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In dem aufwendig restaurierten, mit einem idyllischen Innenhof ausgestatteten Anwesen, das wir besonders gerne in den Sommermonaten ansteuerten, wird seit geraumer Zeit „nur“ noch Frühstück bzw. Kaffee und Kuchen im Rahmen von „Gehrlein’s Landhauskaffee“ (täglich von 9 bis 13.30 Uhr) angeboten.
Gut, dass das Haupthaus, das seit 1970 existierende Restaurant Hardtwald, von diesen personellen Engpässen noch nicht ganz so schwer betroffen scheint. Der vom sympathischen Fernsehkoch („Kaffee oder Tee“ im SWR) Martin Gehrlein im Jahr 2005 übernommene elterliche Betrieb zählt nach wie vor zu den besten Adressen der Südpfalz.
Und das nicht nur weil sich dieses nach dem außerhalb von Neupotz gelegenen Ortsteil Hardtwald benannte Traditionslokal seit vielen Jahren mit einem Bib Gourmand (Auszeichnung des Guide Michelin für ein besonders gutes Preis-Leistungs-Verhältnis, Anm.) schmücken darf. Nein, auch die stets im Dirndl erscheinenden Servicedamen sind hier schwer auf Zack und umsorgen die Gäste auf herzliche und kompetente Art und Weise.
Martin Gehrlein kocht so ambitioniert und ideenreich wie eh und je, ohne dabei seine Wurzeln zu leugnen. Er verwendet gerne Produkte aus der näheren Umgebung, bleibt jedoch – was die Herkunft seiner Zutaten angeht – auf sympathische Art und Weise undogmatisch. Gerne lässt er sich von den Jahreszeiten den Speisenplan diktieren.
Anbiederung an neumodische kulinarische Trends sucht man bei ihm vergebens. Seine auf qualitativ guten Ingredienzen basierende Landhausküche kommt gut ohne Effekthascherei und gekünstelte Nebengenuss-Schauplätze aus. Seinen Fokus legt er ganz auf das handwerklich einwandfrei auf den Teller gebrachte Ausgangsprodukt, das er gerne mit perfekt gegartem „Grün“ auffrischt.
Im Vergleich zu früher ist sein Speisenangebot heute deutlich reduzierter. Und dennoch listete sein Köchelverzeichnis auch bei unserem Besuch Ende Mai eine durchdachte Auswahl an pfiffigen Vorspeisen, einfallsreich arrangierten Hauptgerichten mit Fisch oder Fleisch sowie ein paar sehr verlockend klingende vegetarische Teller. Dass dabei dem weißen Königsgemüse eine besondere Bedeutung zukam, war natürlich der Saison geschuldet.
Aber trotz etlicher Spargelgerichte auf der Karte, kam auch an diesem warmen Freitagabend im Hause Gehrlein nichts "von der Stange". Das begann luftig-locker mit einem wunderbar schmackigen Spargelcremesüppchen (7 Euro), das mit Schnittlauch und knusprigen Croutons aufgewertet wurde.
Wohlfühlterrine vom Königsgemüse
Die aufgeschäumte Terrine vom Stangengemüse läutete das kulinarische Frühlingserwachen zu Neupotz mit routinierter Gelassenheit ein. Die angenehm knackig gegarte Spargeleinlage war ausreichend portioniert. Da gab es nicht das Geringste auszusetzen.
Das gleiche Prädikat verdiente auch der bunte, mit Kresse, Radieschen, Croutons und gerösteten Kernen verfeinerte Frühlingssalat (7 Euro), dessen gut austariertes, mit zupackender Essignote versehenes Sauerrahmdressing dem frischen Grün einen wohltuenden Säurekick verpasste.
Frischer Frühlingsbote in Grün
Und der war mal wieder ganz nach dem Geschmack meiner holden Gattin.
Als Zwischengang ließ uns die Küche eine kleine Aufmerksamkeit zukommen. Ein mit Ricotta und Spinat gefüllter, von Erbsen und Gemüsebrunoise getoppter Tortellino hatte es sich auf einem Klecks Erbsenpüree bequem gemacht.
Ein ganz famoser Küchengruß
Zusätzlich wurde dieser Wonnehappen von einer Pfütze Nussbutter umspielt. Zusammen mit der von Beurre-Blanc-Schaum geadelten Gemüsehaube geriet dieser harmonisch ineinandergreifende Frühlingsbote im Kleinformat zum vegetarischen Gaumenschmeichler der Extraklasse.
Ein kleines, aber äußerst präzise abgeschmecktes Schmankerl, das von seinem ausgewogenen Süß-Säure-Spiel (Beurre Blanc vs. Erbsenpüree), seiner feinen, vegetabilen Würze (Gemüsebrunoise / Spinatfüllung) und nicht zuletzt seinem nussig-buttrigen Umami-Booster profitierte. Meine Frau und ich waren entzückt und sagen an dieser nochmals „Herzlichen Dank dafür“.
An einer gut gekühlten Flasche Teinacher Medium (0,75l für 5,90 Euro) delektierte sich vornehmlich meine Frau, während ich mich an einem frisch gezapften Hoepfner-Pils (0,4l für 3,50 Euro) erfreute. Die kleine Apfelschorle (0,2l für 3 Euro) des Töchterchens gehört mittlerweile zum obligatorischen Bestandteil jeder Getränkebestellung im Lokal.
Bei der geschmorten Schulter vom Maibock mit Frühlingsgemüse und Rucola-Stampf (23 Euro), für die sich meine Herzensdame entschieden hatte, trumpfte dann die Küchencrew von Martin Gehrlein überraschend farbenfroh auf.
Da hat man gleich so richtig Bock auf Maibock!
Das im benachbarten Bienwald geschossene, erste Wild des Jahres, lag als butterzarter, von tiefgründiger Wildsauce süffig unterfütterter Schmorküchenoutput auf der Keramik. So weit, sous vide?
Auch die knackig gegarte Gemüse-Entourage überzeugte
Mitnichten, denn verschiedene, perfekt unter Dampf gesetzte Gemüsearten werteten den aromatisch duftenden Wildteller sowohl visuell als auch texturell erheblich auf. Zur anregend arrangierten Deftspeise wurde à part ein Schälchen mit nicht übertrieben gebuttertem Kartoffel-Rucola-Stampf serviert.
Kartoffelstampf mal anders...
Seine dezent nussige Würze harmonierte prächtig mit dem tiefgründigen Beiguss, der seinen Rotweinanteil nicht leugnete und dieses vorzügliche Wildgericht mit genau dem richtigen Maß an Säure und Geschmackstiefe segnete. Für zusätzliche Frische sorgten ein paar Rhabarberstücke, die sich hier nicht nur stimmig einfügten, sondern auch zu einem abwechslungsreicheren Gesamtbild beitrugen.
Grandios gelang auch mein mit Pfifferlingen und wildem Spargel garnierter, perfekt rosa gegarter Rehrücken (31 Euro), der als Tagesempfehlung angeboten wurde.
Ein Traum von Reh...
Auch dieser Leib- und Seelenteller strotzte nur so vor Geschmack und Produktcharakter. Als veritable Sattmacher entpuppten sich die in einem kleinen Extrateller kredenzten, frisch der Butterpfanne entstiegenen Kartoffelnocken, die mit leicht gebräunter Röstkruste natürlich noch besser schmeckten.
Purer Nock'n'Roll!
Übrigens, zusammen mit den ebenfalls hausgemachten Kroketten von der Scheibenharder Bienwaldmühle gehören die Gehrlein-Gnocchi zu meinen absoluten Beilagenfavoriten aus des Pfälzers liebster Knolle. Auf ihre aufsaugende Wirkung war hinsichtlich der köstlichen, im Keramikbecher mitgelieferten Wildrahmsauce selbstverständlich Verlass.
Ein Wildfang mit Tiefgang!
Diese vollmundige, sämig-gebundene Tunke, die dem zarten Fleisch vom Reh so verdammt gut den Rücken stärkte, geriet zum wichtigsten Nebendarsteller auf dem Teller, da sie Fleisch und Gemüse harmonisch miteinander vermählte. Die kurz in der Pfanne sautierten Pfifferlinge hatten noch ordentlich Biss, was auch für den wilden Spargel und das übrige Grünzeug auf meinem Teller galt. Klassisches, hausmannsköstliches Handwerk, das auf ganzer Linie überzeugte.
Dass ich danach noch im Stande war, ein sündhaft leckeres Vanilleparfait mit Baumkuchen und einer Kugel Erdbeersorbet (9 Euro) zu verdrücken, kann ich heute genauso wenig nachvollziehen wie die Tatsache, dass ich vor lauter Dessertvergnügen komplett vergaß, ein paar Beweisfotos vom Nachtisch zu schießen. Auch das Rhabarber-Erdbeerkompott mit Sauerrahmeis und Mandelstreusel (8 Euro), welches sich meine Frau als süß-saures Finale gönnte, blieb leider ungeknipst.
Zu meiner Ehrenrettung sei gesagt, dass mich das Töchterchen gegen Ende hin mit diversen Ausreißaktionen in bislang unbekannte Ecken der Gehrlein’schen Außenterrasse vordringen ließ und so der Fokus nicht mehr ganz auf der lückenlosen, fotografischen Erfassung des Verzehrten lag.
Aber sei es drum. Mit dem Frühling auf dem Teller und den beiden besten Mädels der Welt am Tisch, war das mal wieder eine äußerst gelungene Einkehr bei einer unserer Pfälzer Lieblingsadressen. Mal gespannt, wann wir es mal wieder dorthin schaffen. Sollte unsere Kleine tatsächlich ganz nach ihrer Oma kommen, werden wir hier sicher noch sehr häufig aufschlagen. Allein schon wegen dem gebackenen Zander...