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Es war DIE Pizzeria meiner Kindheit und später auch meiner Jugend, in der ich meine ersten Erfahrungen mit der italienischen Pizza- und Pastaküche sammeln durfte. An den Duft von Knoblauch und Oregano, der einem nach dem Passieren der Eingangstür entgegenschlug, kann ich mich noch heute gut erinnern.
13 Jahre später, ich hatte gerade meinen Führerschein gemacht, vergrößerte man sich und zog in eine ehemalige Scheune im Nachbarort Hatzenbühl, die mit großem Aufwand und viel Liebe zum Detail umgebaut und renoviert wurde. Angelo Muro ist mittlerweile in Rente. Nach 37 Gastrojahren genießt er hoffentlich seinen wohlverdienten Ruhestand. Das passierte im Jahr 2017 und viele dachten damals, es wäre das Ende des urigen Pizzaschuppens im Hatzenbühler Ortskern gekommen.
Doch es fanden sich schnell neue Betreiber und ein paar Wochen später hatten Mihaela und Constantino Catana aus Rumänien in dem kultigen Teigfladentempel das Sagen. Sie übernahmen das Lokal und die meisten Rezepturen ihres beliebten Vorgängers – zum Beispiel hat sich am legendären Salatdressing von einst nicht das Geringste geändert – gleich mit.
Stammgästen wie mir gefiel das natürlich und da die beiden auch die Qualität der Pizzen und Nudelgerichte wieder auf Vordermann brachten – der gute Angelo ruhte sich in seinen letzten Jahren doch ein wenig auf den rundgebackenen „Lorbeeren“ aus – segelt seither die kultige Pizza-Pinasse auch unter neuer Flagge in erfolgreichen Gewässern.
Die Pizzen mit ihren etwas dickeren Böden und dem saftigen Belag haben für mich etwas liebenswert Anachronistisches. Sie zählen seit vielen Jahren zu meinen persönlichen „Erinnerungsgerichten“, bei denen es ja primär darum geht, mit jedem Bissen die Vergangenheit ein wenig aufleben zu lassen. Mit dem Gaumen klappt das ja bekanntlich ganz wunderbar.
Und so verwundert es auch nicht, dass ich bei meinen drei Besuchen im Januar, März und April dieses Jahres eigentlich immer bei meinem Standard-Kindheitsfladen, der großen Pizza Calamari (11 Euro), die hier seit jeher mit panierten Tintenfischringen belegt wird, hängen blieb.
Die Pizza Calamari mit Peperoni...ein kulinarischer/s Kindheitstraum(a)
Nirgendwo sonst würde ich diesen kreisrunden „Wuchtling“ ordern, aber hier ist sie für mich geradezu obligatorisch. Meistens pimpe ich jene noch mit Knoblauch und scharfer Peperoni, was mit einem geringen Aufpreis geahndet wird, der sich jedoch lohnt.
Die Mädels vom Serviceteam sind stets sehr freundlich und legen die gar nicht mal kurzen Wege – das Lokal erstreckt sich immerhin über drei Ebenen – in flotter Geschwindigkeit zurück. Auch Kleinkinder sind hier gerne gesehen. In der extra für sie eingerichteten Spielecke lässt sich die Wartezeit aufs Essen prima überbrücken.
An der Einrichtung hat sich wenig geändert. Lediglich im Parterre hatte man Wände und Decke neugestaltet.
Das Erdgeschoss wurde stimmig renoviert
Aber die mit unterschiedlichsten Antiquitäten liebevoll ausstaffierten Räumlichkeiten versprühen immer noch genügend ländlichen Charme, um zeitlos-gemütlich zu wirken.
Ein gemütliches Eck auf der zweiten Ebene
Der gemauerte Holzofen neben dem Eingang und die rote Telefonzelle haben erfreulicherweise überdauert.
Das Preisniveau gibt sich inflationsbereinigt ohne in unverschämte Sphären vorzustoßen. Die kleine Pizza Margherita (26 cm Durchmesser) ist mittlerweile 6,50 Euro wert, während man für die große, mit Steinpilzen, Gorgonzola und Rucola belegte „Porcini“ (30 cm Durchmesser) 11,50 Euro berappen muss. Die riesige, mit Salami, Schinken, Champignons und Paprika ausgestattete Party-Pizza (23 Euro) besitzt einen gigantischen Durchmesser von 45 cm. Von ihr werden sicher auch drei Leute satt.
Die Pasta wird nach wie vor in zwei Größen, nämlich für den „kleinen“ und „großen“ Hunger, angeboten. Dabei werden die gängigen Nudelsorten mit Hilfe unterschiedlicher Saucen durchdekliniert und auch gerne „al-fornisiert“, was ein aus meiner Sicht übertrieben großes Sortiment an Teigwarentellern entstehen lässt.
Beim Fleisch- und Fischangebot wird nicht nur eifrig geschnitzelt – wozu Leute? –, sondern auch mit gegrilltem Oktopus, tomatisierten Muscheln und Garnelen sowie Lachsfilet und überbackener Dorade Royal den Meeresfrüchtlern und Grätengenossen gleichermaßen gehuldigt.
Bei unserem Besuch Anfang Januar war die Weihnachtsdeko noch präsent.
Im Gastraum ging es Anfang Januar noch so richtig weihnachtlich zu
Unsere Kleine machte da ihre erste Bekanntschaft mit der Spielecke, die sie natürlich total klasse fand. Gut, dass unser Tisch nur ein paar Meter von ihr entfernt lag. Der kurze Weg dorthin machte die Sache nämlich erheblich einfacher.
Servicechefin Mihaela Catana, die uns freundlich willkommen hieß, hatte ihren Laden gut im Griff. Ein Kindersitz wurde schnell organisiert und auch mit der Bestellung mussten wir nicht lange warten. Eine Flasche Mineralwasser der Marke „Taunus Quelle“ (0,75l für 5,50 Euro) sprudelte bald in unseren Gläsern. Ein süffig-moussierendes Viertel Lambrusco (5 Euro) war ebenfalls mit von der Partie.
Meine Frau hatte es mit den Rigatoni „al forno“ (9,80 Euro) zu tun, während mir die große Calamari-Pizza mit Knoblauch und Peperoni (inkl. dieser beiden Extrawünsche 13 Euro in totale) gegönnt war. Vorneweg sollte es „wie früher“ ein großer italienischer Salat (8,50 Euro) sein, der – so unser Plan – zusammen mit einer Portion Mini-Pizzabrötchen (1,50 Euro) verzehrt werden sollte.
Der Italo-Salat in der Totalen
Früher gab es schnödes, häufig viel zu trockenes Weißbrot „für umme“. Da waren mir die putzigen, hausgemachten Hefeerzeugnisse doch lieber, auch wenn dafür ein geringer Betrag verlangt wurde. Dass sich darüber der gemeine „Geiz-ist-Geil-Google-Rezensent“ aufregt, entbehrt jeglichen Kommentares.
Der große Italienische bestand hauptsächlich aus Eisbergsalat, der mit Sellerie- und Karottenstreifen, geriebenem Käse (vermutlich Gouda), Kochschinkenschnipsel, zwei Tomatenvierteln, grünen Bohnen sowie ein paar Eier- und Gurkenscheiben garniert war.
Der Italienische wie zu Angelos Zeiten
Das würzig-delikate Essig-Öl-Dressing schmeckte wie zu alten Angelo-Zeiten.
Der große Italienische im DetEi
Die kleinen, aber fluffigen Pizzabrötchen taugten gut zum Aufsaugen der angenehm säuerlichen Nostalgietunke. Ach damals…
Fluffige Tunkwerkzeuge
Bei den überbackenen Rigatoni wurde nicht mit Gratinkäse gespart.
Rigatoni al forno
Das wäre in dem Ausmaß gar nicht nötig gewesen, denn die Ofennudeln wurden noch leicht „al-dente“ aus der heißen Backröhre gezogen und auch die Hackfleischsauce schmeckte nach ehrlichem Handwerk und nicht nach Maggie-Fix. Gleiches galt auch für die kleine Portion Spaghetti Bolognese (8 Euro), die wir in erster Linie zu beschäftigungstherapeutischen Zwecken unserem Töchterchen bestellt hatten.
Spaghetti Bolognese
Bei den verzehrten Pizzen zeichnete sich der etwas dickere Boden durch eine angenehme Fluffigkeit aus. Die gut durchgebackenen Rundspeisen fielen vom Belag her sehr saftig aus. Bei der großzügig mit panierten Kindheitsringen belegten Calamari sorgten Knoblauch und milde Peperoni für deftig-pikante Verhältnisse. Der „Herr der Ringe“ wusste dies selbstverständlich zu schätzen.
Die Pizza Calamari (mit Knobi und Peperoni)
Ein paar Wochen später probierte ich mich an einer waschechten „Frutti di Mare“ in mittlerer Größe (10 Euro), die mit Sardellen, Muscheln, Krabben und natürlich den kreisrunden Backteigcalamari belegt war.
Pizza Frutti di Mare "My Style"
Auf ihr dominierte eindeutig die Anchovi-Würze, die einen immensen Nachdurst verursachte. Aber ansonsten war auch der kleine Abstecher in (meeres)fruchtigere Gefilde kein maritimer Fehltritt.
Bei der Einkehr mit einem Kollegen vom Schlemmerclub sah ich diesen mit seiner großen Pizza Diavolo (10,50 Euro) auf ähnlich würzigen Fladen wandeln. Bei ihm war es jedoch die scharfe italienische Salami, die das (B)Rennen am Gaumen machte.
Pizza Diavolo
Zu solch herzhaft belegten „Himmelsscheiben vom Apennin“ (Danke, AndiHa!) passt natürlich auch ein dunkles Andechser oder ein Benediktiner Helles (beide für 3,80 Euro in der 0,4l-Version), die es hier übrigens frisch vom Fass gibt, wie ich schon des Öfteren im Selbstversuch erfahren durfte.
Is(s)t man zu zweit, geht man nach einem ausreichend sättigenden Pizza- oder Pastamahl mit einem Rechnungsbetrag um die 40 Euro nach Hause. Gerne gibt man den gescheiterten Fladenaspiranten auch das letzte Viertel in Alufolie mit. Denn mit einem Stück kalter Pizza zum Frühstück fängt der Tag gleich besser an.
In die Hatzenbühler Kult-Pizzeria Da Angelo kann man definitiv wieder einkehren. Die Qualität der Speisen hat sich unter den neuen Betreibern nicht nur konsolidiert, sondern auch merklich verbessert. Die Ewiggestrigen können hier in panierten Kindheitserinnerungen auf runden Nostalgiescheiben schwelgen oder sich am Angelo-Muro-Gedächtnis-Dressing beim Italo-Salat erfreuen.
Aber auch Debütanten werden aufgrund der durchweg fairen Preisgestaltung, dem freundlich-flinken Serviceteam und dem nach wie vor sehr beschaulichen Ambiente dieses sympathische Traditionslokal sicherlich nicht unzufrieden verlassen. Und Familien mit Kleinkindern empfehle ich einen Tisch in direkter Nähe zur perfekt platzierten Spielecke im Erdgeschoss. Denn gerade beim Restaurantbesuch mit einer bewegungsaffinen Lütten im Kindersitz gilt der Satz: „Alles kann dienen!“ in besonderer Weise…