"Auch ohne Stern ein Flaggschiff der gehobenen Gastlichkeit"
Geschrieben am 21.10.2018 2018-10-21 | Aktualisiert am 21.10.2018
"Kreative Landhausküche mit herausragendem Luxemburger Brot, der Admiral ist auf Sterne-Kurs oder: Reloaded 2.0 an Bord des Admirals heute: Mannheims Daueresser nebst Bremens Dauer-Anhänger der „weißen“ Reben-Fraktion"
Geschrieben am 12.10.2018 2018-10-12 | Aktualisiert am 14.10.2018
"Der Admiral ist auf Kurs, ein farbenprächtige Inszenierung für die Augen oder kreative Pfälzer Genuss Kulinarik in Perfektion 08.2017"
Geschrieben am 06.08.2017 2017-08-06 | Aktualisiert am 06.08.2017
"Ambitionierte moderne Küche in denkmalgeschütztem Ambiente"
Geschrieben am 02.02.2016 2016-02-02 | Aktualisiert am 05.06.2018
Beim Admiral angekommen, fanden wir den Garten hübsch herbstlich dekoriert vor, nach Einbruch der Dämmerung schuf die Beleuchtung eine verwunschene Stimmung. (Das Bild lädt nur zum Fotobereich hoch, nicht zur Bewertung, seltsam...). Obwohl der Außenbereich schon im „Winterschlaf“ schien (Zu früh - im Jahr, in dem der Sommer niemals endet!) eine tolle Visitenkarte. Und aus der Not eine Tugend gemacht. Denn das schön renovierte, alte Haus lässt gerade Platz für 30 Plätze, für die Toiletten geht es dann eben über den Hof. Aber keine Angst, nichts von Gartenlokal, alles neu, sauber und schick. Und für die Frotteetücher fand eine Weinkiste pfiffige Verwendung
(oder eine gute Idee der Innenarchitekten).
Der Altbau scheint auch keinen barrierefreien Zugang zu ermöglichen. Wir mussten jedenfalls einige Stufen überwinden, wurden hinter einem gläsernen Windfang aber sogleich von unserer Gastgeberin Frau Stehr begrüßt und an einen schönen Ecktisch begleitet. Mich über die Holzbank mit der homöopathischen Auflage zu beschweren, käme mir nicht in den Sinn. Ich litt, jedenfalls nach meiner Erinnerung ;-) schweigend und sah mich zufrieden in den alten Mauern um, die mit vielen modernen Elementen versehen sind. Nicht recht aus einem Guss
aber allemal gemütlicher, als die meisten durchgestylten Gastrotempel. Zum Wohlgefühl trug neben den freundlichen, hellen Farbtönen natürlich auch das indirekte und gedimmte Licht bei, wie manchem Foto ein wenig anzusehen.
Frau Stehr übernahm an diesem Abend auch den Service. An den anderen Tischen, die weitgehend mit Pärchen besetzt waren, half die Küche aus. Die Betreuung der aus dem Saarland stammenden Chefin war rundum aufmerksam, professionell und immer sehr sympathisch. Die Weinempfehlungen waren gut überlegt und durchaus klar, nachdem die Vorlieben der ganzen Gäste geklärt waren. Der ganzen Gäste? Nein, ein kleiner Norddeutscher leistete den süditalienischen Rotwein-Legionären unbeugsam Widerstand! Der wohlgereifte 2007 Pfalz-Riesling von Wageck hatte angenehm dezente Petrolnoten, war insgesamt aber erfreulich frisch. Und mit 45€ schon ein deutlicher Hinweis, dass Frau Stehr nicht sogleich ins oberste Regal greift. Beim folgenden, deutlich jüngeren Chardonnay gab es dann auch Vorschläge aus gleich drei Preislagen. Was kann die nette Frau dafür, dass ich Burgunderweinen nur schwer widerstehe? Wie von Frau Stehr vorhergesagt, präsentierte sich der Puligny-Montrachet mit nur zurückhaltenden Holztönen von Beginn an wenig verschlossen.
Ganz neu war für den Wein-Novizen aus der Stadt des herben Pils schließlich der abschließende Pacherenc du Vic-Bilh. Der als der „Süßwein mit dem unaussprechlichen Namen“ angekündigte Bordeaux erinnerte mich mit Anklängen von Hefe und Salz in der Tat an das Atlantikklima, ein wenig wie in einem Manzanilla.
Über den Rieslingsekt von Buhl wollen wir in der Tat besser schweigen. „Drüber“ ist etwas zu hart. „Traubenbetont mit milder Perlage“ trifft es besser. Wie ungewöhnlich für extra brut... Vermutlich wollte ich am Beginn des Abends keine Störungen der Vorfreude wahrhaben. Aber die 7,5€ pro Glas hätten auf meine Kappe gehen müssen!
Dreierlei zugekauftes, knuspriges Brot
war ein Genuss, besonders jenes mit Sonnenblumen, ebenso die kräftige, aufgeschlagene Nussbutter.
Die Grüße konnten mich durchaus überzeugen. In der Tat die Madeleine
bestachen eher durch den markanten Basilikumgeschmack, denn durch saftigen Teig, das glich aber die Tomatencreme aus und zusammen mit dem Parmesanchip ergab sich ein italienischer Einstieg, den man bei der französisch inspirierten Küche eher nicht erwartet hätte. Eine Verbindung mit den Menüs war daher nicht zu erkennen, wohl aber die Patissier-Ausbildung von Ehepaar Stehr. Beim zweiten Gruß ging es dann auch regionaler und (eigentlich) jahreszeitlicher zu. Und ja, ich war von der Ente-mit-Rotkohl-und-Klößen-im-Glas
rundweg begeistert. Das Confit voller Kraft und Saft, das marinierte Kraut mit schönem Biss und fruchtiger Säure, die vom süßen Maisschaum schön abgepuffert wurde. Gern hätte ich mich über das zweite Glas hergemacht, das der Gentleman zu meiner Linken aber natürlich der Dame überreichte.
Ich hatte mich (mit dem Weißwein liebäugelnd) durchweg für Fisch und leichteres Fleisch entschieden. Der seltene Drachenkopf machte den Anfang.
Auf der Haut gebraten, fest und saftig, dazu schwarzer Sesam und dreierlei Kichererbsen: natur, als gar nicht trockene Praline und als Crème, die mir mit einer leichten Schärfe ausnehmend gut gefiel. Vadouvan-Sud und Kräuteröl zeigten, dass die Küche von Holger Stehr nichts für Produktpuristen ist, sondern auf harmonische Geschmackskompositionen setzt. Ein nicht alltäglicher Auftakt, der mir ausnehmend gut gefiel.
Das Niveau wurde beim Zwischengang gehalten. Mir gefällt etwas Rauch (hier von Apfelholz) immer noch als zusätzlicher sensorischer Reiz. Allemal, wenn daraus knusprige Brust und saftige Keule von der Wachtel so voller Geschmack empor tauchen.
Sowohl Steckrübe - knackig geschmorte Julienne - als auch Mangold - in einem luftigen Raviolo versteckt - harmonierten gut in diesem schon herbstlichen Genuss-Türmchen.
Im Wechselspiel von Surf und Turf war wieder die Meeres-Fraktion an der Reihe.
Alle Günter-Grass-Fans müssen jetzt tapfer sein, aber kein Ostsee-Butt kann es mit bretonischer Ware aufnehmen, finde ich. Auch diese für meinen bescheidenen Appetit jedenfalls nicht zu kleine Tranche glänzte durch (natürlich nicht gerade magere) Saftigkeit und einen feinen, ins süß-nussige spielenden Geschmack. Als rustikale, quasi heimatliche Begleiterin diente hier das „Allerlei“ von der Bohne. Sehr gut wieder die von Nuss-Crumble assistierten aufgeschäumte Saucen, die raffiniert mit Aromen von Zitrone und Vanille spielten. Nur der vorbildlich knusprige Speck musste vorsichtig kombiniert werden. (Leider gab’s dazu keine näheren Angaben oder ich war zu abgelenkt durch spannende Informationen zum Collini-Center - dem Empire State Building Mannheims!)
Wie schon der Daueresser berichtet hat, waren wir schließlich von unserem Fleischgang alle gleichermaßen begeistert.
Das Iberico war fleischig im besten Sinne, fest, aber nicht hart oder trocken, eine zarte knusprige Haut und einen Duft, der im Gehirn ein Wort gleichsam explodieren ließ: SCHWEIN! Dazu Crumble von der Chorizo, denn wer wüsste es nicht? Fleisch geht am Besten mit Fleisch! Aber auch die kräftigen Beilagen haben mich völlig überzeugt, sei es der für mich bis dahin unbekannte wilde Blumenkohl (nicht Wild-Brokkoli), die verschiedenen Zwiebelzubereitungen von süß bis deftig, von knackig bis gaumenschmeichelnd. Und auch der Risotto-Praline kann man ja nicht vorwerfen, dass sie die einzige ihrer Art auf dem Teller war. Mir hat die Menge im Rahmen eines Menüs allemal gereicht, aber die Kapazitäten sind halt individuell.
An allen Gängen gefiel mir, dass gute Produkte kreativ und recht aufwändig mit eigentlich „einfachen“ Beilagen kombiniert wurden, die aber niemals zu grob daher kommen. Genau das richtige für eine anspruchsvolle Küche ohne Sterne-Anspruch.
Bei der abschließenden Käseauswahl
von Tourette fehlten die allzu milden Sorten, gut so. Gerade die kräftige Ziege hat mich am meisten überzeugt. Und natürlich ein Extra-Lob für die fein karamellisierten Walnüsse! Vom Dessertwein mit dem unaussprechlichen Namen habe ich ja schon oben berichtet.
Zu bester Letzt kam ich nicht nur in den Genuss der Petits fours von denen das Apfelmandelküchlein mit Kataififäden
neben dem roten Gelee (Holunderbeere?) und Eis (Hibiskus?) mit weißer Schokolade
besonders positiv in Erinnerung blieb. Aber auch der facettenreiche Daueresser hatte noch eine Überraschung parat, die dem Abend endgültig sein Prädikat verlieh: It was magic!
Danke an alle Beteiligten!