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Ich war überhaupt froh, an einem Montagabend nach 20.00 Uhr noch ein gutes Restaurant zu finden und auch gespannt, wie sich die Kempinski-Gastronomie zurückmelden würde.
Ein Kellner mit charmantem tschechischen Akzent empfing mich sehr freundlich und ließ mir die Platzwahl. Alles andere wäre auch seltsam gewesen, denn in dem großen Raum verloren sich nur noch drei weitere Gäste. Dass ich mich trotzdem nicht unwohl fühlte, zeigt doch, dass die zurückhaltende Gestaltung mit cremefarbenen Wänden und Polstern und warmem Licht zwar etwas betulich, aber nicht ungemütlich wirkt. Als Kontrast dient eine durchgehend in dunkelgrauem, genopptem Leder bezogene Bank, ebenfalls dunkelgraue Paneele für indirekte Beleuchtung und die bewusst opulent gestalteten Kronleuchter.
Der Tisch war fein eingedeckt mit einem zeitgeistig hippen schwarzen Teller.
Vom Haus gibt es (zur Tageszeit erwartbar schlappes) Baguette mit Tomate-Frischkäse-Dip. Der war ganz okay, leicht. Sogar ein Amuse wird auf dem Probierlöffel gereicht: Ein Rote-Bete-Feige-Tatar gefiel süß-säuerlich, dabei ohne muffige Erdigkeit.
Angesichts der vorgerückten Stunde hatte ich nur zwei leichte Gänge gewählt: Vorweg den Pflücksalat (10,5 €) mit Kimchi-Yuzu-Dressing und einer Black-Tiger-Garnele als Supplement (zusätzliche 10,5€: Kempinski-Preise!). Und als vegane Hauptspeise die gegrillte Miso-Aubergine mit Erdnüssen und Glasnudelsalat.
Der „spritzige“ Kellner hatte derweil mein alkoholfreies Radeberger (4,5€ für 0,33l) wortwörtlich reichlich überschäumend eingeschenkt und danach Glas und Tischtuch nur mit einem Lappen lässig abgetupft. What? Diesmal brauchte es nicht einmal der sprichwörtlichen zwei, drei Sätze, sondern nur einer hochgezogenen Augenbraue und eines fragenden Blickes bis er fröhlich „Ich bringe Ihnen ein neues!“ rief. Also manchmal…
Die inzwischen servierte Vorspeise entpuppte sich als Totalausfall.
Die an sich vernünftigen, aber wenig inspirierten Blattsalate waren eiskalt. Die Tomatenviertel hart und völlig geschmacklos. Ja, ist denn schon wieder Januar? Wo man wohl im September so ausdruckslose Ware herbekommt. Beschämend für ein 5 Sterne-Haus!
Erfreulicherweise kann der Gast unter mehreren, vermutlich hausgemachten Dressings wählen, Himbeere und Parmesan sind mir erinnerlich. Neugierig hatte mich die Kimchi-Yuzu-Variante gemacht: Aus manowarisch gesagt: Die Schärfe ging ihr völlig ab. Dafür war die Säure der Zitrusfrucht, ich sag mal: Sehr, sehr "anregend". Statt einer großen Garnele fanden sich vier ausgelöste, schon gewürzte Garnelenschwänze auf dem Salat. Stark gekrümmt, sehr festes, fast schon hartes Fleisch, geschmacklich mittelmäßig. Black Tiger Garnelen hatte ich anders in Erinnerung. Machte das Desaster für 21€(!) aber komplett.
Zu diesem Zeitpunkt wollte ich nicht mehr diskutieren, sondern nur nicht hungrig ins Bett gehen.
Von der Aubergine versprach ich mir nichts mehr.
Und wurde positiv überrascht! Die gegrillte Eierfrucht kam heiß und weich, aber nicht matschig. Sehr lecker. Hauptakteurin wie auch die begleitende Ratatouille waren mit einer sehr intensiven Miso-Sauce überzogen. Aber diese Komponente war auch in der Karte prominent angekündigt worden und umami gibt gerade vegetarischen Gängen Tiefe. Zudem die zweierlei gefärbten Glasnudeln (Karotte/Rote Bete) vermutlich gewollt wenig bis gar nicht gewürzt die intensive Reduktion gut abfederten. Ausgesprochen gelungen, weil cremig auskleidend, der Erdnuss Schaum. Der Beweis, dass wohlschmeckende Saucen auch ohne Milch/Sahne gelingen.
Eine knackige Kräuter-Chifonade sorgte neben etwas Erdnussbruch für Biss und „grüne“ Akzente. Sie hätte für meinen Geschmack nur mehr Koriander vertragen, aber das ist ja immer so einer Sache. Das abschließende Topping von Reisstroh teilte das schlappe Schicksal des Baguette. Trotzdem war das ein absolut überzeugender veganer Gang, der völlig zurecht immer noch auf der Homepage des Palais angepriesen wird. Zumal 16,5€ im Vergleich als günstig zu bezeichnen waren.
Fazit zwiegespalten: Mit deutlichen Anlaufschwierigkeiten einerseits. Andererseits mit guten Ansätzen. Per Saldo eine mittlere Benotung. Zweitbesuch nicht zwingend, aber auch nicht ausgeschlossen