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Die Geschichte in Kurzform:
Eine Schauspielerin und eine Betriebswirtin, beide mit türkischen Wurzeln, lernen sich beim Feiern kennen und verwirklichen kurze Zeit später ihren Traum vom eigenen Restaurant. Einen geeigneten türkischen Koch findet man nicht, man möchte sich hier deutlich von den Läden im 70-er-Jahre-Style unterscheiden. Letztendlich nimmt man einen deutschen Koch mit kulinarischen "Türkischkenntnissen" unter Vertrag, mit Unterstützung von 3 türkischen Hausfrauen, diese sollen hauptsächlich für die Vorspeisen zuständig sein, warum nicht?
Samstagabend, ich habe vorsichtshalber von zu Hause per Mail einen Tisch für 3 Personen um 19.30 h reserviert, die freundliche Bestätigung erfolgte unverzüglich. Wir waren pünktlich, eine Reservierung lag anscheinend nicht vor, schließlich fand sich doch ein Kärtchen mit unserem Namen am "Katzentisch", ein kleiner 2-er Tisch, sehr ungünstig direkt an der Garderobe gelegen. Warum reserviere ich eigentlich rechtzeitig? Ich bat eine von zahlreichen weiblichen Servicekräften um einen größeren Tisch, leider nicht möglich, alles ab 20.00 h belegt, keine Chance. Na klasse, erstmalig an diesem Abend kam mir der Gedanke der "Betriebswirtschaftlichkeit" in den Sinn.
Wir studierten die bereitliegenden Karten. Purismus schön und gut, mag ich wirklich aber dann auch bitte schön gemacht und die Getränkekarte nicht in Form einiger loser zusammengetacketer DinA4-Blätter. Die Speisekarte präsentierte sich im DinA5-Format, die losen Blätter gelocht und durch eine kleine goldfarbene Kette mit 2 Glaskügelchen "sehender Augen" sowie einer Sicherheitsnadel zusammengehalten. Nun ja, vermutlich hat man hier aufgrund der ständig wechselnden Speisen eine sehr kostengünstige Variante gewählt.
Unsere Getränke, Afri-Cola 0,2 l zu 2,40 € und ein Glas türkischer Weißwein Terra Narince 0,2 l zu 5,90 € kamen recht flott an den Tisch, statt einer Flasche Efes wurde versehentlich Pilsener Urquell geliefert, der Austausch erfolgte allerdings recht schnell.
Wir bestellten vorsichtig 4 Vorspeisenschälchen zu 8,50 €, wohlwissend, dass die Portionen in anderen orientalischen Restaurants oftmals mehr als ausreichend ausfallen. Hier erwies es sich als sehr grober Fehler, Mini-Schälchen mit jeweils einem knappen Esslöffelchen Humus, Schafskäse-Dip, Cacik und Lauch-Salat. Sehr köstlich, wir haben selten so gute orientalische Vorspeisen gegessen. Humus, perfekt in Geschmack und Konsistenz, ebenso der Schafskäse mit Paprikapüree, Cacik mit etwas Dill und der Lauchsalat mit leicht knackigen Möhren und einem sehr gut gewürzten Tomatensud, handwerklich wirklich klasse gemacht - 5*.
Dazu gab es ein Körbchen mit insgesamt 8 hauchdünnen Scheibchen Fladen- und Baguettebrot, betriebswirtschaftlich wieder bestens
durchdacht.
Wir bestellten eine extra Portion Brot, die uns mit 1,50 € in Rechnung gestellt wurde, aber dafür auch etwas reichhaltiger ausfiel.
Der türkische Weißwein konnte nicht so überzeugen, ich wählte daher noch ein Glas Rose Farnese Fantini 0,2 l zu 4,60 €, für meinen Mann sollte es noch ein Efes sein. Die Getränkekarte bietet eine gute Auswahl von offenen türkischen Rotweinen.
Unsere Hauptspeisen: Mein Mann wählte die "Saftig gebratenen Lammkoteletts mit hauseigener Marinade, Tomatenragout mit Spitzpaprika, Schalotten, Oregano und Butterreis" zu 17,90 € sein....eine sehr gute Küchenleistung, 3 kleine saftige Koteletts, Qualität und Würze perfekt, das Tomatenragout ebenfalls bestens abgeschmeckt, dazu ein Häuflein Butterreis - 4*. Als Kinderportion wirklich ideal, gute Esser haben hier die Gelegenheit einige der sehr verlockend klingenden Vorspeisen zu kosten. Meine "Jumbogarnelen in einer aromatischen Kräuter-Buttersauce mit Paprika und Champignons abgeschmeckt mit Petersilie, Thymian, Dill und Zitrone" zu 18,50 € konnten geschmacklich überzeugen, die Garnelen einen Tick zu fest, die Champignons sehr frisch und nur kurz gegart, in der kräuterwürzigen Sauce fanden sich zudem ein paar Kapern, sollte man evtl. auf der Karte vermerken, nicht typisch türkisch, eher neu interpretiert. Ein leckeres kleines Gericht, würde sich allerdings mengenmäßig eher als Vorspeise eignen. Brot wurde hierzu nicht gereicht, kam erst nach zweimaliger Erinnerung an den Tisch, 4 Ministückchen im Hauchschnitt - 3,5*.
Ich hatte noch genügend Platz für ein Dessert - "Luftige Mousse aus Joghurt mit süßem Tomatenkompott mit extravaganter Fruchtnote" zu 4,50 €, welches seiner Beschreibung mehr als gerecht wurde und zu diesem Preis auch anständig bemessen war, perfekte süß-säuerliche Kombination - 5*.
Wohlfühlfaktor: Wenn ich nun behaupten würde, der Laden war völlig ausgebucht und der Geräuschpegel recht hoch, so würde ich stark untertreiben. Nein, im sehr engen Eingangsbereich tummelte sich zudem kontinuierlich ein Grüppchen von 4-8 wartenden Gästen, teilweise auch an der Garderobe an unserem Tisch. Das Restaurant scheint sich innerhalb von kürzester Zeit zum Prenzlauer-Szene-Laden gemausert zu haben, das Geschäft läuft, sehr leckeres Essen, die Preise sind recht ambitioniert und die Portionen sehr klein.
Das ungewöhnliche Ambiente muss man mögen, ich mag das generell, allerdings wirkt der Gastraum überfüllt, 2 oder 3 Tische weniger wären wünschenswert, aber hier wurde jeder Zentimeter genutzt, die etwas beleibteren Gäste hatten Schwierigkeiten auf ihren Platz an der Wand zu gelangen. Ein sehr erfolgreiches Konzept der Gastronomen, wir haben uns als Gast nicht sehr wohl gefühlt. Ein Vergleich zu einem Besuch unter der Woche wäre vielleicht interessant.
Auf der Homepage findet man sehr schöne Fotos, die einen guten Eindruck vermitteln, ein großer 8-er Tisch direkt hinter der Eingangstür, den ehemaligen Loungebereich auf einem Podest am Ende des Gastraumes gibt es nicht mehr, dafür stehen hier jetzt auch dicht an dicht 3 Tische.
Die ständig wechselnden weiblichen Servicekräfte waren zurückhaltend freundlich und wirkten überfordert, ich habe türkische Gastfreundschaft in anderen Restaurants oder bei Freunden viel herzlicher erlebt.