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* Das Brauhaus Früh hat verschiedene Ebenen. Den Braukeller, das Brauhaus, darüber das Früh-Restaurant Hof 18 und natürlich einen Biergarten. Die Speiskarten in den einzelnen Bereichen sind unterschiedlich. Von sehr rustikal, über sehr kölsch bis hin zu einem ordentlichen Restaurant. Wir entschieden uns gegen den Biergarten, da für Hasimausi Außengastronomie erst ab 25 Grad aufwärts verträglich ist. Frauen frieren immer, manche sogar in der Sauna. Ergo landeten wir im Parterre des Brauhauses und auch nicht im Brauhaus-Gewölbekeller, denn selbst dort könnte es ja kühl sein. Die Einrichtung ist so, wie man sich ein Brauhaus vorstellt. Blanke Holztische, grobe Rustikalität in Perfektion. Hier wo sich Ur-Kölner treffen, dazu Imis (kölscher Ausdruck zu Zugezogene) und Touristen aus der ganzen Welt. Das Kölsch läuft hier in Strömen, einen leeres Kölsch wird hier ohne zu fragen automatisch vom Köbes (kölscher Ausdruck für rustikalen Kellner) gegen ein neues Kölsch ausgetauscht. Erst wenn man einen Bierdeckel auf das leere Glas legt, bedeutet das für den Köbes - fertig, ich will nicht mehr. Hier trifft man auf eine Vielfalt von Gästen. Da diskutieren Ur-Kölner ergebnisoffen immer wieder, was denn nun das beste Kölsch der über 30 Kölsch-Sorten ist. Ist es das Früh-Kölsch, oder das Sünner, Reissdorf, Sion, Mühlen oder Gaffel Kölsch ? Diese in Köln ewige Stammtischdiskussion findet deswegen immer wieder statt, weil ein Kölsch nicht einfach nur ein Bier ist. Kölsch ist ein Gefühl, ganz im Gegensatz zum "Alten-Bier" aus dem nahen Düsseldorf, dass der Kölner auch gerne abwertend als "Plörre" bezeichnet. Köln ist Kölsch. Mit dem Mund, im Gaumen, in der Kehle, mit dem Kopf und vor allem mit dem Herzen. Der Fremde (Imi) hat sich anzupassen - so das traditionelle Verständnis der Kölner. Klingt überheblich, ist aber Ausdruck des Kölschen-Charme, denn man verstehen muss.
* Im Brauhaus gerade Platz genommen, stand auch schon das Kölsch auf dem Tisch. Wer hier erwartet das der Köbes den Gast begrüßt, hat die kölsche Lebensart noch nicht verstanden. Hier ist der Gast nicht der König, sondern der Köbes ist der "Herr und Gebieter". Der Köbes teilt das Kölsch zu, der Gast sollte dafür dankbar sein. Wer hier - wie oftmals die Damenwelt - beim Köbes ein Wasser bestellt, muss damit rechnen das der Köbes kontert: "Stück Seife dabei ?" Wie der Kölsche gerne tiefgründig philosophiert: "Et kütt wie et kütt, un et hätt noch immer jut jejange". - Wir erhielten die Karten, die derbe kölsche Rustikalität setzte sich fort. Nachfolgend einige Kostproben: "Himmel un Aäd" (gebratene Blutwurst mit Püree), "Hämmchen" (Eisbein mit Sauerkraut), "Leberwurst mit Röggelchen", "Kölsche Kaviar" (Blutwurst mit Zwiebelringen) oder auch "Dicke Bohnen mit Speck". Wem das allerdings zu rustikal ist - uns zum Beispiel - für den gibt es auch traditionelle Gerichte wie Schnitzel oder auch ein Rindergulasch. Da wir nicht zu den großen Mittagessern gehören und lieber am Abend etwas umfangreicher essen, beschränkten wir uns auf 2 Tellergerichte, als Grundlage für das nächste Kölsch. Für Hasimausi den Sahne-Hering (9,90 Euro) und für mich den Fleischkäse mit Bratkartoffeln (10,50 Euro). Der Köbes nahm die Order zur Kenntnis, mit der Aussage: "Dauert etwas - iss ja voll". Einem Köbes widerspricht man nicht. Ja in der Tat, es war knacke voll im "Früh am Dom" und das Sonntags gegen 14:00 Uhr. Am Nebentisch saßen bajuwarische Touristen, die sich köstlich über die geringe Größe der 0,2 ltr. Kölsch-Stangen (Gläser) amüsierten. Eigentlich verständlich, da ein 0,2 ltr. Kölsch-Glas für einen Bayern etwa die Größenordnung eines Reagenzglases hat. Wenigstens im Ableich zum 1,0 ltr. Standard-Maß der Bayern. - Unser Köbes brachte frisches Früh-Kölsch und hatte wohl die herbe Kritik der Bayern am Nebentisch mitbekommen. Er kommentierte es uns gegenüber mit: "Typisch diese Seehofer-Lederhosen-Jodler". Wir lächelten, er auch. Die Bayern bekamen es nicht mit, da im Brauhaus akustisch das Leben topte. Unüberhörbar zwei Tische weiter etwa 8 oder 10 Chinesen, die bekanntlich nach dem dritten Bier ein erkennbarer Übermut ("Ah leckel Biel, noch mehl bitte") überkommt. Selbst in dieser Phase wird noch fotografiert, unter Verwendung von zahlreichen Selfie-Sticks.
* Das Essen wurde serviert, schneller als erwartet. Der Sahne-Hering für meine Dame befand sich in einem Keramik-Steintöpfchen (Delfter Muster), wo er über wenig Platz verfügte. Armer Hering ! Dazu gab es Pellkaroffeln, exakt das was auch bestellt wurde. Auf meinem Teller befand sich ein Stück Fleischkäse. Darüber viel zu viele geröstete Zwiebeln, aber die muss man ja nicht zwingend essen. Dazu Bratkartoffeln und einen Salat. Zunächst sei angemerkt, dass für uns die Portionen völlig ausreichend waren. Wer allerdings der Fraktion." Hauptsache volle Teller" angehört, und den Stellenwert der Quantität höher ansiedelt als die Qualität, wird hier nicht zufrieden sein. - Der Fleischkäse war gut gebraten ohne irgendwelche "Schwarzstellen". Ähnliches traf auf die leckeren Bratkartoffeln zu. Nicht "fettisch" - einfach lecker. Auf den kleinen Salat hätte ich verzichten können. Etwas Grün, etwas Rot (Tomate), etwas krautig, so wie ihn meine "Omma" schon vor Jahrzehnten angemacht hat. Aber das ist völlig in Ordnung. In einem traditionellen Haus ein Traditionsbier und eben auch traditionelles aus der Küche, ich war gut zufrieden. Und Hasimausi ? Ihr in der Sahne erstickter Hering löste Beifall aus. Das Sahnesößchen war wie es sich gehört mit Zwiebelringen, Apfelstückchen und Senfkörnern angereichert. Dazu 3 Pellkartoffeln - alles lecker. Soweit der Mittagssnack - oder doch nicht ? Mir fehlte noch etwas, nämlich er in Köln berühmte "Halve Hahn". Nein liebe Bayern, Norddeutschen, Ostwestfalen oder Berliner, das ist kein halber Hahn und auch kein halber Broiler, wie Sachsen es vermuten könnten. Das ist in Köln eine dicke Scheibe Gouda. Dazu ein Röggelchen und ganz viel "jute Butter". Warum die Kölner dazu "Halver Hahn" sagen, keine Ahnung. Es ist in Köln der beliebteste "Bier-Happen", den man fast überall bekommt. Egal ob in der Eckkneipe, im Restaurant oder in welcher Gastronomie auch immer. Gerade bestellt, stellte der Köbes den kleinen Teller auf den Tisch. Eben Gouda + Röggelchen + Butter - wunderbar !
* Wir zahlten und verließen diese heilige Städte der Kölner-Tradition. Wir fühlten uns wohl und konnten als 3/4 Rheinländer das berühmte "Kölsche-Gefühl" mal wieder gänzlich nachvollziehen.
Auch so, eine Wertung muss auch noch erfolgen. Für das Essen überzeugte 3,5 Sterne. Rational betrachtet für den "Köbes-Service" eigentlich 2,5 Sterne. Da wir aber das Kölsche-Gefühl nachvollziehen können und ebenso kölsch denken, gerne dafür 4 Sterne. Auch wenn 1/3 davon aus emotionalen Gründen gegeben werden (muss). Letztendlich ein 4 Sterne Gesamteindruck.
Du bess die Stadt (Bläck Fööss 2003)