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Genug war dem gebürtigen Bad Homburger anscheinend schon immer viel zu wenig. Das zeigt schon ein Blick auf seinen beruflichen Werdegang. So startete er seine Kochkarriere im renommierten Schlosshotel Kronberg (im Taunus) bei Altmeister Ledermüller, ehe er als Chef de Partie im Schwarzen Hahn (Deidesheim) und danach als Küchenchef in „Netts Restaurant“ (Neustadt-Gimmeldingen) fungierte.
Doch Philipp Arens strebte nach gastronomischer Selbstverwirklichung. Diese fand er am Ortsrand des südpfälzischen Weinörtchens Hainfeld, wo er zusammen mit seiner Frau Annika und einem überschaubaren Kompetenzteam in Küche und Service das „Arens Restaurant“ vier Jahre lang mit großer Leidenschaft und jeder Menge kulinarischer Intelligenz führte.
Seine Philosophie einer zeitgemäßen Frischeküche basierte schon da auf einer kreativen Komplettverwertung der verwendeten Produkte ohne dabei internationale Akzente zu scheuen. Ganz einem nachhaltigen Prinzip verpflichtet, arbeitete er in seiner Hainfelder Zeit sehr gerne mit kleinen Lieferanten aus der Region zusammen.
Und diese Einstellung hat er sich – Gott sei Dank – auch an seiner neuen Wirkungsstätte bewahrt. Hoch über dem touristisch stark frequentierten Weinort St. Martin kocht er nun im Hotel „Haus am Weinberg“ auf 327 m über Normalnull. Er scheint die Niederungen der Rheinebene gerne hinter sich gelassen zu haben (bei dem sensationellen Blick von hier oben ist das auch kein Wunder) und möchte es nun im wesentlich größeren Rahmen so richtig wissen. Personell aufgerüstet, ist die Marschrichtung klar: das bewährte Konzept in die Hotelküche implementieren!
Das bedeutet natürlich auch, sich auf eine neue Klientel, vornehmlich bestehend aus Südpfalztouristen, Wanderern und Hotel- bzw. Tagungsgästen, einzustellen. Und das ohne die bestehende Anhängerschaft zu vergraulen. Sicherlich keine leichte Aufgabe, die hier bewältigt werden möchte.
Seit meinem letzten Besuch im Februar 2015 ist also sehr viel passiert. Mein alter Gutschein über einen Kochkurs in „Arens Restaurant“ lag schon seit ein paar Jährchen angestaubt im Regal. Nach einem unterhaltsamen Telefonat mit Herrn Arens war klar, dass ich ihn jederzeit einlösen könne. Also machten wir uns an einem Mittwochabend im Mai auf, dieses Vorhaben in die Tat umzusetzen.
Wir waren zu dritt und genossen bereits die Anfahrt durch die das Hotel umgebenden Weinberge. Da sich das beeindruckende Anwesen ein wenig außerhalb des Ortes Sankt Martin befindet, herrscht hier eine ländliche Idylle vor, die einem schon beim Aussteigen aus dem Wagen ein leichtes Urlaubsgefühl verpasst. Ankommen leicht gemacht – sicherlich in erster Linie der malerischen Umgebung geschuldet. Wäre es ein „richtiger“ Sommerabend gewesen, hätten wir sicherlich draußen Platz genommen und uns am Blick auf die nahegelegenen Berge, die rebbestandenen Hügel und die kleinen Weindörfchen der Umgebung satt gesehen.
War es aber nicht – und so spazierten wir das große „A“ am separaten Eingang von Arens Restaurant übersehend, irrtümlicherweise durch den Hoteleingang die Stufen hinunter in die Gasträume, die sich grob in zwei Bereiche gliedern lassen. Der erste erinnert ein wenig an vergangene Hainfelder Tage, ist jedoch wesentlich geräumiger. Blickt man nach links zum Thekenbereich, hinter dem sich die Hotelküche befindet, steht man inmitten der von hellem Holz dominierten vorderen Gaststube, deren in schlichtem Weiß eingedeckten Tische entlang der Fensterfront von bequem gepolsterten Wandbänken flankiert werden. Die Stühle sind mit weißen Überzügen versehen, moderne Hängeleuchten sorgen für angenehmes Licht. Eine komplett in Holzfassoptik angelegte, abgetrennte Sitznische wirkt wie eine räumliche Reminiszenz an das „alte Arens“. Für das gemütliche Candlelight-Dinner sicherlich die perfekte Kulisse.
Der unmittelbar angrenzende zweite, um einiges größere Gastraum wird von Fenstern umrahmt, wodurch man von nahezu jedem Platz einen schönen Ausblick auf die Umgebung hat. Auch hier dominiert eine helle Holzoptik in Form freiliegender Balken und rustikaler Deckenverkleidung. An letzterer sorgen kleine Strahler für die passende Ausleuchtung. Insgesamt bieten die Räumlichkeiten Platz für schätzungsweise 100 Gäste.
Am Abend unseres Besuches waren beide Räume gut ausgelastet. Die Mehrzahl der Leute schienen Hotelgäste zu sein, da sie vorwiegend in größeren Gruppen auftauchten. Im Service waren neben der Restaurantleiterin Janette Landgräbe noch zwei Damen aktiv. Bei ca. 60 Gästen, die nahezu zeitgleich auf ihr Essen warteten, war das keine leichte Aufgabe. Aber auch hier stehen personelle Verstärkungen noch aus, wie mir Fr. Landgräbe im Gespräch verriet. Anders kann man das in einem Hotelrestaurant auch gar nicht wuppen. Trotz allem Stress agierten die Damen vom Service äußerst unaufgeregt und herzlich. Wir fühlten uns rundum wohl und kompetent beraten. Gerade bei der umfangreichen Weinkarte ist das natürlich kein Nachteil.
Deren Schwerpunkt liegt eindeutig bei den Winzern der Region (auch etliche „Vorortsweine“ aus Sankt Martin waren vertreten). Man offeriert nach wie vor eine stattliche Auswahl offener Weine (sowohl Viertel- als auch Achtelpreise sind angegeben!) sowie ein wohl durchdachtes und zugleich fair kalkuliertes Flaschenweinangebot. Viele der guten Tropfen sind für weniger als 20 Euro zu erstehen. Darunter befindet sich das nahezu komplette "Who is who" der Pfälzer Weiß- und Rotweinkunst. Ob VDP-Größen wie Wehrheim und Bassermann-Jordan, oder aufstrebende Jungwinzer wie Klein, Leiner oder Borell-Diehl, die Auswahl spiegelt das aktuelle Topniveau des Pfälzer Weinbaus adäquat wider.
Wir gönnten uns an jenem Abend eine Flasche der im Barrique gereiften Cuvée „Z“ von Oliver Zeter aus Neustadt-Diedesfeld für 35 Euro. Eine echt „bärige“, Cabernet Sauvignon lastige Cuvée im Bordeaux-Stil, die von den sonnigen Hängen der Mittelhaardt den Weg in die Flasche fand. Ein wirklich hervorragender Rotwein, den uns Fr. Landgräbe da empfahl. Sehr voll und rund im Geschmack und – wie sich noch herausstellen sollte – der perfekte Essensbegleiter für den Abend.
Für Feinschmecker gleich vorweg: das Arens-Menü (in 5, 4 oder 3 Gängen) bildet auch weiterhin das geschmackliche Epizentrum der Speisenkarte. Alle Gänge sind jedoch auch einzeln zu haben. Die 62 Euro für das komplette Hochküchenprogramm in 5 Akten sind in Anbetracht der hier verwendeten Produkte und ihrer aufwendigen Zu- bzw. Verarbeitung richtig gut angelegt. Sowieso bleibt festzustellen, dass sich das Restaurant genau wie in Hainfeld durch ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis auszeichnet. Der neuen Klientel ist wohl die leichte Vergrößerung der Portionen im Allgemeinen geschuldet, was jeden hungrigen Wanderer sicherlich erfreuen dürfte.
Daneben findet man in der Karte jeweils ein halbes Vor- und Hauptspeisen, die saisonal wechseln, sowie unter der Rubrik „Regional mal anders“ vier einfallsreich arrangierte Klassiker der hiesigen Hausmannskost. Ein paar verführerisch klingende Desserts runden das vielseitige Angebot schließlich ab.
Genau wie früher kam der erste Küchengruß an den Tisch: Butter, Fleur de Sel, Limettencreme und Aioli wurde zum selbstgebackenen Brot gereicht. Der zweite Amuse-Streich stellte eine von karamellisierten Sonnenblumenkernen ummantelte Ziegenkäsekugel dar, die mit etwas Rohkost und würzigen Tupfern auf einem länglichen Tellerchen angerichtet war. Beides waren gelungene Einstimmungen auf das, was uns noch erwartete.
Für das Arens-Menü erschien mir der Abend nicht gebührend genug, also schaute ich mich bei den gelisteten Vor- und Hauptspeisen in der Karte um. Die Sauerampferschaumsuppe mit einer gebratenen Riesengarnele (8 Euro) klang vielversprechend. Für den Hauptgang sollte es ebenfalls etwas Regionales sein: Ragout und Schnitzel vom St. Martiner Frischling mit Brezelknödelsoufflée und saisonalen Mairüben (22,50 Euro).
Der leicht säuerliche Geschmack meiner Suppe wurde durch adäquates Abschmecken perfekt ausbalanciert. Die gebratene Riesengarnele lag daneben auf einem Kleks Petersilienwurzel-Rohkostsalat. Das harmonierte prächtig und ließ mich in kulinarischen Erinnerungen schwelgen. Damals durfte ich in Hainfeld die fantastische Rotkohlschaumsuppe mit Gänsepraline genießen. Ich erinnerte mich, dass sie ihre Zitroneninfusion direkt am Tisch erhielt und auch so eine subtil säuerliche Note hatte. Schön, wenn Köche ihrem Stil treu bleiben und zudem noch Erinnerungen am Gaumen zu wecken vermögen.
Meine weiblichen Begleitungen verzichteten an jenem Abend auf eine Vorspeise. Warum sie sich Leckereien wie Spinat-Ricotta-Röllchen mit gerösteten Haselnusshälften und Rosinen (12,50 Euro) oder Zweierlei von der Barbarieente mit Sprossen und Teriyaki-Sauce (14,00 Euro) entgehen ließen, weiß ich auch nicht. Aber eine weitere Vorspeise meinerseits hätte wohl die Kapitulation vor dem Hauptgang bedeutet.
Der kam vorzüglich duftend und wie immer stilvoll angerichtet auf den Tisch. Das ultrazarte Frischlingsschnitzel lag paniert neben dem Ragout, dessen dunkle Sauce mit einem guten Schluck Rotwein verfeinert worden war. Sie hatte genug geschmackliche Tiefe, um mit ihrer feinen Würze die eher herb schmeckenden Navettes aromatisch einzubetten. Der in Soufflée-Form vertretene Brezelknödel war dazu genauso in der Lage. Alles war aus sorgfältig ausgewählten Produkten, denen man die Frische deutlich anmerkte, zubereitet.
Das traf auch auf die gewählten Hauptgänge meiner beiden Begleitungen zu. Die Rahmpfifferlinge mit Serviettenknödeln und zweierlei Rucola (15,50 Euro) sowie die gefüllte Frikadelle auf Currywirsing (12 Euro) sahen wirklich klasse aus. Meine beiden Damen am Tisch waren gleichermaßen begeistert und gut gesättigt von ihren Gerichten. Die Portionsvergrößerung im Hause Arens war besonders bei den Hauptgängen evident. Die Frikadelle hatte eine wirklich imposante Größe und war mit einer fruchtig-würzigen Zwiebel-Senf-Marmelade gefüllt. Das dazu servierte, mit einem Aufpreis von lediglich 3 Euro versehene Kartoffel-Sellerie-Püree wurde übrigens auch zu den anderen Regionalgerichten (Dreierlei Bratwurst und Saumagenstrudel) angeboten.
Beim Nachtisch mussten wir diesmal auf das liebgewonnene Crème-Brulée-Allerlei mit seinen fünf verschiedenen Geschmacksvarianten verzichten, da die frisch zubereiteten Crèmes noch nicht die nötige Festigkeit hatten. Schade, denn dieses Signature-Dessert von Philip Arens war schon früher ein süßes Geschmackshighlight. Doch auch die Kombination aus Nougat, Pfälzer Erdbeeren und Rhabarber (12 Euro) schmeckte hervorragend. Und ein halbflüssiger Schokoladenkuchen (hier mit Vanille-Gries-Eis und karamellisierten Pfirsichen für 8,50 Euro) geht sowieso immer.
Unsere Rechnung entsprach in etwa dem Betrag des Gutscheins von 120 Euro. Für drei Personen ein wirklich sehr fairer Preis, der das Credo von Philipp Arens, nämlich "gehobene Alltagsküche für jedermann" anzubieten, unterstreicht. Diese funktioniert auch in Sankt Martin im besten kulinarischen Sinne und vermag sowohl Freunde deftiger Pfalzküche, als auch Feinschmecker mit Degustationshintergrund zu begeistern. Den Focus dabei immer auf das Wesentliche gerichtet, nämlich die akribisch zubereiteten Speisen, die großes Gaumenkino versprechen. Und das Ganze zu einem geradezu sensationellen Preis. Glasklare Empfehlung!