"Abseits der Ausflugsküche wenig zu erwarten – und „hausgemacht“ heißt hier leider gar nichts"
Geschrieben am 18.09.2022 2022-09-18 | Aktualisiert am 18.09.2022
"Perfekt !"
Geschrieben am 16.08.2019 2019-08-16 | Aktualisiert am 16.08.2019
"Brunch in der Fabbrica Hattingen"
Geschrieben am 30.12.2018 2018-12-30 | Aktualisiert am 30.12.2018
Aber beim Sichten der Fotos und Bons fiel mir auch der Beleg dieses Restaurants in die Hände und ich ärgerte mich im direkten Vergleich mit diesen Erlebnissen rückblickend doch sehr über diese Leistung und daher entschloss ich mich, auch aus heutigen zeitlichen Gründen, für diese kurze Tirade: angesichts der Lobeshymnen, die folgen werden, war mir dies ein Anliegen.
Im Rahmen eines Firmen-Events bin ich hier vor zwei Wochen mit einer Gruppe von ca. zehn Personen am Abend eines schönen Spätsommertages gelandet, die bunt gemischte riesige Karte schien ein guter Kompromiss zu sein, um verschiedene Geschmäcker unter einen Hut zu bringen.
Ich kannte die gastronomisch traditionsreiche Schulenburg nicht und die Location als solche kann man nur als traumhaft bezeichnen, sei es der Ausblick, die Lage und das altehrwürdige Gemäuer, dessen wunderschöne Säle sich für Bankette und Festlichkeiten aller Art sicher bestens eignen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Schulenburg_Hattingen
Das Lokal ist als Ausflugsziel in der Gegend anscheinend sehr beliebt und dementsprechend gibt sich die Karte: etwas mediterran mit Antipasti, Pasta und Pizza, dazu Salate und Folienkartoffeln, einige Fischgerichte, breit aufgestellte Fleisch-Sektion mit Schnitzeln, Steak und wer will bekommt hier auch einen Speckpfannkuchen oder eine Kalbsleber Berliner Art – hier sollte wirklich jeder fündig werden.
Der Service an diesem Abend war neben dem schönen Ambiente ein großer Lichtblick: stets präsent, freundlich und flink gab sich das uniform gekleidete Team, dabei verbindlich und persönlich ohne oberflächliche Abnutzungserscheinungen im Umgang mit dem Gast in einer gut besuchten Ausflugslocation.
Ach, hätte ich es doch bloß so gemacht wie mein Arbeitskollege gegenüber, er nutzte den „Schnitzel Aktionstag“ und freute sich über ein Jägerschnitzel mit Pommes, das zum Preis von 10,90€ optisch einen recht gelungenen Eindruck machte und gut ankam.
Leider war mir nach diesem letzten warmen Sommertag nicht nach Schnitzel und Pommes und ich entschied mich kurzentschlossen für die „Fischplatte 12 Apostel“ (27,90€), laut Karte mit „Lachsfilet, Zanderfilet, Riesengarnelen dazu hausgemachte Kartoffelrösti, Paprika, Babyblattspinat, Aioli und Knoblauchsauce“.
„Hausgemachte Rösti“ klangen doch gut, meistens kommen sie aus der Convenience und ich freute mich auf selbstgemachte Exemplare, die mag ich nämlich sehr gerne.
Nachdem die vereinzelten bestellten Vorspeisen recht zügig auf den Tisch fanden, sollten die Hauptgerichte dann doch spürbar auf sich warten lassen, die Wartezeit hielt sich aber noch in Grenzen und ich warte lieber etwas länger auf frisch mit Sorgfalt gekochtes Essen als mit Convenience-Kost vom Fließband à la Tank und Rast „beglückt“ zu werden.
Und da wären wir schon beim Thema, als meine „Fischplatte 12 Apostel“ serviert wurde hätten die drei Rösti-Taler wohl optisch kaum lauter „schreien“ können, dass sie aus der großen TK Tüte stammen und sie sollten auch exakt so schmecken, wie sie aussehen. Eine absolute Frechheit, so etwas als „hausgemacht“ zu bezeichnen, klarer Fall von Gästetäuschung.
Fischplatte 12 Apostel
Dazu drei übergarte Garnelen von einer eher unauffälligen Sortierung (Größe) und Qualität, ein mehliges, geschmacksneutrales Stück Zander, eine ebenfalls übergarte Tranche Lachs, die oberhalb der unten liegenden Hautseite sicher eine einen halben Zentimeter dicke graue tranige, ungenießbare Schicht besaß die ihre Tranigkeit geschmacklich auf die gesamte Tranche übertrug.
Dazu sautierte Streifen Paprika, die leider auch lediglich ihren Eigengeschmack trugen und etwas Blattspinat, der zumindest etwas Knoblauch gesehen hatte und für mich das Highlight des Gerichtes darstellte, so traurig das auch ist.
Die „Knoblauchsoße“ bestand aus einem Löffelchen essigsauer eingelegten gehackten Knoblauch aus dem Glas, die nebenan geparkte, ebenfalls sehr knapp bemessene Aioli sah nicht nur aus wie Mayonnaise sondern schmeckte auch weitestgehend so, mit einer guten Aioli hatte dieses wahrscheinlich auch aus dem großen Eimer stammende Produkt nicht viel gemein.
Ernüchternd auf ganzer Linie, zumal zu einem Preis von knapp 28 Euro, wenn ich überlege was ich zu diesem Preis im Urlaub in Oberbayern, der Pfalz und im Elsass für Köstlichkeiten erhalten habe, macht mich das rückblickend doch ziemlich sauer.
Etwas skurriles Detail: jeder Teller, auch der des Schnitzels gegenüber, wurde mit etwas, dass aussah wie angedickter Rote Bete Saft aus dekorativen Gründen abgepinselt. Was bei meinem Fischteller noch halbwegs optisch funktionierte, entpuppte sich aber spätestens beim Jägerschnitzel als überflüssige Effekthascherei aus der kulinarischen Taschenspielerkiste.
Ich ließ gut die Hälfte des Tellers zurückgehen und bestellte hernach noch recht hungrig einen Apfelstrudel mit Vanillesauce. Natürlich auch hier durchweg Convenience, was ich allerdings zugegeben auch erwartet habe. Unter der schweren, batzigen Vanillesoße dann ein Stück eines sehr kompakten Strudels, man hatte Mühe, den Teig ohne Messer zu durchtrennen. Das hat nicht wirklich begeistert aber irgendwie schmeckt Apfelstrudel dann doch irgendwie immer und zumindest war ich danach satt.
Apfelstrudel
Beim Kassieren ließ ich die die junge Dame im Service wissen, dass mich der Fischteller nicht zuletzt wegen der angeblich „hausgemachten“ Rösti nicht wirklich begeistert habe und ihre freundliche Reaktion überraschte: „Steht da wirklich hausgemacht? Nein, also das sieht man ja sofort das die nicht selbst gemacht sind! Das ist ein Fehler in der Karte, danke für den Hinweis, das gebe ich sofort an die Restaurant-Leitung weiter!“
Diese zeigte sich anscheinend wenig interessiert an diesem Feedback: wie ich heute feststellte, wurde die Karte zwar geändert, allerdings nur in Sachen Preise: der Fischteller kostet nun geschlagene 32 Euro und lässt das Gebotene noch fragwürdiger erscheinen.
Die Rösti werden indes immer noch als „hausgemacht“ bezeichnet, Gästetäuschung scheint hier also zum Konzept zu gehören.
Man sollte als Gast in diesem Haus eher auf die klassische Ausflugsküche setzen und auch da keine kulinarischen Großtaten erwarten, so mein Eindruck an diesem Abend.
Eigentlich schade, an einem solch schönen Ort hätte sicher auch gute Küche jede Chance gastronomisch rentabel gelebt werden zu können. Aber bei der anscheinend verlässlich strömenden Masse an Gästen macht man es sich eben möglichst leicht, was angesichts der fast schon absurden Größe der Karte vielleicht auch nicht anders machbar ist.