Kochen ist für mich eine Freude. Essengehen eine Leidenschaft. Das muss nicht immer auf höchstem Niveau sein. Auch ehrliche Hausmannskost oder kleinere Leckereien aus aller Welt können kulinarisch den Tag erhellen. Bei Restaurant-Kritik habe ich dann auch am "Darüber-Schreiben" gefallen gefunden. Der Wechsel zu GastroGuide eine logische Folge nach all der negativen Entwicklung dort. Als Südpfälzer kenne ich mich in der dortigen Gastrolandschaft auch ein wenig aus, bin aber immer froh, wenn ich über regionale Tellerränder schauen kann. Die asiatische Küche hat es mir dabei besonders angetan.
Kochen ist für mich eine Freude. Essengehen eine Leidenschaft. Das muss nicht immer auf höchstem Niveau sein. Auch ehrliche Hausmannskost oder kleinere Leckereien aus aller Welt können kulinarisch den Tag erhellen. Bei Restaurant-Kritik habe ich dann auch am "Darüber-Schreiben" gefallen gefunden. Der Wechsel zu GastroGuide eine logische Folge nach all... mehr lesen
Bewertungs-Statistik
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Besucht am 06.08.2016Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 49 EUR
Manchmal ist es sogar von Vorteil, wenn man die Rezensionen von Kollegen im Vorfeld eines Besuches gar nicht gelesen hat. Man ist im Kopf ein wenig freier und in der Urteilsfähigkeit in keinster Weise „vorgeschädigt“. Umso bestätigender dann, wenn man im Nachhinein liest, wie andere in etwa die gleichen Erfahrungen vor Ort machten, wie man selbst. So geschehen letzten Samstag beim Haardter Winzer, einem ambitioniert geführten Neustadter Weinrestaurant, das von meinem daueressenden Gastroguide-Kollegen aus der Quadratmetropole am Rhein im August letzten Jahres besucht, gewogen und für zu leicht befunden wurde.
Da es ein Spontanbesuch nach einer ausgiebigen Rundwanderung (Neustadt – Wolfsburg – Weinbiet – Neustadt) war, wir parkten auf dem „Wanderparkplatz“ quasi direkt vor dem Lokal, hatte ich keine Vorinformationen eingeholt. Lediglich der Name „Haardter Winzer“ klebte mir aufgrund eines Artikels im „Pfälzer Restaurantführer“ am hinteren Bereich des Gaumens fest. Für mich also ein bis dato weißer Fleck in der gastronomischen Landkarte Neustadts und Umgebung.
Als wir kurz vor 18 Uhr, der offiziellen Öffnungszeit, die lauschige Weinterrasse vor dem ehrwürdigen Klinkerbau am Fuße des Haardtrandes betraten, wurden noch fleißig Tische eingedeckt und Reservierungsschilder von Tisch A zu B und zurück geschoben. Die Tochter (?) der Inhaberin Ulrike Paul, Frau Theresa Moser, hatte an diesem Abend alle Hände voll zu tun, um den Überblick zu bewahren. Ihre beiden Gehilfinnen, die noch ein wenig Zeit zur Volljährigkeit hatten, mussten erst mal instruiert werden. Wir fragten höflich nach, ob denn noch Plätze frei wären und rechneten eigentlich mit einem mitleidigen Kopfschütteln, nachdem wir den Offenbarungseid in puncto Reservierung leisteten. Die Juniorchefin schaute in ihrem dicken Kalender für Voranmeldungen nach und siehe da, uns wurde ein ziemlich zentral gelegener Platz inmitten der wunderschön angelegten Terrasse zugewiesen.
Dann war zunächst großes Schirmaufspannen angesagt, denn die Abendsonne knallte noch heftig. Binnen einer halben Stunde füllte sich der Außenbereich zusehends. So manches ältere Pärchen nutzte die Verwirrung der Aushilfskräfte schamlos aus und setzte sich ungeniert auf bereits reservierte Plätze. Dieses „Haardter-Winzer-Chaos“ wurde erst durch die Serviceleiterin souverän gemeistert, indem sie den (völlig zu Unrecht) verärgerten Senioren auf freundlich dezidierte Art und Weise mitteilte, dass für sie hier leider kein Stuhl mehr frei ist. Freundlich, aber bestimmend, so trat sie an diesem Abend des Öfteren auf. Musste sie wahrscheinlich auch, denn ihre beiden Service-Rookies bedurften ihrer führenden Hand. Unterstützt wurde sie von einem jungen Mann, der vornehmlich hinter dem Tresen für gefüllte Gläser sorgte, aber sich dann und wann auch als Bedienung hervortat.
Unser erster Eindruck von diesem jungen Team: die geben sich richtig Mühe. Zudem macht der mediterran angelegte Weingarten einen sehr gepflegten Eindruck und vermittelt regelrecht Urlaubsgefühle. Der Besuch der Sanitäranlagen glich einer Wohltat. Die waren einfach von der Sauberkeit und ihrem Erscheinungsbild her kaum zu toppen. Die vom „Monnemer“ bereits erwähnten Stoffhandtücher findet man bei dieser Art von Gastronomie auch nicht an jeder Ecke. Da macht man schon mal vieles richtig und schafft so die Grundlage für ein Wohlgefühl beim Gast.
Ich schaute mich im Inneren des Lokals ein wenig um und staunte nicht schlecht über die geradlinig schicke Einrichtung der distinguiert wirkenden Räumlichkeiten. Dunkles Holzmobiliar, sparsam eingesetzte Deko auf den Tischen, raumteilende Elemente, dezente Strahlerleuchten an der Decke, ein Spiegel mit Goldrahmen als Blickfang. Bei der Einrichtung wurde scheinbar sehr viel Wert auf Stil gelegt. Dass dies leider etwas zu Lasten der Gemütlichkeit geht, möchte ich an dieser Stelle nicht verschweigen.
Doch wir saßen draußen und machten es uns so gemütlich wie es nur ging, denn der große Andrang hinterließ so manche olfaktorische Beeinträchtigung. Direkt neben uns saß eine Gruppe älterer Herrschaften, unter denen eine Dame am Tisch brutal eingedulft vor sich hin stank, dass einem ihre Überdosis „Eau de Provocateur“, einem wirklich fies in der Nase stechenden „Nuttendiesel“, fast schon das Essen versaute. Und ja, wir saßen nun mal unter freiem Himmel und da darf selbstverständlich geraucht werden. Aber in Verbindung mit solch ekelhaften Nebendüften, war auch dieser nur schwerlich zu ertragen.
Die abwechslungsreiche und dennoch sehr kompakte Speisenkarte offenbarte ein völlig ausreichendes Angebot an Leckereien. Ein halbes Dutzend Vorspeisen, um die 10 Hauptgerichte und ein paar Desserts, das war’s. Das Ganze mit Bedacht zusammengestellt, so dass die verschiedensten Geschmäcker bedient werden. Die Karte las sich auffallend saisonal und strotzte demnach nur so vor leichten Sommergerichten. Die Preise lagen im „Normbereich“ besserer Pfälzer Landhausküche. Das Argentinische Rib Eye Steak mit mediterranem Gemüse und einem Kartoffelspieß (sah gut aus!) markierte mit 21,90 Euro das teuerste Gericht auf der Karte. Schön, dass auch ein Pfalzklassiker früherer Tage, die gebratene Dosenbratwurst mit Spiegelei und Bratkartoffeln (inkl. Salat für faire 11,90 Euro) die Freunde kulinarischer Nostalgie bedient. Doch die eigentliche Besonderheit im „Haardter Winzer“ ist der kulinarische Einfluss Österreichs, der sich in Form von Pongauer Spinatknödeln, Salzburger Zwiebelrostbraten und Wiener Kalbsschnitzel in der Karte widerspiegelt.
Dieser Einfluss setzt sich selbst bei der Weinkarte fort. Mit dem Grünen Veltliner und dem Zweigelt sind gleich zwei Weine aus Niederösterreich darauf vertreten. Bei den offenen Weißweinen setzt man ganz auf die Qualitäten aus der unmittelbaren Haardter Nachbarschaft, während die glasweise ausgeschenkten Rotweine hauptsächlich vom Weingut Castel Peter aus Bad Dürkheim und vom Weingut Jürgen Heußler aus Rhodt u. d. Rietburg stammen. Preislich oszillieren die Preise fürs Viertel zwischen 3,40 Euro und 6,90 Euro, was bei dem Gebotenen auch völlig ok geht. Daneben sorgt eine nette Auswahl an Aperitifen (Winzersekt in diversen Variationen, Campari, Sherry, Martini, Gin Tonic) für einen gelungenen Auftakt.
Den hatten wir in Form von einer Minestrone (5,90 Euro), die es auch als Mini-Portion in der Espressotasse gab sowie einem kleinen Vorspeisensalat mit leckerer Mango-Vinaigrette, gerösteten Kernen und Croutons (3,90 Euro). Geordert hatte ich ja eigentlich die kleinere Suppenvariante, was wahrscheinlich fehlerhaft vom Service notiert bzw. weitergegeben wurde. Nicht schlimm, denn die „Normalversion“ war von der Menge her auch recht überschaubar. Schade nur, dass sie zu viel Salzwürze abbekommen hatte. Dadurch wurden die darin schwimmenden, frischen Gemüseschnipsel (Zucchini, Karotten, etc.) zu geschmacksneutralen Nebendarstellern degradiert. Durch die etwas zu lange gekochten, leicht matschigen Reisnudeln konnte ich diesen „Gruß aus Italien“ nur schwerlich erwidern. Und ehrlich gesagt erschienen mir knappe 6 Euro für das Gebotene schon etwas hochgegriffen. Da habe ich im Hubertushof zu Ilbesheim für das gleiche Geld aber eine wesentlich raffinierter zubereitete Minestrone gegessen.
Der kleine Salat meiner Begleitung sah anständig aus und ich freute mich, dass mein Hauptgang, das Wiener Kalbsschnitzel mit Pommes frites und Preiselbeeren (18,90 Euro), auch einen solchen beinhaltete. Die Dame an meinem Tisch bestellte den Haardter Winzer Wrap, der mit Fetakäse, Gurke, Tomaten und knusprigem Bacon gefüllt war (10,90 Euro). Trotz des Großbetriebs am Samstagabend waren die Wartezeiten für das Essen absolut im Rahmen. Der Service zeigte sich sehr bemüht und kümmerte sich rührend um das „junge“ Gastgemüse (tatsächlich alle unter 100!).
Was meine Suppe an Würze zu viel abbekam, hatten meine beiden Schnitzelchen (jedes von ihnen geschätzte 100 Gramm) zu wenig erhalten. Sie kamen zwar traumhaft zart geklopft auf den Teller und waren in einer Pfanne voll guter Butter (oder Butterschmalz) gebraten, konnten aber geschmacklich nicht so recht überzeugen, da gerade bei diesem Gericht der richtig dosierte Einsatz von Salz und Pfeffer vor dem Panieren eine große Rolle spielt. Das sind sicherlich Kleinigkeiten, die aber später ihre Wirkung nicht verfehlen. Und bei einem Gericht knapp unter der 20-Euro-Grenze sollte das, was vor einem liegt, dem ambitionierten Preisanspruch auch Rechnung tragen. Übrigens, auch meinen kleinen Beilagensalat hätte ich mir etwas knackiger und frischer gewünscht.
Der Teller mit den beiden aufrecht stehenden Wraps wirkte auf mich etwas uninspiriert und meine Begleitung ärgerte sich auch ein wenig, dass sie nicht die Basilikum-Gnocchi mit Tomaten und Büffelmozzarella (11,90 Euro) gewählt hatte. Die machten, zumindest vom äußeren Erscheinungsbild zu urteilen, deutlich mehr her.
Als begleitende Weine entschieden wir uns für den Grünen Veltliner sowie die weiße Cuvée Fleur vom Haardter Traditionsweingut Weegmüller (beide um die 3 Euro fürs Achtel). Beides anständige Vertreter der Gattung Sommerwein und sehr gut trinkbar. Für die Flasche Mineralwasser (0,7 l) wurden 3,50 Euro berechnet, was ebenfalls ein „Normalpreis“ in dieser Restaurantkategorie darstellt. Der kleine Fehler, der sich in unsere Rechnung einschlich – der Aperitif „Erdbeer-Royal“ vom Nachbartisch befand sich irrtümlicherweise darauf – wurde ohne viel Aufhebens sofort korrigiert.
Schade, dass unter den wirklich guten Rahmenbedingungen (Ambiente, Service, kulinarische Ausrichtung) das Wichtigste, nämlich die geschmackliche Substanz der Gerichte auf dem Teller nicht ganz mithalten konnte. Das schmeckte teilweise recht ideenlos und langweilig. Natürlich hat der „Haardter Winzer“ einen Namen in der Region und viele Touristen finden gerne den Weg hier her. Aber etwas mehr sollte der Gast für sein Geld schon bekommen. Im gar nicht so weit entfernten Örtchen Gimmeldingen klappt das ja auch.
Manchmal ist es sogar von Vorteil, wenn man die Rezensionen von Kollegen im Vorfeld eines Besuches gar nicht gelesen hat. Man ist im Kopf ein wenig freier und in der Urteilsfähigkeit in keinster Weise „vorgeschädigt“. Umso bestätigender dann, wenn man im Nachhinein liest, wie andere in etwa die gleichen Erfahrungen vor Ort machten, wie man selbst. So geschehen letzten Samstag beim Haardter Winzer, einem ambitioniert geführten Neustadter Weinrestaurant, das von meinem daueressenden Gastroguide-Kollegen aus der Quadratmetropole am Rhein im August... mehr lesen
Haardter Winzer - La Cucina Mediterranea
Haardter Winzer - La Cucina Mediterranea€-€€€Restaurant, Ausflugsziel06321 9545008Mandelring 7, 67433 Neustadt an der Weinstraße
3.0 stars -
"Schickes Weinrestaurant mit einem ungewöhnlichen Küchenmix, dem es etwas an kulinarischer Substanz und Finesse fehlte" marcO74Manchmal ist es sogar von Vorteil, wenn man die Rezensionen von Kollegen im Vorfeld eines Besuches gar nicht gelesen hat. Man ist im Kopf ein wenig freier und in der Urteilsfähigkeit in keinster Weise „vorgeschädigt“. Umso bestätigender dann, wenn man im Nachhinein liest, wie andere in etwa die gleichen Erfahrungen vor Ort machten, wie man selbst. So geschehen letzten Samstag beim Haardter Winzer, einem ambitioniert geführten Neustadter Weinrestaurant, das von meinem daueressenden Gastroguide-Kollegen aus der Quadratmetropole am Rhein im August
Geschrieben am 07.08.2016 2016-08-07| Aktualisiert am
07.08.2016
Besucht am 04.08.2016Besuchszeit: Mittagessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 33 EUR
Was verschlägt zwei Südpfälzer in den knapp 800 Einwohner zählenden Weinort Einselthum im Donnersbergkreis? Nun, der Ort liegt in der Nähe der Weinbaugemeinde Zellertal, dem nordwestlichsten Weinanbaugebiet der Pfalz. Und dort an der Grenze zur benachbarten rheinhessischen Weinregion, tut sich dank aufstrebender junger Winzer, wie beispielsweise den Brüdern Georg und Stephan Schwedhelm oder dem Neuling Christopher Full, so einiges in Sachen Ausbau sauleckerer Gewächse. Selbst Meiningers Weinwelt hat erkannt, dass das Zellertal eine Weinregion darstellt, „in der richtig Bewegung ist“. Grund genug also dort mal hinzufahren und sich das Ganze aus der Nähe zu betrachten.
Gesagt, getan. Letzte Woche war es soweit. Mit ein wenig Vorinformation aus dem „www“ im Rucksack wollten wir zuerst eine kleine Wanderung auf dem Zellertalweg unternehmen, dann irgendwo zum Essen einkehren, um eine möglichst gute Basis für anschließende Verkostungen bei diversen Winzern vor Ort zu haben. Die Wanderung führte vom Ortsteil Zell, der durch seine Uralt-Weinlage „Schwarzer Herrgott“ einen gewissen Bekanntheitsgrad bei Insidern genießt, immer der Pfrimm entlang über Harxheim nach Albisheim und über das Örtchen Einselthum wieder zurück nach Zell. Eine ca. 12 km lange Rundtour, bei der uns besonders die Klimagunst dieser Gegend auffiel. Und tatsächlich wirkt sich das westlich vorgelagerte Nordpfälzer Bergland (mit dem Donnersberg als höchster Erhebung), sehr günstig auf die dortigen klimatischen Bedingungen aus. Die West-Ost-Ausrichtung des Tales gilt zudem als Garant für viele Sonnenstunden. Zudem besitzen die Böden des ehemaligen Meeresbeckens fruchtbare Kalk- und Tonmergelschichten, die das Gedeihen mineralischer Weißweine fördern.
Soweit der kleine Exkurs, um die Hintergründe unserer „Zellertal-Tour“ besser einordnen zu können. An jenem Donnerstag hatte das erste Haus am Platz, das „Hotel Kollektur“ in Zell, seinen Ruhetag. Die von außen sehr urig wirkende Weinstube „Zum schwarzen Herrgott“ hat nur am Wochenende geöffnet und die Gutsschänke „Alte Brennerei“ im Nachbarort Mölsheim hatte ebenfalls geschlossen. Uns gingen also langsam die Alternativen aus. In Einselthum hatte „Weller’s Weinhäusel“ an diesem Tag ab 11.30 Uhr durchgehend geöffnet. Das passte ganz gut, da wir nicht wussten, wie lange wir unterwegs sein würden.
Gegen 13.30 Uhr trafen wir dort ein und hatten ordentlich Hunger mitgebracht. Die einzige geöffnete gastronomische Anlaufstelle weit und breit (die „Biber-Sauna“ im benachbarten Albisheim mal ausgenommen) – und das in einer Weingegend. Das wäre in der Südpfalz natürlich anders. Aber egal, andere Weine – andere Sitten. Wir betraten das seit 1888 von der Familie Weller betriebene Weinhäusel, das neben der Gaststätte ein Weingut, ein Weinmuseum und neun Gästezimmer beherbergt. „Mit em Häusel hat alles angefangen“, liest man auf der Internetseite und kann sich die Expansionsgeschichte dann selbst zusammenreimen.
Doch das schlichte Fachwerkhaus scheint seine besten Gastro-Jahre schon einige Zeit hinter sich zu haben. Nachdem wir vom Hausherr etwas nonchalant begrüßt wurden, setzten wir uns in den Gastraum, der irgendwo zwischen Weinbeiz und Stammtischkaschemme einzuordnen war. Lediglich vier Tische und ein Thekenbereich, an den sich die dahinter liegende Küche anschloss, waren auszumachen. Über einen Durchgang gelangte man zu einem wesentlich größeren Gastraum, der bei Hochbetrieb oder beim Besuch größerer Gesellschaften ins Spiel zu kommen schien. Oben über der Theke ein Gastro-Mantra älterer Tage: „Das Beste nur aus Küch‘ und Keller, gibt es hier im Gasthaus Weller.“ Na, das kann ja noch heiter werden, dachte ich mir….
Etwas weiter rechts hing über dem Stammtisch ein ausgebreiteter Schal des 1.FC Kaiserslautern, dem Pfälzer Traditionsclub, der scheinbar ähnlich wie das Weinhäusel eben nur noch von dieser lebt. Eine verblüffende Koinzidenz, die mir allerdings erst später in den Sinn kam. Ansonsten war das Innere vom Stil her in den 70ern hängen geblieben. Einfach gehaltene Holzbestuhlung, Eckbänke und Tische im Look früherer Tage. Nicht nostalgisch, sondern eher anachronistisch wirkend.
Ein eher flapsiger Umgangston machte hier die Musik und so mussten wir erst mal erklären, was uns Südpfälzer denn hier in die nördlicheren Lagen verschlagen hatte. Keine Ahnung, was die Stammkundschaft über die beiden Südpfälzer-Wandervögel dachte, aber es muss schon reichlich seltsam gewirkt haben, da einer von ihnen gleich mal ein Bier bestellte. Das war ich. Ich wusste, dass wir heute noch so einige Gläser guten Rebsaftes zu uns nehmen würden, daher die ungewöhnliche Order. Das Bier stammte ebenfalls von einem Weller, nämlich aus der Brauerei Weller aus dem mittelfränkischen Ort Erlangen. Ich goss mir das rotblonde untergärige Vollbier ins Glas. Es war aber leider weder süffig, noch köstlich, wie es auf dem Beipacketikett angepriesen war, sondern schmeckte irgendwie sauer. Und tatsächlich „wie sauer Bier“ vegetierten wohl auch die Flaschen schon eine Weile im Weinhäusel vor sich hin. Ein Blick auf das Etikett auf der Rückseite ließ keine Zweifel. Das Bier war schon seit April dieses Jahres nicht mehr haltbar.
Ich wies das freundliche, aber ahnungslose Fräulein vom Service auf diesen Umstand hin und ging geläutert zu Wein über. Eine Weißburgunder Spätlese von der Einselthumer Lage Klosterstück wurde mir als gutes Viertel kredenzt. Preislich war dieser gutseigene Tropfen im Rahmen, geschmeckt hat er mir jedoch nicht. Alt und muffig in der Nase, leicht oxidativ und außerdem ohne jegliche Säure oder Mineralik. Sprich: ein recht belangloser Weißer, den ich dennoch trotzig in mich hinein kippte. Ich setzte einfach auf die Schwere der hier angebotenen Hausmannskost, die das in meinem Magen schon regeln würde.
Und so entschied ich mich für den Pfälzer Teller (10,80 Euro), der vielleicht hier an der unmittelbaren Grenze zu Rheinhessen noch besser schmecken müsste als anderswo. Mein Kollege, ehemaliger Teilzeitvegetarier und mittlerweile Fan deftiger Pfalzküche, orderte die Saumagenscheiben (8,80 Euro) aus der wirklich vegetarierfeindlich zusammengestellten Carnivoren-Bibel. Neben den Winzergerichten, die bis auf Hand- und Winzerkäse allesamt Fleischiges auf den Teller brachten, beinhalteten die eigentlichen Hauptgerichte das komplett panierte Schnitzelprogramm, diverse Rumpsteakvarianten, deftige Pfälzer Brotzeiten bzw. Vesper, einige Alibi-Flammkuchen sowie eine knappe Handvoll Geflügeliges. Das in dieser Gegend scheinbar zum gastronomischen Kulturerbe gehörende „Hähnchen im Winzerkittel“ (= im Weinteig) war natürlich auch vertreten.
Mein Kollege bestellte zu seinem Saumagen noch einen Beilagensalat, der mit Fertigdressing leider recht fantasielos angemacht den Weg auf unseren Tisch fand. Unsere Hauptgerichte trafen kurz vorm „Sturm auf das Weinhäusel“ durch einen Bus voller Rentner auf Kaffeefahrt ein.
Mein „Dreigestirn“ bestand aus einer kleinen Scheibe Saumagen, einer stattlichen Bratwurst, einem mit brauner Soße überzogenen Leberknödel, einer anständigen Portion Weinsauerkraut sowie einem von der Konsistenz her etwas zu flüssigen Kartoffelbrei, den sie hier „Grumbeerstampes“ nannten. Warum um alles in der Welt wurde der „Grumbeerbrei“ (wie wir sagen) mit Sahne bis zur geschmacklichen Unkenntlichkeit gestreckt? Keine Ahnung, vielleicht war nicht mehr genug da für zwei Portionen. Das Sauerkraut hatte ausgiebig in Riesling gebadet, das schmeckte man. Meine Saumagenscheibe war eigentlich ungenießbar. Total salzig und überwürzt. Weit weg von Referenzsaumägen à la „Pfälzer GenussFraktion“ und dazu noch totgebraten. Selbst die kleine Scheibe konnte ich nicht zu Ende essen. Und mein armer Kollege hatte gar zwei auf seinem Teller liegen.
Wenn Helmut Kohl schon tot wäre (also so richtig tot), spätestens bei diesem kulinarischen Offenbarungseid in Sachen Pfalzklassiker würde er sich im Grabe umdrehen. Die Bratwurst war ziemlich fad im Geschmack, während der Leberknödel als einziger Fleischvertreter auf dem Teller als durchschnittliches Gaumenerlebnis gerade so durchging. Ehrlich gesagt, war ich froh, dieses Gericht ohne besondere „Nachwehen“ überstanden zu haben. Meinen Kollegen traf es da ungleich härter. Doch das ist sicherlich nicht der passende Rahmen um auf seine Erfahrungen beim Besuch des Weingutes Schwedhelm näher einzugehen.
Insgesamt war der Tag im Zellertal, der uns später noch ins rheinhessische Flörsheim-Dalsheim (Weingut Schales) führte, bereichernd. Nicht so sehr vom Essen her, sondern in allererster Linie wegen der leckeren Weißweine, die hier vinifiziert werden. Beim nächsten Besuch steht allerdings das Restaurant des Hotels „Kollektur“ auf meiner Einkehrliste. Dann wird das sicherlich auch in kulinarischer Hinsicht eine Entdeckungstour.
Was verschlägt zwei Südpfälzer in den knapp 800 Einwohner zählenden Weinort Einselthum im Donnersbergkreis? Nun, der Ort liegt in der Nähe der Weinbaugemeinde Zellertal, dem nordwestlichsten Weinanbaugebiet der Pfalz. Und dort an der Grenze zur benachbarten rheinhessischen Weinregion, tut sich dank aufstrebender junger Winzer, wie beispielsweise den Brüdern Georg und Stephan Schwedhelm oder dem Neuling Christopher Full, so einiges in Sachen Ausbau sauleckerer Gewächse. Selbst Meiningers Weinwelt hat erkannt, dass das Zellertal eine Weinregion darstellt, „in der richtig Bewegung ist“. Grund... mehr lesen
2.0 stars -
"Schwache Pfalzküche trifft auf Durchschnittsweine – na Hauptsache dem Stammklientel gefällt’s!" marcO74Was verschlägt zwei Südpfälzer in den knapp 800 Einwohner zählenden Weinort Einselthum im Donnersbergkreis? Nun, der Ort liegt in der Nähe der Weinbaugemeinde Zellertal, dem nordwestlichsten Weinanbaugebiet der Pfalz. Und dort an der Grenze zur benachbarten rheinhessischen Weinregion, tut sich dank aufstrebender junger Winzer, wie beispielsweise den Brüdern Georg und Stephan Schwedhelm oder dem Neuling Christopher Full, so einiges in Sachen Ausbau sauleckerer Gewächse. Selbst Meiningers Weinwelt hat erkannt, dass das Zellertal eine Weinregion darstellt, „in der richtig Bewegung ist“. Grund
Besucht am 24.07.2016Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 50 EUR
Die Pfälzer Weinlandschaft hat sich in den letzten 10 Jahren noch einmal stark verändert und diese Entwicklung hält nach wie vor an. Und das nicht nur was die mittlerweile hervorragenden Qualitäten, die von meist jungen, gut ausgebildeten Winzern mit Unterstützung ihrer erfahrenen Väter erreicht werden, betrifft. Der Muff von 1000 Jahren wurde aus den Weinkellern regelrecht „herausdesignt“. Und herausgekommen sind Weingüter, die sich schon äußerlich sehr deutlich vom elterlichen Betrieb unterscheiden.
Dass man den Wein in der Pfalz besser präsentieren und vermarkten müsse, dafür setzten sich in den letzten Jahre viele ein. Und ja, der Weintourismus boomt, manchmal auch zum Leidwesen der Ureinwohner, die den ganzen Hype um den Rebsaft mit überfüllten Weinfesten und erhöhten Preisen ausbaden dürfen. Doch die Popularitätsmedaille der hiesigen Winzer hat ja nicht nur Kehrseiten.
Mittlerweile zählt man hier an die 40 (!!!) Vinotheken, die meist dem eigenen Weingut angegliedert sind und die weinverkostenden bzw. dort –abholenden Käufer anlocken. Bei den Bauten haben sich die verschiedenen Architekturbüros bezüglich der Einbettung der Objekte in die Reblandschaft der Vorhügelzone (hügeliger Übergangsraum vom Pfälzerwand zur Rheinebene, Anm.) teilweise selbst übertroffen. Mit wertigen Materialien (oft wurden sogar regionale Baustoffe verwendet!) wie Holz, Glas, Stahl und Beton wurden diese „Schaufenster des Pfälzer Weins“ auffallend geradlinig und geradezu puristisch erbaut. In ihrer zeitgemäßen Gestaltung zeichnen sich die meisten dieser Vinotheken durch eine moderne Klarheit in ihrer Form und eine warme Helligkeit im Inneren aus. Einige wurden sehr geschickt in die alte Bausubstanz integriert, wodurch ein ansprechender, äußerst spannender Mix aus Historie und Moderne entstand.
Soviel der einleitenden Worte mussten diesmal sein, um den Stellenwert und Hintergrund der über den Dächern von Landau-Wollmesheim, mitten im bzw. auf dem Weinberg errichteten Vinothek des ortsansässigen Weingutes Vögeli besser einordnen zu können. Eine wirklich sehr gelungene Stätte des Genusses ist nämlich hier zwischen den Wollmesheimer Rebzeilen entstanden. In kurzer Bauzeit (nur 18 Monate) wurde ein stattlicher Gebäudekomplex (ca. 5000 Quadratmeter Fläche) mit Produktionshalle, Fass- und Flaschenlager, Brennerei, einer Vinothek zum Probieren und Kaufen, fünf Ferienwohnungen, der Privatwohnung der Familie Vögeli sowie einer eigenen Gastronomie, dem sogenannten „WeinNest“, errichtet. Und seit nun ungefähr einem Jahr sind die Türen für „Nestflüchter“ geöffnet.
Den Gast empfängt ein sehr schickes Weinbistro, durch dessen große Panoramafenster die Landschaft förmlich ins Innere geholt wird. Bei 50 Sitzplätzen ist drinnen am Wochenende ordentlich „Nestbetrieb“. Da das Restaurant nur von Freitag bis Sonntag vollwertig geöffnet ist (mittwochs und donnerstags werden nur kleinere Snacks zum Gläschen Wein angeboten), besteht absolute Reservierungspflicht, besonders wenn man einen der begehrten Plätze auf der großen Sonnenterrasse (ebenfalls so um die 50 Plätze) ergattern möchte.
Zugegeben, den wollten wir auch haben, als wir letzten Sonntagabend dort aufschlugen. Ich erkundigte mich schon im Vorfeld, ob denn da etwas frei wäre. Die freundliche Servicedame am Telefon riet mir einfach vorbei zu kommen und zunächst im Inneren Platz zu nehmen. Da würde bestimmt draußen etwas frei werden, so ihr O-Ton. Gesagt – getan! Wir stehen an einem noch recht warmen Sommerabend vor der massiven Eingangstür aus Holz. Eichenholz aus der Region wohlgemerkt. Aus ihm sind auch der Dielenboden und die raumteilenden „Weinsäulen“, welche die flüssigen Hauptdarsteller perfekt in Szene setzen.
Die Sonnenterrasse, das sah ich schon von außen, war bis auf den letzten Platz belegt. Drinnen waren einige Tische frei. Man hatte wohl aufgrund des großen Andrangs einige Tische „scheinreserviert“, damit die Küche und der Service nicht völlig durchdrehten. Man bot uns einen Platz in der Nähe des in schlichtem Weiß gehaltenen Thekenbereichs an. Der Blick durch die aufgehende Küchentür verriet: hier war richtig was los. An die acht Servicekräfte und etwa genauso viele, die in der Küche mithalfen, konnte ich zählen. Und mittendrin Christel Vögeli, die Hausherrin, die tatkräftig ihre Mädels beim Ausschank unterstützte.
Wir saßen an einer Art „Tresentisch“. Dieser bestand lediglich aus einer Eichenholzplatte und war auf der einen Seite an der weiß verputzten Wand befestigt, während er auf der anderen Seite von einem von der Decke hängenden Stahlseil Halt bekam. Ein Tisch ohne Beine also, freischwebend und so unbeschwert wie der Blick nach draußen, der sich über die Weinhügel erstreckte und bis zu den Bergen des naheliegenden Pfälzerwaldes reichte. Und wenn die Sonne hinter genau jenen Bergen verschwinden würde, wollten wir draußen auf der Terrasse diesem Spektakel beiwohnen – so war der Plan.
Unsere Bedienung versicherte mir, dass, sobald sich draußen etwas tut, sie mich sofort darüber in Kenntnis setzen würde und wir dann unseren Fensterplatz gegen einen unter freiem Himmel eintauschen könnten. Doch auch unsere erste „Station“ gefiel uns. Man hat im WeinNest auf die allgemein üblichen, recht unbequemen Hocker verzichtet und auch hier – wie bei der Normalbestuhlung – auf gut gepolsterte Sitzgelegenheiten gesetzt. Mit Seiten- und Rückenlehne ausgestattet, eine wirklich bequeme Sache.
Auf der blanken Tischplatte lag das in Servietten eingewickelte Besteck ganz unprätentiös neben den schlicht designten, aufklappbaren Speisen- und Getränkekarten. Ein paar frische Rosenblüten schwammen in einer Wasserschale. Das war’s. Ansonsten gab es auf diesem Tisch vor allem eines: viel Platz!
Die erste Seite auf der mit Bedacht erstellten Speisenkarte verriet die saisonalen Empfehlungen. Als „Sommer-Leckereien“ waren da Schweinerückensteak, Rahmpfifferlinge mit Semmelknödel und ein Kirsch-Crumble zum Dessert aufgeführt. Bei beiden Hauptspeisen war noch ein kleiner Salat dabei. Das Dauerangebot gab sich genauso überschaubar. Gebeizter Lachs und Anti Pasti lauteten die Vorspeisen, dazwischen eine Suppe, bevor es mit den Hauptgerichten, wie beispielsweise dem obligatorischen Rumpsteak (mit Zwiebeln oder Kräuterbutter sowie Bratkartoffeln gegen einen Aufpreis von 2 Euro) oder den Tagliatelle mit Krebsschwänzen oder gebratenem Zander, weiterging. Ein paar Salate und Flammkuchen, dazu noch Typisches aus der Pfälzer Regionalküche (Saumagen, Bratwurst, Leberknödel). Ergänzt von einer Handvoll vegetarischen Klassikern (Schafskäse, Weißer Käse, Käsespätzle) und zwei Desserts stellte die Auswahl im WeinNest ein gut sortiertes Speisenrepertoire, bei dem eigentlich jeder Geschmack bedient wird, dar. Die Preise liegen im Schnitt leicht über Weinstuben-Niveau, aber für den Ausblick zahlt man das eben.
Angefixt von unserer letzten, sehr leckeren Paprikacrèmesuppe bei der „Pfälzer GenussFraktion“ in Hainfeld, bestellten wir sie auch diesmal vorneweg. Für 5,50 Euro wurde das wirklich hervorragend abgeschmeckte Süppchen in einer großen Kaffeetasse serviert. Von der Konsistenz her schön sämig, ohne zu dick auftragen zu wollen. Obendrauf schwamm eine kleine Lache Basilikum-Pesto. Die dazu gereichten Weißbrotscheiben waren knackfrisch, was sonntagabends ja keine Selbstverständlichkeit darstellt. Ein gelungener Start.
Dass es bei der Masse zu versorgender Gäste mit dem Essen nicht ganz so schnell geht, verzeiht man hier gerne, denn die Bemühungen des WeinNest-Teams um die Zufriedenheit der Gäste sind durchweg spürbar. Auf Empfehlung der freundlichen Servicedame entschied ich mich für einen knackig frischen, gut gekühlten Sauvignon blanc für 4,80 Euro das großzügig eingeschenkte Viertel. Meine Begleitung wählte aus dem Aperitif-Angebot einen Riesling-Sekt für 3 Euro (0,1 l). Da machten wir wirklich nichts falsch. Winzermeister Dirk Vögeli, der im Jahre 2000 den elterlichen Betrieb übernahm, macht bei seinen Weinen keine Qualitätskompromisse und das schmeckt man. Die Aufteilung nach Guts-, Orts- und Lagenweinen verschafft dem Gast einen guten Überblick in dieser aufsteigenden Qualitätsklimax.
Dann wurde der kleine Salat, der bei meinem Schweinerückensteak mit Pfifferlingen, Spätzle und Burgundersoße (15,50 Euro) inklusive war, vorneweg serviert. Auch hier war nichts zu beanstanden. Ein leckeres Dressing auf Himbeeressigbasis, etwas Kraut- und Rübensalat, der unter grünen und roten Blättern (Löwenzahn, Rucola und Lollo Rosso) versteckt lag.
Meine Begleitung hatte einen Salat als Hauptgericht bestellt. Ihre Salatplatte „WeinNest“ hatte zusätzlich eine ansehnliche Portion scharf angebratener Rinderfetzen (12,80 Euro) zu bieten und wurde mit frischem Baguette serviert. Ein deftig, frisches Sommeressen, genau richtig, um es auf der Außenterrasse bei untergehender Sonne zu genießen. Hier war nämlich in der Zwischenzeit ein Tisch frei geworden (die Bedienung hielt ihr Wort!) und wir hatten unseren Stand- bzw. Sitzort kurzerhand nach draußen verlegt. Augenblick, verweile doch, du bist so schön!
Mein Schweinerückensteak kam zeitgleich mit dem Salat und ein trockener 2015er Chardonnay Lagenwein (5,80 Euro fürs Viertel) sollte es adäquat korrespondieren. Der Teller sah vielversprechend aus. Frische Pfifferlinge umgaben das sehr saftig geratene, mit einer delikat abgeschmeckten Kräutermarinade versehene Steak vom Schweinerücken. Dieses Stück Fleisch war keine Massenware, das schmeckte man. Vielleicht kam es sogar von der ortsansässigen Feinschmeckermetzgerei Joachim? Ich habe leider vergessen nachzufragen. Gut ausbalanciert und schön sämig auch die leicht nach Rotwein duftende Burgundersoße, die in einer kleinen Extraschüssel mit auf dem ovalen Teller stand. Zusammen mit dem Fleischsaft, der Steakmarinade und den gut gewürzten Pfifferlingen ergab das eine geschmacksstarke, äußerst harmonische Aromenliaison, die das "Saftschwein" kongenial in Szene setzte ohne ihm jedoch die Schau zu stehlen. In Kombination mit den in Butter geschwenkten Spätzle war das wirklich ein Teller allerfeinster regionaler Landhausküche, die ja am besten mit einfachen Zutaten auskommt. Und der kühle Chardonnay passte dazu einfach hervorragend.
Als die Sonne hinter den Bergen des Pfälzerwaldes verschwunden war und die kühle Abenddämmerung langsam hereinbrach, leerte sich auch so langsam der Außenbereich des „WeinNestes“. Da gerieten auch wir in Aufbruchstimmung und entschieden uns spontan zu einem kleinen Verdauungsspaziergang durch die Weinberge zwischen Landau-Wollmesheim und Mörzheim. Womit ich wieder beim Titel dieser, man möge mir verzeihen, etwas ausufernden Rezension wäre.
Die Pfälzer Weinlandschaft hat sich in den letzten 10 Jahren noch einmal stark verändert und diese Entwicklung hält nach wie vor an. Und das nicht nur was die mittlerweile hervorragenden Qualitäten, die von meist jungen, gut ausgebildeten Winzern mit Unterstützung ihrer erfahrenen Väter erreicht werden, betrifft. Der Muff von 1000 Jahren wurde aus den Weinkellern regelrecht „herausdesignt“. Und herausgekommen sind Weingüter, die sich schon äußerlich sehr deutlich vom elterlichen Betrieb unterscheiden.
Dass man den Wein in der Pfalz besser präsentieren... mehr lesen
Vögeli's WeinNest
Vögeli's WeinNest€-€€€Restaurant, Weinstube06341 32792Am Neuberg 48, 76829 Landau in der Pfalz
4.5 stars -
"Hier in der Pfalz – hier darf ich sein!" marcO74Die Pfälzer Weinlandschaft hat sich in den letzten 10 Jahren noch einmal stark verändert und diese Entwicklung hält nach wie vor an. Und das nicht nur was die mittlerweile hervorragenden Qualitäten, die von meist jungen, gut ausgebildeten Winzern mit Unterstützung ihrer erfahrenen Väter erreicht werden, betrifft. Der Muff von 1000 Jahren wurde aus den Weinkellern regelrecht „herausdesignt“. Und herausgekommen sind Weingüter, die sich schon äußerlich sehr deutlich vom elterlichen Betrieb unterscheiden.
Dass man den Wein in der Pfalz besser präsentieren
Besucht am 17.07.2016Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 42 EUR
„Der Sommer in der Pfalz kann so schön sein!“ Das denke ich mir jedes Mal, wenn ich in einem dieser rebenberankten Innenhöfe einer Weinstube unserer Region sitze und dort eine leckere, von einem guten Tropfen adäquat begleitete Mahlzeit einnehme. So auch letztes Wochenende, als ich seit langer Zeit mal wieder beim „Hoppeditzel“ zu Gast war. Leider war auf der liebevoll angelegten Weinterrasse alles belegt bzw. reserviert, was uns ins Innere der Weinstube ausweichen ließ. Unser Platz lag günstig direkt neben der Eingangstür. Somit hatten wir wenigstens etwas Tuchfühlung nach draußen.
Der Name „Hoppeditzel“ gründet auf der Bezeichnung eines alten Wingertshäuschens in der Impflinger Weinlage Abtsberg. Das „Hoppeditzel-Fest“ findet dort traditionell Anfang Juli statt. Sowieso dreht sich im Weinort Impflingen alles um des „Pfälzers Lebenselixier“. Ein gutes Dutzend Weingüter nennt das Örtchen sein eigen. Und wo probiert, getrunken und manchmal auch richtig gesoffen wird, da darf die Grundlage nicht fehlen. Kein Wunder also, dass das Familienweingut Petzoldt den im Jahr 2000 als Strausswirtschaft eröffneten Ausschank sukzessive zur Weinstube erweiterte. Aus dem früheren Schweinestall wurde eine Weinprobierstube, die sich später dann zum Herz der Weinstube entwickelte und mittlerweile einen sehr gemütlichen Gastraum abgibt. Die positive Resonanz der Kunden ließ natürlich nicht auf sich warten und so wurde im Jahre 2002 das „Hoppeditzel“ aus der Taufe gehoben.
Die Lage an der vielbefahrenen Durchgangsstraße, der Bundesstraße 38, durch die täglich etwa 20000 (!!!) Fahrzeuge von Landau in Richtung Bad Bergzabern (oder entgegengesetzt) tuckern, ist für die Besitzer der Weinstube Fluch und Segen zugleich.
Damit man den Straßenlärm etwas eindämmt, hat man das Platzangebot im sommerlichen Winzerhof einfach weiter nach hinten verschoben und mit verschiedenen Geräuschbarrieren (Pflanzen, Weinfässer) am Eingang das Areal „umfriedet“. Und da in der Pfalz die Geselligkeit am Tisch auch mal etwas lauter vonstattengeht, fällt der Geräuschpegel des Durchgangsverkehrs eigentlich kaum ins Gewicht.
Das positive an der Verkehrslage ist natürlich die Aufmerksamkeit, die der Weinstube von vorbeifahrenden Pfalzbesuchern zu Teil wird. Erblicken diese das Wirthausschild, wird schon gerne mal auf die Bremse getreten, um einen Blick in den einladenden Innenhof zu erhaschen. Spontanbesuche von Durchfahrtouristen sind deshalb keine Seltenheit.
Doch die Situation wird sich ändern. Ende dieses Jahres wird mit dem Bau einer Umgehungsstraße, die den Verkehr östlich an Impflingen vorbeiführen soll, begonnen. Dann kehrt endlich Ruhe in das beschauliche Weinörtchen ein. Und das „Hoppeditzel“ wird sich wohl endgültig zur Genießer-Oase hohem Geheimtipp-Faktor entwickeln.
Und da bin ich schon bei der zentralen, was denn nun eine gute Pfälzer Weinstube ausmacht. Neben den beschriebenen Räum- und Örtlichkeiten zum Wohlfühlen sind das natürlich in allererster Linie die Gastgeber. Ob das Vater Roland ist, der im Service aushilft und sich samt Schoppen in der Hand auch gerne mal zu seinen Gästen dazusetzt, oder Schwiegersohn Holger, der flexibel dort aushilft, wo gerade Not am Mann ist, spielt eigentlich keine Rolle. Ungekünstelte Freundlichkeit auch bei Tochter Melanie, die im Service die Fäden in der Hand hält und stets den Überblick bewahrt. All diese Faktoren führen in der Summe dazu, dass man sich hier richtig gut aufgehoben und sich eigentlich schon beim Erstbesuch als Stammgast fühlt.
Gerne erinnere ich mich an meinen Erstkontakt mit dem „Hoppeditzel“ vor ungefähr einem Jahr, als mein Kollege und ich dort das Rumpsteak mit Pfefferrahmsauce verputzten. Die hausgemachte Pfeffersauce war einfach zu lecker, weshalb wir sie mit zusätzlich gereichtem Brot noch aufsogen. Nun war noch einiges an Brot über, weshalb man uns aus der Küche - mit freundlichen Grüßen versteht sich - noch eine kleine Schale mit Saucennachschlag zukommen ließ. Dies führte dazu, dass wir neben unserem Rumpsteak, das von einem leckeren Beilagensalat begleitet wurde, den obligatorischen Bratkartoffeln (wir sind doch in der Pfalz, aber hallo!) und der feinen Pfeffertunke noch etwa drei Brotkörbe nach und nach verdrückten. Wir konnten danach beide kaum noch aufrecht das Lokal verlassen vor lauter Sättigungsgefühl.
Doch zurück zum Wesentlichen, den Leckereien auf der Speisenkarte. Die ist pfalztypisch gefüllt mit allerlei deftiger Hausmannskost wie man sie häufig in unserer Region antrifft. Pfälzer Handkees, Wurstsalat, Saumagen, Bratwurst und Co. dürfen halt nicht fehlen. Den Fleischesser freut die Steak-Auswahl, die direkt vom Lavastein-Grill kommt. Besonders die Rumpsteaks gelingen darauf ja besonders gut. Außen knusprig angebraten und innen perfekt medium gegart, da schmecken die ca. 270 bis 300 Gramm schweren Tranchen brasilianischen Beefs, egal ob mit Kräuterbutter, Zwiebeln, Dijon-Senf- oder Pfefferrahmsauce. Und bei einer Preisspanne von 14,90 Euro bis 18,60 Euro (wahlweise mit Brot oder Beilagen plus Salat) liegt man für ein Lavastein-Rumpsteak (die ja in der Regel etwas teurer sind wegen dem regelmäßigen Austausch der Steinplatten) im absolut fairen Bereich.
Zusätzlich lockt die „Feinschmecker-Ecke“ mit Kleinigkeiten wie dem Schlemmerteller (Kartoffelpuffer mit Räucherlachs für 8,90 Euro) oder dem Lachstatar mit frischem Baguette (7,20 Euro). Auch der Vegetarier unter den Weintrinkern kommt bei Spinatknödel, gefüllten Kartoffeltaschen oder Gnocchi in Gorgonzola-Rahmsauce auf seine Kosten. Und das zu Preisen, die deutlich unter 10 Euro liegen. Doch man sollte sich von diesen Zahlen nicht täuschen lassen. Die Portionen fallen keineswegs klein aus.
Als Zusatzangebot werden in den Sommermonaten vier verschiedene Salate angeboten. Gegrillte Hähnchenbrust, gebratene Roastbeefstreifen, in Chili geschwenkte Garnelen und Schafskäse im Speckmantel lauten die geschmacklichen „Beiwerke“. Schade, dass es keinen gab, bei dem von allem etwas drauf war. Aber wir sind halt nicht im Elsass.
Ich hatte - temperaturbedingt - Lust auf etwas Frisches vorneweg. Also bestellte ich den Straßburger Wurstsalat (der mit zusätzlich Käse drin!) in der kleinen Portion (5,00 Euro) vorweg. Als Hauptgang wählte ich ganz feudal den Gutsherren-Toast mit Salat (9,90 Euro). Unter der mittelalterlichen Bezeichnung verbargen sich zwei Toastbrotscheiben, die man mit einem gebratenen Schweinerückensteak, Kochschinken, Pilzen, ein paar Spargelstücken und ordentlich Sauce Hollandaise obendrauf in den Backofen geschoben hatte, ehe das Ganze als heißdampfende Kalorienbombe in einer Auflaufform vor mir stand. Gut, dass meine Begleitung bei ihrem Rumpsteak auf die trockenere Kräuterbutter-Variante (17,90 Euro) setzte. Da ergänzten sich die Hauptspeisen recht saucenfreundlich. Ihre Bratkartoffeln kamen direkt aus der Butter-Pfanne und waren wohldosiert gesalzen. Beide hatten wir bei unseren Gerichten noch einen vorzüglichen Beilagensalat dabei. Dieser wurde vorweg gereicht, bestand durchweg aus frischen Zutaten und war mit einem delikaten Hausdressing angemacht.
Der mehrgewordenen Arbeit in der Weinstube fiel wohl die Bewirtschaftung der eigenen Weinberge zum Opfer, weshalb bei diesem Angebot nur Kreszenzen aus der direkten Nachbarschaft (Weingut Kuntz und Weinhaus Pfaffmann, beide aus Impflingen Anm.) den Weg ins Glas finden. Aber alles kann der Familienbetrieb eben doch nicht schultern, dafür ist das „Hoppeditzel“ einfach zu groß geworden. Egal, der gut gekühlte, trockene Chardonnay schmeckte mir ausgezeichnet war mit 3,80 Euro fürs Viertel sicherlich nicht überteuert.
Besonders an den Räumlichkeiten, die für Gesellschaften zusätzlich zur Verfügung stehen, merkt man die räumlichen Dimensionen dieser Weinstube. Die „Feierscheier“ (=Feierscheune) lädt zusätzlich bis zu 120 Gäste ein, es hier anständig krachen zu lassen. Und wer’s ruhiger mag, kann in der etwas höher gelegenen Weinlounge den Abend entspannt ausklingen lassen. Hier wird scheinbar ganz viel richtig gemacht und wenn jetzt noch die Umgehungsstraße kommt, steht einem idyllischen „Hugo“ am Abend nichts mehr entgegen.
„Der Sommer in der Pfalz kann so schön sein!“ Das denke ich mir jedes Mal, wenn ich in einem dieser rebenberankten Innenhöfe einer Weinstube unserer Region sitze und dort eine leckere, von einem guten Tropfen adäquat begleitete Mahlzeit einnehme. So auch letztes Wochenende, als ich seit langer Zeit mal wieder beim „Hoppeditzel“ zu Gast war. Leider war auf der liebevoll angelegten Weinterrasse alles belegt bzw. reserviert, was uns ins Innere der Weinstube ausweichen ließ. Unser Platz lag günstig direkt neben... mehr lesen
4.0 stars -
"Gemütliche, familiengeführte Pfälzer Weinstube mit schön gestaltetem Innenhof" marcO74„Der Sommer in der Pfalz kann so schön sein!“ Das denke ich mir jedes Mal, wenn ich in einem dieser rebenberankten Innenhöfe einer Weinstube unserer Region sitze und dort eine leckere, von einem guten Tropfen adäquat begleitete Mahlzeit einnehme. So auch letztes Wochenende, als ich seit langer Zeit mal wieder beim „Hoppeditzel“ zu Gast war. Leider war auf der liebevoll angelegten Weinterrasse alles belegt bzw. reserviert, was uns ins Innere der Weinstube ausweichen ließ. Unser Platz lag günstig direkt neben
Besucht am 08.06.2016Besuchszeit: Mittagessen 2 Personen
Berlin-Mitte Anfang Juni. Es ist Mittagszeit und meine Kollegin hat Lust auf eine Kleinigkeit zu essen. Das Problem: wir haben erst 11.30 Uhr und viele meiner kulinarischen Asse im Ärmel (Monsieur Vuong, District Môt, etc. öffnen erst um 12 Uhr) können aufgrund der frühen Stunde gar nicht stechen. Außerdem ist unsere Mittagspause aufgrund der anstehenden Termine zeitlich stark limitiert. Da die Entdeckung. Als wir durch die Rosenthaler Straße in Richtung Hackesche Höfe schlenderten, entdeckten wir eine von außen einladend wirkende Tapas-Bar, das Yosoy.
Die Gelegenheit, nach langer Zeit mal wieder ein paar spanische Kleinigkeiten zusammen zu naschen, wollten wir uns nicht entgehen lassen. Es war noch nicht viel los im „Yosoy“, infolge konnten wir uns einen Platz an der geöffneten Fensterfront mit aussichtsreichem Blick auf die belebte Straße aussuchen. Drinnen im Gastraum gibt man sich mächtig spanisch. Dunkles Holz dominiert bei Stühlen und Tischen, während die typisch bemalten Wandfliesen in apartem Dunkelgrün für maurische Akzente sorgen. Diese schließen stilecht mit farblich passender Bordüre in Brusthöhe ab. Darüber allerhand Gerahmtes bzw. „Hinterglastes“: spanische Folklore in Schwarzweiß, gepaart mit diversen honorigen Persönlichkeiten – allesamt natürlich von der iberischen Halbinsel.
Mit den unbequemen (Bar-)Hockern und schmalen Wandbänken spart man jede Menge Platz. Der wird gebraucht für alle diejenigen, die lediglich für ein paar Pintxos von der Theke oder für ein Gläschen Vino im Stehen im „Yosoy“ vorbei schauen, um sich von dort gestärkt ins Berliner Nachtleben zu stürzen.
Wir waren recht früh dran und wurde auch prompt bedient. Um das „All-you-can-eat-Mittagsangebot“ für 8,90 Euro pro Person zu nutzen, fehlte es uns an Zeit und Hunger. Und das obwohl der übersichtlich gestaltete Bestellzettel, auf dem sich ca. 30 warme und kalte Tapas-Klassiker (von den Albondigas bis zur Tortilla española war das gängige Tapas-Repertoire vertreten) befanden, schon samt Bleistift zum Ankreuzen auf dem Tisch bereit lag. Ambitionierter als die Allerwelts-Tapas mit Refill-Funktion klangen da schon die Gerichte auf der Wochenkarte. Ceviche von der Jakobsmuschel und vom Kabeljau, gebratener Spanferkelrücken oder ein spanisches (?) Pulled Pork Bocadillo (alle Gerichte für freundliche 7,80 Euro) waren auf dem Klemmbrett nachzulesen. Doch die Bedienung machte mir einen Strich durch die Rechnung. Diese Gerichte wären heute nicht verfügbar….soso.
Somit bestellten wir ein paar Basics aus der „normalen“ Tapas-Karte, die auch zeitnah den Weg auf unseren Tisch fanden. Inspiriert von den Werbe-Devotionalien an Wand und Decke, bestellten wir vorweg zwei gut gekühlte Flaschen „Mahou“. Schön, dass man das Bier aus der spanischen Hauptstadt Madrid mittlerweile auch bei uns in einigen Lokalen findet. Es erinnerte mich natürlich an den letzten Urlaub auf meiner balearischen Lieblingsinsel.
Meiner Kollegin empfahl ich die Runzelkartoffeln („Papas arrugadas“ für 5,50 Euro) - eine kanarische Spezialität, die mit roter oder grüner Mojo zum Dippen gereicht wird. Vom „Pan con Tomate“ (3,20 Euro) hatte ich zugegeben eine etwas andere Vorstellung, aber da hatte ich wohl zu sehr das mallorquinische Pamboli bei der Bestellung im Hinterkopf. Egal, es schmeckte lecker. Die vier angerösteten Baguettehälften waren mit einer fruchtigen Tomatenmasse bestrichen. Etwas Fleur de Sel verlieh den Tomatenbroten die nötige Würze. Genau wie die in Meersalzwasser gekochten Kartoffeln eine einfache, aber köstliche Kleinigkeit, die besonders an warmen Tagen angenehm zu essen ist.
Am besten haben mir jedoch die „Albondigas“ (Hackfleischbällchen, 4,50 Euro) geschmeckt. Die drei Carnivoren-Golfbälle lagen in einem Schälchen mit fruchtiger Tomatensauce und da meine Kollegin Vegetarierin ist, musste ich sie noch nicht einmal teilen. Außerdem war sie von ihrer mit etwas zu viel Manchego-Käse überbackenen Gemüsepfanne (Pixto al Yosoy für 5,50 Euro) schon ziemlich erschlagen.
Bemerkenswert fand ich die große Auswahl an spanischen Weinen, von denen auch viele glasweise (0,1l – 0,25l – 0,5l) ausgeschenkt wurden. Mit abwechselnden Wochenangeboten („vino recomendado“) und einer beeindruckenden Auswahl bei den Flaschenweinen bleibt nahezu kein Tinto- bzw. Blanco-Wunsch unerfüllt. Dass das Ganze bei dem Standort auch seinen Preis hat, versteht sich von selbst. Was jedoch nicht heißt, dass die klug ausgesuchten spanischen Tropfen unfair kalkuliert wären. Den halben Liter mallorquinischen Rosé bekommt man für 18,40 Euro. Wenn man bedenkt, dass die Flasche im Einkauf schon bei um die 13 Euro liegt, passt das für Berlin-Mitte sicherlich.
Schade, dass wir nur wenig Zeit im Gepäck hatten und das „Yosoy“ nur in Form eines kleinen Mittagsstopps kennenlernen durften. Bei einem abendlichen Besuch hätten wir wohl deutlich mehr südländisches Flair abbekommen. Vielleicht beim nächsten Mal.
Berlin-Mitte Anfang Juni. Es ist Mittagszeit und meine Kollegin hat Lust auf eine Kleinigkeit zu essen. Das Problem: wir haben erst 11.30 Uhr und viele meiner kulinarischen Asse im Ärmel (Monsieur Vuong, District Môt, etc. öffnen erst um 12 Uhr) können aufgrund der frühen Stunde gar nicht stechen. Außerdem ist unsere Mittagspause aufgrund der anstehenden Termine zeitlich stark limitiert. Da die Entdeckung. Als wir durch die Rosenthaler Straße in Richtung Hackesche Höfe schlenderten, entdeckten wir eine von außen einladend wirkende... mehr lesen
YOSOY Tapas Bar
YOSOY Tapas Bar€-€€€Restaurant, Tapasbar, Catering03028391213Rosenthaler Straße 37, 10178 Berlin
3.5 stars -
"Kulinarische Klassenfahrt Teil 3: Solche Tapas gehen immer!" marcO74Berlin-Mitte Anfang Juni. Es ist Mittagszeit und meine Kollegin hat Lust auf eine Kleinigkeit zu essen. Das Problem: wir haben erst 11.30 Uhr und viele meiner kulinarischen Asse im Ärmel (Monsieur Vuong, District Môt, etc. öffnen erst um 12 Uhr) können aufgrund der frühen Stunde gar nicht stechen. Außerdem ist unsere Mittagspause aufgrund der anstehenden Termine zeitlich stark limitiert. Da die Entdeckung. Als wir durch die Rosenthaler Straße in Richtung Hackesche Höfe schlenderten, entdeckten wir eine von außen einladend wirkende
Der Hubertushof scheint zweieinhalb Jahre nach seiner kulinarischen Renaissance unter der Leitung von Sandra Bernhard (Service) und Jochen Sitter (Küchenchef) so richtig angekommen zu sein. Und das nicht nur in kulinarischer Hinsicht. Viele (Stamm-)gäste haben es sich an unserem Besuchsabend in der sicherlich schönsten Wein-Dine-Lounge der Südpfalz gemütlich gemacht. In der phänomenalen Weinkarte finden sich immer wieder neue Entdeckungen, so gestern Abend eine Weisswein-Cuvée vom Weingut Hensel aus Bad Dürkheim. Kein Wunder, dass dieses Weingut so im "Aufwind" ist.
Genau wie Meister Sitter in der Küche. Der kocht seine Gerichte ohne Rücksicht auf Konventionen. Das ist erfrischend innovativ. Er pimpt seine kreative Regionalküche mit internationalen Anleihen und bedient sich dabei gerne aus dem kulinarischen Formenschatz unseres Hochküchen verwöhnten Nachbarlandes. Wachtel, Froschschenkel und Coq au Riesling schmecken im Elsass sicherlich nicht besser. Ceviche, Cheeseburger vom Reh, gegrillter Pulpo und Ribeye-Steak vom Angusrind erfreuen jedes Genießerherz mit kulinarischem Weitblick. Schön, dass es da einer in puncto Regionalität nicht übertreibt, sondern die Qualität der Produkte mit viel handwerklichem Geschick schmeckbar herausarbeitet!
Unsere Geschmacksreise startete mit erstklassigen Vorspeisen (Ceviche und Reh-Cheeseburger), verdichtete sich bei delikaten Hauptgängen (Rehmedaillons und Krautwickel mit Couscous) und endete in einem Dessert zum Niederknien (Kirschcrumble mit Salzkaramelleis). Für knapp 100 Euro (inkl. Apéro) ein mehr als fairer Preis für das Gebotene.
Jungs und Mädels vom Hubertushof, bitte geht euren Weg abseits der ausgetretenen Pfälzer Gastro-Pfade weiter. Dann wird jeder Besuch zu einer Entdeckung.
Der Hubertushof scheint zweieinhalb Jahre nach seiner kulinarischen Renaissance unter der Leitung von Sandra Bernhard (Service) und Jochen Sitter (Küchenchef) so richtig angekommen zu sein. Und das nicht nur in kulinarischer Hinsicht. Viele (Stamm-)gäste haben es sich an unserem Besuchsabend in der sicherlich schönsten Wein-Dine-Lounge der Südpfalz gemütlich gemacht. In der phänomenalen Weinkarte finden sich immer wieder neue Entdeckungen, so gestern Abend eine Weisswein-Cuvée vom Weingut Hensel aus Bad Dürkheim. Kein Wunder, dass dieses Weingut so im "Aufwind" ist.
Genau wie Meister Sitter in der Küche. Der kocht seine Gerichte ohne Rücksicht... mehr lesen
Restaurant Hubertushof
Restaurant Hubertushof€-€€€Restaurant06341930239Arzheimer Straße 5, 76831 Ilbesheim bei Landau in der Pfalz
5.0 stars -
"Nach wie vor eine der besten Adressen der Südpfalz" marcO74Der Hubertushof scheint zweieinhalb Jahre nach seiner kulinarischen Renaissance unter der Leitung von Sandra Bernhard (Service) und Jochen Sitter (Küchenchef) so richtig angekommen zu sein. Und das nicht nur in kulinarischer Hinsicht. Viele (Stamm-)gäste haben es sich an unserem Besuchsabend in der sicherlich schönsten Wein-Dine-Lounge der Südpfalz gemütlich gemacht. In der phänomenalen Weinkarte finden sich immer wieder neue Entdeckungen, so gestern Abend eine Weisswein-Cuvée vom Weingut Hensel aus Bad Dürkheim. Kein Wunder, dass dieses Weingut so im "Aufwind" ist.
Genau wie Meister Sitter in der Küche. Der kocht seine Gerichte ohne Rücksicht
Besucht am 07.06.2016Besuchszeit: Abendessen 3 Personen
Wenn ein Laden in Zeiten des Überangebots an Steakhäusern und Burgerläden Seriosität beim Grillen verspricht, dann soll der Slogan wohl in erster Linie ein Abgrenzungsmerkmal darstellen. Im Falle der hippen BBQ-Bude in Berlin-Mitte sind das jedoch keine „Filetstücke“ totgestreichelter Kobe-Rinder, die marmoriert und „ge-dry-aged“ (neudeutsch für „gut abgehangen“) für einen dreistelligen Betrag den Besitzer wechseln, sondern bezahlbare Fleischteile, die sorgfältig zubereitet vom Grill bzw. aus dem Smoker auf dem Teller landen. Dabei wird – laut Homepage – bei der Auswahl der Grillwaren streng auf Qualität und Tierhaltung geachtet.
Das schwäbisch-hällische Landschwein liefert die Rippchen, während das Pulled Pork vom Schweinekamm aus Brandenburg stammt. Die Rinderbrust fürs Pastrami kommt vom fränkischen Weidebullen und das Entrecôte vom Black Angus US-Beef. Eines haben die erwähnten Schweine- bzw. Rindereien jedoch gemeinsam: die Tiere, welche die edlen Teile liefern, werden artgerecht gehalten oder stammen aus ökologisch kontrollierter Landwirtschaft.
Wem das seriös genug klingt, ist im Chicago Williams BBQ bestens aufgehoben. Denn hier bekommt man vor allem eines geboten: eine richtig leckere Fleischperformance. Und zwar mit Produkten, die von ausgesuchten Erzeugern aus der ganzen Republik geliefert werden. Aber anstatt mit piefigem Regionalchauvinismus dem derzeit so angesagten, extrem publicityträchtigen „Brutal-Lokal-Gedanken“ werbewirksam Rechnung zu tragen, konzentriert man sich hier ganz einfach aufs Grillen. „In dubio pro carne“, so das Motto, mit dem Küchenchef Nawid und seine Crew seit 2012 amerikanische Hausmannkost mit Niveau servieren.
Ich war mehr als gespannt, was unser Dreiergespann am zweiten Tag unserer kulinarischen Entdeckungstour durch Berlin in der Hannoverschen Straße (genau neben dem von Borgi besuchten und genial beschriebenen „Eins unter null“, Anm.) vorfinden würde. Im Zitty-Magazin, das ich jedem Berlin-Reisenden, der auch in Sachen Kulinarik unterwegs sein möchte, wärmsten ans Herz legen kann, hatte ich über den Laden gelesen. Angefixt von den leckeren Baby Back Rips vom Koreaner „Dae Mon“ am Tag zuvor, war mir nach Qualitäts-Grilladen zumute. Am besten in ungezwungenem, legeren Ambiente. Mit einem guten Schluck Craftbeer zum Runterspülen. Meine beiden Kolleginnen waren leichte Überzeugungsbeute. Der Veggie-Tante versprach ich saftig gegrillte Maiskolben und auf dem Rückweg eine Falafel-Flatrate auf meine Kosten bei einem der besten Läden Berlins (Dada Falafel in der Linienstraße). Die Kollegin aus dem Elsass war – typisch Französin eben – für alle gastronomischen Schandtaten zu haben.
Schade, dass an diesem sonnigen Abend draußen kein Platz mehr zu bekommen war. So wurden wir in unmittelbarer Nähe zur frischen Luft an die geöffnete Fensterfront gesetzt. Drinnen sitzend, aber den Blick nach draußen gerichtet – das passte perfekt. Das Ankommen wurde uns in Form einer Jalapeño-Maissuppe aus dem Becher erleichtert. Diese hatte die Funktion eines Begrüßungs-Süppchens, das wir direkt an der Bar im lockeren Plausch mit einem der „Meat-Crew“ zu uns nahmen. Und klar: natürlich kannte der Mann die Pfalz! Die erste regionale Hürde war locker genommen. Wir orderten gleich mal drei Flaschen vom hauseigenen Bier (Chicago hell für 3,50 Euro) zum Einstieg und befanden uns nach anregender Unterhaltung kurzerhand hinter der Bar das schwere Fleischerbeil schwingend, für ein kleines Erinnerungsfoto posierend wieder.
Genug herumgealbert. Es war Zeit für die „true school of meat“. Empfohlen wurde uns die „Meat Platter“ (für zwei Personen 28 Euro), die wie alle anderen Angebote in Kreideschrift auf der riesigen Tafel über der Theke nachzulesen war. Als Beilagen („Sides“) wählten wir Coleslaw (Krautsalat), Mash & Gravy (Kartoffelbrei mit Bratensoße) und Mac & Cheese (mit Käse überbackene Makkaroni-Nudeln) für jeweils 3,50 Euro in der kleinen Ausgabe. Die Vegetarierin am Tisch konnte auch die großformatige „Chicago Williams Beef Chart“ an der Wand nicht zum Besseren bekehren. Sie blieb an diesem Abend bei den Beilagen hängen (den versprochenen Maiskolben gab es leider nicht…), während wir mit Blick auf die verschiedenen Beef-Cuts (Shortrib, Rib, Rump, Flank, etc.) unsere Haus-Platte genossen. Das „Recht auf Rippchen“ ließen wir uns nicht nehmen und so befand sich auf der Fleischplatte natürlich auch das Signature Dish des Ladens schlechthin, die sagenhaften „Chicago Beach Style Ribs“, die genug Rauch vom Smoker aus dem Hinterhof der Nachbarschaft mitbekommen hatten und von ihrer Konsistenz schlichtweg sensationell waren. Das Fleisch löste sich nahezu widerstandslos vom Knochen, so zart gegart kamen die fein gewürzten „Best Rips in Town“ auf den Tisch. In Kombination mit der pikanten, hausgemachten BBQ-Sauce war das zweifellos ganz großer Grillsport!
Daneben lagen ein paar geräucherte Scheiben Pastrami. Perfekt gepökelt und daher angenehm salzig im Geschmack, war das eine echte Delikatesse, die mit etwas Rauch die passende Veredlung erfuhr. Die beiden saftig gegrillten Schenkel (BBQ-Chicken) lieferte das Kikok-Hähnchen von Borgmeier aus NRW. Diese zeichnen sich aufgrund ihrer Fütterung mit Weizen und Mais durch ein leicht gelbliches Fleisch aus. Auch hier war bester Fleischgenuss aufgrund überragender Qualität garantiert. Schade, dass das Pulled Pork nicht auf der Platte vertreten war, ich hätte es liebend gerne probiert.
Noch ein paar Worte zu den Preisen. Die Ribs kommen als „whole slab“ (große Portion für 12 Euro) oder „half slab“ (kleine Variante für 7,50 Euro) vom Grill. Die anderen BBQ-Gerichte (Pastrami, Pulled Pork, Merguez, Salsiccia oder Huhn) liegen preislich zwischen 10,50 und 12,50 Euro. Daneben werden Sandwiches mit den gleichen Leckereien durchgängig für 12,50 Euro angeboten. Mit zwei Beilagen liegt man dann pro Person im 20-Euro-Bereich, ist dafür aber auch mehr als satt. Bei Normalhunger reicht eine kleine „Side-Order“ völlig aus. Denn Sättigung erfährt man im CW BBQ auch in flüssiger Form. Ein passables Angebot an Craftbieren aus der Flasche sowie die bereits erwähnte Eigenmarke lockt die Biertrinker abseits des Mainstreams.
Von der Einrichtung her könnte der Laden auch eine rustikale Bierkneipe sein. Zünftiges Holzmobiliar dominiert den schlauchartigen, von Backsteinwänden umgebenen Gastraum. Etwas skurril muten die etwas über mannshoch angebrachten, ausziehbaren Schreibtischlampen schon an. Aber solche kleinen Design-Accessoires erhöhen einfach den Hipster-Faktor. Da passt es auch, dass der Bar- und Ausschankbereich mit auffallend roten Fliesen ausgestattet wurde. Die Trennwand zum hinteren Bereich hat man mit gestapelten Holzscheiten verziert. Ein gewollt chaotischer Stilmix, der sich auch in Form unterschiedlichster Sitzgelegenheiten ausdrückt. Die bereits erwähnte Beef Chart ziert die Hauptwand und informiert ganz nebenbei auch die fleischlustige Interessengemeinschaft, die ihr Halbwissen in Sachen Meat Cuts während dem Verzehr der Selbigen sicher gerne auffrischt.
Uns hat der Besuch im Chicago Williams richtig gut gefallen. Sein hoher Spaß- und Coolnessfaktor hat uns einen unterhaltsamen Abend beschert. Schön, dass es Läden gibt, in denen man sich schon beim Erstbesuch wie ein Stammgast fühlt. Und dann die Rippchen…sie allein sind schon Grund genug für eine Wiederholungstat.
Wenn ein Laden in Zeiten des Überangebots an Steakhäusern und Burgerläden Seriosität beim Grillen verspricht, dann soll der Slogan wohl in erster Linie ein Abgrenzungsmerkmal darstellen. Im Falle der hippen BBQ-Bude in Berlin-Mitte sind das jedoch keine „Filetstücke“ totgestreichelter Kobe-Rinder, die marmoriert und „ge-dry-aged“ (neudeutsch für „gut abgehangen“) für einen dreistelligen Betrag den Besitzer wechseln, sondern bezahlbare Fleischteile, die sorgfältig zubereitet vom Grill bzw. aus dem Smoker auf dem Teller landen. Dabei wird – laut Homepage – bei der Auswahl... mehr lesen
Chicago Williams BBQ
Chicago Williams BBQ€-€€€Restaurant030 / 280 42 422Hannoversche Str. 2, 10115 Berlin
4.0 stars -
"Kulinarische Klassenfahrt Teil 2: In dubio pro carne – sauleckere Ribs, seriös gegrillt!" marcO74Wenn ein Laden in Zeiten des Überangebots an Steakhäusern und Burgerläden Seriosität beim Grillen verspricht, dann soll der Slogan wohl in erster Linie ein Abgrenzungsmerkmal darstellen. Im Falle der hippen BBQ-Bude in Berlin-Mitte sind das jedoch keine „Filetstücke“ totgestreichelter Kobe-Rinder, die marmoriert und „ge-dry-aged“ (neudeutsch für „gut abgehangen“) für einen dreistelligen Betrag den Besitzer wechseln, sondern bezahlbare Fleischteile, die sorgfältig zubereitet vom Grill bzw. aus dem Smoker auf dem Teller landen. Dabei wird – laut Homepage – bei der Auswahl
Besucht am 02.05.2016Besuchszeit: Abendessen 3 Personen
Für so eine Pfälzer Gastroperle lohnt sich auch eine längere Anreise, dachten wir noch auf dem Heimweg von der Wachenheimer Gerümpelstube. Denn an dieser Mittelhaardter Institution des guten Geschmacks kommt man nicht zufällig vorbei. In der unscheinbaren Hintergasse gelegen, nur wenige Schritte von der Kultmetzgerei Hambel entfernt, befindet sich das von außen eher unscheinbare Anwesen.
Wenig deutet auf die kulinarischen Genüsse im Inneren des weiß gestrichenen Gebäudes hin. Lediglich das in die Jahre gekommene Wirtshausschild prangt über dem aus Sandstein gemauerten Torbogen, an dessen Eingangstür eine umfunktionierte Planke eines Fassbodens (inkl. Spundloch) als Willkommensschild dient.
Man betritt das Restaurant durch den idyllisch angelegten Innenhof über eine kleine Treppe und steht sogleich im Inneren eines sehr gemütlichen, von freiliegenden Balken untergliederten Gastraumes. In dieser rustikal anmutenden Umgebung sorgen seit nunmehr sechseinhalb Jahren drei junge Gastronomen kulinarisch für Furore. Denn im Januar 2010 begann für die altehrwürdige Weinstube, deren Wurzeln bis in die Mitte der 70er Jahre zurückreichen, ein neuer Zeitabschnitt. Auf der Grundlage eines zeitgemäßen Konzeptes, das von Beginn an auf Nachhaltigkeit und den Einsatz regionaler Produkte setzte, gelang es dem jungen Gastro-Trio, ihre modern-kreative Herangehensweise gekonnt auf die traditionelle Umgebung zu übertragen.
Aus dem kernsanierten Bauernhaus mit heimeliger Fachwerk-Atmosphäre, einer gemütlichen Hofterrasse und lediglich sechs Tischen ist heute ein ambitioniertes Weinrestaurant, das besonders bei Freunden des „Langsam-Essens“, Pfalzweinenthusiasten und Weinstraßentouristen sehr beliebt zu sein scheint. Auch viele Riesling-Fans aus der Kurpfalz (RP, MA, HD) finden den Autoschildern zufolge den Weg ins nicht allzu weit entfernte Wachenheim in die nach einer renommierten Weinlage („Gerümpel“) benannte Weinstube. Ob der daueressende Monnemer aus der GG-Community hier schon aufschlug, entzieht sich jedoch meiner Kenntnis.
Gerade hatten wir unseren Platz im beschaulichen Weingarten in direkter Teichnähe eingenommen, machten wir die Bekanntschaft mit der gut gelaunten männlichen Servicehälfte. Damit unsere Nahrungsaufnahme an diesem warmen Mai-Abend nicht zur staubtrockenen Angelegenheit werden würde, beriet uns Sommelier Kay Winkler äußerst charmant bei der Auswahl der Getränke. Und so bestellten wir unsere Aperos (Sherry, Rieslingsekt und Pernod).
Zusammen mit Verena Springer sorgte Herr Winkler mit deutlich wahrnehmbarer Kompetenz und Herzlichkeit für einen sehr entspannten Abend. So fühlten wir uns in der Gerümpelstube gleichermaßen gut aufgehoben und fachkundig beraten. Dass man hier leicht zum „Gerümpelstubenhocker“ mutiert, liegt jedoch auch an den liebevoll gestalteten Gasträumen.
Dekorative Fachwerkbalken, rustikale Tische, die aus alten Essigfässern gezimmert wurden und kleine Accessoires – wahrscheinlich aus der familiären Erbmasse – statten das Innere des Weinlokals mit ganz viel Atmosphäre aus. Vielleicht war es ja gerade der spannende Gegensatz von zeitgemäßer Küche und nostalgischem Interieur, der uns an diesem Weinlokal so gefiel.
„Kombiniert man Leidenschaft mit den richtigen Zutaten, so kann das nur zu einer guten Mahlzeit führen!“ lautet das durchaus nachvollziehbare Credo von Küchenchef Markus Springer, das er uns im Gespräch nach Küchenschluss bereitwillig mitteilte. Dabei erfuhren wir auch einige wichtige Aspekte zur Entstehung der „Gerümpelstube 2.0“.
Während ihrer gemeinsamen Arbeit im Wormser Parkhotel Prinz Carl lernte sich das Betreibertrio kennen. Man merkte schnell, dass man gastronomisch auf einer Wellenlänge war und so entstand der Wunsch nach einer gemeinsamen Selbständigkeit. Ein zufälliger Besuch der „Ur-Gerümpelstube“ bot ihnen im Jahr 2009 die Gelegenheit, auf die sie schon lange gewartet hatten. Die Vorbesitzer (das Ehepaar Biermann), die schon über 30 Jahre lang die Weinstube betrieben, sehnten ihren hochverdienten Ruhestand herbei. Die Chance, ein etabliertes Traditionslokal zu übernehmen, ließen sich die drei nicht entgehen und erwarben das komplette Anwesen (inkl. Nachbarhaus zum Wohnen). Nach umfangreicher Sanierung erlebte das Lokal unter seinen neuen Eigentümern eine Art Renaissance, die vom Herd aus ihren Anfang nahm.
So wird heute bei den dargebotenen Speisen kompromisslos auf Hochwertiges gesetzt. Das Schweinefleisch für die Schnitzel stammt beispielsweise von der bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch-Hall, deren Qualitätsmaßstäbe noch über den heute üblichen Biostandard hinausgehen, da die Tiere nur selbst angebautes, genfreies Futter erhalten. Das Rindfleisch stammt vom Freesisch Rind, das auf den Weiden Norddeutschlands aufwächst und seinen unverwechselbaren Charakter durch die einzigartige Marmorierung erhält. Und das schmeckte man auch!
Ob Geflügel vom Züchter Ochsenschläger aus Biblis-Wattenheim, Käse von der Demeter-Dorfkäserei aus Geifertshofen oder Apfelspezialitäten vom Apfelgut Zimmermann aus der Wachenheimer Nachbarschaft, hier landen fast ausschließlich Kostbarkeiten aus nachhaltiger Produktion auf den stilvoll eingedeckten Tischen. Und das ganz ohne marktschreierische „Brutal-lokal-Attitüde“.
Das ist selbstverständlich beim Wein nicht anders. Bis auf ein paar Ausnahmen befinden sich nur Weine von Winzern, die in maximal zehn Kilometern Entfernung von der Gerümpelstube beheimatet sind, auf der von Kay Winkler mit Bedacht zusammengestellten Karte. Schön, dass neben einigen bekannten VDP-Größen, wie etwa Bassermann-Jordan oder Karl Schäfer, auch der Winzernachwuchs aus der Mittelhaardt nicht zu kurz kommt. Mit Jürgen Krebs (Freinsheim), Mario Zelt (Laumersheim) und Uli Karst (Bad Dürkheim) sind gleich drei innovative Jungwinzer auf der Karte vertreten. Die fair kalkulierten Viertelpreise (von 3,20 Euro bis 6,70 Euro) und die ebenso gastfreundlich angebotenen Flaschenweine (z.B. der Weißburgunder vom VDP Weingut Bürklin-Wolf für 19,50 Euro) zeigen, dass guter Wein auch im Restaurant erschwinglich sein kann.
So vielfältig die Auswahl bei den guten Tropfen, so übersichtlich gestaltet sich hingegen das Speisenangebot. Jeweils ein halbes Dutzend Vor- und Hauptspeisen listet die reduziert wirkende Karte. Wir werteten das als eindeutiges Indiz für Produktfrische. Dazu deftiges Pfälzer Soulfood in Form von eingelegtem Handkäse aus der Molkerei Bender-Geib (8,50 Euro) oder Sülze vom Landschweinbäckchen mit Tatarensoße, Bratkartoffeln und Salat (14,50 Euro). Passend zum südlichen Lebensgefühl der lauschigen Hofterrasse fließen in der warmen Jahreszeit auch mediterrane Akzente ein. Mit dem in Limette und Koriander marinierten Oktopus-Salat (10,50 Euro) oder dem im Knusperblatt gebackenen französischen Schafskäse (6 Euro) befinden sich einige leichte Sommergerichte als Vorspeisen auf der Karte.
Vorweg entschied ich mich für die wunderbar aromatische toskanische Tomatensuppe mit Ricotta (7,50 Euro), in der auch eine dünne Scheibe Weißbrot schwamm. Da passte wirklich alles. Perfekt abgeschmeckt, nach frischen Tomaten, Basilikum und Olivenöl duftend, betörte sie meine Sinne. Mental, saß ich wieder in Montegrosso (Apulien) im Antichi Sapori und hörte Maestro Zito aus der Küche italienische Anweisungen an sein Personal geben…herrlich. Ich habe sehr selten solch eine gute Zuppa Pomodoro gegessen – und schon gar nicht bei einem Italiener in Deutschland (Sorry, Rocco, aber das hier war eine andere Liga!).
Meine Kollegin wählte die Spargelcremesuppe mit Schinkenkrapfen (7 Euro) von der Empfehlungstafel, die neben uns an der Wand hing. Auch sie war begeistert. Der dritte im Bunde orderte den eingelegten Handkäse, dessen musikalische Begleitung natürlich nicht fehlen durfte. Nach diesem Vorspeisenreigen gingen wir offensiv mit unserem Fleischhunger um und orderten drei unterschiedliche Hauptgänge nach Carnivoren-Art. Unser Handkäs-Musikus am Tisch schnappte mir doch tatsächlich das wirklich phänomenal aussehende Rinderrückensteak vom freesisch Ochs (21,50 Euro) weg. Es kam mit knusprigen Bratkartoffeln und einer hausgemachten Pariser Pfeffersauce perfekt medium gebraten auf den Teller und sorgte bei ihm für pures Fleischvergnügen.
Klar, hätte ich dasselbe auch bestellen können, aber meine Neugier auf ein anderes, wesentlich seltener anzutreffendes Gericht erlaubte es mir nicht. Kaninchenkarrée aus dem Ofen mit Ratatouille-Gemüse und Mole-Kartoffeln (19,50 Euro) klang einfach unwiderstehlich. Und schmeckte auch mindestens genauso gut wie es sich anhörte. Kaninchenfleisch hat ja fast kein Fett, weshalb der perfekte Garpunkt obligat ist. Dazu war das Karrée im Inneren fein gewürzt, was dem weißen Karnickel-Fleisch zusätzliches Aroma verlieh. Die Kartoffeln (Drillinge) waren nach mexikanischer Art mit dieser schwarzen, süßlich-scharf schmeckenden Soße (Mole) bedeckt – ein aromatisch-würziger Genuss. Und zum Ausgleich diente das fruchtige Ratatouille. Geht eigentlich nicht besser, da nahezu alle Geschmackskomponenten in harmonischem Zusammenspiel auf dem Teller vertreten waren. Da störte mich auch nicht, dass das Kaninchen ordentlich Rückgrat bewies und mir das Lösen des Fleisches vom Selbigen nicht leicht machte.
Leichter zu essen war sicherlich der marinierte Stangenspargel an Kartoffeldressing mit Rucolapesto und gebratener Perlhuhnbrust (18,50 Euro) meiner Kollegin. Auch dieser Teller sah sehr delikat angerichtet aus. Besonders das Perlhuhn schien sehr saftig geraten zu sein, was den Verdacht nahelegte, dass wir in Chefkoch Markus Springer unseren Brat- bzw. Grillmeister gefunden hatten. Drei so unterschiedliche Fleischsorten zeitgleich so auf den Punkt zu servieren, dass sie allesamt als perfekt gebraten durchgehen, das hat schon richtig Klasse.
Zum Kaninchen genoss ich übrigens die Cuvée „Les Tentes“ von Mario Zelt aus Laumersheim (5,90 für das Viertel). Diese stimmte mich auch sehr gut auf das Dessert, die gebrannte Karamellschnitte mit Rhabarberkompott und Erdbeersorbet (7,50 Euro), ein. Da es uns draußen langsam fröstelte, zogen wir es vor, dieses in der urigen Gaststube einzunehmen. So kamen wir gegen Ende unseres Besuches auch in den Genuss der „wahren Gerümpelstube“ aus früheren Zeiten. Wir waren so ziemlich die letzten Gäste und bekamen noch ein Schnäpschen aufs Haus gereicht. Zudem hatten wir die Gelegenheit, mit Verena Springer ein wenig über die Philosophie und die Geschichte des Lokals zu plaudern, was wirklich sehr unterhaltsam war.
Zusammenfassend mussten wir drei Feinschmecker aus der Südpfalz feststellen, dass die Wachenheimer Gerümpelstube einen äußerst aufgeräumten, in sich stimmigen Gesamteindruck machte. Dass wir uns hier so wohlfühlten, mag an der außergewöhnlichen Mischung aus malerischer Umgebung, sympathischem Service und einfallsreicher Küche gelegen haben. Mit ihrem zeitgemäßen Konzept zeigen hier drei junge Gastronomen, dass sich Genuss und Nachhaltigkeit nicht ausschließen müssen. Das hat Potenzial und tut der Pfälzer Weinstubenlandschaft unheimlich gut.
Für so eine Pfälzer Gastroperle lohnt sich auch eine längere Anreise, dachten wir noch auf dem Heimweg von der Wachenheimer Gerümpelstube. Denn an dieser Mittelhaardter Institution des guten Geschmacks kommt man nicht zufällig vorbei. In der unscheinbaren Hintergasse gelegen, nur wenige Schritte von der Kultmetzgerei Hambel entfernt, befindet sich das von außen eher unscheinbare Anwesen.
Wenig deutet auf die kulinarischen Genüsse im Inneren des weiß gestrichenen Gebäudes hin. Lediglich das in die Jahre gekommene Wirtshausschild prangt über dem aus Sandstein... mehr lesen
Gerümpelstube
Gerümpelstube€-€€€Restaurant, Weinstube063228550Hintergasse 4, 67157 Wachenheim an der Weinstraße
5.0 stars -
"Versteckt liegendes Traditionslokal, das konzeptionell auf Regionalität und Nachhaltigkeit setzt" marcO74Für so eine Pfälzer Gastroperle lohnt sich auch eine längere Anreise, dachten wir noch auf dem Heimweg von der Wachenheimer Gerümpelstube. Denn an dieser Mittelhaardter Institution des guten Geschmacks kommt man nicht zufällig vorbei. In der unscheinbaren Hintergasse gelegen, nur wenige Schritte von der Kultmetzgerei Hambel entfernt, befindet sich das von außen eher unscheinbare Anwesen.
Wenig deutet auf die kulinarischen Genüsse im Inneren des weiß gestrichenen Gebäudes hin. Lediglich das in die Jahre gekommene Wirtshausschild prangt über dem aus Sandstein
Besucht am 06.06.2016Besuchszeit: Abendessen 3 Personen
Rechnungsbetrag: 144 EUR
So einmal im Jahr verschlägt es mich in unsere (Genuss-)Hauptstadt, die seit vielen Jahren in Sachen Kulinarik und Co. deutschlandweit den Ton angibt. Gibt es einen neuen Food-Trend – hier findet man ihn nicht nur zuerst, sondern auch in mannigfaltigster Ausprägung. Schon allein wegen der unglaublichen Auswahl an unterschiedlichsten Länderküchen lohnt jeder Besuch.
Meinen letztjährigen Kurztrip an Ostern habe ich rezensionstechnisch komplett verschwiegen. Die Burger beim „Bird“, die Dim Sum bei „Dan“ und das saftige Backschwein aus der Markthalle Neun habe ich mit keiner Silbe in diesem Gastro-Forum gewürdigt. Ich tue Buße und werde die Geschmackshighlights des kulinarischen Teils meiner diesjährigen Klassenfahrt mit besten Bissen und Gewissen hier chronologisch aufbereitet platzieren. Mal schauen, was daraus wird.
Ich liebe asiatische Küche. Die Bandbreite an Aromen, die hier geboten wird, ist einfach fantastisch. Da muss man in unserer ländlichen Gegend schon weit fahren, um in einen solchen Genuss zu kommen. In Berlin ist das natürlich anders. Da übertrumpfen sich Chinesen, Thailänder, Vietnamesen und mittlerweile auch viele Koreaner bei der Zubereitung leckerer Asia-Gerichte.
Und dann kam auch noch Tim Raue auf die Idee, in seinem ersten Restaurant Chinesisches im Haute-Cuisine-Stil (seine dekonstruierte Version der Peking-Ente wurde zum Signature-Dish!) zu kredenzen. Spätestens da war klar, dass Asia-Food nicht nur trendy und gesund ist, sondern auch qualitativ zu neuen Ufern aufbrechen wird. Und wo natürlich zuerst in Deutschland? Ihr wisst es bereits.
Über das Dae Mon hatte ich im Vorfeld einiges gelesen. Das Berliner Szene-Magazin „Zitty“ hatte es in seiner Gastro-Spezialausgabe mit in die „Hotlist“ aufgenommen und vom besten und schicksten Koreaner Berlins geschwärmt. Vom spannendsten Asiaten, den Berlin derzeit zu bieten hat, war gar die Rede.
Gleich vorweg, wegen der Hans Wegner-Stühle und der eigens für das Lokal kreierten Typographie habe ich mir keinen Hipster-Bart angeklebt bzw. bin in keinen Rauten-Pullunder geschlüpft, um über das OpenTable-Portal im Vorfeld drei Plätze zu reservieren. Nein, ich war schlicht und ergreifend neugierig, wie gehobene koreanische – von den Betreibern zeitgenössisch genannte – Kochkunst aussieht und vor allem schmeckt.
Die Betreiber des „Dae Mon“ sind in Berlin keine Unbekannten und sie haben sich viel vorgenommen. Felix Pahnke und Hyun Wanner, die schon den trendigen Szene-Koreaner „Kimchi Princess“ in Kreuzberg erfolgreich führen, haben im Oktober 2014 in unmittelbarer Reichweite zum Hackeschen Markt ein durchgestyltes Esserlebnis, bei dem der Gast in eine andere Welt eintauchen solle, eröffnet. Doch statt auf teuflisches Rot (wie beim Laden in Kreuzberg), wird hier auf „dae-mon-isches“ Schwarz gesetzt.
Schwarz gestrichene Wände, außergewöhnliches Lichtdesign, einsehbare Showküche – alles Elemente einer durchdacht konzipierten Inneneinrichtung, die auch in New York oder London zu gefallen wüsste. Im großzügig, sehr modern geschnittenen Gastraum fängt die freistehende Bar die ersten Gästeblicke gekonnt ein. Heimelige Nischen werden durch verschiedenste Lichteinflüsse perfekt inszeniert. Man sitzt auf bequem gepolsterten Wandbänken an blanken Holztischen, die ganz gut ohne Deckchen auskommen. Draußen am zentralen und doch sehr beschaulich gelegenen Monbijouplatz sorgt eine kleine, von Bambus umgebene Terrasse für lauschige Stunden im Sommer.
Wir wurden sehr freundlich in Empfang genommen und durften an einem der wenigen Freilufttische Platz nehmen. Die Sonne hatte noch genügend Kraft um die frische Brise am Abend vergessen zu machen. Eine größere Gruppe von Chirurgen lauschte im Inneren des Lokals einem Vortrag, ehe sie sich draußen an einer langen Tafel einfand. Der sehr zuvorkommende Service entschuldigte sich sogleich für den Umstand, dass aufgrund dieser Gesellschaft die Zubereitung der Speisen etwas länger dauern könnte und bot uns als „Entschädigung“ einen Aperitif aufs Haus an.
Zwei Aperol Spritz und einen Kir Royal später studierten wir die übersichtliche, in apartem lindgrün gehaltene Speisenkarte, deren Knappheit in puncto Beschreibung der 16 Gerichte keine Anhaltspunkte bezüglich ihrer Anrichtung und Zubereitung zuließ. Ob asiatische Geschmacksbombe oder koreanische Katze im Sack – das würden also erst die Teller zeigen. Wir ließen uns überraschen.
Trotz klarer Unterteilung in acht Vor- und acht Hauptspeisen, wurde uns die Entscheidung nicht gerade leicht gemacht. Alles klang so verlockend lecker. Erst einmal eine Flasche Vösslauer (0,75 l für stolze 7,50 Euro) zum Durstlöschen und dann sahen wir weiter. Meine Kollegin suchte nach einer vegetarischen Hauptspeise und wurde leider nicht fündig. Überall war Fleisch oder Fisch dabei. Dann eben zwei Veggie-Vorspeisen: die Lila Kartoffeln mit Süßkartoffelbällchen, Lotuswurzel und Pastinaken-Crème (9 Euro) sowie die Buchweizennudeln mit saisonalem Gemüse und Shiitake-Ei (10 Euro) wurden geordert. Die andere Kollegin wählte genau wie ich die aus Wan-Tan-Teig bestehenden Mandu (koreanische Teigtaschen), die mit einer Garnelen-Farce gefüllt waren (9 Euro), als Vorspeise.
Dazu ein guter Pfälzer Grauburgunder von Gies-Düppel. Das dachte ich noch bevor meine Kollegin ihre Abneigung für Pfälzer Weißweine kundtat. Ein Südfranzose, dazu noch ein Rosé, sollte den Asia-Abend nun passend begleiten. Und so kam es, dass wir uns für eine Flasche „Château de la Deidière“ Rosé (33 Euro) entschieden. Kein besonderer Wein, aber auch kein vinophiler Griff ins Klo. Ein Alltags-Côtes-de-Provence, den ich bei Ludwig von Kapff für unter 7 Euro erstehen könnte, was ich selbstverständlich niemals tun würde, denn für das Geld krieg ich in der Pfalz besseren Stoff. Aber sei es drum, so schnell sitzen wir bestimmt nicht mehr zusammen im „Dae Mon“.
Bei den Hauptspeisen geriet ich entscheidungsmäßig arg in die Bredouille. Schweinebäckchen, Maispoularde und Spare Ribs standen zur Auswahl. Letztere nannte sich „Baby Back Ribs“ und wurden von Sesam-Reis, Popcorn-Crème und mit Gochujang gewürztem Popcorn (21 Euro) serviert. Wie hätte ich da nein sagen können. Meine Kollegin ohne Fleisch-Fisch-Problem entschied sich für den gegrillten Pulpo mit Wakame, Kartoffeln, Gurken und Ponzu-Zwiebeln (24 Euro). Eine zusätzliche Portion Reis (3 Euro) diente ihr als Beilage.
Mein lieber Chefkoch Song Lee, wenn du das an deiner früheren Wirkungsstätte (im Restaurant des Grand Hyatt Berlin, Anm.) aufgefahren hättest, wäre deren Hotelküche wahrscheinlich in kürzester Zeit zum koreanischen Hotspot mutiert. Alle Gerichte, die wir an diesem Abend serviert bekamen, waren handwerklich perfekt zubereitet und dazu sehr ansprechend auf den Tellern arrangiert.
Los ging es mit vier saftigen Mandu, deren leckere Garnelenfüllung begeisterte. Meine Kollegin war ebenfalls sehr angetan von dieser Vorspeise. Kleingehäckselte Cashewnüsse klebten am frittierten Wan-Tan-Teig, den ich mit meinen Stäbchen in den hausgemachten Dip auf Sojabasis tunkte. Ein gelungener Auftakt. Die Veggie-Kollegin ließ mich von ihrer farbenfrohen Schieferplatte den Lila Kartoffelsalat und ein Süßkartoffelbällchen probieren. Geht auch ohne – dachte ich anerkennend. Kleine Pastinaken-Tupfer verliehen ihrem klein geschnittenen Lotuswurzelgemüse die passende aromatische Ergänzung.
Dann kamen die Hauptgänge. Meine Ribs waren so zart, dass ich sie eigentlich hätte mit den Stäbchen essen können. Ich weiß nicht wie lange und wie schonend sie gegart wurden, aber eines war klar: sie waren von der Konsistenz her absolut genial zubereitet und sehr delikat mariniert. Die pikante Marinade wurde von der dezenten Süße der Popcorn-Crème toll aufgefangen. Zudem sorgten die Reis-Sesam-Bällchen als Beilage für eine angenehme Sättigung.
Der gegrillte Pulpo meiner Kollegin lag auf einem sommerlichen Arrangement aus Wakame-Algen, Kartoffelspalten und gerollten Salatgurken. Die Kombination wirkte eher wie ein mit Ponzu-Sauce veredelter Meeresfrüchtesalat. Auch sie war begeistert von der Produktfrische und der ungewöhnlichen Zusammensetzung ihres Tellers. Ein echter Hingucker war das akkurate, fein gewürzte Türmchen aus Buchweizennudeln, das zwischen knackigem Wokgemüse thronte. Im zylinderförmigen Mini-Omelette waren aromatische Shiitake-Pilze versteckt. Nur eine von mehreren liebevoll in Szene gesetzten Komponenten auf dem Teller.
Auch unsere Desserts – Matcha Panna Cotta (11 Euro) und die Ingwer Crème brulée (8 Euro) – waren ein Volltreffer. Bei Asiaten ja allgemein eher unüblich, verblüffte das Küchenteam um Song Lee mit aufwendig angerichteten süßen Köstlichkeiten, die für das Gebotene preislich fair kalkuliert waren. Die Kombination vom gemahlenen Grüntee-Pulver (Matcha) und Panna Cotta kam in Form eines grün-weiß geschichteten Quader auf die Schieferplatte. Aber da lasse ich mal lieber das Bild für sich sprechen.
Der Besuch im „Dae Mon“ hatte überhaupt nichts Gespenstisches und stellte einen rundum gelungenen Auftakt unserer kulinarischen Entdeckungsreise in Deutschlangs Genuss-Metropole Nr. 1 dar. In Sachen Inszenierung und Interieur passt das Lokal natürlich zu Berlin wie das Sushi zwischen die Stäbchen. Ob das dann mehr Kunstprojekt oder Esserlebnis ist, sei jedem Gast selbst überlassen. Wir haben uns jedenfalls dort sehr wohl gefühlt. Und dass hier sowohl am Herd, als auch im Service Profis am Werk sind, spürt man jederzeit. Großes Kompliment hierfür!
So einmal im Jahr verschlägt es mich in unsere (Genuss-)Hauptstadt, die seit vielen Jahren in Sachen Kulinarik und Co. deutschlandweit den Ton angibt. Gibt es einen neuen Food-Trend – hier findet man ihn nicht nur zuerst, sondern auch in mannigfaltigster Ausprägung. Schon allein wegen der unglaublichen Auswahl an unterschiedlichsten Länderküchen lohnt jeder Besuch.
Meinen letztjährigen Kurztrip an Ostern habe ich rezensionstechnisch komplett verschwiegen. Die Burger beim „Bird“, die Dim Sum bei „Dan“ und das saftige Backschwein aus der Markthalle Neun... mehr lesen
Dae Mon
Dae Mon€-€€€Restaurant03026304811Monbijouplatz 11, 10178 Berlin
4.5 stars -
"Kulinarische Klassenfahrt Teil 1: Koreanische Gourmetküche gekonnt inszeniert" marcO74So einmal im Jahr verschlägt es mich in unsere (Genuss-)Hauptstadt, die seit vielen Jahren in Sachen Kulinarik und Co. deutschlandweit den Ton angibt. Gibt es einen neuen Food-Trend – hier findet man ihn nicht nur zuerst, sondern auch in mannigfaltigster Ausprägung. Schon allein wegen der unglaublichen Auswahl an unterschiedlichsten Länderküchen lohnt jeder Besuch.
Meinen letztjährigen Kurztrip an Ostern habe ich rezensionstechnisch komplett verschwiegen. Die Burger beim „Bird“, die Dim Sum bei „Dan“ und das saftige Backschwein aus der Markthalle Neun
Besucht am 01.06.2016Besuchszeit: Abendessen 3 Personen
Treffender wie es Ruhrpottbarde Herbert G. in seiner 98er Prä-Millenium-Hymne „Bleibt alles anders“ formulierte, kann man die Veränderungen um den 31-jährigen Küchenchef Philipp Arens eigentlich kaum in Worte fassen: „…es gibt viel zu verlieren, du kannst nur gewinnen - genug ist zu wenig - oder es wird so wie es war….“.
Genug war dem gebürtigen Bad Homburger anscheinend schon immer viel zu wenig. Das zeigt schon ein Blick auf seinen beruflichen Werdegang. So startete er seine Kochkarriere im renommierten Schlosshotel Kronberg (im Taunus) bei Altmeister Ledermüller, ehe er als Chef de Partie im Schwarzen Hahn (Deidesheim) und danach als Küchenchef in „Netts Restaurant“ (Neustadt-Gimmeldingen) fungierte.
Doch Philipp Arens strebte nach gastronomischer Selbstverwirklichung. Diese fand er am Ortsrand des südpfälzischen Weinörtchens Hainfeld, wo er zusammen mit seiner Frau Annika und einem überschaubaren Kompetenzteam in Küche und Service das „Arens Restaurant“ vier Jahre lang mit großer Leidenschaft und jeder Menge kulinarischer Intelligenz führte.
Seine Philosophie einer zeitgemäßen Frischeküche basierte schon da auf einer kreativen Komplettverwertung der verwendeten Produkte ohne dabei internationale Akzente zu scheuen. Ganz einem nachhaltigen Prinzip verpflichtet, arbeitete er in seiner Hainfelder Zeit sehr gerne mit kleinen Lieferanten aus der Region zusammen.
Und diese Einstellung hat er sich – Gott sei Dank – auch an seiner neuen Wirkungsstätte bewahrt. Hoch über dem touristisch stark frequentierten Weinort St. Martin kocht er nun im Hotel „Haus am Weinberg“ auf 327 m über Normalnull. Er scheint die Niederungen der Rheinebene gerne hinter sich gelassen zu haben (bei dem sensationellen Blick von hier oben ist das auch kein Wunder) und möchte es nun im wesentlich größeren Rahmen so richtig wissen. Personell aufgerüstet, ist die Marschrichtung klar: das bewährte Konzept in die Hotelküche implementieren!
Das bedeutet natürlich auch, sich auf eine neue Klientel, vornehmlich bestehend aus Südpfalztouristen, Wanderern und Hotel- bzw. Tagungsgästen, einzustellen. Und das ohne die bestehende Anhängerschaft zu vergraulen. Sicherlich keine leichte Aufgabe, die hier bewältigt werden möchte.
Seit meinem letzten Besuch im Februar 2015 ist also sehr viel passiert. Mein alter Gutschein über einen Kochkurs in „Arens Restaurant“ lag schon seit ein paar Jährchen angestaubt im Regal. Nach einem unterhaltsamen Telefonat mit Herrn Arens war klar, dass ich ihn jederzeit einlösen könne. Also machten wir uns an einem Mittwochabend im Mai auf, dieses Vorhaben in die Tat umzusetzen.
Wir waren zu dritt und genossen bereits die Anfahrt durch die das Hotel umgebenden Weinberge. Da sich das beeindruckende Anwesen ein wenig außerhalb des Ortes Sankt Martin befindet, herrscht hier eine ländliche Idylle vor, die einem schon beim Aussteigen aus dem Wagen ein leichtes Urlaubsgefühl verpasst. Ankommen leicht gemacht – sicherlich in erster Linie der malerischen Umgebung geschuldet. Wäre es ein „richtiger“ Sommerabend gewesen, hätten wir sicherlich draußen Platz genommen und uns am Blick auf die nahegelegenen Berge, die rebbestandenen Hügel und die kleinen Weindörfchen der Umgebung satt gesehen.
War es aber nicht – und so spazierten wir das große „A“ am separaten Eingang von Arens Restaurant übersehend, irrtümlicherweise durch den Hoteleingang die Stufen hinunter in die Gasträume, die sich grob in zwei Bereiche gliedern lassen. Der erste erinnert ein wenig an vergangene Hainfelder Tage, ist jedoch wesentlich geräumiger. Blickt man nach links zum Thekenbereich, hinter dem sich die Hotelküche befindet, steht man inmitten der von hellem Holz dominierten vorderen Gaststube, deren in schlichtem Weiß eingedeckten Tische entlang der Fensterfront von bequem gepolsterten Wandbänken flankiert werden. Die Stühle sind mit weißen Überzügen versehen, moderne Hängeleuchten sorgen für angenehmes Licht. Eine komplett in Holzfassoptik angelegte, abgetrennte Sitznische wirkt wie eine räumliche Reminiszenz an das „alte Arens“. Für das gemütliche Candlelight-Dinner sicherlich die perfekte Kulisse.
Der unmittelbar angrenzende zweite, um einiges größere Gastraum wird von Fenstern umrahmt, wodurch man von nahezu jedem Platz einen schönen Ausblick auf die Umgebung hat. Auch hier dominiert eine helle Holzoptik in Form freiliegender Balken und rustikaler Deckenverkleidung. An letzterer sorgen kleine Strahler für die passende Ausleuchtung. Insgesamt bieten die Räumlichkeiten Platz für schätzungsweise 100 Gäste.
Am Abend unseres Besuches waren beide Räume gut ausgelastet. Die Mehrzahl der Leute schienen Hotelgäste zu sein, da sie vorwiegend in größeren Gruppen auftauchten. Im Service waren neben der Restaurantleiterin Janette Landgräbe noch zwei Damen aktiv. Bei ca. 60 Gästen, die nahezu zeitgleich auf ihr Essen warteten, war das keine leichte Aufgabe. Aber auch hier stehen personelle Verstärkungen noch aus, wie mir Fr. Landgräbe im Gespräch verriet. Anders kann man das in einem Hotelrestaurant auch gar nicht wuppen. Trotz allem Stress agierten die Damen vom Service äußerst unaufgeregt und herzlich. Wir fühlten uns rundum wohl und kompetent beraten. Gerade bei der umfangreichen Weinkarte ist das natürlich kein Nachteil.
Deren Schwerpunkt liegt eindeutig bei den Winzern der Region (auch etliche „Vorortsweine“ aus Sankt Martin waren vertreten). Man offeriert nach wie vor eine stattliche Auswahl offener Weine (sowohl Viertel- als auch Achtelpreise sind angegeben!) sowie ein wohl durchdachtes und zugleich fair kalkuliertes Flaschenweinangebot. Viele der guten Tropfen sind für weniger als 20 Euro zu erstehen. Darunter befindet sich das nahezu komplette "Who is who" der Pfälzer Weiß- und Rotweinkunst. Ob VDP-Größen wie Wehrheim und Bassermann-Jordan, oder aufstrebende Jungwinzer wie Klein, Leiner oder Borell-Diehl, die Auswahl spiegelt das aktuelle Topniveau des Pfälzer Weinbaus adäquat wider.
Wir gönnten uns an jenem Abend eine Flasche der im Barrique gereiften Cuvée „Z“ von Oliver Zeter aus Neustadt-Diedesfeld für 35 Euro. Eine echt „bärige“, Cabernet Sauvignon lastige Cuvée im Bordeaux-Stil, die von den sonnigen Hängen der Mittelhaardt den Weg in die Flasche fand. Ein wirklich hervorragender Rotwein, den uns Fr. Landgräbe da empfahl. Sehr voll und rund im Geschmack und – wie sich noch herausstellen sollte – der perfekte Essensbegleiter für den Abend.
Für Feinschmecker gleich vorweg: das Arens-Menü (in 5, 4 oder 3 Gängen) bildet auch weiterhin das geschmackliche Epizentrum der Speisenkarte. Alle Gänge sind jedoch auch einzeln zu haben. Die 62 Euro für das komplette Hochküchenprogramm in 5 Akten sind in Anbetracht der hier verwendeten Produkte und ihrer aufwendigen Zu- bzw. Verarbeitung richtig gut angelegt. Sowieso bleibt festzustellen, dass sich das Restaurant genau wie in Hainfeld durch ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis auszeichnet. Der neuen Klientel ist wohl die leichte Vergrößerung der Portionen im Allgemeinen geschuldet, was jeden hungrigen Wanderer sicherlich erfreuen dürfte.
Daneben findet man in der Karte jeweils ein halbes Vor- und Hauptspeisen, die saisonal wechseln, sowie unter der Rubrik „Regional mal anders“ vier einfallsreich arrangierte Klassiker der hiesigen Hausmannskost. Ein paar verführerisch klingende Desserts runden das vielseitige Angebot schließlich ab.
Genau wie früher kam der erste Küchengruß an den Tisch: Butter, Fleur de Sel, Limettencreme und Aioli wurde zum selbstgebackenen Brot gereicht. Der zweite Amuse-Streich stellte eine von karamellisierten Sonnenblumenkernen ummantelte Ziegenkäsekugel dar, die mit etwas Rohkost und würzigen Tupfern auf einem länglichen Tellerchen angerichtet war. Beides waren gelungene Einstimmungen auf das, was uns noch erwartete.
Für das Arens-Menü erschien mir der Abend nicht gebührend genug, also schaute ich mich bei den gelisteten Vor- und Hauptspeisen in der Karte um. Die Sauerampferschaumsuppe mit einer gebratenen Riesengarnele (8 Euro) klang vielversprechend. Für den Hauptgang sollte es ebenfalls etwas Regionales sein: Ragout und Schnitzel vom St. Martiner Frischling mit Brezelknödelsoufflée und saisonalen Mairüben (22,50 Euro).
Der leicht säuerliche Geschmack meiner Suppe wurde durch adäquates Abschmecken perfekt ausbalanciert. Die gebratene Riesengarnele lag daneben auf einem Kleks Petersilienwurzel-Rohkostsalat. Das harmonierte prächtig und ließ mich in kulinarischen Erinnerungen schwelgen. Damals durfte ich in Hainfeld die fantastische Rotkohlschaumsuppe mit Gänsepraline genießen. Ich erinnerte mich, dass sie ihre Zitroneninfusion direkt am Tisch erhielt und auch so eine subtil säuerliche Note hatte. Schön, wenn Köche ihrem Stil treu bleiben und zudem noch Erinnerungen am Gaumen zu wecken vermögen.
Meine weiblichen Begleitungen verzichteten an jenem Abend auf eine Vorspeise. Warum sie sich Leckereien wie Spinat-Ricotta-Röllchen mit gerösteten Haselnusshälften und Rosinen (12,50 Euro) oder Zweierlei von der Barbarieente mit Sprossen und Teriyaki-Sauce (14,00 Euro) entgehen ließen, weiß ich auch nicht. Aber eine weitere Vorspeise meinerseits hätte wohl die Kapitulation vor dem Hauptgang bedeutet.
Der kam vorzüglich duftend und wie immer stilvoll angerichtet auf den Tisch. Das ultrazarte Frischlingsschnitzel lag paniert neben dem Ragout, dessen dunkle Sauce mit einem guten Schluck Rotwein verfeinert worden war. Sie hatte genug geschmackliche Tiefe, um mit ihrer feinen Würze die eher herb schmeckenden Navettes aromatisch einzubetten. Der in Soufflée-Form vertretene Brezelknödel war dazu genauso in der Lage. Alles war aus sorgfältig ausgewählten Produkten, denen man die Frische deutlich anmerkte, zubereitet.
Das traf auch auf die gewählten Hauptgänge meiner beiden Begleitungen zu. Die Rahmpfifferlinge mit Serviettenknödeln und zweierlei Rucola (15,50 Euro) sowie die gefüllte Frikadelle auf Currywirsing (12 Euro) sahen wirklich klasse aus. Meine beiden Damen am Tisch waren gleichermaßen begeistert und gut gesättigt von ihren Gerichten. Die Portionsvergrößerung im Hause Arens war besonders bei den Hauptgängen evident. Die Frikadelle hatte eine wirklich imposante Größe und war mit einer fruchtig-würzigen Zwiebel-Senf-Marmelade gefüllt. Das dazu servierte, mit einem Aufpreis von lediglich 3 Euro versehene Kartoffel-Sellerie-Püree wurde übrigens auch zu den anderen Regionalgerichten (Dreierlei Bratwurst und Saumagenstrudel) angeboten.
Beim Nachtisch mussten wir diesmal auf das liebgewonnene Crème-Brulée-Allerlei mit seinen fünf verschiedenen Geschmacksvarianten verzichten, da die frisch zubereiteten Crèmes noch nicht die nötige Festigkeit hatten. Schade, denn dieses Signature-Dessert von Philip Arens war schon früher ein süßes Geschmackshighlight. Doch auch die Kombination aus Nougat, Pfälzer Erdbeeren und Rhabarber (12 Euro) schmeckte hervorragend. Und ein halbflüssiger Schokoladenkuchen (hier mit Vanille-Gries-Eis und karamellisierten Pfirsichen für 8,50 Euro) geht sowieso immer.
Unsere Rechnung entsprach in etwa dem Betrag des Gutscheins von 120 Euro. Für drei Personen ein wirklich sehr fairer Preis, der das Credo von Philipp Arens, nämlich "gehobene Alltagsküche für jedermann" anzubieten, unterstreicht. Diese funktioniert auch in Sankt Martin im besten kulinarischen Sinne und vermag sowohl Freunde deftiger Pfalzküche, als auch Feinschmecker mit Degustationshintergrund zu begeistern. Den Focus dabei immer auf das Wesentliche gerichtet, nämlich die akribisch zubereiteten Speisen, die großes Gaumenkino versprechen. Und das Ganze zu einem geradezu sensationellen Preis. Glasklare Empfehlung!
Treffender wie es Ruhrpottbarde Herbert G. in seiner 98er Prä-Millenium-Hymne „Bleibt alles anders“ formulierte, kann man die Veränderungen um den 31-jährigen Küchenchef Philipp Arens eigentlich kaum in Worte fassen: „…es gibt viel zu verlieren, du kannst nur gewinnen - genug ist zu wenig - oder es wird so wie es war….“.
Genug war dem gebürtigen Bad Homburger anscheinend schon immer viel zu wenig. Das zeigt schon ein Blick auf seinen beruflichen Werdegang. So startete er seine Kochkarriere im renommierten Schlosshotel Kronberg... mehr lesen
Gourmetrestaurant Arens im Arens Hotel 327 m NN
Gourmetrestaurant Arens im Arens Hotel 327 m NN€-€€€Restaurant, Hotel063239450Oberst-Barrett-Straße 1, 67487 Sankt Martin
5.0 stars -
"Größer, höher, aber genauso lecker! – Arens reloaded auf 327m ü. NN." marcO74Treffender wie es Ruhrpottbarde Herbert G. in seiner 98er Prä-Millenium-Hymne „Bleibt alles anders“ formulierte, kann man die Veränderungen um den 31-jährigen Küchenchef Philipp Arens eigentlich kaum in Worte fassen: „…es gibt viel zu verlieren, du kannst nur gewinnen - genug ist zu wenig - oder es wird so wie es war….“.
Genug war dem gebürtigen Bad Homburger anscheinend schon immer viel zu wenig. Das zeigt schon ein Blick auf seinen beruflichen Werdegang. So startete er seine Kochkarriere im renommierten Schlosshotel Kronberg
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Da es ein Spontanbesuch nach einer ausgiebigen Rundwanderung (Neustadt – Wolfsburg – Weinbiet – Neustadt) war, wir parkten auf dem „Wanderparkplatz“ quasi direkt vor dem Lokal, hatte ich keine Vorinformationen eingeholt. Lediglich der Name „Haardter Winzer“ klebte mir aufgrund eines Artikels im „Pfälzer Restaurantführer“ am hinteren Bereich des Gaumens fest. Für mich also ein bis dato weißer Fleck in der gastronomischen Landkarte Neustadts und Umgebung.
Als wir kurz vor 18 Uhr, der offiziellen Öffnungszeit, die lauschige Weinterrasse vor dem ehrwürdigen Klinkerbau am Fuße des Haardtrandes betraten, wurden noch fleißig Tische eingedeckt und Reservierungsschilder von Tisch A zu B und zurück geschoben. Die Tochter (?) der Inhaberin Ulrike Paul, Frau Theresa Moser, hatte an diesem Abend alle Hände voll zu tun, um den Überblick zu bewahren. Ihre beiden Gehilfinnen, die noch ein wenig Zeit zur Volljährigkeit hatten, mussten erst mal instruiert werden. Wir fragten höflich nach, ob denn noch Plätze frei wären und rechneten eigentlich mit einem mitleidigen Kopfschütteln, nachdem wir den Offenbarungseid in puncto Reservierung leisteten. Die Juniorchefin schaute in ihrem dicken Kalender für Voranmeldungen nach und siehe da, uns wurde ein ziemlich zentral gelegener Platz inmitten der wunderschön angelegten Terrasse zugewiesen.
Dann war zunächst großes Schirmaufspannen angesagt, denn die Abendsonne knallte noch heftig. Binnen einer halben Stunde füllte sich der Außenbereich zusehends. So manches ältere Pärchen nutzte die Verwirrung der Aushilfskräfte schamlos aus und setzte sich ungeniert auf bereits reservierte Plätze. Dieses „Haardter-Winzer-Chaos“ wurde erst durch die Serviceleiterin souverän gemeistert, indem sie den (völlig zu Unrecht) verärgerten Senioren auf freundlich dezidierte Art und Weise mitteilte, dass für sie hier leider kein Stuhl mehr frei ist. Freundlich, aber bestimmend, so trat sie an diesem Abend des Öfteren auf. Musste sie wahrscheinlich auch, denn ihre beiden Service-Rookies bedurften ihrer führenden Hand. Unterstützt wurde sie von einem jungen Mann, der vornehmlich hinter dem Tresen für gefüllte Gläser sorgte, aber sich dann und wann auch als Bedienung hervortat.
Unser erster Eindruck von diesem jungen Team: die geben sich richtig Mühe. Zudem macht der mediterran angelegte Weingarten einen sehr gepflegten Eindruck und vermittelt regelrecht Urlaubsgefühle. Der Besuch der Sanitäranlagen glich einer Wohltat. Die waren einfach von der Sauberkeit und ihrem Erscheinungsbild her kaum zu toppen. Die vom „Monnemer“ bereits erwähnten Stoffhandtücher findet man bei dieser Art von Gastronomie auch nicht an jeder Ecke. Da macht man schon mal vieles richtig und schafft so die Grundlage für ein Wohlgefühl beim Gast.
Ich schaute mich im Inneren des Lokals ein wenig um und staunte nicht schlecht über die geradlinig schicke Einrichtung der distinguiert wirkenden Räumlichkeiten. Dunkles Holzmobiliar, sparsam eingesetzte Deko auf den Tischen, raumteilende Elemente, dezente Strahlerleuchten an der Decke, ein Spiegel mit Goldrahmen als Blickfang. Bei der Einrichtung wurde scheinbar sehr viel Wert auf Stil gelegt. Dass dies leider etwas zu Lasten der Gemütlichkeit geht, möchte ich an dieser Stelle nicht verschweigen.
Doch wir saßen draußen und machten es uns so gemütlich wie es nur ging, denn der große Andrang hinterließ so manche olfaktorische Beeinträchtigung. Direkt neben uns saß eine Gruppe älterer Herrschaften, unter denen eine Dame am Tisch brutal eingedulft vor sich hin stank, dass einem ihre Überdosis „Eau de Provocateur“, einem wirklich fies in der Nase stechenden „Nuttendiesel“, fast schon das Essen versaute. Und ja, wir saßen nun mal unter freiem Himmel und da darf selbstverständlich geraucht werden. Aber in Verbindung mit solch ekelhaften Nebendüften, war auch dieser nur schwerlich zu ertragen.
Die abwechslungsreiche und dennoch sehr kompakte Speisenkarte offenbarte ein völlig ausreichendes Angebot an Leckereien. Ein halbes Dutzend Vorspeisen, um die 10 Hauptgerichte und ein paar Desserts, das war’s. Das Ganze mit Bedacht zusammengestellt, so dass die verschiedensten Geschmäcker bedient werden. Die Karte las sich auffallend saisonal und strotzte demnach nur so vor leichten Sommergerichten. Die Preise lagen im „Normbereich“ besserer Pfälzer Landhausküche. Das Argentinische Rib Eye Steak mit mediterranem Gemüse und einem Kartoffelspieß (sah gut aus!) markierte mit 21,90 Euro das teuerste Gericht auf der Karte. Schön, dass auch ein Pfalzklassiker früherer Tage, die gebratene Dosenbratwurst mit Spiegelei und Bratkartoffeln (inkl. Salat für faire 11,90 Euro) die Freunde kulinarischer Nostalgie bedient. Doch die eigentliche Besonderheit im „Haardter Winzer“ ist der kulinarische Einfluss Österreichs, der sich in Form von Pongauer Spinatknödeln, Salzburger Zwiebelrostbraten und Wiener Kalbsschnitzel in der Karte widerspiegelt.
Dieser Einfluss setzt sich selbst bei der Weinkarte fort. Mit dem Grünen Veltliner und dem Zweigelt sind gleich zwei Weine aus Niederösterreich darauf vertreten. Bei den offenen Weißweinen setzt man ganz auf die Qualitäten aus der unmittelbaren Haardter Nachbarschaft, während die glasweise ausgeschenkten Rotweine hauptsächlich vom Weingut Castel Peter aus Bad Dürkheim und vom Weingut Jürgen Heußler aus Rhodt u. d. Rietburg stammen. Preislich oszillieren die Preise fürs Viertel zwischen 3,40 Euro und 6,90 Euro, was bei dem Gebotenen auch völlig ok geht. Daneben sorgt eine nette Auswahl an Aperitifen (Winzersekt in diversen Variationen, Campari, Sherry, Martini, Gin Tonic) für einen gelungenen Auftakt.
Den hatten wir in Form von einer Minestrone (5,90 Euro), die es auch als Mini-Portion in der Espressotasse gab sowie einem kleinen Vorspeisensalat mit leckerer Mango-Vinaigrette, gerösteten Kernen und Croutons (3,90 Euro). Geordert hatte ich ja eigentlich die kleinere Suppenvariante, was wahrscheinlich fehlerhaft vom Service notiert bzw. weitergegeben wurde. Nicht schlimm, denn die „Normalversion“ war von der Menge her auch recht überschaubar. Schade nur, dass sie zu viel Salzwürze abbekommen hatte. Dadurch wurden die darin schwimmenden, frischen Gemüseschnipsel (Zucchini, Karotten, etc.) zu geschmacksneutralen Nebendarstellern degradiert. Durch die etwas zu lange gekochten, leicht matschigen Reisnudeln konnte ich diesen „Gruß aus Italien“ nur schwerlich erwidern. Und ehrlich gesagt erschienen mir knappe 6 Euro für das Gebotene schon etwas hochgegriffen. Da habe ich im Hubertushof zu Ilbesheim für das gleiche Geld aber eine wesentlich raffinierter zubereitete Minestrone gegessen.
Der kleine Salat meiner Begleitung sah anständig aus und ich freute mich, dass mein Hauptgang, das Wiener Kalbsschnitzel mit Pommes frites und Preiselbeeren (18,90 Euro), auch einen solchen beinhaltete. Die Dame an meinem Tisch bestellte den Haardter Winzer Wrap, der mit Fetakäse, Gurke, Tomaten und knusprigem Bacon gefüllt war (10,90 Euro). Trotz des Großbetriebs am Samstagabend waren die Wartezeiten für das Essen absolut im Rahmen. Der Service zeigte sich sehr bemüht und kümmerte sich rührend um das „junge“ Gastgemüse (tatsächlich alle unter 100!).
Was meine Suppe an Würze zu viel abbekam, hatten meine beiden Schnitzelchen (jedes von ihnen geschätzte 100 Gramm) zu wenig erhalten. Sie kamen zwar traumhaft zart geklopft auf den Teller und waren in einer Pfanne voll guter Butter (oder Butterschmalz) gebraten, konnten aber geschmacklich nicht so recht überzeugen, da gerade bei diesem Gericht der richtig dosierte Einsatz von Salz und Pfeffer vor dem Panieren eine große Rolle spielt. Das sind sicherlich Kleinigkeiten, die aber später ihre Wirkung nicht verfehlen. Und bei einem Gericht knapp unter der 20-Euro-Grenze sollte das, was vor einem liegt, dem ambitionierten Preisanspruch auch Rechnung tragen. Übrigens, auch meinen kleinen Beilagensalat hätte ich mir etwas knackiger und frischer gewünscht.
Der Teller mit den beiden aufrecht stehenden Wraps wirkte auf mich etwas uninspiriert und meine Begleitung ärgerte sich auch ein wenig, dass sie nicht die Basilikum-Gnocchi mit Tomaten und Büffelmozzarella (11,90 Euro) gewählt hatte. Die machten, zumindest vom äußeren Erscheinungsbild zu urteilen, deutlich mehr her.
Als begleitende Weine entschieden wir uns für den Grünen Veltliner sowie die weiße Cuvée Fleur vom Haardter Traditionsweingut Weegmüller (beide um die 3 Euro fürs Achtel). Beides anständige Vertreter der Gattung Sommerwein und sehr gut trinkbar. Für die Flasche Mineralwasser (0,7 l) wurden 3,50 Euro berechnet, was ebenfalls ein „Normalpreis“ in dieser Restaurantkategorie darstellt. Der kleine Fehler, der sich in unsere Rechnung einschlich – der Aperitif „Erdbeer-Royal“ vom Nachbartisch befand sich irrtümlicherweise darauf – wurde ohne viel Aufhebens sofort korrigiert.
Schade, dass unter den wirklich guten Rahmenbedingungen (Ambiente, Service, kulinarische Ausrichtung) das Wichtigste, nämlich die geschmackliche Substanz der Gerichte auf dem Teller nicht ganz mithalten konnte. Das schmeckte teilweise recht ideenlos und langweilig. Natürlich hat der „Haardter Winzer“ einen Namen in der Region und viele Touristen finden gerne den Weg hier her. Aber etwas mehr sollte der Gast für sein Geld schon bekommen. Im gar nicht so weit entfernten Örtchen Gimmeldingen klappt das ja auch.