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Die Regenfälle im April und die warme Witterung hatten für diese recht frühe Mückenplage im Jahr gesorgt, was in unmittelbarer (Alt-)Rheinnähe besonders unangenehm war. Auf dem Rad war das kein großes Problem. Aber wehe, wenn man kurz anhielt…
Das ehemalige Fischerdorf Daxlanden, das bereits im Jahr 1260 urkundlich erwähnt und im Jahr 1910 zur Stadt Karlsruhe eingemeindet wurde, hat für die Einwohner der Fächerstadt eine wichtige Naherholungsfunktion.
Diverse Kleingartenvereine, das beliebte Rheinstrandbad und ein ausgedehntes Wander- und Radwegenetz rund um das Naturschutzzentrum Karlsruhe-Rappenwört und im Landschaftsschutzgebiet Fritschlach unterstreichen seine Bedeutung für Erholungssuchende.
Dass hier auch die ein oder andere gastronomische Einrichtung beheimatet ist, macht Karlsruhes grünen Südwesten für einkehrfreudige Ausflügler, Spaziergänger und Radfahrer gleichermaßen attraktiv.
Mit dem griechischen Lokal „An den Saumseen“, dem urigen Ausflugsrestaurant „Appenmühle“, dem gutbürgerlichen Wirtshaus im Jagdgrund und nicht zu vergessen der bei Fleischessern hoch geschätzten Dammwegklause ist man hier in Sachen deftiger Hausmannskost mit Sättigungsgarantie gut aufgestellt.
Aber auch Freunde bodenständiger Pizza- und Pastagerichte werden in dieser Gegend fündig. In der Osteria Carlin Contrario, die ich unbedingt mal besuchen möchte, gibt es sogar ausgefallenere italienische Spezialitäten zu entdecken.
Mich verschlug es an jenem warmen Freitagabend erstmalig in die von Renato Cusin geführte Casa Rustica. Ihr Standort direkt am Radweg neben der Hermann-Schneider-Allee animierte mich zu diesem spontanen Stopp. Auch von außen machte das Ristorante jedenfalls einen einladenden Eindruck.
Renatos Casa wirkte von außen zwar wenig rustikal, aber dennoch einladend
Wo frische Seezunge und Seeteufel von der Empfehlungstafel grüßen, wird wohl auch Pizza und Pasta gelingen, so mein Gedanke beim Betreten des im Inneren gepflegt wirkenden Lokals. Die meisten Gäste saßen draußen und kämpften mit Autan & Co. gegen die Stechmücken. Mir war das zu nervig und ich bat um einen Platz im hell beleuchteten Gastraum.
Dort summten zwar auch einige der kleinen Blutsauger um mich herum, bezahlten dafür aber meist mit ihrem Leben. Ich schaute auf diverse Fotos aus der Heimat der Betreiber, die die Wände zierten. Der Gastraum wirkte auf liebevolle Art kitschig.
Der heimatverbundene Gastraum
Ein überdimensioniertes Wandbild von der Rialtobrücke (Venedig) lasse ich mir ja noch gefallen. Aber ob eine Fototapete in Maueroptik das Interieur behaglicher macht, muss jeder für sich selbst entscheiden. Zumal das Mobiliar eher funktional-bistronomischen Charakter hatte und dadurch die Gemütlichkeit schon rein optisch massiv eingeschränkt wurde. Auch die zu helle Beleuchtung ließ jegliche Assoziationen zu einem rot-weiß-karierten Pizza-und-Pasta-Idyll im „Bahnhofslicht“ ersticken.
Gut, ich wollte hier ja auch keine Wurzeln schlagen, sondern mich in erster Linie für den Rückweg nach Wörth auf dem Fahrrad stärken. Die Jungs vom Service versorgten mich zeitnah mit der Speisenliteratur. Auch das frisch gezapfte, naturtrübe Kräusen-Bier von der heimischen Hoepfner-Brauerei (4,50 Euro) ließ nicht lange auf sich warten. Der schwer erradelte Durst wurde schnell und süffig gelöscht.
Ein frisch gezapftes Kräusen von Hoepfner kann eine Wohltat sein...
Manch einem dient bereits ein Tomatensalat mit Zwiebeln und Parmesan als Gradmesser um die Qualität eines italienischen Speiselokals zu erfassen und wortgewaltig zu beschreiben. Mein kulinarischer Indikator entstammt demselben, roten Nachtschattengewächs, nur eben in flüssiger und deutlich wärmerer Form. Die Rede ist von einer frisch pürierten (Idealfall!) Tomatensuppe (5,90 Euro), die hier mit ein paar Buttercroutons on Top serviert wurde.
Tomatensuppe mit viel Geschmack!
Jene war hervorragend abgeschmeckt (Gin?), leicht sämig und – auch dank ihrer knusprigen, in Butter gebratenen Weißbrotwürfel – ein rundum schmackiges, auch texturell gelungenes Terrinenerlebnis der fruchtig-reifen Art. Ohne zu Übertreiben, war das sicherlich mit das beste Tomatensüppchen, das ich in den letzten Jahren auslöffeln durfte.
Schöne Säure, zupackend am Gaumen, mit genau der richtigen Dosis an Würze ausgestattet. Ich sparte nicht mit Lob, was der umsichtig agierenden Servicemannschaft um den routinierten Padrone Renato sichtlich gefiel.
Aus einer Reihe verlockend klingender Fisch- und Meeresfrüchte-Empfehlungen wählte ich die Spaghetti „Vongole“ (19,90 Euro), die auch einen kleinen Beilagensalat beinhalteten. Diesen schickte die Küche zeitgleich mit der Tomatensuppe, um die ich mich zuerst kümmerte.
Der Beilagensalat bestand aus frischem Blattwerk, zu dem sich noch Cocktailtomaten (Sommer-Edition!), Gurken (braucht keiner!) und Ringe von der roten Zwiebel (overhyped!) gesellten. Das etwas zu dick aufgetragene Dressing auf Mayo-Basis erschlug dann sämtliche Zutaten in cremig-saurer Manier.
Beilagensalat mit zu mächtigem Dressing
Mir schien, dass ich den Kalorienausgleich noch vor dem Hauptgang vollzogen hatte.
Auf diesen freute ich mich trotzdem. Da ließ ich mir vom übersoßten Grünzeug nicht die Laune verderben. Warum auch? Bald duftete mir ein üppig portionierter, von geöffneten Venusmuscheln durchsetzter Nudelteller entgegen.
Spaghetti "Vongole" mit ordentlich Knobi
Mit Knoblauch hatte man nicht gespart, was dem auf fruchtiger Tomatenbasis geköchelten Sugo richtig guttat.
So mag ich Pasta mit Venusmuscheln am liebsten
Die Verwendung von Stangensellerie verlieh der mit einem Schuss Weißwein veredelten Muschelsauce zusätzlichen Schmackes. Dass dabei die Pasta noch leicht bissfest auf dem Teller landete, zeugte ebenfalls von tadellosem Küchenhandwerk. Pfeffer- und Salzstreuer konnten geflissentlich ignoriert werden. Für diesen Teller brauchte es kein zusätzliches Nachwürzen, um glücklich die Spaghetti auf die Gabel zu drehen.
Tolle Meerespasta!
Wenn ich ein italienisches Ristorante, das sich gerne auch Pizzeria „schimpfen“ darf, besuche, dann möchte ich mich gar nicht auf geschmackliche Experimente einlassen, sondern auf Altbewährtes zurückgreifen. Meistens sind ja auch meine beiden Mädels mit an Bord und die sehen das ganz genauso (mal schauen wie lange noch…). Deshalb schlagen wir auch in den allermeisten Fällen bei unseren Lieblingsadressen in Kandel, Wörth und Impflingen auf.
Dort lässt sich gewohnt leckere Italo-Kost in anständiger Qualität bei freundlichen Gastgebern genießen und das ist mir mittlerweile einfach deutlich lieber als jegliche kulinarische Abwechslung „auf Teufel komm raus“. Die kriege ich ja im besternten Gourmetlokal in Baden, Elsass oder der Pfalz – falls mir oder einem meiner Gaumenbuddies mal der Sinn danach steht – zur Genüge.
Solche sympathischen Einkehradressen wie die Casa Rustica von Renato Cusin, in denen man als Neuling genauso herzlich empfangen und professionell umwirtet wird, als würde man seit Jahren zur Stammklientel zählen, sind mir allemal eine Empfehlung wert. Wenn dann auch noch die Preise zu den handwerklich einwandfrei zu Porzellan gebrachten Speisen passen, wird es sicher nicht bei einer einmaligen Einkehr bleiben.
Komisch, seit ich in Wörth wohne, wird mir die rechtsrheinische Nachbarstadt mit dem ungeliebten Zweitligaverein zumindest aus kulinarischer Sicht immer sympathischer. Und da gibt es gerade in Daxlanden noch so einiges zu entdecken…