"Ungarisch-deutsche Wohlfühlküche statt kulinarischer Gulaschkommunismus!"
Geschrieben am 28.10.2017 2017-10-28 | Aktualisiert am 28.10.2017
"Draußen trinken ja, drinnen essen nein"
Geschrieben am 28.09.2017 2017-09-28
"Nur der Name verheißt gutes, alles andere nicht, schlechtes, überhebliches Personal"
Geschrieben am 15.08.2017 2017-08-15 | Aktualisiert am 18.08.2017
"Bester Fisch !"
Geschrieben am 10.08.2017 2017-08-10 | Aktualisiert am 10.08.2017
Urlaub
Liebe Gäste der Alten Zisterne,
wir machen Urlaub vom 01.08.-31.08.2017 und sind für Sie wieder frisch und munter am dem 01.09.2017 da.
Wir wünschen Ihnen allen eine schöne Zeit und allen die auch in den wohlverdienten Urlaub fahren eine schönen Aufenthalt wo immer Sie das Ziel verschlägt.
Auf ein gesundes und frohes Wiedersehen Ihr Alte Zisterne Team
Kein Wunder, hat doch die ehemalige Reichsstadt des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation eine außerordentlich hohe Restaurantdichte vorzuweisen, so der belesene Feinschmecker in unseren Reihen. Läuft man domabwärts auf das Altpörtel zu, lässt sich das nur bestätigen, da sich gerade im Stadtkern auf kleinstem Raum der Gastbetrieb konzentriert. In Landau oder Neustadt ist das etwas ausgedünnter, aber Speyer ist eben aufgrund seiner Historie auch touristisch eine ganz andere Hausnummer.
Als wir schließlich vor dem spätbarocken Fachwerkhaus mit dem geschwungenen Mansarden-Walmdach aus dem frühen 18. Jahrhundert aufschlugen, war die unmittelbar an der Korngasse gelegene Außenterrasse nahezu vollbesetzt. Schon einmal ein gutes Zeichen, dachte ich mir. Mein Kollege hatte einen Tisch für vier Personen im Inneren des Lokals reserviert. Schade, denn eigentlich hätte dem Schlemmen unter freiem Himmel wettertechnisch nichts entgegengestanden.
Der Name dieser Traditionsgaststätte bezieht sich auf das in direkter Nachbarschaft sich befindende historische Gebäude „Alte Münze“, eine unter Denkmalschutz stehende Speyerer Sehenswürdigkeit, die bereits Ende des 13. Jahrhunderts als Haus der Münzer bzw. Amtssitz des Stadtrats diente. Als Speyer 1689 von den Truppen des Sonnenkönig Ludwig XIV. dem Erdboden gleichgemacht wurde, fiel dem auch die „Alte Münze“ zum Opfer. Erst 1748 wurde hier an gleicher Stelle der heutige, imposante Barockbau neu errichtet. Heute sind hier neben der städtischen Kämmerei und Immobilienverwaltung ein paar Geschäfte untergebracht.
Wir betraten die Weinstube. Innen drin herrschte gediegene Rustikalität vor. Freiliegende Deckenbalken, holzverkleidete Wände und ein knorriger Parkettboden empfingen uns. Im vorderen Gastraum befanden sich ein paar schlicht eingedeckte Tische zur Rechten. Auch beim Mobiliar dominierte dunkles Holz. Lediglich von den mit beigem Kunstleder überzogenen Polstern der Eckbank farblich akzentuiert. Geradeaus befand sich als zentrales Raumelement der hölzerne Thekenbereich. Links daneben der Treppenaufgang zum 1.OG bzw. den Toiletten. Ein etwas abgesetzter, von einem verzierten Eisengeländer teilweise abgetrennter, kreisrunder „Stammtisch“, der leider schon besetzt war, fiel mir ins Auge. Sicherlich der beste Platz des Hauses. Wir wurden rechts an der Theke vorbei in den hinteren Gastraum geführt und durften direkt nach dem Durchgang unter den beiden imposanten Weinregalen Platz nehmen. Schade, dass hier aufgrund des gedimmten Lichts die Verhältnisse für aussagekräftige Essensbilder denkbar schlecht waren.
Der Akzent des sehr zuvorkommend agierenden Kellners sowie die Krautwickel „Klausenburger Art“ („Kolozsvári töltött káposzta", 17,90 Euro) auf der Empfehlungskarte deuteten schon zu Beginn auf die ungarischen Wurzeln der Pächterfamilie hin. In einer Pfälzer Weinstube mitten in Speyer war das schon eine kulinarische Überraschung, die ich so nicht unbedingt erwartet hätte. Das letzte Mal durfte ich die ungarische Küche vor vielen Jahren bei einem Sommerurlaub am Balaton bzw. anschließend in Budapest genießen. Und eines meiner absoluten Lieblingsgerichte, die Kesselgulaschsuppe, stand natürlich auch auf der Speisenkarte. Ich war begeistert.
Die weiteren Empfehlungen auf der schmalen Herbstkarte (Wildkräutersalat, Entenkeule) ignorierend, klappte ich die dunkle Kunstlederhülle der Speisenkarte auf und wurde zunächst über die bewegte Geschichte des Hauses informiert. Den sorgsam erstellten Überblick zu den Tagesgerichten, die von Montag bis Freitag zwischen 12 und 15 Uhr für faire 8,30 Euro angeboten werden, überflog ich kurz. Da wären auch ein paar Leckereien dabei gewesen, die mir am Mittag durchaus zugesagt hätten.
Ich las mich weiter durch die Karte. Zweimal Suppe, zwei Vorspeisen und zwei vegetarische Gerichte. Nicht viel für den Anfang, aber es sollte sich gleich ändern. Zwei Salate weiter dann die ersten Hauptakteure: Maispoularde, Lachsfilet, Roastbeefstreifen. Na das klang doch schon sehr vielversprechend. Es folgten drei Gerichte ungarischer Provenienz und ein pittoreskes Carnivorenkarussell, das mit Schweineschnitzel, Schweinefilet, Husarenspieß, Putenbrust- und Entenbrustfilet sowie dem obligatorischen Rumpsteak hinreichend bestückt war.
Jetzt war auch dem letzten Grünzeugverschmäher am Tisch klar: das wird ein Abend ganz im Sinne des gebratenen bzw. geschmorten Fleisches. Doch zuerst verlangten die durstigen Kehlen nach Wasser und Wein. Das Fläschchen Mineralwasser (0,5 Liter) schlug mit sportlichen 4,20 Euro zu Buche. Beim Wein sah das preislich viel entspannter aus. Die Flasche 2016er Chardonnay vom VDP-Weingut Bassermann-Jordan war für verhältnismäßig günstige 22 Euro zu haben. Schön, dass man es hier bei den Flaschenweinen mit den Preisfaktoren nicht übertreibt. Das Fläschchen Bionade (3,90 Euro) sowie die Spezi (3,60 Euro) lagen da wiederum im innerstädtischen Normbereich. Merke: in der alten Münz lieber eine Flasche Wein mehr trinken und die Diabetes fördernden Softdrinks mal außen vor lassen!
Ganz so exzessiv wie beim letzten Treffen unseres Gourmetclubs im Ketschauer Hof zu Deidesheim wollten wir es diesmal nicht treiben, weshalb wir uns von vornherein auf zwei Flaschen Wein (erst weiß, dann rot) pro Person äh… insgesamt beschränkten.
Doch zuerst wurde reihum das Essen geordert. Mozzarella mit Serranoschinken (8,50 Euro), der als Vorspeisenteller deklarierte gegrillte Ziegenkäse auf Wok-Gemüse und Datteln im Speckmantel (8,90 Euro), eine Kürbiscremesuppe mit knusprigen Süßkartoffelchips (5,90 Euro) sowie eine kleinere Variante der Kesselgulaschsuppe (5,50 Euro) sollten vor den Hauptgängen erst einmal Abhilfe schaffen. Letztere ging an mich und wurde mir genauso kredenzt, wie ich sie mag. Die Rindfleischstückchen herrlich mürbe vom langen Köcheln. Die Kartoffeln und die Karotten wurden nicht totgekocht, sondern hatten noch ganz leichten Biss. Alles wunderbar eingebunden vom dominierenden Paprika-Aroma. Nur der Kenner weiß die Verwendung von Schweineschmalz zum Andünsten der Zwiebeln bei einer Kesselgulaschsuppe zu schätzen. Dies fand hier lobenswerter Weise statt und sorgte für den deftigen Grundton. Die kleinere Vorspeisenportion war ausreichend bemessen. Zwar hätte ich von diesem herzhaft leckeren „Bagracsgulyas“ locker noch ein Schüsselchen vertilgen können, aber der Hauptgang stand ja noch aus.
Auch meine Kollegen am Tisch konstatierten, dass sie mit ihren vorweg gewählten Gerichten sehr zufrieden waren und schlemmten ordentlich drauflos. Die Kürbissuppe war gut abgeschmeckt und schön sämig. Der Vorspeisenteller meines Gegenübers hatte vom Umfang her fast schon Hauptgerichtcharakter. Eine dicke Scheibe gegrillter Ziegenkäse lag da auf einem Fundament aus gewokten Gemüse. Seine aufgespießten Datteln im Speckmantel steckten in einem Stück gegrillter Zucchini. Keck spross der „Speck-Dattel-Bonsai“ aus dem „Zucchini-Töpfchen“. Auch der mit Serrano-Schinken, Rucola und Tomaten veredelte Büffelmozzarella vom einzigen „Münzkenner“ am Tisch sah hübsch angerichtet aus und schien seinem Verzehrer wohl zu munden. Der trockene Chardonnay kam gut gekühlt aus der Flasche. Dieser wusste mit elegantem Schmelz und feiner Frucht zu überzeugen. Ein einfacher, klassischer Tischwein dessen „easy-drink-Attitüde“ zum Einstieg gut funktionierte und dessen Inhalt folglich recht schnell geleert wurde.
Die „rote Abteilung“ war dann mein Ressort. Zu unseren Fleischgängen sollte schließlich ein kräftiger Roter auf dem Tisch stehen. Das Flaschenweinangebot hing quasi direkt über uns, was den Blick in die – für diese Art der Gastronomie – recht umfangreiche Weinkarte eigentlich unnötig machte. Mit der Cuvée „Black Print“ von Markus Schneider liegt man im Grunde nie falsch, da es sich um einen wuchtigen Vertreter seiner Zunft handelt. Seine tiefdunkle Farbe erhält er von den Rebsorten Syrah, Merlot, St. Laurent und Cabernet Sauvignon, die eine fast schwarze Tinte entstehen lassen. Dieser wunderbar konzentrierte und vielschichtige Rotwein von der Mittelhaardt stand in der 2015er Version mit bemerkenswert gastfreundlich kalkulierten 25 Euro in der Karte gelistet. Keine Frage, hier mussten wir einfach zugreifen!
Die im Preis inbegriffenen Beilagensalate kündigten als Vorhut unsere Hauptgänge an. Das schön sauer angemachte Grünzeug entpuppte sich als frisches Beiwerk zu den deftigen Fleischgerichten. Einer der Kollegen hatte sich für das „Borjupaprikás“ (Kalbspaprikasch für 17,90 Euro) entschieden. Nicht zum ersten Mal, wie sich herausstellte. Er lobte die Kalbfleischstückchen, die himmlisch zart neben fluffigen Dill-Schafskäse-Nockerln lagen. Seine Paprikarahmsauce hatte genug Würze abbekommen. Er genoss seinen Teller sichtlich. Mein gegenübersitzender Rotweinkumpan verzehrte derweil sein knusprig gebratenes Entenbrustfilet (17,90 Euro). Ihr rosa Fleisch war infolge des Tranchierens gut sichtbar. Der umgebende Fettrand deutete auf delikate Saftigkeit hin. Die Cumberland-Sauce war in einem Extra-Schälchen in der Mitte seines Tellers platziert. Daneben befanden sich drei wohlgebräunte Reis-Zucchini-Kroketten, die etwa doppelt so groß ausfielen wie die gewöhnliche Norm-Beilage aus Kartoffeln und die sicherlich „à la maison“ gefertigt wurden.
Der Dritte im Bunde hatte sich für einen magyarischen Klassiker, das „Marhapörkölt dödöllével“ (Rindergulasch für 16,90 Euro) entschieden. Das mit Champignons verfeinerte Schmorgericht wurde von hausgemachten Kartoffelknödeln begleitet. Auch wieder ein Soulfood-Teller, der den Weichfleischenthusiasten neben mir in Verzückung versetzte. Kein Hauch von „Gulaschkommunismus“! Er bewältigte seine kulinarische Aufgabe auch alleine mit Bravour.
Nach meinem Kesselgulasch kehrte ich den ungarischen Schmorgerichten beim Hauptgang den Rücken und bestellte auf Anraten meines Kollegen das Schweineschnitzel „Wiener Art“ (13,50 Euro), das von leckerer Sesampanade umhüllt war. Zu den etwas dickeren Steakhousepommes wurde eine schmackhafte Bratensoße gereicht. Selten habe ich Pommes so genossen. In die Bratensoße getunkt, war das ein einfaches, aber äußerst wohlschmeckendes Fingerfood. Auch das Schnitzel konnte überzeugen. Sein Fleisch war saftig und leicht mürbe (Schnitzelkoch, ick hör‘ dir klopfen!). Knusprig ummantelt und dezent gewürzt fiel es überdurchschnittlich gut aus.
Eine Dessertvariation (8,90 Euro), ein paar Palatschinken (6,50 Euro) sowie eine Portion Somlauer Nockerln (6,50 Euro) später ging dann wirklich nichts mehr in uns rein. Die Nockerln hatte ich mir ausgesucht. Mit dem ungarischen Mehlspeisenklassiker aus zweierlei Biskuit mit Vanillepudding, Rum-Rosinen und Schokosoße bekam ich eine geschichtete Kalorienbombe par excellence vorgesetzt. Mit ordentlich Sprühsahne wurde die Mächtigkeit der auch in Österreich sehr beliebten Süßspeise noch zusätzlich erhöht. Da half nur eine gesunde „Wenn-schon-denn-schon-Einstellung“, um diesen kalorienreichen Dessertklassiker komplett zu vertilgen.
Die Toiletten befanden sich im zweiten OG, in dem auch die Küche untergebracht war. Ich denke mal, dass hier der Speisenaufzug unverzichtbare Dienste tut. Auf halber Strecke kam ich im ersten OG an einem weiteren Gastraum vorbei, der an diesem Abend aufgrund der gut besuchten Terrasse leer blieb. Auch hier dominierte dunkles Holz. Freiliegendes Fachwerkgebälk sorgte zusätzlich für eine gemütliche Atmosphäre. Merke: in der kälteren Jahreszeit im oberen Bereich der „alten Münz“ reservieren, da es hier noch behaglicher zugeht als im Erdgeschoss.
Schade, dass die ungarische Küche in unserer Region ein Nischendasein führt, denn sie ist der deftigen Pfalzkost ja nicht unähnlich. In Speyer gehört die „alte Münz“ sicherlich mit zu den besten Adressen wenn es denn mal gutbürgerlich hergehen soll. Die freundlichen Inhaber und das heimelige Interieur lassen mich eine klare Empfehlung aussprechen. Und eine Flasche „Black Print“ für 25 Euro gibt’s auch nicht überall. Klasse Abend in der Domstadt, lang lebe der Wörther Gourmetclub!