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Als wir an einem Mittwochabend gegen 19 Uhr eintreffen, sind eine Vielzahl der Vierer- und Achtertische bereits belegt, hauptsächlich von kernigen Vattern, die hier wohl seit Beendigung der Daimler-Frühschicht sitzen, das Weltgeschehen diskutieren und das Glas erheben. Drei Stunden später ist der Laden voll bis auf den letzten Platz. Ob hier überhaupt eine Tischreservierung möglich ist, mag ich bezweifeln. Also: besser sicherheitshalber etwas früher kommen. Im Service agieren zwei sportive, selbstsichere, agile Herren, die stets den Überblick behalten und wirklich auf Zack sind. Man erkennt sie an den schwarzen T-Shirts mit dem Aufdruck „Staff“ auf dem Rücken. Lange Wartezeiten gibt es hier nicht, auch in der Küche geht es sehr flink voran.
Auch wenn die Speisekarte einige Fleischgerichte aufweist: zu diesem Portugiesen kommt man eindeutig zum Fischessen! Auch wenn wir auf dieser Speisekarte den fast schon lieb gewordenen schwarzen Degenfisch vermissen. Zur Einstimmung gibt’s aber erst mal eine Schale mit schwarzen Oliven und Weissbrot, quasi als Amuse Gueule. Wir trinken einen spritzigen, frischen Vinho Verde, der in Karaffen zu 0,25 / 0,5 oder 1 Liter (13 Euro) ausgeschenkt wird und mit jedem Schluck besser mundet. Das Auto sollte man eh zu Hause lassen, denn der Busbahnhof liegt nur ca. 400 Meter entfernt, die S-Bahn-Haltestelle nur geringfügig weiter. Und Parkplätze sind rund um den Wettbachplatz eher Mangelware.
Wir wählen: 1x Stockfisch (19,00 Euro), der laut Karte zwar mit Paprika daherkommen sollte, aber mit Kartoffeln, grünen Bohnen, Möhren und einem hart gekochten Ei ausgeliefert wird. Die Portion ist beeindruckend, der Verzehr des Fisches allerdings etwas anspruchsvoll, da sehr grätenreich. Hier ist absolute Konzentration gefragt. Deutlich entspannter ist daher der Konsum des feinen Thunfischsteaks (16,50 Euro), das von reichlich Zwiebeln bedeckt ist und von Kartoffeln und einem Beilagensalat begleitet wird. Ein Gedicht! Ebenfalls empfehlenswert ist der Tintenfisch, den wir 1x gegrillt (16,50 Euro) und 1x „Algarve Style“ (17,00 Euro) – was auch immer das heissen soll? – bestellen. Beides Mal allerbeste Qualität, butterzart gegart, wenngleich man sich mit dem Verzehr nicht allzu lange Zeit lassen sollte, weil beim Erkalten Zähigkeit droht. Als ob man mir meine Langsamkeit ansähe, wird mir gleich sicherheitshalber ein Steakmesser gebracht. Dank einer weiteren Karaffe des Hausweines flutscht allerdings alles supergut. Die wechselnden Dessertvarianten sind extra zu erfragen. Wir wählen teilweise einen herrlich karamelligen, dunklen Flan (4,50 Euro), teilweise einen schlichten Espresso (1,80 Euro), der tatsächlich im selben formschönen Tässchen serviert wird wie kürzlich noch in der Altstadt von Funchal. Und ziemlich reinhaut.
Nach so viel kulinarischen Genüssen wankt es sich schon etwas angeheitert zu den Toiletten mit dem Charme der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Überhaupt fühlt man sich hier wie auf Zeitreise in die eigene Jugend, als einen der Vater sonntags zum Frühschoppen ins örtliche Vereinsheim mitgenommen hat. Konsequent ewiggestrig sind auch noch die handgeschriebenen Rechnungszettelchen, als ob die allgemeine Digitalisierung vor dieser portugiesischen Enklave hartnäckig Halt gemacht hätte. Das muss man akzeptieren und kann auch nicht wegdiskutiert werden. Die Freunde beschliessen, in der kommenden Woche gleich noch zwei Mal wiederzukommen. Wir verdauen erst mal glücklich und bitten die Götter, dass dieser Ort erhalten bleiben möge. Absolut empfehlenswert – und offenbar jeglichen Einschränkungen trotzend, mit freundlichem, engagiertem Service und nur einem Ruhetag (Montag) pro Woche.