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So müssen im Saarland zum Zeitpunkt unseres Besuches Restaurants um spätestens 22 Uhr schließen und die Gäste dann auch das Haus verlassen haben. Bei mehrgängigen Menüs sind aber Zeiten von drei, vier oder auch mehr Stunden oft nichts Ungewöhnliches.
Klaus Erfort hat sich entschieden, in dieser Zeit sein Programm komplett zu reduzieren und so bietet er, als wir bei ihm einkehren, nur noch ein Fünfgang-Menü an mit zwei Hauptgängen zur Wahl.
An den Öffnungszeiten hat er indes nichts verändert. Abends öffnet man weiterhin um 19 Uhr. So bleiben de facto 3 Stunden für dieses Programm.
Mittlerweile sind die Öffnungszeiten weiter gelockert und das Angebot wieder umfangreicher. Es wäre dennoch schön gewesen, wenn die besonderen Spielregeln auf der Homepage auch entsprechend kommuniziert worden wären. Dort indes fanden wir noch die Speisekarte aus besseren Zeiten mit großem Menü und à la Carte-Auswahl.
Auch eine Weinkarte, die man vor Ort ja wie bisher auch auf einem iPad einsehen kann, ist nicht online verfügbar. Dabei wäre dies für den ein oder anderen Gast sicherlich hilfreich, besonders für jene, die unnötigen Kontakt vermeiden wollen.
Interieur
Detail
Dass auf dem Tisch mittlerweile zusätzlich zum Blumenarrangement ein Fläschchen Desinfektionsmittel steht, gehört vielleicht zu den Begleiterscheinungen dieser Zeit, stört aber auch nicht wirklich.
Da nicht viel Auswahl zu treffen ist, geht es auch mit den Apéros zügig los.
Zu denen gehört wie immer eine Gillardeau Auster, heute mit Sesamöl in gelierter Form am Boden mit Espuma vom grünen Apfel. Das ist vor allem durch das Sesamöl eine interessante und spannende Variante.
Gillardeau Auster, Sesamöl, Apfelespuma
Nicht nur optisch bestechend, sondern auch geschmacklich beeindruckend die super frische Variation eines Gurkensalats, der vor allem in Form einer Sphäre zu begeistern weiß.
Gurkensalat t
Zu den Klassikern des Hauses bei den Apéros gehören der Flammkuchen mit Blutwurst, der angenehm würzig daher kommt und der Gänseleberwürfel im knusprigem Sandwich mit Kirschgel.
Flammkuchen mit Blutwurst
Gänseleber mit Kirsche
Schön auch der Kräuter-Macaron mit Lachstatar. Alles sehr klassisch, zum großen Teil bekannt, aber eben auch sehr präzise gearbeitet.
Kräutermacaraon mit Lachstatar
Als Amuse Bouche schickt die Küche ein Millefeuille von Gänseleber, Avocado und Garnele. Angegossen wird eine Vinaigrette von Roter Bete und Koriander. Die Avocado ist hier relativ fest, so dass sie mehr für Textur als für Geschmack sorgt. Ansonsten funktioniert die Kombination aus Foie Gras und Garnele sehr gut und die aromatische Vinaigrette unterstützt das abwechslungsreiche Gericht sehr gut.
Millefeuille von Gänseleber, Avocado und Garnele
Brot und Salzbutter sind von gewohnt guter Qualität.
Brot & Salzbutter
Das eigentliche Menü startet mit einer dünn aufgeschnittenen Langoustine, die mit Limone mariniert ist, sowie einem Croustillant vom Krustentier, gebacken im Kataifiteig, was naturgemäß einen schönen Temperatur- und Texturkontrast bietet. Das verbindende, cremige Element ist die mit Kaviar abgeschmeckte Crème fraîche. Das ist ein schönes klassisches Geschmacksbild in perfekter Ausführung.
Roh marinierter Langostino mit Imperial-Caviar und Langoustine Croustillant
Ebenso klassisch und jahreszeitlich angepasst geht es weiter mit bretonischem Hummer mit Morcheln, Erbsen und Spargel. Den Morchelrahm hätte ich mir etwas weniger flüssig und etwas intensiver gewünscht, aber er ist mutig gesalzen. Die Erbsen, mein Lieblingsgemüse, sind super frisch und mutmaßlich die Besten, die man derzeit bekommen kann. Auf jeden Fall ist das ganze Gericht erneut von großer Harmonie geprägt.
Bretonischer Hummer mit Erbsen, Spargel und glasierten Frühlingsmorcheln
Zu den Insignien der Hochküche, vor allem im Dreisterne-Bereich gehört zwangsläufig auch der Steinbutt. Klaus Erfort setzt ihn dieses Mal in einen mediterranen Kontext mit Chorizosud und Grilltomate. Als Texturelement gibt es noch ein kleines Reisbällchen. Der Sud ist solo genossen recht intensiv, auf dem Teller hingegen relativ mild. Auch dies ist alles sehr harmonisch, aber eben auch etwas wenig aufregend.
Medaillon vom Steinbutt mit aromatischem Chorizo-Sud und gebackenem Reisbällchen
Bei den Hauptgängen entscheiden wir uns für beide Varianten. Mein Mann bekommt ein Stück auf den Punkt gegrilltes US Roastbeef mit Pfifferlingen und Artischocken. Sehr gut die intensive, leicht scharfe BBQ-Jus, die sehr konzentriert am Gaumen kleben bleibt.
U.S. Prime Roastbeef vom Holzkohlegrill mit BBQ-Jus und sautierten Artischocken
Für mich gibt es Rehrücken mit perfekt seidigem Selleriepüree. Unter der Cassishaube findet sich fein geschnittener Spitzkohl. Auch die Purple Curry Sauce ist ausgezeichnet. In Summe ein sehr guter, wenn auch, zumal auf diesem Niveau, recht konventioneller Gang.
Rehrücken mit Purple Curry Jus, Selleriepüree und Pfifferlingen
Ohne Umweg geht es zum Dessert mit einer Creme aus Buchweizen mit Erdbeereis, Rhabarber in Konsistenzen, unter anderem als Kugel und Sauerampferöl. Das spiegelt sehr schön die Jahreszeit wider und ist handwerklich sehr gut gemacht.
Délice vom Buchweizen mit heimischem Rhabarber, Erdbeeren und Sauerampfer
Als die wie immer ausgezeichneten Petits Fours kommen, sind gerade mal zwei Stunden vergangen. Mit dem Espresso strecken wir die Zeit noch auf knapp 2 ¼ Stunden.
Schokoladen Cannelés
Opéraschnitte & Zimtschnecke
Praline mit Mango und Maracuja
Macarons mit Hibiscus & Himbeere und Banane, Schokolade & Kokos
Ich fühle mich eigentlich den ganzen Abend bereits ziemlich gestresst von dem sehr sportlichen Timing. Mein Mann empfindet das nicht so. Aber mich befremdet das schon etwas, zumal bis zur offiziellen Schließzeit noch mehr als eine halbe Stunde Zeit ist und ich nicht recht verstehe, warum man so durch den Abend gehetzt wurde. Ebenso wie ich nicht verstehe, warum man nicht wenigstens eine halbe oder gar eine Stunde früher öffnet, um den Abend gelassener gestalten zu können.
Am Essen gab es nicht viel auszusetzen. Wir waren einige Jahre nicht bei Klaus Erfort. Aber er bleibt seiner Linie der ausgesprochen klassischen Grundlage sehr treu. Das mag manchmal etwas spannungsarm wirken, ist aber durchweg harmonisch und handwerklich perfekt.
Aber wenn man, so wie wir, an diesem Abend knapp 500 Euro auf der Rechnung hat, was durchaus auch höher hätte ausfallen können und vor allem der sehr fair kalkulierten Weinkarte und Empfehlung durch den freundlichen Service zu verdanken ist, dann will man doch zumindest einen leidlich entspannten Abend verbringen. Das war heute kaum möglich, da die Gänge Schlag auf Schlag serviert wurden.
Außenansicht
So bleibt ein etwas eigenwilliges Drei-Sterne-Erlebnis, das ich in dieser Form bisher nicht erlebt habe. Und ich hoffe sehr auf Zeiten, in denen überall im Land wieder ausreichend Zeit ist, das Besondere auch wieder besonders genießen zu können.
Bericht wie immer auch auf meinem Blog: http://tischnotizen.de/gaestehaus-klaus-erfort-saarbruecken-3/