"Allein wegen der sagenhaften Wisperforelle lohnte der Besuch!"
Geschrieben am 08.07.2020 2020-07-08 | Aktualisiert am 15.02.2021
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Die Weinwirtschaft Laquai öffnet am 25. März 2020 wieder. An Feiertagen, außer Pfingstsonntag, ab 16 Uhr geöffnet
Nach einem ausgiebigen und äußerst schmackhaften Frühstück im Hotel im Schulhaus ging es am ersten Tag unseres Rheingau-Trips ins nahegelegene Wispertal, um dort den knapp 15 km langen Wispertalsteig „unter die Lowa“ zu nehmen. Für den Abend hatten wir schon im Vorfeld zwei Plätze in der Weinwirtschaft Laquai reserviert.
Außenansicht 1
Kurz vor unserer Fahrt an den Rhein hatte ich mich bei GG-Kollege Nolux ein wenig über die dort vorherrschende Kulinarik informiert. In Lorch kannte auch er nur die Weinwirtschaft, war selbst schon einmal dort zu Tische gewesen und empfahl mir den Laden ohne Umschweife. Die 86 Punkte bei Falstaff untermauerten dann quasi unseren Entschluss dort einzukehren.
Außenansicht 3
Das schwülwarme Wetter lud beim Auftaktbesuch in Lorchs erstem Haus am Platze nicht gerade zum Schlemmen ein. Draußen, auf der lauschigen Gartenterrasse war schon Tage vorher kein Platz mehr zu bekommen. Ein bisschen Grinsen musste ich ja schon, denn auch in Lorch gibt es eine Drosselgasse. Da der Eingang des Laquai‘schen Weinlokals über eben jene zu erreichen war, blieb uns der Weg ins überlaufene Rüdesheim erspart. Die „Drosselgasse light“ von Lorch reichte uns völlig aus.
Außenansicht 2
Nach freundlicher Begrüßung durch die Hausherrin, Frau Susanne Laquai, wurden wir zu unserem Tisch in der Beletage geführt. Im Erdgeschoss waren zu diesem Zeitpunkt schon alle Plätze belegt. Über eine knarrende Holztreppe ging es nach oben. Dort empfing uns ein kleiner Gastraum mit freiliegendem Fachwerkgebälk, hellem Holzdielenboden und großzügig – aktuell würde man dies wohl eher „vorbildlich“ nennen – verteilten, dunkel lackierten Holztischen.
Innenansicht 2 (Gastraum in der Beletage)
Innenansicht 1 (Gastraum in der Beletage)
Dem schlichten, aber keines Wegs unbehaglichen Interieur versuchten ein paar Lichtakzente (Kronleuchter, Wandkerzenhalter) auf die Sprünge zu helfen, was aufgrund der noch vorherrschenden Helligkeit (es war nach recht früh am Abend) nicht so recht zünden wollte.
Innenansicht 3 (Gastraum in der Beletage)
Ein paar vereinzelte Fotografien hingen zwar etwas verloren an den weiß gestrichenen Wänden, aber als Vorgeschmack auf unser bevorstehendes „Rhein-Wisper-Glück“ (Name des Wanderwegs, Anm.) am nächsten Tag dienten die abgebildeten Steillagen allemal.
Neben dem Formblatt zur Datenerfassung befand sich ein laminierter, doppelseitiger Speisen- und Getränkezettel in DIN-A4-Format auf der frugal eingedeckten Tischplatte. Das Angebot wurde von einer Art Flyer mit vier Tagesempfehlungen ergänzt. Als „leckere Extras“ erweiterten Rote-Bete-Carpaccio, Wiener Schnitzel mit Kartoffelsalat, ein Vesperteller mit regionalen Spezialitäten sowie eine Schokoladenmousse das Standardprogramm.
Dieses war von einer bewusst überschaubar gehaltenen Palette bodenständiger Hausmannsköstlichkeiten geprägt. Als Mitglied des Slowfood e.V. legte man nachlesbaren Wert auf die Verwendung regionaler Produkte. Wildschweinsülze und Wildbratwürste stammten beispielsweise von der Metzgerei Kempenich aus dem benachbarten Presberg (Taunus). Die Forellen bezog man fangfrisch von der Forellenzucht Flach aus dem Wispertal.
Darüber hinaus bestimmten gutbürgerliche Sattmacher wie Ofenkartoffel (gerne auch in Kombination mit geräucherter Wisperforelle), gebackene Kaspressknödel, Schafskäse aus dem Ofen und Rumpsteak mit Bratkartoffeln den deftig ausgerichteten Speiseplan.
Selbstverständlich wurden dazu die gutseigenen Weine serviert. Das von den beiden Brüdern Gundolf und Gilbert Laquai geführte Weingut gehört schließlich zum Inventar des Rheingaus, denn seine Anfänge reichen bis ins 18.Jahrhundert. Neben der Rheingaurebsorte Nr. 1, dem Riesling, wurden auch Auxerrois, Chardonnay, Silvaner und Weißburgunder ausgeschenkt. Spätburgunder, Merlot und Cabernet Sauvignon warteten dagegen auf Rotweinverehrer. Und das alles natürlich auch glasweise. Da hätte es sich ganz ungeniert durchs offene Programm probieren lassen. Zumal unser Hotel im Schulhaus keine 200 Meter von der Weinwirtschaft entfernt lag.
Doch auch der Pfälzer weiß sich in fremden Weinlanden zu benehmen und schlägt selbst im Urlaub, immer die fatalen Folgen vinophiler Unbekümmertheit im Hinterkopf, gar selten über die Stränge. Nach einem falschen Viertel (0,2l) vom süffig-kräftigen Cabernet Sauvignon (6,50 Euro) folgte noch ein etwas flacherer Merlot (5,80 Euro) in der gleichen 0,2l-Dosierung. Zusammen mit einer fair bepreisten Flasche Rhönsprudel (0,75l für 4,50 Euro) war damit unser Bedarf an Flüssigkeit am ersten Abend gedeckt.
Auch beim Essen hielten wir uns vornehm zurück. Der gebackene Schafskäse mit mediterranem Gemüse (9,20 Euro) ging an meine Frau, während ich mich für den bunten Blattsalat mit marinierten Rumpsteakstreifen und Baguette (12,80 Euro) entschied.
Salat mit Rumpsteakstreifen
Entweder lagen uns noch die anatolischen Teigtaschen vom Vorabend im Magen oder die schwülwarme Witterung hatte uns auf dem Wispertalsteig zu arg zugesetzt. Unser Hunger fiel jedenfalls genauso dürftig aus wie die Deko unseres Gastraumes.
Doch der Appetit kommt ja bekanntlich beim Essen, das nach angenehmer Wartezeit die Treppe hochgetragen wurde. Der Schafskäse duftete nach Olivenöl und mediterranen Kräutern. Mit einer gehörigen Portion Tomaten und Paprika versehen, war es lediglich der etwas übertriebene Ölanteil, den meine Frau latent kritisierte.
Gebackener Feta unter mediterranem Gemüse
Meinen Salatteller veredelten die in ausreichender Zahl vorhandenen, gut gewürzten Rindfleischfetzen. Doch war es vor allem das unfassbar schmackhafte, feinsäuerliche Hausdressing (Honig und Traubensaft sorgten für gustatorischen Schliff), das bei diesem „Fitnessteller“ die Gaumenschrauben anzog. Dass die in Streifen geschnittenen Rumpsteakstücke schnell auskühlten, war keine neue Erkenntnis, war aber zu verschmerzen.
Rumpsteakstreifen mit Salat
Es wurmte uns schon ein wenig, dass wir beide nicht so richtig im Schlemmer-Modus bei den Laquais aufgeschlagen waren und so stand schnell fest, dass wir hier am nächsten Abend noch einmal vorbeischauen wollten. Das Speisenangebot war ja noch nicht einmal ansatzweise erschöpfend behandelt worden. Schon allein wegen der in der Pfanne gebratenen Prachtforelle aus dem Wispertal, die sich am Nebentisch ein älterer Herr genussvoll einverleibte, würde eine Folgereservierung Sinn machen. Also machten wir beim Bezahlvorgang einen Tisch für den nächsten Abend klar.
Sonne tanken, Schorle trinken – so habe ich mir den Urlaub im Rheingau vorgestellt. Dass wir bei so einem Kaiserwetter einen Abschnitt des Rheinsteigs erwandern durften, machte natürlich richtig Laune. Der Hunger ließ da nicht lange auf sich warten.
Beim zweiten Besuch hatte man uns einen Tisch in der Brennstube freigehalten. Vielleicht war das ja eine Folge der Corona-Auflagen, um die vorgeschriebenen Bewirtungsausfälle im Inneren zu kompensieren. Auf jeden Fall empfanden wir die alte Schnapsbrennerkulisse als äußerst angenehm.
Innenansicht 4 (Gastraum in der Schnapsbrennerei)
Durch das geöffnete Fenster drang ein leichter Wind. Mein Blick fiel auf den alten Kupferkessel aus dem Jahr 1924 und die präparierten Bodenprofile an der Wand. Was wäre der Wein ohne seinen Untergrund? Oder wie es der Kenner ausdrückt: ohne sein Terroir? Freunde des hochprozentigen Destillats kamen in der gefliesten, mit dunklem Holzmobiliar ausgestatteten Brennhalle jedenfalls genauso auf ihre Kosten wie Hobby-Geologen.
Diesmal begann ich meine Weinerkundung mit einem trocken ausgebauten Weißburgunder (0,1l für 2,60 Euro), später sollte noch ein trockener Auxerrois (0,1l für 3 Euro), der für meine Pfalzkehle etwas zu restsüß daherkam, folgen. Meine Frau hatte sich da schon wieder an den bemerkenswerten Cabernet Sauvignon vom Vortag gewandt. Diesmal teilten wir uns vorweg das Dip-Trio (5,80 Euro),
Three Dips on one plate
das eine wunderbar aromatische, hausgemachte Tomatenbutter (mit deutlicher Basilikumnote),
Die hausgemachte Tomatenbutter
einen frischen Kräuterquark
Der Kräuterquark
und den Rheingau-Vesperklassiker schlechthin, den legendären Spundekäs, auf einer Schieferplatte vereinigte.
Der Spundekäs
Zusammen mit ein paar Scheiben herzhaftem Bauernbrot war besonders die aus dem nördlichen Rheinhessen - manche behaupten gar aus Mainz (?) - stammende Frischkäsezubereitung ein kulinarischer Gewinn. Frau Laquai berichtete über die spezielle Verwendung von Kapern in ihrem Spundekäs. Ich kenne zwar die Originalrezeptur nicht, aber in Kombination mit den kleinen Salzbrezeln und dem Brot, war das ein einfacher, aber äußerst schmackhafter Rheingauklassiker, den wir da genussvoll verputzten.
Ein knackiger Beilagensalat (4,20 Euro) sollte mir die Wartezeit bis zum Kalbsschnitzel, das mit hausgemachtem Kartoffelsalat (18,90 Euro) serviert wurde, ein wenig verkürzen.
Da ich dieser Erdapfelvariante meist kritisch gegenüberstehe und ich sie nicht gerade zu meinen Lieblingsbeilagen zähle, äußerte ich den Wunsch nach ein paar Bratkartoffeln.
Der Notizzettel der jungen Dame muss wohl auf dem Weg zur Küche verloren gegangen sein, denn das saftig mürbe Panierstück landete in der Standardausführung auf dem Teller. Doch der kleine Service-Fauxpas stellte sich schnell als glückliche Fügung heraus. Der selbstgemachte Kartoffelsalat überzeugte nämlich auf ganzer Linie. Ei, Schnittlauch und eine feine Essignote halfen ihm geschmacklich auf die Sprünge. Das knusprig gebratene (oder frittierte) Wiener mit Zitrone gefiel durch ausreichend Würze unter dem röschen Panadeteppich.
Das Wiener mit Kartoffelsalat
Texturell war es – dem Kalbfleisch sei Dank ein – ebenfalls ein Gedicht.
Das Wiener
Und dennoch zog es optisch gegenüber der mit krosser Haut der Pfanne enthobenen Wisperforelle den Kürzeren.
The one and only Wisperforelle!
Ein regelrechter Prachtfisch, wie er da mit offenem Maul auf dem Teller lag. Lediglich mit Salz und Pfeffer gewürzt, war es das vorherige Wenden in Maismehl, was die köstliche Knusperhaut erzeugte. Frau Laquai erklärte uns bereitwillig seine Zubereitung.
Ein Prachtfisch!
Meine Frau machte sich sogleich ans Filetieren. Mir ist das meist zu viel „Fuschelarbeit“. Von den kleinen, erst im Mund feststellbaren Gräten ganz zu schweigen. Ein Probierhäppchen vom weißen Forellenfleisch ließ mich jedoch große Augen machen. Beeindruckend wie positiv sich die sehr gute Wasserqualität der Wisper auf den Geschmack der Forelle auswirkte. Hätte es sich bei diesem Leckerbissen um ein Huhn aus Frankreich gehandelt, hätte ich glatt das Label-Rouge-Siegel dahinter vermutet.
Nun gehört Neid nicht unbedingt zu meinen primären Charaktereigenschaften, aber was die Wisperforelle anging, die sich meine Frau zusammen mit ein paar Salzkartoffeln schmecken ließ, so hätte ich diese nur zu gerne auch auf meinem Porzellan liegen gehabt.
Als kleines „Trostpflaster“ ließ ich mir dann eben drei Flaschen Wein in eine Kiste packen. Der Cabernet Sauvignon war da natürlich mit von der Partie.
Besonders den zweiten Abend werden wir im kulinarischen Gedächtnis behalten. Sollte es uns mal wieder nach Lorch verschlagen, wäre ein Besuch der Weinwirtschaft Laquai genauso Pflicht wie der Abstecher am Abreisetag nach Oestrich-Winkel. Dort bei Top-Winzer Peter Jakob Kühn wurde unsere Rheingau-Mission mit ausreichend Riesling für daheim „geadelt“. Man kann ja nie wissen, ob nicht doch mal ein Weißweinzombie aus dem nördlichen Teil der Republik plötzlich vor der Tür steht.