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Nach einem Jahr ein aktuelles Update von mir mit Licht und Schatten.
Anfahrt
Über die B1/A40 Abfahrt Hauptfriedhof in 2 Minuten erreichbar. Hauseigene Parkplätze sind vor und neben dem Gebäude reichlich vorhanden.
Ambiente
Wir betreten das ebenerdige Restaurant, das sich in einem eingeschossigen Flachdachanbau hinter dem Hotelkomplex befindet. Die WC sind über einige Stufen im Hotel erreichbar.
Hinter dem Restaurant wartet an lauen Sommertagen eine lauschige Terrasse auf die Gäste.
Die Einrichtung ist kreativ modern. Dunkles Stabparkett, überwiegend helle Wände, an denen moderne Kunst hängt. Die hohen Decken sind teilweise loftartig offen angelegt, man sieht dicke silberne Lüftungsrohre. Dazwischen hängen jede Menge großformatige helle Lampenschirme. Alles umrandet von einem grünen Lichtband. An einer der Wände hängen unter den Fenstern golden lackierte alte Heizkörper. Golden ist auch die Farbe der schweren Vorhänge vor den ebenerdigen Fenstern.
Die Bestuhlung ist unkonventionell bunt gemixt, mal gepolstert, mal ungepolstert.
Die Tische von unterschiedlichen Formaten sind teilweise mit graubeigen Tischdecken eingedeckt, teilweise sitzt man an blanken Holztischen. Alle Tische sind eingedeckt mit Besteck, Wein- und Wassergläsern, blitzweißen gestärkten Stoffservietten sowie Blumenvasen und Windlichtern.
Wir sitzen an einem der Tische mit blanker Holztischplatte und schwarzen Filzsets.
Service
Ein für uns neuer Mann im Service, Filippo P. begrüßt uns höflich und freundlich, bietet uns einen Tisch zur freien Auswahl an und verweist auf einige Tische, jedoch nicht den von uns favorisierten. Ich bin irritiert! Ich hatte einige Tage vorher telefonisch den Tisch links am Anfang des Raumes reserviert (wegen der Beleuchtung für die Fotos). Hatte man meinen Reservierungswunsch nicht notiert? Jedenfalls bekommen wir dann doch ohne Probleme den gewünschten Tisch.
Herr P. bietet uns einen Aperitif an. Ich frage nach einem Cremant. Nein, habe man nicht, nur Champagner. Wir verzichten auf Champagner. Als er das georderte Mineralwasser bringt, frage ich nach einem offenen deutschen Winzersekt. Nach einer Pause des Überlegens stammelt er was von Menger Krug. Ja, den haben wir hier doch schon getrunken! Und auf meine Nachfrage ist auch der Rosé von Menger Krug wie immer vorrätig. Also zwei Gläser Menger Krug für uns, die nach dem sichtbaren Öffnen der Flasche und dem Plopp des Korkens gut gekühlt serviert werden.
Wieder alleine am Tisch, stellen wir uns beide etwas verärgert die Frage, was das sollte. Wollte er uns sofort den teuren Champagner aufschwatzen oder kannte er als versierter Kellner in einem der besten Restaurants in Dortmund den Fachbegriff Cremant für französische Schaumweine nach Champagnermethode nicht, die qualitativ mit guten deutschen Winzersekten vergleichbar sind?
Obwohl in der Karte die offenen Weine explizit mit 0,1 l ausgewiesen sind, goss er uns ungefragt gleich 0,2 l pro Glas ein. Getränkeumsatz ankurbeln nennt man das. Das sind wir im Kikillus bisher so nicht gewohnt.
Zum Dessert wünschen wir einen Dessertwein. Kein Angebot von ihm. Ganz zum Schluss fällt ihm nur Vin Santo ein, der nicht vorrätig ist. Wir haben dann nach einem Gewürztraminer gefragt und einen aus dem Elsass vom Weingut Moritz glasweise bekommen.
Obwohl wir während unserer Anwesenheit die einzigen Gäste sind, deckt er das Besteck für den zweiten Gang falsch ein. Mein Mann bekommt meinen Suppenlöffel und ich seine Gabel und sein Messer. Anstatt ihn darauf hinzuweisen – nett wie wir sind – hätten wir das mal aussitzen sollen. Wäre viel interessanter gewesen, wann und ob er das gemerkt hätte. Vielleicht beim nächsten Mal....
Speisenkarte
Die schmale schlichte Karte präsentiert am 21.10.2015 insgesamt neun Gerichte von Vorspeisen (21-23 €) über Fisch (29 €), Fleisch (31-32 €) und Desserts (11-12 €).
Aus diesem Sortiment kann man fünf, sechs oder sieben Gänge zu einem Festpreis selber zusammenstellen. Wir wählen fünf Gänge zu 67 € pro Person.
Und die ganz Verfressenen genießen ein komplettes Neun-Gänge-Menü zu 94 €.
Im Barbereich des angrenzenden Hotels kann man neuerdings von einer kleinen separaten Karte auch einzelne abweichend von der Restaurantkarte zusammen gestellte Speisen wählen.
Das Essen
Noch vor der Bestellung der Speisen werden Amuse gereicht. Heute eine Misosuppe und parallel drei kalte Naschereien. Sehr schön. Hilft entscheidend vor dem Verhungern!
Die leicht milchige warme Misosuppe enthält Algenblätter und winzige Würfel von Tofu mit interessanten asiatischen Aromen, serviert in einer tassengroßen Schale.
Esstechnisch ist das schlecht umgesetzt, da der Service zu der Schale keinen kleinen Löffel eingedeckt hat, mit dem man die Reste von Tofu und Algen, die beim Austrinken automatisch am Boden hängen bleiben, hätte auslöffeln können. Da Herr P. nicht in Sicht ist, dient uns behelfsmäßig das kleine Brotmesser. So geht das nicht! Die Asiaten benutzen übrigens zum Herausschaufeln der festen Bestandteile Stäbchen.
Die drei kalten Naschereien entpuppen sich als
Sushi mit Avocado
Knusprige Cannelloni mit Tatar, Creme Fraîche und Kaviar
Label Rouge Lachs auf einem Reis-Chip mit Avocado
Ich probiere nur den Lachs-Chip, die anderen Häppchen überlasse ich meinem gierigen Gegenüber.
Weiter geht es mit drei kräftig schmeckenden Brotsorten, aufgeschlagener gut temperierter Butter, gutes Olivenöl und grobem Maldon Meersalz. Ein gut und schmackhaft zusammengestellter Auftakt.
Unsere gewählten Speisen
Erster Gang für beide
Ungestopfte Gänseleber | Kürbis | Sanddorn | Pistazie | Himbeere
Kühlschrankkalte feine Gänselebermousse kreisrund geformt auf einem Bett von gehackten crunchigen Nüssen. Auf der Leber eine gelierte dünne Schicht Himbeermark. Als Topp Deko-Elemente von trichterförmig gerollten feinen Scheiben von rohem Kürbis, Schwämmen vom Kürbis, Tupfern von Sanddorngelee und mittig cremiges Kürbiseis.
Eine optisch und geschmacklich feine Kreation. Nur die Süße der Himbeermasse war mir etwas zu dominant lieblich.
Zweiter Gang
Meine Begleitung wählt
Hamachi | Yuzu | Soja | Rettich
Rohe kalte Stücke von Hamachi (Gelbflossenmakrele) schwimmen in einer aromatischen Marinade aus sauer-fruchtigem Yuzusaft und salziger Sojasauce. Darauf asiatisch passend feine rohe Rettich- und Möhrenstreifen.
Eine kalter Zwischengang, der mein Gegenüber verzückte.
Ich bevorzuge
Hummer-Bisque
Unspektakulär ohne Deko, nur mit dicker Schaumhaube, kommt der orange-braune, warme Hummersud daher. Kräftig im Geschmack von angerösteten Hummerkarkassen, mit Sahne und Cognac verfeinert. Ganz bescheiden versteckt sich unter dem Schaum ein Stück köstliches, noch leicht glasiges Hummerfleisch. Bitte mehr davon!
Dritter Gang
Für meinen Mann die oben beschriebene Hummer-Bisque, die auch ihm ausgezeichnet schmeckt.
Für mich
Bretonischer Steinbutt | Broccoli | Nussbutter | Zitrusfrüchte
Auf der linken Seite des leicht tiefen Tellers liegt eine Tranche von saftig glasig gegartem Steinbuttfilet. Da der Steinbutt sehr festfleischig ist, benutze ich statt des beigelegten Fischmessers ein normales Messer zum Zerteilen.
Krümmelig schmiegt sich Nussbutter an den Butt. Jawohl, krümmelige Nussbutter, aber garantiert ohne Nüsse.
Einer der Köche hat uns mal die Herstellung verraten: Butter wird solange aufgeschäumt, bis sich etwas brauner Schaum bildet, der leicht nussig schmeckt. Die sogenannte Nussbutter. Diese wird dann aufgefüllt mit Milchpulver und so lange eingetrocknet, bis sich dieses intensiv nussig schmeckende Gekrümmel gebildet hat. Ja die Tricks der innovativen Köche!
Rechts daneben hat der Koch einen dicken Klecks Broccolipüree zu einem breiten Streifen ausgezogen und mit kleinen Broccoliröschen und dunklen Kresseblättchen dekoriert. Eine gelungene Komposition.
Vierter Gang
Mein Mann entscheidet sich für
Etouffee Taube | Kohlrabi | Boudin Noir | Schwarze Walnuss | Apfel
Die Bressetaube ist außen auf der Haut relativ kross und im Anschnitt medium rare saftig. Ein Prachtexemplar an Qualität und Gartechnik.
Drum herum flankiert von Variationen von Kohlrabi, Apfel und Walnuss von roh bis cremig.
Doch wo ist Boudin Noir? Das ist eine Blutwurst vom Schwein, die hier früher üppig zur Taube gereicht wurde.
Wir haben es kaum ausgesprochen, da flitzt ein Mitarbeiter an unseren Tisch mit einem Schälchen der pürierten Blutwurstmasse. Nööö! Teller bitte wieder ab in die Küche und Blutwurst dekorativ auf diesem platzieren!
Das geschieht dann ganz unspektakulär durch wenige Tupfer derselben.
Bis auf diese kleine Panne ein ausgezeichnetes Gericht.
Ich wähle
Iberico Schwein | Bohne | geräucherte Kartoffel | Zwiebel | Senfkörner
Das Schwein präsentiert sich als butterzart zerfallendes, geschmortes Bäckchen und als zarter, saftiger Würfel vom Bauchfleisch – umschmeichelt von einer kräftigen dunklen Demi Glace.
Begleitet wird das Fleisch von Kartoffeln in Variationen, gehäuteten grünen Bohnenkernen, kleinen halbierten auf der Schnittfläche angerösteten Zwiebeln, einem würzigen Zwiebelchutney und kleinen Buchenpilzen. Ein vom Grundsatz her deftiges Gericht fein interpretiert. Nur einen kleinen Knorpel im Bauchfleisch hatte der Koch nicht sorgfältig entfernt.
Fünfter Gang
Schokolade | Gurke | Kiwi | Kokos | Limone | Grüner Tee
Mein Mann beschreibt das so: Weiße Schokolade als Schwamm und Espuma. Dazwischen Gurkensaft, Kiwiwürfel, Limoneneis, Grünteeeis und Kokosperlen. Ein feines erfrischendes Aromenspiel.
Gewürzbanane | Ananas | Chinaeis | Koriander
Früher auf einem großen Teller serviert, wird heute ein von den Maßen kleinerer Teller gereicht, der mich zunächst irritierte. Die einzelnen Dessertelemente sind optisch weiter auseinander gezogen als früher. Soll das mehr Fülle suggerieren?
Statt darüber zu grübeln, genieße ich jetzt lieber ein kurzes Stück marinierter Banane mit dezentem Curryaroma, schmelziges Chinaeis mit Korianderaroma, feste Geleewürfel und Püree von Ananas, weiße Kokosgeleetürmchen, giftgrüne crunchige Kräuterschwämmchen und hellbraune Nusscrumble.
Dazu gehört separat gereicht ein Glas von dem, was auf dem Teller ist, in flüssiger Form.
Dieses Dessert ist in der Komposition ungewöhnlich, aber ungewöhnlich köstlich. Ein genussvolles Finale.
Zum Schluss werden uns je zwei köstliche Pralinen serviert, die ich gönnerisch meinem „süßen“ Mann überlasse.
Getränke
Menger Krug Deutscher Winzersekt brut rosé mit feiner Perlage, 0,1 l zu € 6,50
Grauburgunder trocken von Heger, Baden, 0,1 l zu € 4,00
Riesling trocken von Tesch, Nahe, 0,1 l zu € 4,20
Spätburgunder trocken, 0,1 l € 3,50
Mineralwasser 0,75 l zu 7,40
VIO Mineralwasser 0,25 l zu € 2,40
Fazit
Obwohl David Kikillus heute nicht im Hause ist, funktioniert seine Küchenbrigade. Die kleinen Mängel halte ich bei der Vielzahl der gelungenen Gänge für verzeihbar.
Anders sieht es nach meiner Meinung heute im Service aus. Kompetenz und das Umsorgen zum Wohle des Gastes fehlen. Das hat unsere Gesamtstimmung empfindlich gestört.
David Kikillus ist ein ausgezeichneter Koch, der den Ritterschlag des Michelin-Sternes konsequent anstrebt. Wir wünschen ihm von Herzen, dass es bald klappt. Der Michelin behauptet, dass nur das Essen auf dem Teller für die Beurteilungen maßgebend ist.
Wenn er wieder einen kompetenten, souveränen, erfahrenen Restaurantleiter und Sommelier findet, stimmt sicher wieder sein Gesamtpaket zum Wohle der Gäste.
NACHTRAG am 13.11.2015:
Am 12.11.2015 wurde das Restaurant vom Guide Michelin mit einem Stern ausgezeichnet.