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„Für zwei Leute findet sich immer ein Platz“, so die Aussage der Dame vom Service am Telefon und tatsächlich hatten wir die Qual der Wahl. Im vorderen Gastraum gefiel es uns besser, weshalb wir direkt hinter der hohen Fensterfront Platz nahmen. Was uns gleich auffiel: man sitzt drinnen deutlich angenehmer, wie es von draußen zunächst den Anschein hat. Denn aufgrund seiner Außenfassade, kommt das Pasta-Lokal eher einem Küchenstudio mit integrierter Kochschule gleich. Daran ändern auch die aufgehängten, mit Pasta gefüllten Einmachgläser in der „Auslage“ sowie die raumteilend eingezogene Wand, die als überdimensionale Schiefertafel fungiert, recht wenig.
Einen Teil des Gastraumes beherbergt die offene Küche. Es gehört sicherlich zum Konzept, dass von der Einrichtung her alles etwas halbfertig wirkt. Locker und leger soll es zugehen. Da stört auch das an der Decke hängende Kabelnetz der bewusst unkonventionellen Beleuchtung eher wenig. Die nackten Glühbirnen leuchten uns das Essen. Auch sie suggerieren Reduktion aufs Wesentliche und kommen dabei locker ohne Lampenschirm aus. Ach, hier hätte es mir als Student auch schon gut gefallen!
Blanke Bistrotische mit dunkler Holzplatte, dazu die passenden Stühle mit bequemer Polsterung, verschieden farbige Kissen auf der schlicht in grau gehaltenen Wandbank, die Decke in Wolkentapete gehüllt, darunter ein schmaler, auf Kopfhöhe angebrachter und sich durch die komplette Wandseite ziehender Querspiegel, der den Raum etwas größer wirken lässt. Als Blickfänger dient die bereits erwähnte, mit Tages-, Wochen- und Weinempfehlungen beschriebene Schieferwand. Doch die meisten Blicke erntet der junge italienische Koch, der das offene Küchenareal mit kulinarischem Leben füllt. Insgesamt wirkte die Einrichtung des kleinen Lokals nüchtern funktional. Der Gast soll sich scheinbar auf das Wesentliche konzentrieren, auf sein Gegenüber. Oder doch eher auf das Essen? Jeder nach seiner Fasson.
Ein laminiertes kleines Ringbuch wurde uns gereicht. Darin befand sich eine recht übersichtliche Auswahl an Gerichten. Fünfmal Antipasti, darunter ein Rindercarpaccio (12,50 Euro) sowie ein Caprese mit Büffelmozzarella (7,80 Euro), sieben Pasta-Klassiker und drei Desserts. Das Angebot wurde ergänzt von einem dreigängigen Wochenmenü für 16,80 Euro und einer delikat anmutenden „Tagesaktion“, den Gnocchetti con Melanzane & Paprika (9,50 Euro). Mehr stand nicht geschrieben und mehr brauchten wir auch nicht. Das Menü der Woche klang vielversprechend. Rucola-Salat mit Lachs als Vorspeise, Pasta all‘ amatriciana als Hauptgang und ein Tagesdessert waren mir an diesem Tag dann doch etwas zu üppig. Ich hielt mich an die Auswahl aus dem Ringbuch.
Das Wort „frisch“ las sich darin in Zusammenhang mit den verwendeten Tomaten fast schon inflationär oft. Ich ging einfach mal davon aus, dass dies auch für die anderen Zutaten galt und orderte mit den Fettucine con Gamberi e Zucchini (12,50 Euro) das teuerste Gericht auf der Karte. Meine Begleitung entschied sich für das „Aktions-Gericht“ des Tages, die Gnocchetti mit Aubergine und Paprika. Als Vorspeise teilten wir uns den Antipasti-Teller „Fleischeslust“ (11,50 Euro). Schon allein wegen dem in der Karte abgedruckten Logo der Spitzenmetzgerei Bernd Glasstetter aus Malsch-Völkersbach musste der Lust auf feinste Wurstspezialitäten nachgegeben werden. Denn seine Produkte sind bei Sterneköchen in ganz Deutschland sehr gefragt. Besonders gespannt war ich auf seinen sagenumwobenen Camberti-Schinken.
Für das Gebotene gingen die 11,50 Euro absolut in Ordnung. Drei kleine Kugeln Büffelmozzarella hatten es sich auf ein paar Tomatenscheiben im Zentrum des Tellers gemütlich gemacht. Die „Blätter“ der „Antipasti-Blume“ bestanden aus dünn aufgeschnittenen Scheiben Pancetta, Bresaola, Salami, Parma- sowie besagtem Camberti-Schinken. Letzterer zerging förmlich auf der Zunge. Von seiner mürben Konsistenz her sicherlich der beste Schinken, den ich bisher gegessen habe. Sorry, San Daniele, hasta luego, Jamon iberico! Olivenöl und Balsamico wurde uns zusammen mit Pfeffer & Salz auf einem Holzbrett an den Tisch gebracht. Auffällig war, dass selbst bei den kleineren „Accessoires“ der Fokus auf das Produkt gerichtet war. Denn der Aceto Balsamico von Varvello gehört nicht gerade zu den minderwertigen Vertretern der Gattung Balsamessig.
Nach der gelungenen Vorspeise kamen recht zeitnah unsere Pasta-Teller. Schön fand ich, dass die Servicedame beim Wegtragen der geputzten Antipasti-Platte bei uns nachfragte, ob es denn mit den Hauptgerichten weitergehen könne. Das wird auch nicht in jedem Lokal so praktiziert. Meine Fettucine mit Garnelen sahen ansprechend aus und dufteten angenehm mediterran. Die Nudeln waren vielleicht einen Tick zu weich geraten. Schade, denn die hier benutzten Pasta-Preziosen stammen allesamt aus dem Traditionshaus „Rummo“, einer über 150 Jahre alten italienischen Manufaktur, die durch besonders schonende Zubereitung außerordentlich hochwertige Pasta herstellt. Das fehlende „Al-Dente-Erlebnis“ konnte jedoch den aus frischen Zutaten bestehenden Sugo aus Zucchini, Tomaten und Garnelen geschmacklich nicht schmälern. Frische, die man schmeckte – um es auf einen kurzen Nenner zu bringen.
Bei den Mini-Gnocchis meiner Begleitung handelte es sich um sardische Malloreddus (auch als „Gnocchi sardi“ bekannt). Die kamen jedoch nicht „alla campidanese“ mit würzigem Pecorino-Käse, deftiger Salsiccia und aromatischer Tomatensauce auf den Teller, sondern mit einem eher zurückhaltend gewürzten Auberginen-Paprika-Sugo. Dem Pasta-Teller hätte etwas mehr sardische Würze gut gestanden, war aber handwerklich gut zubereitet.
Zusammen mit einer Flasche Mineralwasser (Bad Dürrheimer Classic für 4,90 Euro den Dreiviertel-Liter) kamen wir am Ende auf knappe 40 Euro, was vom Preis-Leistungs-Verhältnis her noch ok geht. Kleinere Schwächen bei der Pasta wurden vom freundlich und aufmerksam agierenden Service und dem betont ungezwungenen Umfeld locker wettgemacht. Für die Karlsruher Nudel-Fraktion sicherlich eine Bereicherung zumal die Produktqualität hier stimmt. Dafür steht Jörg Hammer mit seinem guten Namen ein.