki (hinten)
Kein Noriblatt schlechter, nur mit etwas anderer Füllung, punkteten die mit Tuna-Tataki gefüllten „Hideaki“-Inside-Out-Rollen. Da verstand jemand sein Handwerk bei der Zubereitung dieser kleinen Kunstwerke aus rohem bzw. halbrohem Fisch und gesäuertem Reis. Ma's Roll (unten) / Hideaki (oben)
Wir waren wirklich geflasht von der Qualität, die man sich hier zwischen die Stäbchen klemmen konnte. Der erste Teil des Abends ging ohne zu übertreiben mit „summa cum laude“ in Richtung Küche zu Ende. Superzufrieden und leicht „angesättigt“ machten wir uns danach auf in die Mannheimer City, um den niederen karnivorischen Gelüsten in einem auf Lammspieße spezialisierten türkischen Grilltempel nachzugeben.
Wie das dann ausging, erfahrt ihr im zweiten Teil meiner Culinary Collini-Tales.
…dann sitzt man als „Monnemer“ mit großer Wahrscheinlichkeit in der Sushi Bar der Familie Le in der Schwetzingerstadt, einem lebhaften, östlich an die Innenstadt angrenzenden Bezirk der sympathischen Universitätsstadt an Rhein und Neckar.
Oder man sitzt dort als Pfälzer zusammen mit einem daueressenden „Monnemer“ GG-Kollegen und freut sich wie ein Tonkatsu über die kreativ arrangierten Preziosen, die mit stoischer Gelassenheit hinter der Theke zubereitet bzw. gefinished werden.
Schenkt man den gängigen Gastroportalen Glauben, so scheint dieses Sushi-Restaurant im Mannheimer Raum... mehr lesen
Le's Sushi Bar
Le's Sushi Bar€-€€€Restaurant, Sushibar062140041820Seckenheimer Straße 104, 68165 Mannheim
4.5 stars -
"Culinary Collini-Tales Pt. 1: Wenn Sushi essen zum Erlebnis wird…" marcO74…dann sitzt man als „Monnemer“ mit großer Wahrscheinlichkeit in der Sushi Bar der Familie Le in der Schwetzingerstadt, einem lebhaften, östlich an die Innenstadt angrenzenden Bezirk der sympathischen Universitätsstadt an Rhein und Neckar.
Oder man sitzt dort als Pfälzer zusammen mit einem daueressenden „Monnemer“ GG-Kollegen und freut sich wie ein Tonkatsu über die kreativ arrangierten Preziosen, die mit stoischer Gelassenheit hinter der Theke zubereitet bzw. gefinished werden.
Schenkt man den gängigen Gastroportalen Glauben, so scheint dieses Sushi-Restaurant im Mannheimer Raum
Geschrieben am 16.08.2023 2023-08-16| Aktualisiert am
25.10.2023
Besucht am 27.01.20232 Personen
Rechnungsbetrag: 241 EUR
Zu meinem 46. Geburtstag, also vor rund dreieinhalb Jahren, schenkte mir meine Mutter einen Gutschein für den Ritterhof zur Rose in Burrweiler. Sie wusste, dass ich dort gerne einmal einkehren würde, denn die zuvor im legendären Gasthaus „Zur Kanne“ (Deidesheim) tätigen, neuen Betreiber des direkt an der Weinstraße gelegenen Schmuckstückes waren für mich keine Unbekannten. Und so rangierte die neue Wirkungsstätte von Karin und Florian Winter fortan ganz oben auf meiner „To-Eat-Liste“.
Die Zeit verging. Corona kam. Irgendwie geriet der in der Schublade liegende, „gute Schein“ beinahe in Vergessenheit. Immer mal wieder nahmen wir uns eine baldige Einkehr vor, aber es fehlte dann der besondere Anlass bzw. zogen wir in solchen Fällen unsere Lieblingsadresse, den Hubertushof in Ilbesheim, vor. Die in kulinarischer Hinsicht verdammt gut aufgestellte Südpfalz machte es uns mit ihren vielen einladenden Einkehradressen auch nicht gerade einfacher.
Nun war es ein äußerst trauriges Ereignis, das mich bei Durchsicht meiner Unterlagen auf eine baldige Einlösung des Coupons hinwies. Erstens wollte ich nicht, dass sein Wert verfällt und zweitens war es mir wichtig, ihn zusammen mit meiner Schwester einzulösen. Ein solches Geschwister-Dinner gab es nämlich noch nie und ich war mir sicher, dass dies ganz im Sinne meiner verstorbenen Mutter gewesen wäre.
Ein Anruf bei Frau Winter sicherte uns nicht nur einen Tisch in der wunderschön eingerichteten Rosenstube, sondern auch die Gewissheit, dass der ziemlich genau drei Jahre alte Voucher überhaupt noch eingelöst werden könne. Und so machten wir uns an einem Freitagabend in Richtung Burrweiler auf, um der Familie Winter, die seit Oktober 2017 in den historischen Sandsteinmauern des Ritterhofs wirkt, unsere Aufwartung zu machen. Der historische Ritterhof von außen
Als ich das letzte Mal vor rund acht Jahren im Ritterhof speiste, hieß der Chefkoch noch Thomas Manthey. Dieser hatte sich ganz einer verfeinerten italienischen Küche verschrieben, die er auch heute noch in seinem „Esszimmer“ in der Neustadter Hintergasse zum Besten gibt.
Bei Küchenmeister Florian Winter, der seine Lehrzeit im Deidesheimer Hof verbrachte und später als Küchenchef im kultigen Stuttgarter Einsterner „Wielandshöhe“ bei Altmeister Vincent Klink arbeitete (und dort auch seine Frau Karin kennenlernte, Anm.), geht es dagegen deutlich regionaler zu.
Die einschlägigen Restaurantführer attestieren ihm eine unaufgeregte und äußerst schmackhafte Regionalküche auf hohem Niveau, die mit genau dem richtigen Maß an französischen Einflüssen – das Elsass ist schließlich nicht weit – auskommt. Diese Lobeshymnen befeuerten meine Vorfreude auf den Besuch und auch meine Schwester fand die Idee, es uns dort zusammen einmal so richtig gut gehen zu lassen, sehr verlockend.
Frau Winter empfing uns mit einer Freundlichkeit als wären wir seit vielen Jahren hier Stammgäste. Unser Tisch befand sich in der altehrwürdigen Rosenstube, in direkter Reichweite zur rustikalen Holztheke, neben der ein verglaster Durchgang zur Küche im Nachbargebäude führte.
Beide Gasträume – Rosenstube und Rosenzimmer – befinden sich in der Beletage des ehemaligen, Mitte des 16.Jahrhunderts errichteten Gutshauses, das seit rund 100 Jahren den Namen „Ritterhof zur Rose“ trägt und heute im Besitz der bekannten Winzerfamilie Meßmer (VDP) ist. Ihr gehört auch die zeitgemäß-moderne Vinothek in direkter Nachbarschaft. Dass hier dem Rebsaft ein besonderer Stellenwert zukommt, versteht sich von selbst. Die exzellent bestückte Weinkarte war dafür der nachlesbare Beweis.
Da saßen wir nun in der gemütlichen, von gediegener Rustikalität geprägten Gaststube und schauten uns zuerst einmal um. Freigelegte Holzbalken von anno dazumal durchzogen die in weiß gehaltene Decke. Dazu passte der gepflegte, alte Dielenboden auf dem das wertige Holzmobiliar festen Halt fand. Die von gediegener Rustikalität geprägte Rosenstube
Die Tische wurden von einem schmalen Mittelläufer durchzogen, auf eine weiße Leinenhülle wurde verzichtet. Auf Hochglanz polierte Wein- und Wassergläser, Zweifachbesteck, Brotteller und Stoffserviette bildeten den Kern der geschmackvoll eingedeckten, blanken Holztische. Blümchen und Teelicht sorgten für ein paar zusätzliche Farbtupfer. Nichts Überkandideltes, sondern alles mit durchaus ästhetischem Verweis auf die typische Pfälzer Bodenständigkeit. Die von gediegener Rustikalität geprägte Rosenstube
Wir studierten die in Form eines schicken Ringbuches präsentierte Speisenkarte. An jenem Abend konnten wir uns zwischen drei verschiedenen Menüs entscheiden. Angefangen mit dem vegetarischen Menü von Hof & Garten (als komplettes 4-Gang-Menü für 59 Euro), über das mit internationalen Akzenten versehene Menü „Zur Rose“, das in der fünfgängigen Komplettversion für 85 Euro zu haben war, bis hin zum regional inspirierten Menü „Biosphäre Pfälzerwald-Nordvogesen“ (als 4-Gang-Menü für 70 Euro) klang das alles sehr vielversprechend.
Die Entscheidung fiel uns nicht gerade leicht, aber wir gingen schließlich „all-in“ und wählten das komplette „Rosen-Menü“. Da mochten die im eigenen Fettmantel gerösteten Kalbsnierenscheiben an Kartoffel-Püree, Mini-Mangold und Trüffel-Jus von dem kleinen, aber feinen À-la-Carte-Programm noch so reizvoll klingen.
Neben der Speisenauswahl bot die Karte den Allergikern einen guten Überblick über die im Essen enthaltenen Unverträglichkeiten. Auch waren die gewissenhaft ausgewählten Lieferanten auf einer Extraseite aufgelistet. Die meisten von ihnen stammten aus der Südpfalz, dem Pfälzerwald und dem nahegelegenen Elsass. Auch der Geschichte des Ritterhofes wurde im akkurat angelegten Köchelverzeichnis der Familie Winter eine Seite gewidmet.
So weit, so informativ – weit gefehlt! Da war auch noch die Winter’sche Weinbibel, die durchforstet werden wollte. So viel lesenswerte Speisen- und Getränkeliteratur verlangte nach einem angemessenen Aperitif, der dann auch flugs von der charmanten Servicechefin Karin Winter gebracht wurde.
Mit einem trockenen Martini in Weiß für meine Schwester und einem mit Wasser und Eiswürfeln versehenen Pastis (beide 5,50 Euro) für mich, eröffneten wir diesen hauptsächlich von unserer Mutter gesponserten Genussabend. Im Laufe des Abends gesellten sich übrigens noch zwei Flaschen Mineralwasser der Marke „Bellaris“ (0,75l für 6 Euro) hinzu.
Nun stand ich vor dem Dilemma, das Auto noch nach Hause lenken zu müssen und gleichzeitig für das gewählte Menü einen adäquaten Rebsaft auszusuchen. Schön, dass im Weinkeller des Ritterhofs auch kleine Flaschen (0,375l) auf vernünftige Autofahrer warten. Der Jahreszeit und dem Hauptgang unseres Menüs entsprechend sollte es schon etwas „Rotes“ sein. Am besten etwas aus Pfälzer Landen. Da ist man beim Weingut Knipser aus Laumersheim ja stets auf der sicheren Seite. Der Rotwein des Abends
Die im Stil großer Bordeaux-Weine vinifizierte 2018er Cuvée X (42 Euro für die Drei-Achtel-Liter-Flasche) – zweifelsohne das Flaggschiff dieses renommierten VDP-Weinguts – war ein mehr als würdiger Begleiter durch diesen wundervollen Abend, der mit zwei Grüßen aus der Küche seinen Anfang nahm.
Eine appetitanregende, mit Tomaten und Käse belegte Kreuzung aus Pizza (Belag) und Flammkuchen (Boden) machte den Anfang. Amuse Nr. 1: Eine Art Pizza-Flammkuchen mit Tomaten und Käse
Von diesem schmackhaften Opener hätte ich ein ganzes Blech verdrücken können. Musste ich aber gar nicht, denn bald darauf brachte uns Fr. Winter ein aufgeschlagenes, herrlich luftiges Gänseschmalz im Weck-Glas. Amuse Nr. 2: Aufgeschlagenes Gänseschmalz im Weck-Glas
Dies erhielt seine feine Süße von karamellisierten Zwiebeln und Äpfeln. Auf das dazu gereichte Brot – Baguette und dunkles Roggenbrot – von der Edenkobener Kult-Bäckerei Becker („De‘ Becker Bäcker“) gestrichen, war das ein sehr gelungener Auftakt, der auch dem ersten Hunger gekonnt den Wind aus den Segeln nahm. Zwei Sorten Brot vom "Becker Bäcker"
Meine Schwester hielt sich beim Rotwein anfänglich noch ein wenig zurück und zog eine 2018er Gewürztraminer Spätlese (0,1l für 6,50 Euro) vom Haus- und Hofweingut Meßmer vor. Der Gewürztraminer von Meßmer
Zum ersten Gang – einer Pastete von der Donnersberger Gans mit Foie-Gras-Törtchen, Latwerge, schwarzen Nüssen und eingemachter Quitte – passte dieser Bukettwein natürlich ganz hervorragend. Der Pastetengang im Überblick
Mit dieser wirklich überragenden Menü-Eröffnung setzte Küchenmeister Florian Winter das erste kulinarische Ausrufezeichen des Abends. Im Zentrum des Geschehens lag eine stattliche Tranche einer handwerklich tadellos in die Terrine gebrachte Gänse-Pastete. Pastete von der Donnersberger Gans mit Foie-Gras-Törtchen, Latwerge, schwarzen Nüssen und eingemachter Quitte
Das verwendete Fleisch stammte vom Hof Ritzmann aus Winnweiler, dem Vorzeigebetrieb aus dem Donnersbergkreis, der sein Qualitätsgeflügel in der eigenen Hofmetzgerei – also ohne vorherigen Tiertransport – schlachtet.
Besonders die feine Madeira-Note der teilweise durch den Wolf gedrehten Fleischfüllung der klassisch-französischen „Pâté en croute“, brannte sich in mein kulinarisches Gedächtnis ein. Aber auch die diversen Nebendarsteller steuerten ihre gustatorischen Beiträge zum Gelingen dieses echten „Winter“-Tellers bei. Pastete von der Donnersberger Gans mit Foie-Gras-Törtchen, Latwerge, schwarzen Nüssen und eingemachter Quitte
Da harmonierte beispielsweise die Süße der hausgemachten Zwetschgenlatwerge mit dem aus cremigem Gänseleberparfait und karamellisierten Apfelscheiben hergestellten, sowie mit Gewürztraminer-Portwein-Gelee überzogenen Foie-Gras-Törtchen ganz hervorragend. Auch die Nebendarsteller präsentierten sich auf Top-Niveau
Auch der mit feinsäuerlichem Essig-Öl-Dressing angemachte Feldsalat und die süß-säuerlichen Quittenschnitze ergänzten sich prima. Die mindestens zwei Jahre im Einmachglas gelagerten „Schwarzen Nüsse“ – auch gerne als „Pfälzer Trüffel“ oder „Johannisnüsse“ (sie werden traditionell am Johannistag unreif geerntet, Anm.) bezeichnet – erweiterten das ohnehin schon breite Aromenspektrum des Geflügeltellers um eine erdig-nussige Note, deren subtile Süße vom pechschwarzen Einmachsirup herrührte.
Da hatte der Küchenchef ein wohl durchdachtes, sehr fein aufeinander abgestimmtes Arrangement aufs Porzellan gebracht, bei dem lediglich die Portionsgröße der Pastete aus meiner Sicht etwas zu stattlich ausfiel. Aber wir sind ja in der Pfalz, da darf man dem guten (Menü-)Esser auch mal mengenmäßig etwas mehr zutrauen.
Auch lobenswert fand ich die angenehmen Pausen zwischen den Gängen, deren optimales Timing auf ein sehr gut eingespieltes Team in Küche und Service schließen ließ. Mittlerweile hatte die rote Knipser-Cuvée genug Luft geschnappt und entfaltete ihr von perfekt eingebundenem Holz und reifen Tanninen geprägtes „Bordeaux-Aroma“.
Trotz der klimatischen Verhältnisse im Sommer 2018 und den damit verbundenen 107 Grad Oechsle, welche die hochreifen Trauben der Rebsorten Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc und Merlot in die Bütte brachten, war da keine Spur von flüssiger Marmelade, sondern ein von dunkler Frucht und kühler Frische kündender Bilderbuchrotwein aus Pfälzer Landen.
Es folgte der zweite Gang unseres Menüs, eine mit leichtem Asiatouch versehene Kürbissuppe, die Florian Winter mit einer selbstkreierten „Fünf-Gewürz-Mischung“ veredelt hatte. Ihre leichte Schärfe im Nachgang ließ auf die Verwendung von Chili schließen. Nase und Gaumen waren sich einig: auch etwas Kreuzkümmel war hier mit von der Partie. Die mit fünf Gewürzen angereichterte Kürbissuppe (inkl. der Kürbiskerndampfnudel)
An ihrer Oberfläche sorgte etwas Kürbiskernöl für einen hübschen Farbkontrast und bildete zusammen mit ein paar angerösteten Kürbiskernen ein abstraktes Muster. Neben dieser hervorragend abgeschmeckten, in sich stimmigen Winterterrine lag eine herrlich mürbe Mini-Dampfnudel. Für den leichten Crisp zeichneten sich gehackte Kürbiskerne im Inneren der putzigen Hefekugel verantwortlich. Auch was die Portionsgröße betraf war dieser mit viel Liebe zum Detail arrangierte Suppengang perfekt geraten. Eine bessere Überleitung zum Fischgang hätten wir uns gar nicht wünschen können.
Mit dem in Tandoori-Joghurt gedünsteten Filet vom Köhlerfisch hing wieder ein Hauch von Asien über dem dritten Gang des Menüs. In Tandoori-Joghurt gedünstetes Filet vom Köhlerfisch auf Erbsenpüree
Ein nicht allzu großes Stück eines optimal gegarten Vertreters aus der Familie der Dorsche, der heutzutage im Handel und der Gastronomie fast ausschließlich unter dem Namen „Seelachs“ firmiert, hatte es sich auf einem Hügel Erbsenpüree gemütlich gemacht.
Eine Handvoll noch leicht knackiger Zuckerschoten und eine fein austarierte Beurre blanc komplettierten diesen mit zurückhaltender Exotik gespickten Fischteller, bei dem sich die milde Säure der aufgeschäumten Buttersauce mit den aromatischen Resten der Tandoori-Joghurt-Marinade ins beste Benehmen setzte und so für den besonderen Kick am Gaumen sorgte. Und das cremig-buttrige Erbsenpüree tat das, was es am besten konnte: es hielt sich dezent zurück und zerging uns auf der Zunge.
Dann durfte ich getrost wieder zum Rotweinglas greifen, denn der Fleischgang war in Sicht. Dem Zweierlei vom Insheimer Rind (das südpfälzische Dorf Insheim ist der Nachbarort von Herxheim, Anm.) hatte man glaciertes Wintergemüse (u.a. Rosenkohl und Kohlrabi), einen kleinen Würfel Kartoffelgratin und einen aufgespritzten Klecks Kartoffel-Selleriepüree an die Seite gestellt. Zweierlei vom Insheimer Rind mit glaciertem Wintergemüse und Kartoffelgratin im Überblick
Über und neben den sanft geschmorten bzw. rosa gebratenen Stücken vom Rinderbug und -rücken glänzte eine tiefgründige dunkle Jus, die als technisch makellose Verneigung vor der klassischen Kochkunst ihren Mitstreitern auf dem Teller fast die Schau stahl. Zusammen mit den beiden Beilagen vom Erdapfel und der Sellerie genossen, geriet dieser formidable Beiguss schlichtweg zum Traum eines jeden Saucenliebhabers. Zweierlei vom Insheimer Rind mit glaciertem Wintergemüse und Kartoffelgratin
Ein wunderbar harmonisch ausbalanciertes Gericht, bei dem sich jeder Bestandteil wie selbstverständlich zu einem molligen Gesamtkonstrukt zusammenfügte und einen in handwerklicher und qualitativer Hinsicht nahezu perfekten Fleischteller für kalte Tage abgab. Selbst ich als Rosenkohlvermeider ließ keines der halbierten Köhlchen zurück – und das soll was heißen.
Beim fünften und letzten Gang des Abends durfte man zwischen einer Auswahl von Rohmilchkäse mit Früchtesenf und einer Crème brûlée von Papua-Neuguinea-Vanille und Orange mit Erdbeersorbet und Punschfrüchten wählen. Meine Schwester entschied sich für einen süßen Abschluss, während ich mir lieber die gereiften Molkereierzeugnisse schmecken lassen wollte.
Besonders die gebrannte, mit einer karamellisierten Zuckerschicht überzogene Creme begeisterte mein Schwesterherz. Dessert mit der Crème Brûlée von Vanille & Orange im Vordergrund
Aber auch die aufgepunschten Früchte wussten ihr zu gefallen. Dessert mit Sorbet und Punschfrüchten im Vordergrund
Ich machte mich derweil an dem nicht gerade knauserig bestückten Käseteller zu schaffen. Zum Einstieg wählte ich den perfekt gereiften, kurz vorm „Weglaufen“ befindlichen Camembert aus der Normandie – mein persönliches Highlight dieses Rohmilchquartetts. So sieht perfekt gereifter Camembert aus!
Ebenfalls aus der Normandie stammte der kräftige Rotschmierkäse namens Livarot. Er stand seinem bekannteren Weichkäsevetter geschmacklich in nichts nach. Dann probierte ich den aus dem Tal der Loire stammenden, vom Geschmack her eher mild-nussig ausfallenden Selles-sur-Cher, einen Ziegenweichkäse mit dunkler Ascherinde. Deutlich mehr Würze hatte da der einzige Hartkäse, ein kräftiger Thurgauer Alpkäse, zu bieten. Die aus vier Rohmilchkäsen bestehende Käseauswahl
In Kombination mit dem süßlich-pikanten Früchtesenf bildete die wohlaffinierte Käseauswahl den optimalen Schlusspunkt eines ausgezeichneten Menüs, von dem wir jeden Gang sehr genossen haben. Es war genau die richtige Wahl für diesen langen „Familienabend“, an dem wir nicht nur viel Gutes zu essen, sondern auch viel Persönliches zu erzählen hatten.
Gut gesättigt und hochzufrieden traten meine Schwester und ich wenig später die Heimreise an. Wir bedankten uns bei Frau Winter für den aufmerksamen Service und die warmherzige, genussfreudige Atmosphäre. Auch gedachten bzw. dankten wir mehrfach meiner verstorbenen Mutter, die uns quasi zu dieser gelungenen Fein- und Weinschmeckerreise nach Burrweiler eingeladen hatte. Ritterhof by night
Nach diesem nicht nur kulinarisch denkwürdigen Winterabend werden wir hier sicherlich noch öfter – gerne auch im familiären Rahmen – aufschlagen. So weit liegt der Ritterhof nun auch nicht von Wörth entfernt.
Zu meinem 46. Geburtstag, also vor rund dreieinhalb Jahren, schenkte mir meine Mutter einen Gutschein für den Ritterhof zur Rose in Burrweiler. Sie wusste, dass ich dort gerne einmal einkehren würde, denn die zuvor im legendären Gasthaus „Zur Kanne“ (Deidesheim) tätigen, neuen Betreiber des direkt an der Weinstraße gelegenen Schmuckstückes waren für mich keine Unbekannten. Und so rangierte die neue Wirkungsstätte von Karin und Florian Winter fortan ganz oben auf meiner „To-Eat-Liste“.
Die Zeit verging. Corona kam. Irgendwie geriet der in... mehr lesen
Ritterhof zur Rose
Ritterhof zur Rose€-€€€Restaurant, Bar, Weinstube06345407328Weinstraße 6A, 76835 Burrweiler
5.0 stars -
"Ein nicht nur kulinarisch denkwürdiger Winterabend" marcO74Zu meinem 46. Geburtstag, also vor rund dreieinhalb Jahren, schenkte mir meine Mutter einen Gutschein für den Ritterhof zur Rose in Burrweiler. Sie wusste, dass ich dort gerne einmal einkehren würde, denn die zuvor im legendären Gasthaus „Zur Kanne“ (Deidesheim) tätigen, neuen Betreiber des direkt an der Weinstraße gelegenen Schmuckstückes waren für mich keine Unbekannten. Und so rangierte die neue Wirkungsstätte von Karin und Florian Winter fortan ganz oben auf meiner „To-Eat-Liste“.
Die Zeit verging. Corona kam. Irgendwie geriet der in
Besucht am 02.02.2023Besuchszeit: Abendessen 4 Personen
Rechnungsbetrag: 127 EUR
Es gibt Abende, die bleiben trotz unterirdischen Serviceleistungen und miserablem Preis-Genuss-Verhältnis in lustigster – jedoch nicht in bester! – Erinnerung. So geschehen Anfang Februar dieses Jahres, als sich die vier Food Fellas vom Wörther Schlemmerclub in die Niederungen der Karlsruher Systemgastronomie begaben.
Bis heute wissen drei von ihnen nicht, was damals den Vierten dazu bewogen haben könnte, in diesem mit dem Slogan „Pure Lebenslust“ werbenden Pizza- und Pastakombinat am Mühlburger Tor aufzuschlagen. Hmm...wir waren gespannt!
Dass wir an jenem Abend dennoch einen Riesenspaß im wilden Karlsruher Westen hatten, lag ausschließlich an unserer mit viel Galgenhumor ausgestatteten Futtertruppe.
Und so wurde es trotz kaum vorhandenem Service und überteuerten Speisen von recht bescheidener Qualität ein entspanntes „Happening“, das uns auch vom bedenklichen Zustand der Herrentoiletten nicht genommen werden konnte. Ein klassisches Beispiel dafür, dass man in der richtigen Gesellschaft auch über eklatante gastronomische Defizite hinweglächeln kann. Komplett verschweigen möchte man sie allerdings nicht.
Es war ein Donnerstagabend, der uns in die Räumlichkeiten des ehemaligen „UV“, einer kultigen Rock-Diskothek namens „Unverschämt“, die hier bis Juni 2012 ansässig war, führte. Das Purino existiert seit 2019 an Ort und Stelle. Es ist nach dem Purino im Otto-Dullenkopf-Park in der Karlsruher Oststadt die zweite Filiale dieser auf italienische Küche spezialisierten Restaurantkette in der badischen Fächerstadt. Außenansicht (by night)
Deutschlandweit zählt das Franchisekonzept der Vipur GmbH ein knappes Dutzend Restaurants. Alle erschaffen, um „Gerichte gemeinsam mit seinen Liebsten an einem großen Tisch zu teilen“ – so jedenfalls die dick aufgetragene Backgroundstory des Ladens. Die Frage stellt sich, ob man für einen Familientisch als Lieblingsort mit Gerichten von Mamma drauf extra ins Lokal gehen muss?
Soweit das mit viel Selbstgemachtem und italienischen Originalprodukten werbende Gastro-Märchen nach „Purino-Art“, das am liebsten jedes banale Pizza- oder Pastagericht zu einem „unvergesslichen Moment“ erheben möchte. Gleich vorweg: diese Bürde wog an unserem Besuchsabend dann doch deutlich zu schwer und wurde nicht mal ansatzweise erreicht.
Aber der Reihe nach. Der Kollege hatte uns einen Tisch für vier Personen reserviert, was an diesem Abend aufgrund der geringen Auslastung gar nicht nötig gewesen wäre. Die hohen, unverputzten Decken und Wände, die blanken Betonpfeiler, die stylishen Retro-Hängelampen und die eingezogenen Gerüstbauteile ließen das stimmungsvoll ausgeleuchtete Innere des Purino in zeitgemäßer Industrieoptik erscheinen. Fabrik-Charme mit Stil
Ein gewisser Wow-Effekt beim Eintritt in den wertig wirkenden Speisesaal machte sich bei uns breit. Der Gastraum im wertigen Industrial-Look
Wir warteten nicht an dem dafür vorgesehenen Tresen, um „geseated“ zu werden, sondern wussten gleich, wo es lang geht. Die technische Ausstattung am Empfang beeindruckte...
Bereits durch die hohen Glasscheiben hatten wir den frühesten Vogel unseres Völlerei-Vereins gesichtet und steuerten diesen nach einem freundlichen Willkommensgruß des diensthabenden Empfangskellners auch gleich an.
Zur aufklappbaren Karte mit dem reichhaltigen Standardrepertoire – der wortgewaltige Winnender würde von einem „typischen Sammelsurium, welches man in den Pizzerien landauf landab ebenso findet“ (Zitat AndiHa aus „Kleiner Italiener“ vom 12.08.2023) sprechen – warb eine einlaminierte, doppelseitige Spezialkarte mit Neuem aus der „Kreativ-Küche“.
Hier traf eine bescheidene Antipasti-Auswahl auf „frische, hausgemachte Pasta“ (war ja klar…) und natürlich kamen die beiden darauf empfohlenen Pizzen aus dem Steinofen (war auch klar…). Ich war drauf und dran, mir das relativ ambitioniert klingende Fischgericht – gebratener Lachs mit Fregola Sarda – zu bestellen, aber die darin enthaltenen, getrockneten Tomaten hielten mich davon ab. Vielleicht ein Fehler…
Wir hatten Durst und wollten den Abend gerne flüssig eröffnen, aber der freundliche junge Mann vom Service war nirgends mehr zu sehen oder tauchte nur in großer Entfernung von uns sporadisch auf. Wir kamen uns etwas verlassen vor, hatten aber genug Gesprächsstoff, um die einsetzende Dürre an Gaumen und Kehle zu überbrücken. Generell hatten es die spärlich vertretenen Servicekräfte – wobei die Nachsilbe „Kraft“ in keiner Weise der kellnernden Realität entsprach – nicht besonders eilig.
In der (trägen) Tat hatten wir es hier mit lustlosen Aushilfen zu tun, die sich schließlich doch noch erbarmen sollten, uns eine Reihe von Getränken, darunter ein Aperol Sprizz für stolze 7,90 Euro, ein alkoholfreier Cocktail für nicht viel weniger sowie eine Flasche San Pellegrino (0,75l für 6,50 Euro) und ein Brauhaus Helles von Erdinger (0,5l für 5,50 Euro), zu servieren.
Unsere Essenswünsche durften wir nach mehr als ausgiebiger Einlesezeit in die uns gereichte Speisenliteratur dann auch an den jungen Mann bringen. Für mich sollte es die Crema di Pomodoro (6,20 Euro), also die Tomatencrèmesuppe, vorweg sein. Der Kollege zu meiner Linken entschied sich für ein belegtes Brot aus dem Bruschetta-Baukasten-System, welches mit urbanen 7,50 Euro zu Buche schlugen.
Sein mit Thunfischcreme bestrichenes und von leidlich frischem Rucola getopptes Steinofenbrot wirkte auf mich wie eine schludrig geschmierte Kalbsleberwurststulle und schmeckte angeblich auch so furztrocken wie sie aussah. Thunfischcrème-Stulle alias Bruschetta-Tonnato
Etwas geschmeidiger am Gaumen, aber nicht weniger lieblos auf die Keramik gezimmert, war das mit hausgemachtem (was auch sonst…) Knoblauchöl und Oregano veredelte „Pane all aglio“ (4,90 Euro), das ein anderer Tischgenosse zu seiner Vorspeise auserkoren hatte. Na wenigstens kündeten die gerösteten Weißbrotscheiben von seriösem Backhandwerk. Das Knoblauchbrot
Allein der Anblick meiner angeblich hausgemachten, aus sonnengereiften Tomaten zubereiteten Nachtschattenterrine brachte Ernüchterung. Meine noch nicht umgerührte Tomatensuppe
Für die cremige Textur sollte ein kurz vorm Servieren hinzugefügter Schlags von bereits leicht angedickter Sahne (Leute, ist das euer Frischeverständnis?...) sorgen. Dieser hinterließ beim Umrühren kleine weiße Bröckchen, die dem äußeren Erscheinungsbild meiner geschmacks- und säurearmen Tomatentunke etwas Unappetitliches verliehen. Heiligs Sahnebröckle!
Hätte mir jemand passierte Tomaten aus dem Tetrapack erwärmt, leidlich gewürzt, mit ein paar Spritzer Olivenöl besprenkelt und dann mit Sahne nahe am MHD ver“feinert“, wäre wohl das gleiche traurige Suppenerlebnis zustande gekommen. Ein Jammer in Rot mit weißen Klümpchen.
Nachdem wir mit unseren paar Vorweggerichten fertig waren und die Bedienung die Teller abräumte, wurde ganz beiläufig erwähnt, dass die vom Kollegen bestellten, mit Pancetta, Lauch und Pastinake gefüllten Ravioli an Mascarpone-Pilzsauce und Wintertrüffel gerade aus wären. Na Gott sei Dank teilte man ihm dies nicht erst beim Servieren der Hauptgerichte mit.
Danach wurde meine – zugegeben etwas ketzerische – Frage, ob es denn der erste Abend für unsere männliche Bedienung im Hause Purino sei, von eben jener überraschenderweise verneint. Aber auch dieser kurze Dialog, den ich nicht komplett im Wortlaut – also im manowarischen Stil – wiedergeben kann, passte irgendwie zur systemgastronomischen Servicewüste, die wir an jenem Februarabend zu durchschreiten hatten. Es kommt selten, ja eigentlich nie vor, dass ich der Bedienung kein Trinkgeld zukommen lasse – und lieber gebe ich mehr als zu wenig –, aber hier wurde ich förmlich dazu genötigt, keinen Cent extra abzudrücken.
Mein Kollege musste sich dann schnell umentscheiden und wählte notgedrungen die Pizza „Parlare“ – „Palaver“ hätte der Situation eher entsprochen – mit frischen Champignons und Metzgerschinken von der Schweinenuss (13,90 Euro) aus dem Standardprogramm. Ich hatte mir die mit Thunfisch und Shrimps belegte Pizza „Gamberetti“ (14,90 Euro) ausgesucht. Mit der kleinen Bitte, man möge doch die darauf befindlichen Kalamata-Oliven durch scharfe Peperoni ersetzen.
Mein Gegenüber ließ sich derweil seinen Insalata „Grande“ (12,90 Euro), einen gemischten, mit allerlei Rohköstlichkeiten (Paprika, Gurke, Kirschtomaten, Radieschen, Karotten) durchmengten, gemischten Salat, den er sich zusätzlich mit ein paar Rindersteakstreifen (+4,90 Euro) verzierten ließ, schmecken. Er lobte sowohl das Hausdressing auf Essig-Öl-Basis als auch die anständige Fleischqualität der medium gebratenen Streifen von der Rinderhüfte. Insalata "Grande" mit gebratenen Rinderstreifen
Auch der Carbonara-Kumpan am Tisch konnte mit seinen Taglierini „nach Köhlerart“ (13,90 Euro) durchaus etwas anfangen. Zwar hatte man es beim Garnieren mit Glattpetersilie etwas übertrieben, aber die aus gebratenem Pancetta, Pecorino, Eigelb und schwarzem Pfeffer erschaffene Soße kam löblicherweise ohne Sahne aus und schmeckte laut ihrem Verspachtler auch ganz ordentlich. Taglierini alla Carbonara
Der gleichmäßige Rand meiner Meeres-Pizza ließ auf die Verwendung eines Bleches beim Backen schließen. Auch kam der Teigfladen gut durchgebacken aus dem Ofen. Am Belag gab es wenig auszusetzen, lediglich der dünne Boden fiel texturell eher langweilig aus. Ihm fehlte es eindeutig an Elastizität. Die primär aus Shrimps und Thunfisch bestehende, um ein paar rote Scharfmacher erweiterte Auflage konnte durchaus was. Pizza "Gamberetti" mit Thunfisch, Shrimps und Peperoni (statt Oliven)
Dagegen blieb die Tomatengrundierung geschmacklich recht blass. Da riss es dann auch die wohlgratinierte Fior-di-Latte-Schicht nicht mehr so richtig raus. „Gefällig“ als Gesamteindruck kommt wohl am besten hin. Bedenkt man allerdings den Preis von fast 15 Euro für diesen Rundling, so muss die Frage nach einem guten PLV leider verneint werden. Da bekomme ich bei meinen Stammitalienern in der Pfalz – die Community kennt sie ja mittlerweile – deutlich mehr und das zu günstigerem Preis geboten.
Ähnliches Bild bei meinem Pizza-Buddy, der sich seine „Speciale“ ohne Salami (= „Parlare“) schmecken ließ. Statt Pizzapalaver gab's Pizza "Parlare" (mit Kochschinken und Champignons)
Ordentlich, aber nichts Besonderes und schon gar kein Grund, dafür extra den Weg über den Rhein in badische Gefilde anzutreten. Weit entfernt von „beschder Pizza“, aber auch kein komplett durchgebackener Reinfall, so das knappe Urteil des auf saftige Neustadter Old-School-Ware (à la Michele) spezialisierten Pizzakrobaten aus Böbingen.
Mir (und einem weiteren Hopfenheld aus unserer Runde) war mittlerweile nach einer weiteren Halben aus dem Erdinger Brauhaus zumute. Manchmal hilft nur noch Bier aus großen Gläsern!
Eine richtige Entscheidung, denn erstens würden wir den Weg zurück nach Wörth mit der Straßenbahn zurücklegen und zweitens war die Bierlaune der guten Stimmung am Tisch äußerst zuträglich.
Mr. Alkoholfrei, der sich zuvor noch an einem spritfreien Cocktail namens „Virgin Ginger Mojito“ (6,90 Euro) delektiert hatte, Der alkoholfreie Virgin Ginger Mojito
kam dann recht konsterniert aus der Herrentoilette. Hätte er vor dem Essen die von schwarzem Schimmel befallene, wohl lange nicht mehr gereinigte Rinne des Handwaschbeckens gesehen, wäre ihm die Bestellung deutlich schwerer gefallen. Leute, Leute...sowas geht gar nicht!!
Aber die gleichen desaströsen Zustände wie in der Toilette mussten ja nicht in der Küche herrschen. Hofften wir zumindest.
Ach ja, das Purino…es war definitiv eine Erfahrung wert, wenn auch keine, die sich besonders lange ins Gaumengedächtnis brannte. Da war die Halbwertszeit der Bilder von der Herrentoilette um einiges höher. Aber selbst darüber hätten wir bei einem zufriedenstellenden Service und etwas schmackhafteren Speisen locker hinweggesehen.
So bleibt der Gesamteindruck, trotz der guten Stimmung am Tisch, ein eher verhaltener, um es einmal ganz diplomatisch auszudrücken. Ich schätze, dass unser Schlemmerclub in den nächsten Jahren keine Lokale mit Systemgastronomie mehr aufsuchen wird. Dafür sind solche Clubabende im wahrsten Sinne des Wortes zu „kost“bar.
Es gibt Abende, die bleiben trotz unterirdischen Serviceleistungen und miserablem Preis-Genuss-Verhältnis in lustigster – jedoch nicht in bester! – Erinnerung. So geschehen Anfang Februar dieses Jahres, als sich die vier Food Fellas vom Wörther Schlemmerclub in die Niederungen der Karlsruher Systemgastronomie begaben.
Bis heute wissen drei von ihnen nicht, was damals den Vierten dazu bewogen haben könnte, in diesem mit dem Slogan „Pure Lebenslust“ werbenden Pizza- und Pastakombinat am Mühlburger Tor aufzuschlagen.
Dass wir an jenem Abend dennoch einen Riesenspaß im... mehr lesen
2.5 stars -
"PLV-Alarm in der kulinarischen Tempo-30-Zone einer serviceschwachen System-Gastro!" marcO74Es gibt Abende, die bleiben trotz unterirdischen Serviceleistungen und miserablem Preis-Genuss-Verhältnis in lustigster – jedoch nicht in bester! – Erinnerung. So geschehen Anfang Februar dieses Jahres, als sich die vier Food Fellas vom Wörther Schlemmerclub in die Niederungen der Karlsruher Systemgastronomie begaben.
Bis heute wissen drei von ihnen nicht, was damals den Vierten dazu bewogen haben könnte, in diesem mit dem Slogan „Pure Lebenslust“ werbenden Pizza- und Pastakombinat am Mühlburger Tor aufzuschlagen.
Dass wir an jenem Abend dennoch einen Riesenspaß im
Geschrieben am 24.07.2023 2023-07-24| Aktualisiert am
24.07.2023
Besucht am 13.07.2023Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 148 EUR
Seit gut neun Jahren existiert im Ortskern der am Fuße der Kleinen Kalmit (einer rund 270 Meter hohen Erhebung inmitten der Pfälzer „Weinhügelzone“, Anm.) gelegenen Gemeinde Ilbesheim eine Einkehradresse, die Fein- und Weinschmecker gleichermaßen beglückt.
Die Rede ist vom altehrwürdigen Hubertushof, der seit seiner gastronomischen Renaissance im Jahre 2014 zu unseren Favoriten zählt. Vor allem wenn ein besonderer Anlass vorliegt und/oder es etwas zu feiern gibt, kehren wir hier bevorzugt ein.
In dem historischen Gemäuer aus Sandstein, das hinter seinem knorrigen Eingangstor einen der schönsten Innenhöfe der Südpfalz versteckt hält, trifft gesellige Weintradition – von der Dame des Hauses Sandra Bernhard mit Kompetenz und Charme offeriert – auf eine fantasievoll-kreative Regionalküche mit erkennbarem Saisonbezog, für die sich Chefkoch Jochen Sitter verantwortlich zeigt.
Über das einzigartige Ambiente der ehemaligen Postkutschenstation aus dem 17.Jahrhundert habe ich schon so manche Zeile verfasst. Gepflegte Tischkultur
Auch auf das an den Jahreszeiten orientierte Speisenangebot bin ich in meinen bisherigen Berichten detailliert eingegangen.
Notorische Nicht-Leser mögen mir die vielen Worte verzeihen und sich bitte an den über 130 (!!) Food-Fotos sattsehen, die ich meinen diversen Reportagen mitgegeben habe. Sie ermöglichen ebenfalls einen guten Überblick über die kulinarische Ausrichtung dieses kulinarischen Kleinods, dessen weltoffen vorgetragene Kreativküche mich immer wieder aufs Neue begeistert.
Im Grunde ist zu diesem Schmuckstück bereits alles gesagt. Warum also in Lukullus Namen eine weitere Gaumenstory aus dem beschaulichen Ilbesheim erzählen? Ganz einfach, weil es mir nach wie vor große Freude bereitet, von den dort erlebten Genussmomenten zu berichten und auch auf die kleinen Veränderungen einzugehen.
Eine davon ist das dreigängige Jahreszeitenmenü (49 Euro), das immer mittwochs und donnerstags als zusätzliche Option zur Standardkarte angeboten wird. Es ersetzt quasi die Tagesempfehlungen bzw. macht aus ihnen eine äußerst preiswerte Speisenfolge, die sich ganz nach der Saison richtet.
Als ich dort an einem Januarabend alleine aufschlug – meine beiden Mädels schliefen zu der Zeit bereits tief und fest –, hatte ich vor, mir kurz vor meinem 49.Geburtstag noch etwas richtig Leckeres zu gönnen und mit einem guten Tropfen im Glas ins nächste Lebensjahr „rein“ zu feiern.
Dass es im Laufe des langen Abends „zwei oder mehr“ Tropfen wurden, war nicht nur der sensationellen Weinauswahl des Hauses geschuldet, sondern auch der um keine Empfehlung verlegenen Sommelière und Hausherrin Sandra Bernhard, die mir mal wieder eine sehr gelungene Korrespondenz zum Essen bescherte.
Leider weiß ich davon keine genauen Einzelheiten mehr. Gemäß dem Motto: „Wer sich noch daran erinnert, war nicht dabei!“, wurde der bevorstehende Ehrentag aber angemessen angegossen. Nur so viel sei gesagt: der von ihr ausgesuchte Weißwein machte zu beiden Meeresfrüchte-Tellern eine richtig gute Figur. Und das rote Schwergewicht zum Fleischgang, dem die Luft im Dekanter ausgesprochen gut bekam, war sowieso ganz nach meiner Fasson. I see Red...
Ach wie herrlich, ich saß alleine im Separee, lauschte der dezenten Musik im Hintergrund und knabberte mich durch das selbstgebackene Knäcke- und Sauerteigbrot, das mit etwas hausgemachter Misobutter bestrichen, als erster Leckerbissen zum Amuse gereicht wurde. Misobutter - Knäckenbrot - Oliventapenade (alles hausgemacht!)
Die grüne Oliventapenade blieb dagegen unberührt, da ich mit den mediterranen Steinfrüchten noch nie richtig warm wurde. Ach, würden mir doch nur Oliven schmecken...
Dennoch ein Auftakt, der den kulinarisch sehr kurzweiligen Abend stimmig eröffnete.
Jochen Sitters Kreationen bestehen zwar in der Regel aus bekannten Komponenten, vermitteln aber häufig den Eindruck, dass man sie in der Kombination eher selten auf den Teller bekommt. Bestes Beispiel hierfür war mein erster Gang, der Pulpo „Bangkok-Streetfood-Style“ (22 Euro). Der vorgegarte Arm vom Oktopus wurde dazu in Panko-Kokos-Panade gewälzt und kurz frittiert. A pulp o(f) "Bangkok"
Zum zarten Kopffüßer-Knusper gesellte sich ein schmackhafter Salat aus Mango, frischer Kokosnuss und Koriander, dessen köstliche Thai-Vinaigrette aus Limettensaft, Fischsauce und etwas Puderzucker mich gustatorisch in fernköstliche Gefilde verfrachtete. Ihren Job als cremig-pikante Wonnepfütze erledigte der nicht allzu schwer daherkommende Chili-Mayo-Dip mit Bravour. Fett und Fett gesellt sich eben gern. Und in dieser Kombi einfach unschlagbar lecker. So einfach, aber doch so gut!
Mein Appetit auf frische Meeresfrüchte konnte das zart-knusprige Pulpo-Ärmchen nicht alleine stillen. Da traf es sich gut, dass auf der Karte mit den Tagesempfehlungen ein Salat aus gebratenen Garnelen, Jakobsmuscheln und Pulpo (21 Euro) als Vorspeise angeboten wurde. Mit genügend Schalentierverstärkung würde sich auch mein mediterran gestimmtes Gemüt zufriedengeben – so zumindest der Plan. Gib mir Frutti, gib mir Mare!
Ein erkleckliches Häuflein kurz zuvor durch die Pfanne geschleuster Frutti di Mare von beachtlicher Qualität und Frische duftete mir entgegen. So ein kulinarischer Abstecher an die Küste kam mir Ende Januar gerade recht, denn er hielt auch den sich langsam anschleichenden Winter-Blues – zumindest einen Abend lang – auf Distanz. So muss Meeresfrüchtesalat!
Die lediglich kurz in Olivenöl, etwas Knoblauch, einem Schluck Brühe und Zitronensaft sautierten Preziosen aus dem Ozean überzeugten durch ihren typisch süßlich-nussigen Geschmack, den der Küchenchef weitestgehend für sich sprechen ließ.
Staudensellerie sorgte für etwas texturellen Knack, während rote Zwiebel und Glattpetersilie eine feine vegetabile Würze ins Spiel brachten. Die recht säurearm ausfallenden Zitronenscheiben statteten den Meeressalat mit zusätzlicher Frische aus. Wie schon beim Pulpo-Gang zuvor wurde auch hier die erfrischende Säure von cremiger Würze gekontert.
Diesmal war es eine deftige Aioli, die genügend Fett auf die Kette brachte, um die tadellos gebratenen Meeresbewohner mit noch mehr Aroma zu versehen. Kein spektakulärer, aber doch sehr stimmiger, leicht zugänglicher Teller, der mich begeisterte.
So richtig winterlich wurde es erst bei meinem Hauptgang. Ich hatte mich für das Zweierlei vom Pfälzer Reh (38 Euro) entschieden. Dies bestand aus einem kurzgebratenen Medaillon vom Rücken und einem nach bester Burgunder Art geschmorten Ragout. Auf dem perfekt medium gebratenen Rehrücken thronte zusätzlich eine kleine Scheibe Entenleberparfait, die das Edelwild mit süßlichem Schmelz krönte. Ein Wildteller in Moll
Eine cremig-buttrige Thymian-Polenta, die optisch und texturell eher an ein Püree erinnerte, eine stattliche Portion Rotkraut sowie eine Handvoll eingelegter Quitten und Preiselbeeren flankierten dieses facettenreiche Wildgericht, das nun wahrlich nicht mit molligen Geschmacksmomenten geizte. Gelungene Reh-Naissance auf dem Teller
In der Summe ergab das einen sehr tiefen, dichten und auch äußerst sättigen Hauptgang, der zusammen mit dem guten Roten im Glas prächtig harmonierte.
Dass darauf kein süßer Abschluss mehr folgen konnte, war wenig verwunderlich. Jedoch wurde mit dem ein oder anderen Schluck tanninreich das neue Lebensjahr begangen. Ein denkwürdiger Abend, den ich in vollen Zügen genoss. Danke an dieser Stelle an Sandra Bernhart und Jochen Sitter, die mir ein derart gelungenes „Geburtstagssolo“ bescherten.
Zeitsprung. Es ist Mitte Juli und wieder gibt es etwas zu feiern. Diesmal war es unser 4. Hochzeitstag, den wir mit einem guten Essen an einem angenehm warmen Donnerstagabend im wunderschön angelegten Innenhof begehen wollten. Um es gleich vorwegzunehmen: auch dieser Plan ging voll auf.
Im hinteren Teil des lauschigen Pfalz-Patios wartete ein liebevoll mit Herzchen und Glückwünschen ausgestatteter Tisch auf uns. Unser liebevoll geschmückter Tisch zum Hochzeitstag
Man hatte uns hier mit Bedacht platziert, denn die Schaukel für unsere Kleine war nicht weit entfernt. Zudem befand sich eine kuschelige Sitzgruppe in direkter Reichweite. Ein idealer Rückzugsort, um mit dem Töchterchen die dort ausliegenden Bilderbücher zu studieren.
Wir waren die ersten Gäste des noch jungen Abends. Beim Blick über den herrlich begrünten, von Sandra Bernhart mit sehr viel Geschmack arrangierten Freisitz beschlich mich eine große innere Zufriedenheit, die wohl auch aus einer gehörigen Portion „Heimatgefühl“ heraus resultierte. Pfälzer Innenhofromantik Teil 1
Oder in anderen Worten: ein Ort zum Ankommen, ein Ort zum Bleiben! Pfälzer Innenhofromantik Teil 2 Pfälzer Innenhofromantik Teil 3
Den Apéro hatte meine Schwester bereits vorab arrangiert, indem sie uns zwei Gläser Rosé Sekt brut vom Weingut Siener aus Birkweiler spendierte. Ein traditionell in Flaschengärung hergestellter Schaumwein, der eine kräftige Perlage mit erfrischender Frucht und Mineralität mit sich brachte. Ein absolut würdiger Auftakt.
Mit etwas Kräuter- und Avocadocrème – letztere mit toller Koriandernote! – sowie ein paar Radieschen und grobem Meersalz ging es los. Kräuterquark, Avocadocrème und frische Radieschen zum Amuse
Das phänomenale Roggensauerteigbrot des Küchenchefs wollte schließlich adäquat bestrichen werden. Wobei auch sein selbstgebackenes Weißbrot jedem besseren Baguettevergleich aus Grand-Est locker standhält.
Bei der alle paar Wochen wechselnden Standardkarte fuhr man ein übersichtliches 5–4–3-Sytem. Besonders von den fünf Vorspeisen las sich eine besser als die andere. Aber auch gegen Rehschnitzel, Rochenflügel und Ribeyesteak hätte man zweifellos „hauptgerichtlich“ vorgehen können.
Meine Frau wandelte vorweg auf regionalen Pfaden und entschied sich für Jochen Sitters Evergreen, die gebratene Blutwurst mit Walnusskrokant, frischem Meerrettich und Gewürzapfelchutney (22 Euro). Mich entführte der erste Gang des Sommermenüs dagegen in mediterrane Gefilde. Der Wolfsbarsch im Serranomantel mit pikantem Tomatensalat klang äußerst vielversprechend.
Zu meinem Drei-Gang-Menü wählte ich die angebotene Weinbegleitung. Der Preis von 15 Euro für drei gut eingeschenkte Gläser aus Pfälzer Weinlanden war ein regelrechtes Schnäppchen, bedenkt man, was da in anderen Restaurants gleicher Güteklasse abgerufen wird.
Den Auftakt zum Wolfsbarsch machte übrigens ein trockener Weißburgunder vom Weingut Ackermann aus Ilbesheim. Sein nach dem Boden, auf dem die Reben wachsen, benannter „Landschneckenkalk“ hatte eine feine mineralische Würze im Abgang und war mit seiner cremigen Frische ein idealer Fischbegleiter.
Das im krossen Schinkenmantel versteckte, saftige Filetstück vom Wolfsbarsch lag auf einem verblüffend unkonventionellen Tomatensalat. Wolfsbarsch im Serranomantel mit pikantem Tomatensalat
Bereits die verschiedenen Rottöne deuteten auf die Verwendung unterschiedlicher Sorten in Cocktailgröße hin. Ihre vollreifen Stücke schwammen in einem weißen Tomatenschaum, der sie zusätzlich mit Säure und Frische unterfütterte. Für knusprige Abwechslung sorgten die kross gebratenen Croutons, wodurch ein Hauch von Toskana (Panzanella!) über diesem Teller wehte.
Der kleine, wie immer mit hübscher Meerrettich-Frisur versehene Blutwurstbratling schmeckte meiner Gattin ganz vorzüglich. Gebratene Blutwurst mit Walnusskrokant, frischem Meerrettich und Gewürzapfelchutney
Ich kann verstehen, dass diese in sich stimmige Kombination aus erdiger Blutwurstwürze, nussiger Linsenbasis, vegetabiler Meerrettichschärfe und der leicht pikanten Frucht des Apfelchutneys bei vielen Gästen sehr gut ankommt und deshalb ihren wohlverdienten Stammplatz auf Jochen Sitters Speisenkarte seit Jahren erfolgreich verteidigt.
Drei unfassbar zarte Stücke einer im Smoker heißgeräucherten und dann kurz angebratenen Entenbrust lagen auf einer pittoresken Landschaft aus Süßkartoffelpüree, wildem Brokkoli, gegrilltem Paprika, angebratenen Süßkartoffelscheiben und rauchiger BBQ-Whisky-Jus. Heißgeräucherte und dann scharf angebratene Entenbrust aus dem Smoker mit Zweierlei von der Süßkartoffel, wildem Brokkoli und Paprika an BBQ-Whisky-Jus
Der wilde, kaum an Kohl erinnernde Brokkoli tendierte geschmacklich eher in Richtung von grünem Spargel. Und der fühlt sich bekanntlich auf jedem Grillteller wohl. Die leichte Süße des Grillpaprikas wurde von dem seidigen, mit etwas Entenfett veredelten Süßkartoffelpüree hervorragend eingebunden. Grandioser Grillteller!
Die mit subtiler Whisky-Note ausgestattete BBQ-Jus setzte ein rauchig-würziges Ausrufezeichen und machte mit ihrem rassig-herben Taste mächtig Dampf auf der Keramik. All diese Komponenten ergaben in der Summe ein sehr gelungenes Fleischgericht, das diesem lauen Sommerabend kulinarisch die Krone aufsetzte.
Dazu genosss ich eine wohltemperierte (also nicht zu warme!) Cabernet-Sauvignon-Merlot-Cuvée aus dem Jahr 2019 vom ortsansässigen Weingut Kaiserberghof. Der Rotwein zur Entenbrust
Die passte mit ihrem leichten Paprikabouquet und der typischen Cabernet-Röstaromatik natürlich ganz hervorragend zur rosa gegrillten Entenbrust und ihren Komparsen auf dem Teller.
Beim Dessert erbat ich eine kleine Änderung. Statt dem ursprünglich angebotenen Cassis-Sorbet gelüstete es mich nach dem hier schon oft genossenen Sauerrahmeis, das die Küche zähneknirschend – da nun der Milchsäureanteil zu hoch und kaum Farbkontrast auf dem Teller vorhanden war – mit weißem Waldmeister-Joghurtschaum, zerstoßenem Baiser (auch weiß!) und einem sommerlichen Beerenmix servierte.
Zugegeben, farblich lag mein Nachtisch deutlich über der "Schneefallgrenze", entpuppte sich aber am Gaumen als wunderbar leichter, von reifer Fruchtsüße und dezenter Waldmeistersäure kündender Abschluss eines denkwürdigen Sommermenüs. Sauerrahmeis mit weißem Waldmeister-Joghurtschaum, zerstoßenem Baiser und einem sommerlichen Beerenmix (unterm Schnee...)
Nicht unerwähnt möchte ich den dazu ausgeschenkten Dessertwein, ein feinherber Gelber Muskateller vom Weingut Erlenwein (Wacholderhof, zwischen Ilbesheim und Leinsweiler gelegen, Anm.), lassen. Ein leichter Sommerwein, bei dem sich die Restsüße in Grenzen hielt und der von seiner feinen Säure und gelben Frucht lebte. Ein solider Tropfen, der goldgelb und gut gekühlt im Glas schimmerte und mir den Übergang zum Dessert erleichterte. Ein Gelber Muskateller zum Dessert
Meiner Gattin Brownie mit Pistazien und Orangencrème (14 Euro) ließ da unweigerlich ein paar Kalorien mehr purzeln. Brownie mit Pistazien und Orangencrème
Das ordentlich gebutterte, sündhaft süße Kakao-Gebäck aus den Staaten wurde von einer leichten Pistaziencrème getoppt. Kumquat und Orangencrème verpassten dem saftigen Protagonisten den nötigen Fruchtsäureschliff. Geröstete Pistazien und Schoko-Crumble taten was fürs Mundgefühl. Ein süßer Abschluss ganz nach dem Gusto meiner Frau.
Und was gab es für unsere Kleine? Noch bevor unsere Vorspeisen auf dem Tisch landeten, hatte Maître Sitter aus einem ganz formidablen, um eine Pfütze Jus erweiterten Kartoffelpüree, zwei Cocktailtomatenhälften und ein paar Gurkenscheiben ein lachendes Gesicht auf der Keramik hinterlassen. Der Kinderteller
Damit war unser Töchterchen erst einmal gut beschäftigt und später mindestens genauso gut gesättigt. Danke an dieser Stelle, liebes Hubertushof-Team, für diesen schmackhaften Kleinkind-Teller. Den hätte unsere kleine Maus beim nächsten Besuch gerne wieder!
Außerdem ein dickes „Merci“ für den liebevoll eingedeckten, mit Bedacht ausgewählten Tisch, den herzlichen Service und die vielen kleinen Extras, die zu diesem wunderschönen Abend beitrugen.
Diese beiden so unterschiedlichen Geschmackshighlights des Jahres 2023 unter einen Hut bzw. in einen Bericht zu packen, war wahrlich kein leichtes und schon gar kein kurz und knappes Unterfangen. Aber es war mir eine echte Herzensangelegenheit.
Ich habe vor dem sympathischen Gastronomenpaar Bernhart/Sitter großen Respekt, denn sie wuppen Küche und Service nahezu alleine. Hoffentlich haben die beiden noch genügend Kraft und Motivation für viele weitere Jahre in der Gastro. Nicht nur der Pfälzer Genusslandschaft wäre es zu wünschen.
Seit gut neun Jahren existiert im Ortskern der am Fuße der Kleinen Kalmit (einer rund 270 Meter hohen Erhebung inmitten der Pfälzer „Weinhügelzone“, Anm.) gelegenen Gemeinde Ilbesheim eine Einkehradresse, die Fein- und Weinschmecker gleichermaßen beglückt.
Die Rede ist vom altehrwürdigen Hubertushof, der seit seiner gastronomischen Renaissance im Jahre 2014 zu unseren Favoriten zählt. Vor allem wenn ein besonderer Anlass vorliegt und/oder es etwas zu feiern gibt, kehren wir hier bevorzugt ein.
In dem historischen Gemäuer aus Sandstein, das hinter seinem... mehr lesen
Restaurant Hubertushof
Restaurant Hubertushof€-€€€Restaurant06341930239Arzheimer Straße 5, 76831 Ilbesheim bei Landau in der Pfalz
5.0 stars -
"Zu jeder Jahreszeit ganz viel Geschmack!" marcO74Seit gut neun Jahren existiert im Ortskern der am Fuße der Kleinen Kalmit (einer rund 270 Meter hohen Erhebung inmitten der Pfälzer „Weinhügelzone“, Anm.) gelegenen Gemeinde Ilbesheim eine Einkehradresse, die Fein- und Weinschmecker gleichermaßen beglückt.
Die Rede ist vom altehrwürdigen Hubertushof, der seit seiner gastronomischen Renaissance im Jahre 2014 zu unseren Favoriten zählt. Vor allem wenn ein besonderer Anlass vorliegt und/oder es etwas zu feiern gibt, kehren wir hier bevorzugt ein.
In dem historischen Gemäuer aus Sandstein, das hinter seinem
Geschrieben am 12.07.2023 2023-07-12| Aktualisiert am
12.07.2023
Besucht am 19.01.2023Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 19 EUR
Am nicht mehr ganz so neuen Landauer Messegelände, gegenüber einer der beiden „Filialen“ des Fitnessstudios „Bella-Vitalis“, in dem ich seit ein paar Jahren als mehr oder minder aktives Mitglied gelegentlich „sportle“, existiert seit Sommer 2020 ein auf Pizza und türkische Grillküche gleichermaßen spezialisierter Laden, der von Mehmet Kömür geleitet wird.
Das Lokal vom freundlichen „Onkel Memed“ fiel mir bereits mehrfach beim Vorbeifahren ins Auge, aber erst ein Hungerast nach dem Training in besagtem Club ließ mich die Räumlichkeiten des ehemaligen Gefängnisses, das früher die Cocktailbar „La Prison“ beherbergte, betreten. Auch ein "Geöffnet" kann schon glücklich machen
Ach ja, zu Studentenzeiten war ich hier öfter mal zugegen. An die vergitterten Fenster, die große Cocktailauswahl zu günstigen Preisen und die Qualmwolken von einst – mit dem Nichtraucherschutz wurde es hier keineswegs übertrieben – kann ich mich noch gut erinnern. Die teilweise erhaltenen Gitterstäbe verliehen der damals recht angesagten Cocktailbar ihre ganz besondere Atmosphäre.
Um es mit den Worten eines berühmten Stadionalkoholikers früherer Tag auf den Punkt zu bringen: „Caught up in cocktail-prison, could not escape!“. Warum auch? War es doch schaurig-schön dort und die Drinks nicht nur korrekt, sondern auch erschwinglich.
Da war die Renovierung des Anwesens gar nicht so einfach, wie mir der heutige Inhaber Mehmet Kömür bei einem kleinen Plausch verriet. Allein der Aus- bzw. Rückbau einiger Gitterfenster war eine Heidenarbeit. Jeder, der schon einmal aus einer JVA ausgebrochen ist, wird ihm da sicherlich beipflichten.
Dem früheren Refugium für Cocktail-Knackis ist ein mit Rundbogenfensterns ausgestatteter Anbau vorgelagert, dessen Funktion sich mir bis heute nicht erschließen will. Durch den Anbau im Parterre muss man durch...
Diesen hat man jedoch schnell passiert, um über ein paar Treppenstufen nach oben zum Ort des Geschehens zu gelangen.
Wer dem Grilldunst folgt, gelangt in den spartanisch eingerichteten, L-förmigen Gastraum, dessen schmuckloses Interieur wohl an die frühere Knastkantine erinnern soll. Gastraumimpression
Aber das schwarzlackierte Bistromobiliar mit seinen von Kunstleder überzogenen Polsterstühlen wertet das Ambiente um eine Gitterstabdicke auf. Etwas lebendiger dürfte die Einrichtung schon sein...
Bestellt und bezahlt wird an einer etwas improvisiert wirkenden Theke, die einen Durchgang zu der im hinteren Abteil beheimateten Küche freigibt. Da ging es trotz der geringen Auslastung des Lokals an jenem späten Donnerstagabend Mitte Januar noch recht munter zu.
Später erfuhr ich von Herrn Kömür, dass sich der Laden hauptsächlich über den gut gehenden Lieferservice trägt und auch die Abholkundschaft immer mehr geworden ist. Corona scheint besonders bei dieser Art der Gastronomie (Pizza, Döner & Co.) eine bleibende Liefer- und ToGo-Mentalität bei ihren Abnehmern unterstützt zu haben.
Ich schnappte mir einen der herumliegenden Flyer mit dem gelisteten Speisenbestand, den mir der Chef des Hauses kurzerhand gegen eine veritable Speisenkarte eintauschte. Seinem freundlichen Hinweis, ich möge doch bitte an einem der vielen freien Tische Platz nehmen, kam ich beflissentlich nach. Das erinnerte dann doch eher an ein Restaurant als an einen Schnellimbiss, was mir an diesem Abend auch sehr recht war.
Bei meinem Erstbesuch, den ich als Einzelesser absolvierte, war der Bierdurst nach dem Sport entsprechend groß. Aufgrund der fehlenden Schanklizenz für alkoholische Getränke wurde es dann schließlich ein gut gekühltes alkoholfreies Bellheimer Pils (0,33l-Flasche für 3 Euro), dessen isotonische Eigenschaften auch meiner ausgeprägten Unterhopfung entgegenwirkten. Herr Kömür brachte mir dazu ganz stilecht eine schmale Bellheimer Flöte, um mein Kaltgetränk aus dem Glas genießen zu können. Ein alkoholfreies Bellheimer für den Durst
Bereits das reiche Angebot an Vorspeisen machte mir klar, dass ich es hier nicht mit einem gewöhnlichen Pizza-Pide-Dönerladen zu tun hatte. Hier wurde nicht (nur) auf „Dürüm komm raus“ vom Drehspieß gesäbelt, denn allein sechs verschiedene Arten von Pizzabrötchen, zehn Salatvarianten und ein gutes halbes Dutzend verlockend klingender Grillgerichte aus der Heimat des Patrons standen neben dem knapp 30 Pizzen umfassenden Teigfladenprogramm zur Auswahl.
Bei über Holzkohle gegrilltem Adana Kebap werde ich auch außerhalb von Berlin-Kreuzberg gerne schwach. Für 16 Euro bekam ich diesen von Herrn Kömür mit einem kleinen Beilagensalat, einer stattlichen Portion Pommes frites – auch Bulgur oder Reis wären als begleitende Maßnahmen möglich gewesen – sowie einer milden Knoblauchsauce und einer säuerlich-scharfen, vornehmlich nach Sumach und Minze schmeckenden Würzpaste namens „Ezme“ auf einem großen Tablett serviert. Einmal Adana Kebap mit allem!
Der wohl aus der Tüte stammende, gemischte Salat war mit grundsolidem Joghurtdressing angemacht. Der Beilagensalat
Auf die kleinen Gurkenstücke darin hätte ich locker verzichten können. Da war ich dann halt ein wenig am Sortieren. Von den Tomaten erwartete ich im Januar kein Aromenfeuerwerk und wurde in meiner Annahme bestätigt. Die frisch geraspelte Karottenrohkost wertete das in Joghurttunke badende Blattgrün etwas auf. Seinen nicht vom Tablett zu weisenden Kantinenstatus konnte er dennoch nicht vollends ablegen.
Aber das war mir auch herzlich egal, denn die außen krosse und innen wunderbar saftig ausfallende, aus angemessen gewürztem Lammhack bestehende türkische Grillspezialität war der Star des Ensembles. Ein wahrer Spießgeselle aus saftigem Lammhack
Klar hätte das unter dem Fleisch befindliche, kurz aufgebackene Fladenbrot nicht ganz so trocken ausfallen müssen. Dafür gingen die knusprig frittierten und zudem leicht gewürzten Pommes handelsüblicher Sortierung absolut in Ordnung. Knusprige Pommes mit Würze!
Abwechselnd in die Knoblauchsauce und in die Scharfpaste getunkt, war das eine gute Ergänzung zu meinen frisch gegrillten Hackspießen. Nochmal die komplette Adana Kebap Portion
Ich war so angetan von „Onkel Memeds“ Adana Kebap, dass ich rund zwei Monate später mit ein paar Kletterkollegen – wir hatten gerade zusammen am Trifels die Freiluftsaison erfolgreich eröffnet – wieder hier vorbeischaute. Die Felskameraden, allesamt keine Fleischverächter, kannten diese türkische Grill-Lokalität noch nicht. Aber das ließ sich umgehend ändern.
Vorneweg orderten wir die mit Käse und scharfer Rindersalami gefüllten Pizzabrötchen „Chili“ (7,50 Euro). Sechs deftige „Versucherle“ für den ersten Hunger, die wir in Cocktailsauce dippten und so den ersten Hunger bis zum Eintreffen der Fleischspeisen überbrückten. Pizzabrötchen "Chili" (6 Stück)
Die Kombi aus fluffigem Hefeteig, geschmolzenem Käse und deftiger Wurst ging auf. Von diesen saftigen kleinen „Dingern“ hätte ich noch ein paar mehr verdrücken können.
Tat ich aber nicht, denn ich wusste ja, was mich noch erwarten würde. Während sich das ignorante Jungvolk an „Dönereien aus der Box“ (7,50 Euro) delektierte und das vom Drehspieß geschnittene Kalbfleisch zusammen mit reichlich Frittengrundlage aus einer Pappschachtel – die heutige Jugend, was soll nur aus ihr werden! – futterte, ließ ich mir die Izgara Köfte mit Pommes frites, dünnem Yufkabrot und einem Beilagensalat (16 Euro) schmecken.
Vom Prinzip her das gleiche Gericht wie ein paar Monate zuvor, nur dass diesmal der Adana Spieß von vier (!) saftig gegrillten, mit etwas Glattpetersilie bestreuten Frikadellen aus Lammhack ersetzt wurde. Von der Textur her waren sie noch etwas mürber als ihr fleischverwandter Spießgeselle aus Adana. Hier regierte König Köfte!
Genau wie bei diesen war die Hackmasse lediglich mit Pfeffer und Salz gewürzt worden – und das mit dem richtigen Maß. Die Prachtbuletten im Detail
Eine kurz angegrillte grüne Peperoni und zwei Dipsaucen (wieder Knobi und Ezme) komplettierten meine üppig portionierte Bulettenplatte, an der es wenig auszusetzen gab. Saftig gegrillte Buletten können dir den Tag retten...
Ok, die Gurke im Salat vielleicht, aber die verweigere ich ja generell.
Mein Kollege hatte unterdessen keinen wirklichen Grund „to surrender“, denn sein Motto des Abends hieß schlicht und ergreifend: „Return to Iskender!“. Bei dem nach seinem Erfinder Iskender Efendi benannten Tellergericht wurde das dünn abgesäbelte Kalbfleisch vom Drehspieß ordentlich unter Knoblauch- und Tomatensauce gesetzt. A good plate to iskender!
Auch ein paar in Butter geschwenkte Brotwürfel tummelten sich in der mit frischen Tomatenscheiben und Paprikastücken garnierten Fleischlandschaft. Die 13,50 Euro hätte er sicher deutlich schlechter anlegen können.
Wer auf türkische Grillküche steht und auch mal gerne abseits von Yufka, Pide und Lahmacun wandelt, ist in Onkel Memed’s Pizza Grill gut aufgehoben. König Köfte und seine Spießgesellen aus Adana überzeugen mit ihrer saftigen Textur und ihrem betörenden Duft nach Holzkohle, über der sie gegrillt werden. Auch die gefüllten Pizzaknoten würde ich wieder bestellen.
Beim Fladenbrot sehe ich noch deutliches Entwicklungspotenzial nach oben, was den positiven Gesamteindruck bei den Speisen aber nicht wirklich schmälerte. Klar, gibt es in Landau viele Restaurants mit wesentlich schönerem Ambiente, aber für ein sättigendes Grillfleischerlebnis – gerne auch nach sportlicher Betätigung – kann selbst die karge Einrichtung eines ehemaligen Gefängnisses dienen.
Am nicht mehr ganz so neuen Landauer Messegelände, gegenüber einer der beiden „Filialen“ des Fitnessstudios „Bella-Vitalis“, in dem ich seit ein paar Jahren als mehr oder minder aktives Mitglied gelegentlich „sportle“, existiert seit Sommer 2020 ein auf Pizza und türkische Grillküche gleichermaßen spezialisierter Laden, der von Mehmet Kömür geleitet wird.
Das Lokal vom freundlichen „Onkel Memed“ fiel mir bereits mehrfach beim Vorbeifahren ins Auge, aber erst ein Hungerast nach dem Training in besagtem Club ließ mich die Räumlichkeiten des ehemaligen... mehr lesen
Onkel Memed's Pizza Grill
Onkel Memed's Pizza Grill€-€€€Restaurant, Lieferdienst06341 9946474Alfred-Nobel-Platz 1, 76829 Landau in der Pfalz
3.5 stars -
"Tadellose türkische Grillkost vom freundlichen Onkel" marcO74Am nicht mehr ganz so neuen Landauer Messegelände, gegenüber einer der beiden „Filialen“ des Fitnessstudios „Bella-Vitalis“, in dem ich seit ein paar Jahren als mehr oder minder aktives Mitglied gelegentlich „sportle“, existiert seit Sommer 2020 ein auf Pizza und türkische Grillküche gleichermaßen spezialisierter Laden, der von Mehmet Kömür geleitet wird.
Das Lokal vom freundlichen „Onkel Memed“ fiel mir bereits mehrfach beim Vorbeifahren ins Auge, aber erst ein Hungerast nach dem Training in besagtem Club ließ mich die Räumlichkeiten des ehemaligen
Geschrieben am 09.07.2023 2023-07-09| Aktualisiert am
09.07.2023
Besucht am 15.01.2023Besuchszeit: Mittagessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 37 EUR
Das von Salvatore Care seit Oktober 2018 betriebene Ristorante gleichen Namens im Kandeler Quartier „Im Stadtkern“ ist für uns eine günstig gelegene Einkehradresse, die sich von Wörth aus bequem per Drahtesel erreichen lässt.
Außerdem hat sich das im Parterre eines mehrstöckigen Zweckbaus untergebrachte Lokal in den vergangenen fünf Jahren zu einem wahren Geheimtipp für Pastafreunde entwickelt. Seit der Schließung unseres Wörther Lieblingsitalieners „Oro di Barone“ kenne ich wirklich kein italienisches Restaurant in der näheren Umgebung, das solch schmackhafte Nudelgerichte auf die Teller bringt.
Neben den Leckereien aus Topf und Backofen ist es vor allem die Servicequalität, die einen hier schnell heimisch werden lässt und für entspannte Genussmomente sorgt. Allen voran, weiß der sympathische Inhaber, wie man Gäste gleichermaßen kompetent wie charmant umsorgt und dabei stets den Überblick bewahrt. Aber auch die Mannschaft rund um Salvatore Care macht mittlerweile ihre Sache richtig gut und schenkt ihren Besuchern sogar hin und wieder mal ein Lächeln.
Seit wir hier mit unserem Töchterchen aufkreuzen, hat die Freundlichkeit der Servicekräfte sogar noch deutlich zugenommen. Italiener und Bambini – eine Kombination, die im „Da Salvatore“ immer mit ganz viel Herzlichkeit einhergeht und daher richtig gut funktioniert.
Auf die nüchtern funktionale Einrichtung des lichtdurchfluteten Gastraums bin ich bei meinem letzten Bericht schon detailliert eingegangen. Wertig funktional eingerichteter Gastraum mit grünen Momenten
Zu ergänzen wäre jedoch, dass die Terrasse mittlerweile komplett von Sonnenschirmen „beschattet“ wird.
Auch der den Freisitz umgebende Sichtschutz aus Bambus begünstigt die angenehmen Schattenverhältnisse besonders bei tiefstehender Sonne. Zusätzlich lockern ein paar stattliche Olivenbäume den geschmackvoll angelegten Außenbereich auf. Das hat alles Stil und sicherlich auch eine Stange Geld gekostet. Kein verschwendetes, wie wir an einem warmen Juniabend in familiärer Runde vor Ort feststellen konnten.
Doch der Reihe nach. Die erste Einkehr nach längerer Abstinenz ereignete sich an einem Freitagmittag Mitte Januar. Nach der Arbeit kam das präsidiale Oberhaupt unseres Schlemmerclubs spontan auf die Idee, die Woche bei einem gepflegten Lunch ausklingen zu lassen. Innenansicht des "Da Salvatore"
Er ist ein großer Freund der salvatorischen Rundbackwaren und ein ausgebuffter Gastrofuchs zugleich, denn er ordert hier stets den großen Teigfladen – bei Salvatore wahrlich keine Kinderportion –, um sich nach der verzehrten Hälfte den Rest für zu Hause einpacken zu lassen. Wer kann es ihm bei einer Pizza von solch hoher Qualität verdenken.
Er hatte diesmal die große „Milano“ mit Schinken, Salami und frischen Champignons für um die 10 Euro auf dem Teller. Die große Pizza "Milano"
Ihr knuspriger Boden, der zweifellos das perfekt durchgebackene Ergebnis einer langen Teigführung mit geringer Hefemenge war, machte schon optisch einen hervorragenden Eindruck. Die kurz vor dem Ausrollen in Semola-Hartweizengrieß gewendete Backmasse – daher also der Knusper – war im Inneren wunderbar weich. Ein knusprig-saftiger Rundgenuss
Ein regelrechter Flauschfladen, auf dessen Oberfläche ein saftig-deftiger Belag aus guten Zutaten glänzte. Vielleicht wurde da mit einem Schuss Öl nachgeholfen, aber das machte die aus würziger Salami, tadellosem Kochschinken, aromatischer Tomatensauce, geschmolzenem Mozza und frischen Pilzen bestehenden Auflage nicht das Geringste. Mein Kollege war mehr als zufrieden und freute sich bereits auf die zweite „Halbzeit“ am Folgetag.
Nach intensiver „Pastafahndung“ fiel meine Wahl auf eine veritable Nudelspezialität des Hauses, die hier unter dem wenig aussagekräftigen Namen „Calabrese“ firmiert. Dahinter verbergen sich perfekt al-dente gekochte Orecchiette in einem wirklich sündhaft schmackigen Tomatensugo, der mit Salsiccia, Peperoni, roter Zwiebel, Kirschtomaten und Knoblauch verfeinert wurde. Orecchiette "Calabrese"
Die leichte Schotenschärfe tat dem Nudelteller richtig gut. Und die Salsiccia konnte natürlich auch was. Ansonsten lebte die mit frisch geriebenem Parmesan bestreute „Öhrchenschar“ von der lange eingekochten Tomatenbasis, die allein schon jede gemeine Teigware in den kulinarischen Adelsstand erhoben hätte. Wer mit genügend Zeit kocht, kocht meistens mit Leidenschaft – und wer das tut, kocht gut! So simpel diese Weisheit, so zutreffend ist sie auf diesen Leib- und Seelenteller, den ich in vollen Zügen genoss.
Mir schmeckte dieses Nudelgericht so gut, dass ich meine Frau davon überzeugte, am darauffolgenden Sonntagmittag zusammen mit unserer Kleinen dort zum Lunch einzukehren. Wir hatten Glück und konnten uns per Anruf den letzten Tisch im schlauchartigen Gastraum sichern. Dass man hier ganz formidabel diniert und dies zu äußerst fairen Preisen, hat sich in Kandel mittlerweile herumgesprochen.
Aufgrund der hohen Auslastung ging es ziemlich trubelig zu, aber die Servicecrew hatte trotzdem alles im Griff und der Kinderstuhl ließ nicht lange auf sich warten. Unser Töchterchen hatte mächtig was zu gucken und die vielen Leute um uns herum störten sie nicht im Geringsten. Ganz im Gegenteil.
Zur Flasche San Pellegrino, die hier übrigens für völlig akzeptable 4,80 Euro erworben wurde, gesellten sich zwei delikate Nudelteller. Meine Frau – genau wie ich ein großer Sardinien-Fan – hatte sich für die mit Pecorino veredelte „Sardegna“-Pasta (13 Euro) entschieden. Wenig später wurden ihr dann eine stattliche Portion Penne mit gebratener Zucchini und Salsiccia in kräftiger Tomatensauce serviert. Sie war von ihrer würzig-fruchtigen Empfehlung des Hauses sichtlich begeistert. Penne "Sardegna"
Mich gelüstete es nach meiner italienischen Lieblingspasta, den ursprünglich aus Kampanien stammenden Paccheri, die – was ihre Form betrifft – auch als gekürzte Cannelloni durchgehen würden. Seit ich diese zusammen mit Seeteufel während eines Sardinien-Urlaubs auf dem Teller hatte, bin ich bekennender Teigröhren-Aficionado. Paccheri "Calamaretti"
Bei Salvatore waren sie in der „Calamaretti-Version“ (14,50 Euro) erhältlich. Neben den kleinen Tintenfisch-Tuben fanden sich auch Zucchini-Stücke und Kirschtomaten in dem aromatisch knoblierten Sugo, der subtil nach den weich gegarten Früchten des Meeres duftete. Ein Genuss für Freunde großer Teigröhren
Auch diese handwerklich souverän auf die rechteckige Porzellanplatte gebrachte Meeres-Pasta war eine reichliche Portion, die von frischen Zutaten kündete. Tolle Meeres-Pasta!
Ein zum Zunge schnalzen gelungener Teller, der mich an die Zeit am Golfo di Olbia (Sardinien) erinnerte, als wir in einem kleinen Ristorante namens „Bar Bolla“ im Küstenörtchen Pittulongu den Genüssen des Meeres erlagen. Dass wir solche Sehnsuchts- bzw. Urlaubsküche im Nachbarort einmal würden genießen können, hätten wir nie gedacht. Allein schon deshalb ist das „Da Salvatore“ ein großer kulinarischer Gewinn für uns (Neu-)Wörther.
Natürlich bestand meine Liebste noch auf ein wohlportioniertes Stück vom hausgemachten Tiramisu (5,50 Euro). Berühmtes italienisches Schichtdessert in gut
Ich versuchte ihr beim Verzehr – so gut es eben ging – zu helfen, denn Selbstlosigkeit und Dessert-Pflicht liegen manchmal ziemlich nah beieinander. Geteilte Kalorien sind halbe Kalorien...
Ergänzend möchte ich noch auf einen Folgebesuch im Juni dieses Jahres verweisen, der uns mehr oder minder spontan im Anschluss an eine Radtour zu Salvatore Care führte. Da hatte ich hier zum ersten Mal die Spaghetti Vongole (14 Euro) im tiefen Teller und war von dem mit Weißwein, Olivenöl und Knoblauch zubereiteten Muschelsud restlos begeistert. Spaghetti Vongole Deluxe!
Meine Frau hatte es wieder nach „Sardegna“ (13 Euro) verschlagen, nur diesmal mit Orecchiette statt Penne, was geschmacklich natürlich keinen Unterschied machte. Orecchiette "Sardegna"
Fürs Protokoll sei noch erwähnt, dass ich mir an jenem Sommerabend neben einer knusprig-saftigen Bruschetta-Portion A brilliant red bruschetta...
– meine Gattin bekam natürlich auch etwas davon ab – ein ganz ausgezeichnetes, da sehr süffiges Grevensteiner Landbier (0,5l für 3,90 Euro) schmecken ließ. Für mich das absolute Spitzenprodukt aus der ansonsten eher unauffälligen Veltins-Brauerei.
Auch bei dieser vorerst letzten Einkehr in Kandels hellstem Stern am Pastahimmel entband mich meine Gattin nicht von den ehelichen Dessert-Pflichten, was standesgemäß mit einem Tiramisu zum Nachtisch endete. Fazit:
Mit dem „Da Salvatore“ haben wir unseren Favoriten in Sachen Pasta & Pizza im näheren Umfeld gefunden. Auch für einen preiswerten Mittagsstopp eignet sich dieses Lokal bestens. Der freundliche Service und das wirklich sehr gute Preis-Genuss-Verhältnis machen das eher funktional wirkende Ambiente des Gastraumes mehr als wett. Und abends auf der hübsch angelegten Terrasse ist davon sowieso keine Rede mehr. Ein echter Familien-Italiener mit allem, was dazu gehört und eine absolute Bereicherung für die Kandeler Gastroszene.
Das von Salvatore Care seit Oktober 2018 betriebene Ristorante gleichen Namens im Kandeler Quartier „Im Stadtkern“ ist für uns eine günstig gelegene Einkehradresse, die sich von Wörth aus bequem per Drahtesel erreichen lässt.
Außerdem hat sich das im Parterre eines mehrstöckigen Zweckbaus untergebrachte Lokal in den vergangenen fünf Jahren zu einem wahren Geheimtipp für Pastafreunde entwickelt. Seit der Schließung unseres Wörther Lieblingsitalieners „Oro di Barone“ kenne ich wirklich kein italienisches Restaurant in der näheren Umgebung, das solch schmackhafte Nudelgerichte auf... mehr lesen
Ristorante Da Salvatore
Ristorante Da Salvatore€-€€€Restaurant, Pizzeria072759885454Im Stadtkern 3, 76870 Kandel
4.5 stars -
"In Kandels hellstem Stern am Pastahimmel sind auch die Pizzen von Format!" marcO74Das von Salvatore Care seit Oktober 2018 betriebene Ristorante gleichen Namens im Kandeler Quartier „Im Stadtkern“ ist für uns eine günstig gelegene Einkehradresse, die sich von Wörth aus bequem per Drahtesel erreichen lässt.
Außerdem hat sich das im Parterre eines mehrstöckigen Zweckbaus untergebrachte Lokal in den vergangenen fünf Jahren zu einem wahren Geheimtipp für Pastafreunde entwickelt. Seit der Schließung unseres Wörther Lieblingsitalieners „Oro di Barone“ kenne ich wirklich kein italienisches Restaurant in der näheren Umgebung, das solch schmackhafte Nudelgerichte auf
Geschrieben am 05.07.2023 2023-07-05| Aktualisiert am
05.07.2023
Besucht am 03.01.2023Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 43 EUR
Vor ca. 44 Jahren, ich besuchte damals den Kindergarten St. Josef in Herxheim, eröffnete an der Hauptstraße im Ortsteil Hayna eine Pizzeria. Benannt nach ihrem damaligen Padrone Angelo Muro, lautete ihr Name „Da Angelo“.
Es war DIE Pizzeria meiner Kindheit und später auch meiner Jugend, in der ich meine ersten Erfahrungen mit der italienischen Pizza- und Pastaküche sammeln durfte. An den Duft von Knoblauch und Oregano, der einem nach dem Passieren der Eingangstür entgegenschlug, kann ich mich noch heute gut erinnern.
13 Jahre später, ich hatte gerade meinen Führerschein gemacht, vergrößerte man sich und zog in eine ehemalige Scheune im Nachbarort Hatzenbühl, die mit großem Aufwand und viel Liebe zum Detail umgebaut und renoviert wurde. Angelo Muro ist mittlerweile in Rente. Nach 37 Gastrojahren genießt er hoffentlich seinen wohlverdienten Ruhestand. Das passierte im Jahr 2017 und viele dachten damals, es wäre das Ende des urigen Pizzaschuppens im Hatzenbühler Ortskern gekommen.
Doch es fanden sich schnell neue Betreiber und ein paar Wochen später hatten Mihaela und Constantino Catana aus Rumänien in dem kultigen Teigfladentempel das Sagen. Sie übernahmen das Lokal und die meisten Rezepturen ihres beliebten Vorgängers – zum Beispiel hat sich am legendären Salatdressing von einst nicht das Geringste geändert – gleich mit.
Stammgästen wie mir gefiel das natürlich und da die beiden auch die Qualität der Pizzen und Nudelgerichte wieder auf Vordermann brachten – der gute Angelo ruhte sich in seinen letzten Jahren doch ein wenig auf den rundgebackenen „Lorbeeren“ aus – segelt seither die kultige Pizza-Pinasse auch unter neuer Flagge in erfolgreichen Gewässern.
Die Pizzen mit ihren etwas dickeren Böden und dem saftigen Belag haben für mich etwas liebenswert Anachronistisches. Sie zählen seit vielen Jahren zu meinen persönlichen „Erinnerungsgerichten“, bei denen es ja primär darum geht, mit jedem Bissen die Vergangenheit ein wenig aufleben zu lassen. Mit dem Gaumen klappt das ja bekanntlich ganz wunderbar.
Und so verwundert es auch nicht, dass ich bei meinen drei Besuchen im Januar, März und April dieses Jahres eigentlich immer bei meinem Standard-Kindheitsfladen, der großen Pizza Calamari (11 Euro), die hier seit jeher mit panierten Tintenfischringen belegt wird, hängen blieb. Die Pizza Calamari mit Peperoni...ein kulinarischer/s Kindheitstraum(a)
Nirgendwo sonst würde ich diesen kreisrunden „Wuchtling“ ordern, aber hier ist sie für mich geradezu obligatorisch. Meistens pimpe ich jene noch mit Knoblauch und scharfer Peperoni, was mit einem geringen Aufpreis geahndet wird, der sich jedoch lohnt.
Die Mädels vom Serviceteam sind stets sehr freundlich und legen die gar nicht mal kurzen Wege – das Lokal erstreckt sich immerhin über drei Ebenen – in flotter Geschwindigkeit zurück. Auch Kleinkinder sind hier gerne gesehen. In der extra für sie eingerichteten Spielecke lässt sich die Wartezeit aufs Essen prima überbrücken.
An der Einrichtung hat sich wenig geändert. Lediglich im Parterre hatte man Wände und Decke neugestaltet. Das Erdgeschoss wurde stimmig renoviert
Aber die mit unterschiedlichsten Antiquitäten liebevoll ausstaffierten Räumlichkeiten versprühen immer noch genügend ländlichen Charme, um zeitlos-gemütlich zu wirken. Ein gemütliches Eck auf der zweiten Ebene
Der gemauerte Holzofen neben dem Eingang und die rote Telefonzelle haben erfreulicherweise überdauert.
Das Preisniveau gibt sich inflationsbereinigt ohne in unverschämte Sphären vorzustoßen. Die kleine Pizza Margherita (26 cm Durchmesser) ist mittlerweile 6,50 Euro wert, während man für die große, mit Steinpilzen, Gorgonzola und Rucola belegte „Porcini“ (30 cm Durchmesser) 11,50 Euro berappen muss. Die riesige, mit Salami, Schinken, Champignons und Paprika ausgestattete Party-Pizza (23 Euro) besitzt einen gigantischen Durchmesser von 45 cm. Von ihr werden sicher auch drei Leute satt.
Die Pasta wird nach wie vor in zwei Größen, nämlich für den „kleinen“ und „großen“ Hunger, angeboten. Dabei werden die gängigen Nudelsorten mit Hilfe unterschiedlicher Saucen durchdekliniert und auch gerne „al-fornisiert“, was ein aus meiner Sicht übertrieben großes Sortiment an Teigwarentellern entstehen lässt.
Beim Fleisch- und Fischangebot wird nicht nur eifrig geschnitzelt – wozu Leute? –, sondern auch mit gegrilltem Oktopus, tomatisierten Muscheln und Garnelen sowie Lachsfilet und überbackener Dorade Royal den Meeresfrüchtlern und Grätengenossen gleichermaßen gehuldigt.
Bei unserem Besuch Anfang Januar war die Weihnachtsdeko noch präsent. Im Gastraum ging es Anfang Januar noch so richtig weihnachtlich zu
Unsere Kleine machte da ihre erste Bekanntschaft mit der Spielecke, die sie natürlich total klasse fand. Gut, dass unser Tisch nur ein paar Meter von ihr entfernt lag. Der kurze Weg dorthin machte die Sache nämlich erheblich einfacher.
Servicechefin Mihaela Catana, die uns freundlich willkommen hieß, hatte ihren Laden gut im Griff. Ein Kindersitz wurde schnell organisiert und auch mit der Bestellung mussten wir nicht lange warten. Eine Flasche Mineralwasser der Marke „Taunus Quelle“ (0,75l für 5,50 Euro) sprudelte bald in unseren Gläsern. Ein süffig-moussierendes Viertel Lambrusco (5 Euro) war ebenfalls mit von der Partie.
Meine Frau hatte es mit den Rigatoni „al forno“ (9,80 Euro) zu tun, während mir die große Calamari-Pizza mit Knoblauch und Peperoni (inkl. dieser beiden Extrawünsche 13 Euro in totale) gegönnt war. Vorneweg sollte es „wie früher“ ein großer italienischer Salat (8,50 Euro) sein, der – so unser Plan – zusammen mit einer Portion Mini-Pizzabrötchen (1,50 Euro) verzehrt werden sollte. Der Italo-Salat in der Totalen
Früher gab es schnödes, häufig viel zu trockenes Weißbrot „für umme“. Da waren mir die putzigen, hausgemachten Hefeerzeugnisse doch lieber, auch wenn dafür ein geringer Betrag verlangt wurde. Dass sich darüber der gemeine „Geiz-ist-Geil-Google-Rezensent“ aufregt, entbehrt jeglichen Kommentares.
Der große Italienische bestand hauptsächlich aus Eisbergsalat, der mit Sellerie- und Karottenstreifen, geriebenem Käse (vermutlich Gouda), Kochschinkenschnipsel, zwei Tomatenvierteln, grünen Bohnen sowie ein paar Eier- und Gurkenscheiben garniert war. Der Italienische wie zu Angelos Zeiten
Das würzig-delikate Essig-Öl-Dressing schmeckte wie zu alten Angelo-Zeiten. Der große Italienische im DetEi
Die kleinen, aber fluffigen Pizzabrötchen taugten gut zum Aufsaugen der angenehm säuerlichen Nostalgietunke. Ach damals… Fluffige Tunkwerkzeuge
Bei den überbackenen Rigatoni wurde nicht mit Gratinkäse gespart. Rigatoni al forno
Das wäre in dem Ausmaß gar nicht nötig gewesen, denn die Ofennudeln wurden noch leicht „al-dente“ aus der heißen Backröhre gezogen und auch die Hackfleischsauce schmeckte nach ehrlichem Handwerk und nicht nach Maggie-Fix. Gleiches galt auch für die kleine Portion Spaghetti Bolognese (8 Euro), die wir in erster Linie zu beschäftigungstherapeutischen Zwecken unserem Töchterchen bestellt hatten. Spaghetti Bolognese
Bei den verzehrten Pizzen zeichnete sich der etwas dickere Boden durch eine angenehme Fluffigkeit aus. Die gut durchgebackenen Rundspeisen fielen vom Belag her sehr saftig aus. Bei der großzügig mit panierten Kindheitsringen belegten Calamari sorgten Knoblauch und milde Peperoni für deftig-pikante Verhältnisse. Der „Herr der Ringe“ wusste dies selbstverständlich zu schätzen. Die Pizza Calamari (mit Knobi und Peperoni)
Ein paar Wochen später probierte ich mich an einer waschechten „Frutti di Mare“ in mittlerer Größe (10 Euro), die mit Sardellen, Muscheln, Krabben und natürlich den kreisrunden Backteigcalamari belegt war. Pizza Frutti di Mare "My Style"
Auf ihr dominierte eindeutig die Anchovi-Würze, die einen immensen Nachdurst verursachte. Aber ansonsten war auch der kleine Abstecher in (meeres)fruchtigere Gefilde kein maritimer Fehltritt.
Bei der Einkehr mit einem Kollegen vom Schlemmerclub sah ich diesen mit seiner großen Pizza Diavolo (10,50 Euro) auf ähnlich würzigen Fladen wandeln. Bei ihm war es jedoch die scharfe italienische Salami, die das (B)Rennen am Gaumen machte. Pizza Diavolo
Zu solch herzhaft belegten „Himmelsscheiben vom Apennin“ (Danke, AndiHa!) passt natürlich auch ein dunkles Andechser oder ein Benediktiner Helles (beide für 3,80 Euro in der 0,4l-Version), die es hier übrigens frisch vom Fass gibt, wie ich schon des Öfteren im Selbstversuch erfahren durfte.
Is(s)t man zu zweit, geht man nach einem ausreichend sättigenden Pizza- oder Pastamahl mit einem Rechnungsbetrag um die 40 Euro nach Hause. Gerne gibt man den gescheiterten Fladenaspiranten auch das letzte Viertel in Alufolie mit. Denn mit einem Stück kalter Pizza zum Frühstück fängt der Tag gleich besser an.
In die Hatzenbühler Kult-Pizzeria Da Angelo kann man definitiv wieder einkehren. Die Qualität der Speisen hat sich unter den neuen Betreibern nicht nur konsolidiert, sondern auch merklich verbessert. Die Ewiggestrigen können hier in panierten Kindheitserinnerungen auf runden Nostalgiescheiben schwelgen oder sich am Angelo-Muro-Gedächtnis-Dressing beim Italo-Salat erfreuen.
Aber auch Debütanten werden aufgrund der durchweg fairen Preisgestaltung, dem freundlich-flinken Serviceteam und dem nach wie vor sehr beschaulichen Ambiente dieses sympathische Traditionslokal sicherlich nicht unzufrieden verlassen. Und Familien mit Kleinkindern empfehle ich einen Tisch in direkter Nähe zur perfekt platzierten Spielecke im Erdgeschoss. Denn gerade beim Restaurantbesuch mit einer bewegungsaffinen Lütten im Kindersitz gilt der Satz: „Alles kann dienen!“ in besonderer Weise…
Vor ca. 44 Jahren, ich besuchte damals den Kindergarten St. Josef in Herxheim, eröffnete an der Hauptstraße im Ortsteil Hayna eine Pizzeria. Benannt nach ihrem damaligen Padrone Angelo Muro, lautete ihr Name „Da Angelo“.
Es war DIE Pizzeria meiner Kindheit und später auch meiner Jugend, in der ich meine ersten Erfahrungen mit der italienischen Pizza- und Pastaküche sammeln durfte. An den Duft von Knoblauch und Oregano, der einem nach dem Passieren der Eingangstür entgegenschlug, kann ich mich noch heute gut... mehr lesen
Pizzeria Da Angelo
Pizzeria Da Angelo€-€€€Restaurant, Eiscafe, Pizzeria0727561290Lindenstr.1, 76770 Hatzenbühl
4.0 stars -
"Von nostalgischen Teigfladen und panierten Kindheitserinnerungen…" marcO74Vor ca. 44 Jahren, ich besuchte damals den Kindergarten St. Josef in Herxheim, eröffnete an der Hauptstraße im Ortsteil Hayna eine Pizzeria. Benannt nach ihrem damaligen Padrone Angelo Muro, lautete ihr Name „Da Angelo“.
Es war DIE Pizzeria meiner Kindheit und später auch meiner Jugend, in der ich meine ersten Erfahrungen mit der italienischen Pizza- und Pastaküche sammeln durfte. An den Duft von Knoblauch und Oregano, der einem nach dem Passieren der Eingangstür entgegenschlug, kann ich mich noch heute gut
Geschrieben am 25.06.2023 2023-06-25| Aktualisiert am
25.06.2023
Besucht am 28.12.2022Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 54 EUR
Otto Waalkes würde an dieser Stelle wohl sagen: „Einen hab‘ ich noch, einen hab‘ ich noch!“ Und tatsächlich ist dies nun wirklich („Schwör!“) meine letzte Einkehr des Jahres 2022 gewesen, von der ich hier „kurz“ berichten möchte.
Kurz deshalb, weil es: a) „nur“ ein süßer Absacker werden sollte…und b) mein letzter Bericht über das „Topaz“ noch gar nicht lange her ist. Aber meistens kommt es dann doch anders als man schreibt…
Es ereignete sich an jenem Abend, kurz nachdem ich zusammen mit Herrn Borgfelder, meinem Gaumen-Gschpusi von der Weser, das Restaurant Argana im Schnoorviertel verlassen hatte und noch Lust auf was „Schmutziges“ in meinem Bremer Lieblingsbistro verspürte.
Das Topaz hatte ich von unserem Gelage im Februar vergangenen Jahres noch in bester Erinnerung. Die Bilder des Bremer Urgesteins der Gastrokritik, die seinen vorweihnachtlichen „Sehr-Kurz-Report“, in dem es nicht nur „Dark’n’Stormy“, sondern auch überraschend süß zuging, begleiteten, hatten bei mir die Lust auf ein ganz spezielles Dessert entfacht.
Nun ist der „Pate vom Ostertor“ in seinem „Viertel“ nicht gerade als ausgewiesener Nachtischler verschrien. Als Mann des harten Käseregiments darf man sich in diesem Haifischbecken genannt „Weser“ sowieso keine überzuckerte Blöße geben und sich mit Crème Brulée, Mousse au Chocolat oder gar Coupe Dänemark in Flagranti erwischen lassen.
Wenn einer wie der besagte „NoSweetForMe“ eine solche Lobeshymne über „DAS Winter-Dessert der Saison“ (Zitat Borgi) verfasst, dann darf man auch mal für einen „Sugar-Nightcap“ in die Horner Straße pilgern.
Dass die „süße Sache“ noch ein irisches Felsenaustern-Vorspiel haben würde, nahmen wir dabei genussvoll in Kauf. Aber der Reihe nach.
Von Schankprinz Ibo I. mit einem freundschaftlichen „Moin!“ begrüßt, durften wir uns gleich neben dem Eingang an unserem „Stammtisch“ platzieren. Von hier aus hat man den besten Blick auf die von Wärmelampen beschienene Anrichtetheke aus Zinn, hinter der Küchenchef Fynn Fabian die letzten Gerichte des Tages in seiner offenen Küche finishte. Men at work
Der Getränkefachmann des Hauses empfahl mir einen trockenen Riesling von der Mosel aus dem bekannten Weingut Carl Loewen, das bereits in den 90er Jahren mit eleganten Moselrieslingen auf sich aufmerksam gemacht hat.
Seitdem Sohn Christopher in den elterlichen Betrieb eingestiegen ist, gibt es einen weiteren Qualitätssprung, wenn man den Worten vom britischen Weinlyriker und Riesling-Routinier Stuart Pigott Glauben schenken darf.
Der 2021 „Quant“, dessen Namen im moselfränkischen ein ganz besonderes Lebensgefühl, nämlich eine zusammen mit Freunden in geselliger Runder erlebte Hochstimmung ausdrückt, eignete sich mit seiner knackig-frischen Säure und seinem nach reifem Pfirsich (oder war es Aprikose…;-)) duftenden Bouquet ganz hervorragend als „letzte Pfütze“ des langen Gastro-Jahres. Kein Quäntchen flüssigen Glücks, sondern ein Quant!
Das mit 9,10 Euro in Rechnung gestellte Glas (ein gutes Achtel…) war zwar nicht gerade ein Schnäppchen, aber unter dem Gesichtspunkt der Mischkalkulation auch nicht unverhältnismäßig hoch bepreist. Unsere aufwändig zubereiteten Late-Night-Snacks waren dagegen regelrecht preiswert.
Der hanseatische Heimrechtler versuchte die vorher genossenen, marokkanischen Preziosen mit einem dunkel-stürmigen Cocktail – der „Dark’n’Stormy gehört hier anscheinend zu seinen (fast) täglichen bzw. nächtlichen Standards – in verdauliche Bahnen zu lenken.
Keine Ahnung, wer von uns beiden auf die glorreiche Idee kam, einen kurzen kulinarischen Abstecher nach Japan zu wagen, aber bald darauf erfragten wir bei „Flaming-Fynn“ ein geflämmtes Austern-Nigiri, das als „Gero Spezial“ für läppische 5,50 Euro das Stück in der Karte stand. Wohl eine Hommage an einen berühmten Bremer Komponisten, Kabarettisten oder Gastrokritiker, dessen Nachnamen mir leider entfallen ist.
Wir beobachteten aus nächster Nähe, wie Chefkoch Fynn Fabian eine noch jungfräuliche Holzkiste mit irischen Felsenaustern aus der Kühlung holte, davon zwei Exemplare fachmännisch mit dem Austernmesser öffnete Die rohe Auster kurz nach dem Öffnen
und ihnen mit dem Flambierbrenner mächtig einheizte. Die schwitzende Auster
Dann formte er mit vorbereitetem Shinode-Sushi-Reis das Fundament, das er kurz darauf mit pikanter Austernsauce aufpeppte, um die geflämmte Meeresfrucht zusammen mit ein paar säuerlich eingelegten Texturgebern (Rettich und Schalotte) darauf zu platzieren. Hommage an einen großen Bremen Gaumenakrobaten
Etwas Schnittlauch und gerösteter Sesam waren auch im Spiel. Sojasauce und Orangenzeste komplettierten dieses komplexe Geschmackskunstwerk, das an unseren Gaumen mit jodig-würzigen und fruchtig-frischen Aromen für Furore sorgte. Geflämmte Auster "Big in Japan"
„Kannst du uns bitte noch eine davon zaubern, lieber Fynn?“ traute ich mich erst nach dem Abflauen des „Papillentornados“ zu fragen. Und tatsächlich verrichtete dieser die bereits beschriebenen Arbeitsvorgänge von Neuem, um die beiden Auster-Aficionados zufrieden zu stellen. Nur nicht den „Stammkundenbonus“ meines Begleiters überreizen, so mein Gedanke, aber dieser scheint hier ja lukullischen „Lifetime-Credit“ zu genießen. Nochmal zum Sattsehen!
Nach diesen zwei Austern Marke „Big in Japan“ war ich endlich bereit für den „Muddy Snow“, dem winterlichen Muss-Dessert des Hauses. Dies wurde mir zu vorgerückter Stunde vom Küchenchef serviert. Dieser ließ es sich dann auch nicht nehmen, mir die einzelnen Komponenten seines Schmuckstücks am Tisch zu erklären.
Unter den verschiedenen Landschaftselementen, die in ihrem Gesamtbild keineswegs „schlammig“ wirkten, war eine in zwei Hälften geteilte Kugel Bratapfelparfait, eine aufgebrochene Punschpraline, ein wunderbar nussiger Haselnussfinancier, mehrere Schokoladen-Äste aus dunkler Valrhona, weißes Schoko-Malto (= Schnee) und ein paar Apfel-Rum-Hippen zum Knuspern. No muddy waters! Muddy Snow!
Das intensiv nach Bratapfel schmeckende Parfait, das im Wesentlichen aus Bratapfelpüree und weißer Kuvertüre bestand, war schon eine Klasse für sich. Die mit winterlich gewürztem Wein – ein kräftiger Bordeaux zusammen mit Portwein, Nelke, Zimt, Kardamom, Vanille, Orange und einem Schuss Rum einreduziert – gefüllte Punschpraline war ebenfalls hausgemacht und hüllte einen ganzen Glühweinstand in feinste dunkle Schokolade. MEIN Lieblingsdessert 2022
Der hauptsächlich aus Butter und Zucker bestehende Haselnussfinancier kam dank der ultrafein gemahlenen Haselnüsse ganz ohne Mehl aus. Volles Nussaroma gedieh hier auf gut gebuttertem Nährboden. In der Summe ergab das ein sündhaft mürbes Gebäck, das wirklich jede Kalorie wert war.
Um die dunklen Schoko-Äste selbst herzustellen, spritzte der Chef de Patisserie die flüssige Kuvertüre vom Beutel in Eiswasser, wo sie zu dünnen, unregelmäßig gebogenen Schokozweigen erkalteten. Auch bei der „Schneeproduktion“ ging der Dessertkünstler vom Topaz äußerst clever zu Werke. Dazu mischte er geschmolzene weiße Kuvertüre mit Maltodextrin. Durch dessen Fettbindung erzielte er die bröckelige Struktur des „Schnees“.
Selbst Nebendarsteller wie die im Dehydrator getrockneten Apfel-Rum-Segel, deren Masse aus püriertem Topaz-Apfel (klar, was sonst?), Rum, Vanille sowie einem Mix aus Isomalt und Glukose durch ein feines Sieb gestrichen und danach ganz dünn auf Folie aufgetragen wurde, strotzten vor echtem Apfelaroma und vertrugen sich natürlich hervorragend mit dem Parfait.
Das Fehlen der Fruchtkomponente fiel bei diesem postweihnachtlichen Traum in süß, herb und nussig an keiner Stelle auf. Auch für mich war das ein texturell wie geschmacklich sensationeller Nachtisch über dessen Preis von 12,50 Euro ich heute noch verwundert den Kopf schüttele, wenn ich bedenke, wie viel Arbeit da drinsteckte.
Irgendwann war dann auch für Borgi und mich die Messe gelesen und wir verließen das sympathische Edel-Bistro mit dem Gefühl, dass nach der kulinarischen Pflicht im Argana, die Kür im Topaz unserer kleinen Genusstour zwischen den Jahren die Krone aufsetzte. Blick auf die Bar des Topaz mit typischer Szenerie (=Oligarch sitzt mit teurer Blondine an der Theke)...;-)
Den Jungs und Mädels vom Topaz wünsche ich weiterhin viel Erfolg mit ihrer ambitioniert vorgetragenen Bistroküche. Möge sie auf aufgeschlossene Genießer treffen, die das auch zu würdigen wissen.
In diesem Sinne (und auch reichlich verspätet): Goodbye 2022, du warst wenigstens in gastronomischer Hinsicht ein gelungenes!
Otto Waalkes würde an dieser Stelle wohl sagen: „Einen hab‘ ich noch, einen hab‘ ich noch!“ Und tatsächlich ist dies nun wirklich („Schwör!“) meine letzte Einkehr des Jahres 2022 gewesen, von der ich hier „kurz“ berichten möchte.
Kurz deshalb, weil es: a) „nur“ ein süßer Absacker werden sollte…und b) mein letzter Bericht über das „Topaz“ noch gar nicht lange her ist. Aber meistens kommt es dann doch anders als man schreibt…
Es ereignete sich an jenem Abend, kurz nachdem ich... mehr lesen
Restaurant Topaz
Restaurant Topaz€-€€€Restaurant042177625Horner Straße 90, 28203 Bremen
5.0 stars -
"Für solche Absacker-Austern stapft man gerne durch den „schlammigen Schnee“…" marcO74Otto Waalkes würde an dieser Stelle wohl sagen: „Einen hab‘ ich noch, einen hab‘ ich noch!“ Und tatsächlich ist dies nun wirklich („Schwör!“) meine letzte Einkehr des Jahres 2022 gewesen, von der ich hier „kurz“ berichten möchte.
Kurz deshalb, weil es: a) „nur“ ein süßer Absacker werden sollte…und b) mein letzter Bericht über das „Topaz“ noch gar nicht lange her ist. Aber meistens kommt es dann doch anders als man schreibt…
Es ereignete sich an jenem Abend, kurz nachdem ich
Geschrieben am 23.06.2023 2023-06-23| Aktualisiert am
23.06.2023
Besucht am 28.12.2022Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 68 EUR
Bei der letzten Einkehr des Jahres ging es erfreulich orientalisch zu. Schuld daran, war ein Bremer „Gastrospürhund“ aus dem Ortsteil Borgfeld, der das im historischen Schnoorviertel beheimatete Restaurant Argana auf einem seiner berühmten kulinarischen Streifzüge durch die Hansestadt entdeckt hatte und mir eine kleine Weiterbildung in Sachen marokkanischer Küche ermöglichen wollte.
Dies war – so viel sei vorweggenommen – ein durch und durch gelungener Plan des prinzipiell jeder Länderküche aufgeschlossenen Gourmands aus dem schönsten Stadtstaat der Republik. Klar, hätten wir auch auf bekannte Einkehradressen der gehobeneren Art aus der in dieser Hinsicht recht überschaubaren Bremer Gastrolandschaft zurückgreifen können, aber in der Einfachheit liegt ja bekanntlich nicht nur die wahre Schönheit, sondern auch häufig das echte – im besten Falle authentische – Gaumenglück.
Des Borgfelders Idee zog Pfälzer Vorfreude nach sich. Die marokkanische Küche ist mir weitgehend unbekannt, auch wenn ich mir bereits den ein oder anderen Couscous – in der Regel „drüben“ in Grand-Est – einverleibt habe. Aber, kulinarisches Neuland betrete ich gerne – am liebsten in Begleitung eines versierten „Partners in dine“, der sich auch gerne auf solch genussvolle Entdeckungsreisen einlässt.
Wir trafen uns wie verabredet an der Haltestelle Domsheide. Nach einem kleinen Abstecher in die neu bezogenen Räumlichkeiten seiner Arbeitsverrichtung ging es in Richtung Schnoorviertel, dem ältesten Quartier der Stadt. In diesem liebevoll restaurierten, für Brementouristen zum Pflichtprogramm zählenden Stadtviertel, reihen sich rund 100 kleine, pittoreske Häuser wie an einer Schnur – daher der Name – aneinander.
Das früher hauptsächlich von Fischern und Seeleuten bewohnte Gebiet lag direkt am Wasser, denn die Balge, ein Nebenarm der Weser, floss im Mittelalter noch direkt durch den Schnoor, bevor sie im Laufe der Jahrhunderte komplett versandete. Verzeiht mir den kleinen Ausflug in die Historie dieses wirklich sehenswerten, ehemaligen Arme-Leute-Viertels, das heute viele Kunsthandwerkbetriebe, Antiquitätengeschäfte, Galerien, Cafés und natürlich Restaurants beherbergt.
Doch nicht zum ollen Daniel Schröter, der hier nach wie vor mit viel Leib und noch mehr Seele seine ambitionierte Kreuzüberküche aufs Porzellan bringt, sollte es gehen. Nein, den hebt sich der ausgebuffte Babo der örtlichen Bistronomie hoffentlich für das nächste Date mit dem Pfalzfreund auf.
Es ging in das erst ein paar Wochen zuvor eröffnete Restaurant Argana, in dem früher die „Kleine Braterei“ untergebracht war. An ihre knusprig-deftigen, in vielen Variationen erhältlichen Kartoffelwaffeln erinnert sich Borgi noch bestimmt. Heute kündet ein großformatiges Namensschild über der Fensterfront mit marokkanischer und mediterraner Küche. Out of the dark...into the light!
Passend zum Namen des Lokals befindet sich darauf auch ein Arganbaum, der in Marokko seit Jahrhunderten zur Ölgewinnung genutzt wird. Was es mit der daneben abgebildeten Ziege auf sich hat, kann jeder selbst mal googeln. Nur so viel: Sie ist sowohl den Früchten als auch den Blättern dieses lediglich im Nordwesten Afrikas vorkommenden Lieferanten des nussigen Arganöls sehr zugetan.
Der Empfang durch die Inhaberin/Servicechefin war sehr herzlich. Borgi war hier kein Unbekannter, hatte er sich doch bei seinem Besuch ein paar Wochen zuvor als „culinary consultant“ einen Namen gemacht und auf die betriebswirtschaftlichen Folgen zu geringer Flaschenweinpreise hingewiesen. Dass wir gleich zum Apéro ein Gläschen Weißwein aufs Haus bekamen, verstand sich da von selbst. Schade nur, dass er uns nicht ganz so doll mundete.
Wir saßen sehr entspannt in einer ruhigen Ecke des wertig eingerichteten Gastraums auf gut gepolsterten Stühlen mit beigem Kunstlederüberzug. Manche der Tische waren von weißem Leinen überzogen. Eindruck von Drinnen
Unserer nicht. Auf seiner Oberfläche aus Polyrattan lagen lediglich ein paar Kunststoffsets sowie das Einfachbesteck auf Papierservietten und herkömmlichen Pfeffer- und Salzmühlen von Zolmer. Blick von unserem Platz in Richtung Theke
Ein paar gerahmte Impressionen aus der marokkanischen Heimat brachten etwas Farbe an die in apartem Beige gehaltenen Wände. Von der Decke baumelten Leuchtkugeln in überdimensionierter Glühbirnenoptik. Sie tauchten den Raum in ein helles Licht. Vielleicht eine Spur zu hell, aber für das Abknipsen der Speisen natürlich optimal. Erfreulich wenig Deko-Kitsch zierte die uns umgebenden Regale und Raumteiler.
Auch die gemusterten Teppichlandschaften, die zwangsläufig zu einer Überdosis Orient führen, vermissten wir überhaupt nicht. Ganz im Gegenteil, das gepflegte Ambiente des Argana mit seinen subtilen Verweisen auf die Herkunft der Inhaber wusste durchaus zu gefallen. Was man übrigens auch vom Service behaupten kann. Die nette junge Dame, die uns bediente, tat dies mit Herz. Da sah auch der als gelegentlich etwas "schwierig" geltende Bremer über die ein oder andere (Nach)Lässigkeit hinweg.
Man reichte uns die Speisenlektüre. Schön, dass mein Gegenüber bereits ein paar der offerierten Gerichte kannte und mir mit Rat (und später auch mit Tat) zur Seite stand. Der „Zaalouk“ genannte, marokkanische Auberginensalat (4,50 Euro) sei nach Aussage meines Tischgenossen ganz formidabel. Und natürlich sollte man auch die Chance auf eine der angebotenen Tajine-Varianten nicht unverkostet verstreichen lassen. Oder doch lieber eine in knusprigen Filoteig gehüllte Teigtasche, die man hier „B’stilla“ nannte?
Zum „Warm-up“ wurden uns eine Pfütze gekräutertes Olivenöl und ein paar schwarze Exemplare der von mir ungeliebten, mediterranen Steinfrucht gereicht. Zweierlei von der Olive als Appetizer
Borgi freute sich über meine ablehnende Olivenattitüde und genoss die eingelegten Früchte des Ölbaums zusammen mit einem ordentlichen Fetzen Fladenbrot, das ich ganz bescheiden in die putzige „Ölwanne“ stippte. Für den ersten Hunger war das absolut ausreichend.
Nun, der kalten Jahreszeit entsprechend, konnte eine warme Suppe vorweg nicht schaden. Mit der „Harira“ (7,50 Euro) hatte man die klassische Maroc-Terrine im Programm. Und zwar in der vegetarischen Version mit Linsen, Kichererbsen und ein paar Fadennudeln drin. Auf die hatte ich so richtig Lust. Fast zeitgleich ertönte am Tisch ein erfreutes „Zaalouk“, denn Borgi hatte gerade eine „Aubergination“, was einen würzigen „Salat“ aus der dunkelhäutigen Eierfrucht zur Folge hatte.
Zusätzlich orderten wir zwei unterschiedlich gefüllte, frittierte Blätterteigtaschen, sogenannte Briouats. Die beiden Briouats
Der Vergleich mit den indischen Samosas drängte sich zwar optisch auf, hielt aber dem ersten Bissen nicht stand. Der beliebte marokkanische Snack war von einem mehrlagigen Brik-Teig zart umhüllt, knusperte fast schon obszön und sorgte bei seinen Konsumenten für fettige Finger.
Die Feta-Käse-Version (3,50 Euro) marschierte geschmacklich in Richtung Zigarrenbörek und verhielt sich auch sonst recht unauffällig am Gaumen. Auch das mit Gemüse (Aubergine, Paprika, Tomate) gefüllten „Briefchen“ (3 Euro) hätte man ruhig etwas mutiger würzen dürfen. Der „Chef des Ladens“ (= Ras-el-Hanout) hätte den zahmen Briouats sicher Feuer gemacht.
Völlige Zufriedenheit herrschte dagegen beim Vernichter des Auberginen-Tomaten-Dips, den man in Marokko kurioserweise zu den „Salaten“ zählt (also den Dip, nicht dessen Vernichter…). "Zaalouuuk!"
Neben den beiden Hauptzutaten zeichneten sich Knoblauch, frische Glattpetersilie, frischer Koriander, Kreuzkümmel und etwas Zitrone für die gelungene Kombi aus orientalischer Würze und vegetabiler Frische verantwortlich. Zusammen mit dem dazu gereichten Fladenbrot ein einfacher, aber äußerst aromatischer Einstieg in unser erstes gemeinsames Maghreb-Mahl.
Auch ich war von meiner allerersten Harira schwer beeindruckt. Harira (vegetarisch)
Bei der beliebtesten Fastenbrechen-Speise Marokkos, die auch gerne außerhalb des Ramadans serviert wird, handelt es sich um eine traditionelle Suppe der nordafrikanischen Küche. Die hierzu benötigten Linsen und Kichererbsen wurden über Nacht eingeweicht und später zu der mit Gemüse (Zwiebeln, Staudensellerie, Möhren etc.) angesetzten Basis gegeben.
Betörende Aromen von Kurkuma und Koriander stiegen mir in die Nase. Diese vertrugen sich gut mit der leichten Säure der verwendeten Dosentomaten. Auch hier hätte es vielleicht eine Brise mehr Ras-el-Hanout sein dürfen, aber das ist Jammern auf „Jebel-Toubkal-Niveau“ (wie man in Marokko zu sagen pflegt).
Auf der anderen Seite des Tisches wurde munter „weitergesnackt“, denn mein Knusperkollege gönnte sich eine mit Hähnchenfleisch, Mandeln, Zwiebeln und Eiern gefüllte B’stilla (12,50 Euro), bei der auch Zimt und (Puder-)Zucker im Spiel waren. Natürlich ließ er mich davon kosten. Auch mir sagte das mit sättigender Füllung ausgestattete, wunderbar crunchige Filoteigpaket zu. Ein knusprig-saftiges Filoteigpaket, das sie hier "B'stilla" nennen
Sein Zimtaroma trat nicht zu sehr in den Vordergrund. Die blanchierten Mandeln sorgten für zusätzlichen Biss, während die weiche Eiermasse dem traditionellen marokkanischen Festtagsgericht eine gewisse Saftigkeit verlieh. Einblick ins Innenleben der B'stilla
Glattpetersilie und Koriander brachten etwas Frische in die zuckrig gepuderte Teigtasche. Das marinierte Hähnchenfleisch trug überraschenderweise am wenigsten zur (Geschmacks)Sache bei.
Zu gerne hätte ich noch die mit Fisch, Meeresfrüchten und Glasnudeln gefüllte „Meeres-B’stilla“ probiert, aber da lagen ja auch noch drei gegrillte, zuvor in marokkanischer Chermoula (Kräutermarinade) eingelegte Lammspieße (17 Euro) vor mir, die auch verzehrt werden wollten. Mit Chermoula adelt man Lamm
Sie ruhten zwischen einem kleinen Hügel gedämpftem Couscous-Grieß und ein paar spärlich angemachten Salatblättern, die zusätzlich mit Tomaten – geschmacksneutrale Winterware – und für meinen Geschmack deutlich zu grob gehackten Zwiebeln garniert waren. Lammspieße mit Couscous und Salat
Die recht geschmacksarmen Grießkügelchen wären mit etwas Soße deutlich angenehmer zu vertilgen gewesen. So blieb es leider eine ziemlich trockene Angelegenheit, da half auch die untergemengte Olivenöl-Schmiere nur bedingt. Ein Cous ist hier definitiv zu wenig...
Klarer Favorit auf meinem Teller waren die fein gewürzten Lammspieße. Diese gewannen durch die orientalische Kräutermarinade nicht unerheblich an Klasse. Dass zu dem Preis keine butterzarten Filetfetzen am Spieß hingen, war nicht wirklich überraschend. Die Fleischqualität (ich tippe auf Schulter) war dennoch solide und auch von der Menge her absolut in Ordnung.
Zu diesem pittoresken Reigen an (Klein-)Gerichten passte der auserkorene Domaine Aïn Lorma Rouge vom Weingut Les Celliers de Meknès für freundliche 20 Euro die Flasche. Leichter Roter vom Chateau "Atlas"
Besonders zu meinen Lammspießen erwies sich die schlanke, mit lediglich 12,5% Alkohol auskommende Cuvée aus Syrah, Cabernet Sauvignon und Merlot als durchaus trinkbar. Kein Tannin-Titan, der für adstringierende Momente am Gaumen sorgte, sondern ein fruchtig-trockener, gut ausbalancierter Essensbegleiter, der den aromatischen Speisen nicht die Schau stahl.
Nun war ich ja mit einem bekennenden Weißwein-Enthusiasten unterwegs. Da durfte es im Glas von vornherein nicht allzu schwer zugehen. Insofern war die Wahl des leichten Roten aus Meknès nicht der schlechteste Kompromiss. Später am Abend – wir hatten noch lange nicht genug – wurde selbstverständlich die vinophile Gerechtigkeit mit einem Riesling von der Mosel wiederhergestellt.
Das passierte in meinem/unserem Bremer Lieblingsbistro, dem Topaz, wo wir uns bei abgeflämmter Auster fast schon „big in Japan“ vorkamen und beim gemeinsamen „Schlendern“ durch den „schlammigen Schnee“ das Jahr kulinarisch ausklingen ließen. Satt heißt nämlich nicht, dass kein Nachtisch mehr reinpasst! So stand es zumindest in deren Speisenkarte geschrieben. Wir fühlten uns verstanden.
Danke nochmal für den tollen Abend, Borgi. Das nächste Weihnachten kommt bestimmt…
Bei der letzten Einkehr des Jahres ging es erfreulich orientalisch zu. Schuld daran, war ein Bremer „Gastrospürhund“ aus dem Ortsteil Borgfeld, der das im historischen Schnoorviertel beheimatete Restaurant Argana auf einem seiner berühmten kulinarischen Streifzüge durch die Hansestadt entdeckt hatte und mir eine kleine Weiterbildung in Sachen marokkanischer Küche ermöglichen wollte.
Dies war – so viel sei vorweggenommen – ein durch und durch gelungener Plan des prinzipiell jeder Länderküche aufgeschlossenen Gourmands aus dem schönsten Stadtstaat der Republik. Klar, hätten wir... mehr lesen
4.0 stars -
"Snacks & Borg & Maroc’n’Roll!" marcO74Bei der letzten Einkehr des Jahres ging es erfreulich orientalisch zu. Schuld daran, war ein Bremer „Gastrospürhund“ aus dem Ortsteil Borgfeld, der das im historischen Schnoorviertel beheimatete Restaurant Argana auf einem seiner berühmten kulinarischen Streifzüge durch die Hansestadt entdeckt hatte und mir eine kleine Weiterbildung in Sachen marokkanischer Küche ermöglichen wollte.
Dies war – so viel sei vorweggenommen – ein durch und durch gelungener Plan des prinzipiell jeder Länderküche aufgeschlossenen Gourmands aus dem schönsten Stadtstaat der Republik. Klar, hätten wir
Geschrieben am 17.06.2023 2023-06-17| Aktualisiert am
17.06.2023
Besucht am 27.12.2022Besuchszeit: Abendessen 4 Personen
Rechnungsbetrag: 63 EUR
Überlässt man Studenten die Wahl des Restaurants, ist der Trubel vorprogrammiert. So geschehen an einem Dienstagabend kurz nach Weihnachten in der Bremer Überseestadt, dem von viel Weserwasser umfluteten Stadtteil, der ja nicht gerade arm an attraktiven – zumindest dem äußeren Eindruck nach – Einkehradressen ist.
Damals hatte die „Top-Zwei“ unter den Gastro-Guides meiner Lieblings-Hansestadt noch keinen Bericht dazu verfasst. In völliger Unvoreingenommenheit betrat ich also mit drei Damen und einer, die es sicherlich noch werden wird, im Schlepptau die auf dem ehemaligen Firmengelände der Firma Kelloggs, direkt neben den Hopfenhelden der Bremer Braumanufaktur ansässige Pizzeria von Onkel Manu aus Neapel.
Danke, lieber Hanseat1975, für den erstklassig recherchierten Vorbericht, der mir viele Anmerkungen zum Drumherum des anscheinend bei jungem Publikum (also uns… ;-)) sehr beliebten Teigfladentempels erspart. Besonders deine akribischen Ausführungen zu Interieur, Speisenangebot und Servicesituation verkürzen meinen „Manu-Report“ nicht unerheblich.
Onkel Manu heißt übrigens mit bürgerlichem Namen Emanuele und ist ein äußerst sympathischer und kinderfreundlicher Zeitgenosse, der selbst in der Hektik des florierenden Abendgeschäfts für gute Laune bei unserer Kleinen sorgte. Die Geschichte vom kinderliebenden (Süd-)Italiener trifft auf ihn zu 100% zu. Andere in seinem Serviceteam waren da erheblich stressanfälliger. Oder einfach nur beschäftigter?
Von außen machte das mit einem eindrucksvollen Valoriani-Kuppelofen – mit seinem Hitze-Peak von 400°C quasi der Lamborghini unter den Steinöfen – ausgestattete Lokal keinen besonders einladenden Eindruck. Von außen nicht besonders einladend...
Nicht einmal ausgewiesene Industrieromantiker würden angesichts der eintönigen Werkshallenoptik hier spontan Station machen, auch wenn der Parkplatz direkt vor dem Haus ein seltener Luxus fürs autofahrende Volk darstellt und sich nebenan noch die ein oder andere handwerklich gebraute Hopfenkaltschale „einfangen“ lässt.
Der Großteil des überwiegend jungen Klientels kommt aber eh lieber mit dem Fahrrad oder den Öffentlichen zur ehemaligen Cornflakesfabrik „auf“ der Muggenburg. So war es wahrscheinlich auch an jenem Abend kurz vor Silvester. Manus Pizzahütte brummte so richtig und ich war froh, dass meine Schwägerin frühzeitig reserviert hatte.
Am Eingang wurden wir nicht gerade überfreundlich empfangen. Die mit ordentlich Man- und Womanpower ausgestattete Servicecrew hatte dafür anscheinend keine Zeit (oder Lust?). Apropos Zeit: auch unsere war an diesem Abend begrenzt, da unser Tisch später bereits wieder vergeben war. Aber seit unser Nachwuchs mit von der Partie ist, hat sich die Verweildauer im Restaurant sowieso drastisch verringert. Also war das nicht wirklich ein Problem.
Unser Vierertisch mit zusätzlichem Kinderstuhl war ganz in der Nähe des gekachelten Tresens, hinter dem die Pizzaiolos (oder heißt es Pizzaioli…?) ihre Rundlinge belegten und in den knapp 400 Grad heißen Ofen schoben, positioniert. Pizzaiolos at work
Neben der flotten Fladenfraktion war noch genug Thekenfläche vorhanden, um die dahinter ausgeschenkten Getränke bzw. die Gerichte aus der Küche zu „parken“ und sie dann zügig zu servieren. Das alles ging dem Anschein nach ziemlich reibungslos vonstatten. Ein eingespieltes Team, das hier für raschen Durchlauf sorgte. Ausschankbereich mit Blick in die Küche
Das weißgekachelte Umkleidekabinenambiente mit dem zeitlos-grauen Industrial-Look der von Rohrleitungen und Metallstreben durchzogenen Decke und den obligatorischen Vintage-Hängeleuchten wurde von großformatigen Farbfotografien aus der Heimat sowie mehr oder minder bekannten Persönlichkeiten (diese jedoch komplett in schwarz-weiß) kontrastiert und damit etwas lebendiger gestaltet. Wobei auch ein Bild der argentinischen Fußball-Legende Diego Armando Maradona, der ja lange Zeit für Neapel kickte, in der Reihe der honorigen Schwarz-Weiß-Helden zu finden war. Also so „lebendig“ war die Bildergalerie dann auch wieder nicht.
Um uns herum ging es ziemlich hoch her. Der Geräuschpegel war dementsprechend. Jubel, Trubel, Hungrigkeit – das zeitnah ausgeteilte Speisenprogramm wurde von uns umgehend studiert. Das war in der Papierform schnell durchgeblättert. Eine Handvoll Antipasti-Angebote, zwei Salate, ein paar Focaccia-Gerichte und ein mit Bedacht zusammengetragenes Pizza-Portfolio zeugten von einer auf Qualität basierenden „Weniger-ist-mehr-Attitüde“ des Ladens.
Außerdem bereitete man hier eine frittierte und erst danach belegte Pizza-Spezialität, die sogenannte „Pizza Fritta“, zu. Kannte ich so noch nicht, klang aber zumindest interessant. Die ohne Tomatensauce auskommende „Pizza Bianca“ war mir natürlich ein Begriff, auch wenn ich sie noch nie unter Messer und Gabel hatte. Oder sie „a libretto“, als gefaltetes Pizzaviertel, aus der Hand gegessen habe, wie das scheinbar der echte Neapolitaner tut.
Zum außergewöhnlichen Pizza-Angebot gesellten sich noch ein paar wöchentlich wechselnde Pastateller, die mit Kreide auf einer über dem Tresen hängenden Empfehlungstafel geschrieben standen. Ich zählte fünf an der Zahl. Alles Klassiker der einfachen, italienischen Nudelküche, die sicherlich eine Bestellung wert gewesen wären, klangen sie doch allesamt nach ehrlicher „Cucina della Nonna“.
Und dann wurde auch endlich bestellt. Dem ersten Durst wurde mit einer Flasche San Pellegrino (0,75l für 5,90 Euro), einer kleinen Apfelschorle (0,33l für 3,20 Euro) und einem frisch gezapften Hopfenfänger Kräusen (0,3l für 3,90 Euro) von der benachbarten Craftbeerschmiede entsprochen.
Während sich die beiden Studentinnen am Tisch sowie meine holde Gattin lieber an Sprudelwasser delektierten, erhöhte ich später um einen weiteren Gerstensaft aus der gleichen Manufaktur. Auch das zum gleichen Preis ausgeschenkte Rotbier kam vom Fass. Ein süffiges, mit dezenter Röstmalznote ausgestattetes Bremer Red Ale, dessen Brautradition laut Hersteller bis ins Mittelalter zurückreichen soll. Die Stadtmusikanten ließen grüßen…
Hinter mir auf dem Tresen wartete indes eine großzügig bestückte Antipastiplatte auf ihre/n Empfänger. An dem ganz klassisch mit italienischem Schinken, Salami, Käse, eingelegtem Grillgemüse, Oliven und Büffelmozzarella bestückten Vorspeisenteller wären locker zwei Leute satt geworden. Die 24 Euro, die für dieses Preziosen-Potpourri italienischer Provenienz entrichtet werden sollten, hätte man deutlich schlechter anlegen können. Vom Antipastiteller musste ich (mir) ein Bild machen...
Aber uns war an jenem Abend nicht nach Vorspeisen zumute. Mir schon gar nicht, hatte ich doch noch die halbe Ente à la Gong Bao aus dem Bambus Garten (siehe vorheriger Bericht!) zu verdauen. Stattdessen orderten wir zweimal die Gnocchi „alla Sorrentina“ in Tomaten-Mozzarellasauce mit Basilikum und geriebenem Parmesan (9,50 Euro), eine rein vegetarische Pizza Parmiggiana (11,50 Euro) mit Pecorino, Ricotta, Grana Padano und gebratenen Auberginen, sowie in Teufels Namen auch eine „Diavolo“ (11 Euro) mit scharfer italienischer Salami, gebratener Paprika und Basilikum. Später wurde noch eine Portion Pizza Brot mit grünem Kräuter-Aioli-Dip (läppische 5,50 Euro) nachgeordert. Zumindest eine der beiden Studentinnen am Tisch hatte ordentlichen Hunger mitgebracht.
Ich hatte mich mal wieder für die pikante Pizzavariante entschieden. Natürlich kam sie in der klassischen Vesuv-Version aus dem Kuppelofen. Das heißt als wulstig aufgeblähtes, teilweise etwas verkohltes Randkissen, in dessen Innerem ein fruchtig-scharfer Belag den fluffig-dünnen Boden überdeckte. Saftig - fluffig - köstlich diabolisch
Die scharfe Salami war nicht von schlechten „genitori“. Sie hatte genügend Wumms, um mir ordentlich einzuheizen. Die schwarzen Teighörner wurden ambulant und mit chirurgischer Präzision entfernt. Der Rest war einfach nur ein kulinarischer Kurztrip an den Golf von Napoli. Saftiger die Teigfladen nie gelingen! Meine Teufelsscheibe
Auch meine Schwägerin zeigte sich mit ihrer Parmiggiana hochzufrieden. Mir wären auf der mit diversen Käsesorten belegten Veggie-Platte zu viel sättigende Milcherzeugnisse gewesen, aber sie kam außerordentlich gut damit zurecht. Die Pizza Parmiggiana bot Käse satt
Meine Gattin teilte ein paar ihrer Gnocchi mit unserer Kleinen, der die fruchtige, nach langem Einkochen schmeckende und vom Mozzarella auf sämiges Niveau gebrachte Tomatensauce auch sehr zusagte. Da störte es auch nicht, dass die für „alla Sorrentina“ typische Schmelzkäseschicht – eigentlich handelt es sich beim Original um eine Art Gnocchi-Auflauf – fehlte. Gnocchi alla Sorrentina mal nicht als Auflauf
Natürlich mundeten unserem „ragazza dolce“ die mit ordentlich Parmesanabrieb versehenen Kartoffelnocken am besten. Käse zieht bei unserem Töchterchen nämlich so gut wie immer. Ob die kleinen, fluffigen Engerlinge aus den Äpfeln von Mutter Erde wirklich selbstgemacht waren, vermag ich heute nicht mehr zu beurteilen. Herrlich mürbe waren sie aber definitiv, wie mir meine Frau damals versicherte.
Auch das bereits geachtelte Pizzabrot konnte was. Ein toller, mit Kräutern aromatisierter Italo-Snack, zu dem auch die grüne Knobi-Sauce in der Mitte des Tellers überzeugte. Selbst die zweite Studentin am Tisch war nach dieser Portion, die nach einem Teller Gnocchi quasi als „secondo piatto“ durchging, restlos gesättigt und hisste die weiße Fress-Fahne (Serviette). Pizzabrot mit Kräuter-Aioli
Beim Weg nach draußen musste ich über das Pizza-Hawaii-Verbotsschild schmunzeln. Die Ananas zählt hier - zumindest auf der Pizza - zu den verbotenen Früchten
Dass ich erst auf der außen angebrachten Empfehlungstafel von der mit Nduja (ahh, love it!), roten und gelben Tomaten sowie Stracciatella di bufala bestückten „Pizza Special“ erfuhr, verstand ich als Aufforderung zum Wiederkommen. Die Tagesempfehlungen hingen draußen vor dem Tore
Könnte durchaus passieren, mein lieber Onkel Manu!
Überlässt man Studenten die Wahl des Restaurants, ist der Trubel vorprogrammiert. So geschehen an einem Dienstagabend kurz nach Weihnachten in der Bremer Überseestadt, dem von viel Weserwasser umfluteten Stadtteil, der ja nicht gerade arm an attraktiven – zumindest dem äußeren Eindruck nach – Einkehradressen ist.
Damals hatte die „Top-Zwei“ unter den Gastro-Guides meiner Lieblings-Hansestadt noch keinen Bericht dazu verfasst. In völliger Unvoreingenommenheit betrat ich also mit drei Damen und einer, die es sicherlich noch werden wird, im Schlepptau die auf dem... mehr lesen
Zio Manu di Napoli
Zio Manu di Napoli€-€€€Pizzeria042138896655Auf der Muggenburg 42, 28217 Bremen
4.5 stars -
"Ein lauter, aber liebenswerter Onkel!" marcO74Überlässt man Studenten die Wahl des Restaurants, ist der Trubel vorprogrammiert. So geschehen an einem Dienstagabend kurz nach Weihnachten in der Bremer Überseestadt, dem von viel Weserwasser umfluteten Stadtteil, der ja nicht gerade arm an attraktiven – zumindest dem äußeren Eindruck nach – Einkehradressen ist.
Damals hatte die „Top-Zwei“ unter den Gastro-Guides meiner Lieblings-Hansestadt noch keinen Bericht dazu verfasst. In völliger Unvoreingenommenheit betrat ich also mit drei Damen und einer, die es sicherlich noch werden wird, im Schlepptau die auf dem
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Oder man sitzt dort als Pfälzer zusammen mit einem daueressenden „Monnemer“ GG-Kollegen und freut sich wie ein Tonkatsu über die kreativ arrangierten Preziosen, die mit stoischer Gelassenheit hinter der Theke zubereitet bzw. gefinished werden.
Schenkt man den gängigen Gastroportalen Glauben, so scheint dieses Sushi-Restaurant im Mannheimer Raum nahezu konkurrenzlos zu sein. Grund genug, nach langer Zeit mal wieder in meine damalige Heimat während des Referendariats zu fahren und zusammen mit meinem alten Gaumengenossen dort aufzuschlagen.
Wir hatten uns das letzte Mal im Restaurant Hans Walter im Mannheimer Stadtteil Lindenhof bei delikater Bistroküche getroffen. Das war noch vor Corona, also vor ca. vier Jahren. Leider ist das ambitioniert geführte Lokal, das auf ehrlich gekochte, deutsch-französische Küche ohne Chi-Chi setzte, der Pandemie zum Opfer gefallen.
Gut, dass der Kollege Daueresser zeitig einen Tisch in Le’s Sushi Bar reserviert hatte, denn die Zahl der Tische in dem für Asialokale recht behaglich eingerichteten Gastraum ist nicht gerade hoch. Und bei dem guten Ruf des Ladens, sind die wenigen Plätze meistens schnell ausgebucht. Außerdem besuchten wir den Mannheimer Sushi-Primus an einem Samstagabend.
Das Wiedersehen mit dem RK-Urgestein fühlte sich nicht nach 4-jähriger Abstinenz an. Man kennt und schätzt sich und hat sich immer viel zu erzählen. Mit der Straßenbahn ging es dann in den wilden Mannheimer Osten. Ein paar Meter zu Fuß und wir standen vor dem einladend beleuchteten Sushi-Tempel in der Seckenheimer Straße.
Drinnen war nahezu alles belegt. Nach freundlicher Begrüßung durch eine junge Servicedame, wurde einer der letzten freien Tische von uns okkupiert. Angenehmes, nicht zu helles Licht erfüllte den Raum, in dem es akustisch nicht gerade gedämpft zuging. Die Tische standen recht dicht gedrängt, wodurch die Gespräche vom Nachbartisch – bei weitem nicht so interessant (und so laut) wie unser Gesabbel – ab und an bei uns landeten.
Ein paar Worte zum Background dieses im Parterre eines verklinkerten Altbaus untergebrachten Rohfischkleinods.
Das stimmungsvolle äußere Erscheinungsbild gefiel uns auf Anhieb
Es existiert erst seit April 2018 an Ort und Stelle. Sushimeister Duc Du Le, der vorher die Tokyo Sushi-Bar am Hauptbahnhof betrieb, zog mit seiner Familie hier ein, um hier ein Restaurant ganz nach seinen Vorstellungen zu schaffen. Dazu gehört sicherlich der gediegene Rahmen, den der Gastraum ausstrahlt.
Aber auch die mit viel Liebe zum Detail zubereiteten Eigenkreationen, für die der erfahrene Herr Le – er ist bereits seit 25 Jahren in der Stadt der Quadrate gastronomisch tätig – nur frischeste Ware verwendet, machen diesen Familienbetrieb zu etwas ganz Besonderem. Während Le gelassen hinter der Sushi-Theke werkelt, versorgt seine Tochter Hien Thanh, die Geschäftsführerin des Lokals, mit der gleichen Gelassenheit ihre Gäste.
Mit der Speisen- und Getränkeliteratur wurden wir zeitnah versorgt. Genau wie auf der Webseite des Lokals, die das Speisenangebot auf geradezu vorbildliche Weise in Wort und Bild präsentiert, hatte man auch jedes Gericht in der Karte eigens dafür abgelichtet. Zumindest für Neulinge wie uns war das sehr hilfreich, da wir uns unter „Karaage“, „Horenso“ und „Gajaco“ nicht viel hätten vorstellen können.
Auf unserem blanken, ohne Überzug auskommenden Holztisch lagen lediglich zwei kleine Schälchen für das daneben platzierte Fläschchen Sojasauce sowie die obligatorischen Ess-Stäbchen in apartem Schwarz.
Japanisch, praktisch, gut - die reduzierte Tischkultur
Man reichte uns ein lauwarmes Oshibori (Erfrischungstuch), mit dem wir uns die Hände und das Gesicht reinigten. Keine Sorge: nicht gegenseitig!
Oshibori zum Amuse... ;-)
Unser Plan für den aus zwei Teilen bestehenden Mannheimer Dinier-Marathon bestand aus einer von Sushi und anderen japanischen Köstlichkeiten geprägten Eröffnung – man könnte dabei durchaus von einem leichten, asiatischen Aufgalopp sprechen – bei der Familie Le und einem Original Cag Kebab (vom Lammspieß) in einem der vielen türkischen Grillrestaurants in der Mannheimer City.
Der Herr Daueresser griff zur Regulierung seines Flüssigkeitsverlusts mal wieder zu einem Erdinger Weizen aus der Flasche (0,5l für 4,40 Euro), während ich mir – neben einer Flasche Mineralwasser (0,75l für 6,20 Euro) – ein Glas Grauburgunder (0,2l für noch akzeptable 6,50 Euro) vom Pfälzer VDP-Winzer Bernhart aus Schweigen genehmigte. Der Kollege mit dem Weizenauftakt zog dann später mit zwei Gläsern Grauburgunder nach. Jo mei, er hat halt a Durrrschd g’habt!
Zur baldigen Aufnahme fester Nahrung bestellten Mr. Collini und ich dann mal munter drauf los. Die große Auswahl an Spezialitäten aus rohem Fisch und säuerlichem Reis überforderte uns fast. Diverse Sashimiteller und kunstvoll arrangierte Kreativrollen bildeten dabei den Schwerpunkt des just in time zubereiteten Rohfischreigens. Daneben waren aber auch ein paar verlockend klingende Vorspeisen gelistet.
Gleich mal schön mit was Fettigem einsteigen, so die kulinarische Marschroute zu Beginn, die uns eine Reihe von saftigen, in Pankohülle steckenden Hühnerfetzen einbrachte.
Karaage - japanische Chicken Nuggets der saftigsten Art
„Karaage“ nannten sich diese japanischen Chicken Nuggets, die vormariniert und gut gewürzt auf unserer Keramik landeten und zusammen mit dem scharfen Mayonnaise-Dip für fettig-feine Fingerfood-Momente sorgten. Wir waren genauso begeistert wie überrascht. Wie hieß dieser Hit aus den 80ern? Ach ja, Dip in Japan!
Die zweite Vorspeise nannte sich schlicht „Reis Cracker“ (16 Euro). Dahinter verbargen sich jedoch keine Asia-Chips aus der Tüte, sondern eine in Geschmack und Textur sehr abwechslungsreiche, japanische Variante eines üppig belegten „Knusperbrots“ à la „Leicht & Cross“. Nur dass hier die Unterlage aus frittierten Reisnudeln bestand.
Ein üppig belegter Reis Cracker
Kleingehackter, in Miso marinierter Lachs, Avocado-Stücke, japanische Mayo (nicht zu knapp!), verschiedene Arten von Sprossen und etwas Teriyaki-Sauce als Grundierung ließen ein cremig-knuspriges „Pausenbrot“ der japanischen Art entstehen, das nicht nur texturell sehr spannend ausfiel, sondern auch dem Gaumen ordentlich Breitseite gab.
Das japanische "Pausenbrot" wusste zu gefallen...
Nicht nur die hierzu verwendeten Produkte – der Lachs entpuppte sich als regelrechte Umami-Bombe –, sondern vor allem die Idee, die hinter diesem an sich einfachen Snack steckte, rechtfertigte seinen Preis allemal.
Das dritte Vorabgericht, ein hammergeiles Tataki vom Blue-Fin-Thunfisch mit Salz-Pfefferkruste, Frühlingszwiebeln, kurz angeröstetem Sesam und Ponzu-Sauce (26 Euro), war wirklich jeden Cent wert, denn es zeugte von einer tadellosen Verarbeitung eines wirklich exzellenten Produkts.
Tuna Kasho
Mir läuft jetzt noch, da ich diese Zeilen schreibe, beim schieren Gedanken an dieses kurz durch die heiße Pfanne gejagte, geschmackliche Highlight des Abends das Wasser im Mund zusammen, so köstlich fielen diese halbrohen, lediglich mit etwas Salz und dem richtigen Pfeffer veredelten Stücke der weltweit größten Thunfischart aus.
Tataki vom Blue-Fin-Thunfisch mit Salz-Pfefferkruste, Frühlingszwiebeln, kurz angeröstetem Sesam und Ponzu-Sauce
Ich esse Thunfisch aus den bekannten Gründen nur noch sehr selten. Aber wenn ich ihn in einer solchen Qualität serviert bekomme wie hier, stellt er für mich eine der größten Delikatessen dar, die das Meer zu bieten hat. Dass ein solches Gericht seinen Preis hat, steht außer Frage. Gönnt man sich ja schließlich auch nicht jeden Tag...
Nach diesen drei Geschmacksoffensiven vorweg, meldete sich der Sushi-Hunger, was uns zwei Rollen zu jeweils sechs Häppchen einbrachte. Ich sprach mich für die mit leicht angegrilltem Thunfisch, Schnittlauch, Frischkäse und Avocado gefüllten und mit rohem Lachs überzogenen „Hideaki“ (16 Euro) aus, während Kollege Daueresser die etwas pikanter gewürzte „Ma’s Roll“ (ebenfalls 16 Euro) ins Spiel brachte.
Ma's Roll (links) / Hideaki (rechts)
Letztere war ebenfalls in rohen Lachs gewickelt, hatte jedoch frittierte Garnele und Avocado in ihrem Reismantel versteckt. Allein der kleine Klecks Wasabimayo erhob dieses von frischester Ware kündende Lachsfigurenkabinett zu einer geradezu umwerfenden Lachs-Garnelen-Kombi, wie sie nur echte Könner ihres Faches hinbekommen.
Ma's Roll (vorne) / Hideaki (hinten)
Kein Noriblatt schlechter, nur mit etwas anderer Füllung, punkteten die mit Tuna-Tataki gefüllten „Hideaki“-Inside-Out-Rollen. Da verstand jemand sein Handwerk bei der Zubereitung dieser kleinen Kunstwerke aus rohem bzw. halbrohem Fisch und gesäuertem Reis.
Ma's Roll (unten) / Hideaki (oben)
Wir waren wirklich geflasht von der Qualität, die man sich hier zwischen die Stäbchen klemmen konnte. Der erste Teil des Abends ging ohne zu übertreiben mit „summa cum laude“ in Richtung Küche zu Ende. Superzufrieden und leicht „angesättigt“ machten wir uns danach auf in die Mannheimer City, um den niederen karnivorischen Gelüsten in einem auf Lammspieße spezialisierten türkischen Grilltempel nachzugeben.
Wie das dann ausging, erfahrt ihr im zweiten Teil meiner Culinary Collini-Tales.