"Karlsruher Mittagstisch – Teil 5: Wer sich nicht vom äußeren Erscheinungsbild abschrecken lässt, kann sich hier großzügig portionierte Thai-Gerichte schmecken lassen"
Geschrieben am 06.04.2019 2019-04-06 | Aktualisiert am 06.04.2019

Montag: | 11:00 - 01:00 Uhr |
Dienstag: | 11:00 - 01:00 Uhr |
Mittwoch: | 11:00 - 01:00 Uhr |
Donnerstag: | 11:00 - 01:00 Uhr |
Freitag: | 11:00 - 01:00 Uhr |
Samstag: | 16:00 - 01:00 Uhr |
Sonntag: | 16:00 - 01:00 Uhr |
"Ein Rostbraten allein macht noch keine gute Küche."
Geschrieben am 09.03.2019 2019-03-09 | Aktualisiert am 23.06.2024

"Karlsruher Mittagstisch – Teil 4: Abwechslungsreiche, koreanisch-japanische Fusionsküche, die mich mittlerweile regelmäßig nach Daxlanden führt"
Geschrieben am 04.03.2019 2019-03-04 | Aktualisiert am 04.03.2019

"Rundum zufrieden"
Geschrieben am 02.03.2019 2019-03-02

Keine Ahnung, wie lange der Laden schon existiert. Jochen hat es mir bestimmt erzählt, aber das menschliche Gedächtnis verdrängt auch gerne mal was. Nicht so leicht zu verdrängen ist das etwas in die Jahre gekommene Erscheinungsbild des Gebäudes, in dessen Parterre sich der Asia-Schuppen befindet. Die großen Schaufenster deuten auf eine frühere Nutzung als Verkaufsladen hin. Die hohe Fensterfront erhellt zweifellos den Raum, aber bei entsprechend intensivem Sonnenschein kann es leicht passieren, dass man als Gast mit dem Gargrad seiner Grillente auf dem Teller gleichzieht. Vielleicht würden ja ein paar Jalousien oder Vorhänge Abhilfe schaffen.
Ein ungewöhnlicher Mix aus altem Wirtshausmobiliar – entweder vom Vorgänger übernommen oder im Internet ersteigert – und Devotionalien aus Fernost erwartet den Gast beim Eintritt in das nicht besonders gemütlich wirkende Innere des Lokals. Dunkle, abgewetzte Fliesen, leidlich bequeme Polsterstühle, weißgestrichene Wände, mit Bambusmatten verkleidete Säulen und von der Decke baumelnde, bedruckte Asia-Schirme aus Bambus und Reispapier fielen mir ins Auge. Der Thekenbereich erinnerte an vergangene Kneipentage. Der frühere König Chulalongkorn, den sie auch Rama den Großen nannten, grüßte über der Eingangstür. In der Summe wirkte das Interieur recht behelfsmäßig zusammengestellt. Vielleicht tut sich da ja noch etwas in den kommenden Monaten bzw. Jahren.
Die Speisenkarte kam laminiert und in doppelseitig bedrucktem DIN-A3-Format an den Tisch. Ein Dutzend Vorspeisen, wovon die Hälfte aus der Suppenschüssel zu löffeln war, ein paar Salate, zehn verschiedene Wok-Gerichte bzw. Curries, Bratreis und Bratnudeln in diversen Ausführungen sowie fünfmal Fisch und fünfmal Vegetarisches stand da gelistet. Bei vielen Speisen konnte man – wie man es beim Asiaten gewohnt ist – die Fleisch- bzw. Fischeinlage wählen. Zwischen knuspriger Ente und gebratenem Huhn lag eine Preisspanne von 3 Euro.
Natürlich gab es die meisten Hauptgerichte auch in der Schweinefleisch-, Rindfleisch- oder der Garnelenversion. Preislich bewegte man sich zwischen 8 und 11 Euro, lediglich bei den Fischgerichten lag man mit 12,50 Euro (Pangasius) und 16,50 Euro (Tilapia) etwas höher. Aber letztere kommen für mich eh nicht in Frage, da die genannten Zuchtfische aus den Asia-Aquakulturen weder gut schmecken, noch besonders gesundheitsfördernd anmuten. „Da kann ich mir ja gleich ein paar Fetzen Küchenrolle einweichen, panieren und in die Pfanne schmeißen!“ sagte einmal ein overhypter deutscher TV-Koch auf die Frage, was er denn von Pangasius-Filet halte. Ich bin zwar selten seiner Meinung, aber hier stimme ich ihm absolut zu.
Die Personaldecke des kleinen Familienbetriebs ist überschaubar. Jochen schmeißt den Service und liefert Essen aus, seine Frau steht am Herd und auch seine Tochter hilft in der Küche. Die geht leider etwas zu Lasten der Sauberkeit im Gastraum. So dauerte es eine ganze Weile bis das Geschirr vom Nebentisch abgeräumt wurde. Bei meinem letzten Besuch Ende März musste ich das verschmutzte Tischset meines Voressers austauschen. Das darf bzw. sollte eigentlich nicht passieren, egal wie viel Manpower zur Verfügung steht.
Den Durst zur Mittagszeit löschte eine Flasche Teinacher Mineralwasser für sehr faire 3,50 Euro. Da das 0,2l-Fläschchen mit 2,30 Euro das Budget belastet hätte, investierte ich gerne in die Dreiviertelliterklasse. Als Vorspeisen genoss ich bisher die frittierten Wan-Tan (3,50 Euro) sowie eine kleine Tom Yam Gung, also eine Tom Yam Suppe mit Garneleneinlage (3,90 Euro). Die sechs knusprigen Teigtaschen wurden im Frittierkörbchen mit typisch süßer Thai-Chilisauce serviert. Sie gerieten nicht zu fettig und erfüllten ihre Aufgabe als Appetizer redlich. Vielleicht hätte die recht sparsame Füllung etwas saftiger ausfallen können, aber das ist auf hohem Niveau geklagt.
Die traditionelle Thaisuppe namens Tom Yam wusste mit pikanter Säure zu gefallen. Sie duftete herrlich nach Zitronengras und die Chilipaste befeuerte den Gaumen. Die Garnelen gingen in der nach Gemüse und Galgant schmeckenden Brühe im wahrsten Sinne des Wortes unter. Aber TK-Ware zieht gegenüber frischen Produkten meistens den Kürzeren. Als eiweißliefernde, eher geschmacksneutrale Einlage taten sie ja auch nicht weh. Was mir immer wieder bei Thaisuppen und -soßen auffällt: je weiter man sich dem Suppen- bzw. Soßenboden nähert, desto schärfer wird die Angelegenheit. Die Gravität der Gewürze eben.
Bei einem Besuch traute ich mich an Emily’s Spezial-Vorspeisenteller für zwei Personen (12,90 Euro), der mir den Hauptgang ersetzte. Das reichbestückte Frittierwerk bestand aus drei Frühlingsrollen, vier Wan-Tans, vier in Backteig versteckten Garnelen, drei stattlichen Hühnerspießen und einer Portion frittiertem Schweinefleisch, das vorher mit Sesam mariniert wurde. Letzteres muss dem Küchenteam spontan eingefallen sein, da ich die auf der Karte genannten Schweinefleischbällchen vergeblich suchte. Die in herzförmigen Schälchen dazu gereichten Saucen gab es in den Ausführungen „süß-sauer“, „scharf“ und „Erdnuss“. Auf dem Teller reich an Gaben war so ziemlich alles Fett, was glänzte.
Über die Wan-Tans habe ich mich ja schon ausgelassen. Sie gehörten zusammen mit den Frühlingsrollen zu den crunchigen Highlights des Fritteusen-Potpourris. Besonders die Rollen haben ein Lob verdient. Innen schön fluffig und mit Hackfleisch bzw. China-Gemüse gefüllt, waren es drei formidable Vertreter der Gattung „Pho pia“ und allem Anschein nach auch selbstgemacht. Die Putenspieße wurden vorher mit Erdnusssauce bestrichen. Sie waren schön knusprig, fielen aber - was das Fleisch betraf - etwas zu trocken aus. Zum Dippen ok, zum Pur-Essen etwas zu staubig.
Die in Backteig gehüllten Garnelen waren eindeutig zu fettig. Hier wäre der nicht ganz so saugfähige Tempurateig eine Alternative gewesen. Über das totfrittierte Schweinefleisch lege ich besser den Mantel des Schweigens. Nur so viel dazu: es schmeckte eher bescheiden und hatte bei seinem Bad im Fett-Jacuzzi sämtliche fleischliche Textur eingebüßt. In einer Blindverkostung hätte ich irgendwo zwischen Soja-Chips und Beef Jerky eingecheckt.
Über die beiden anderen Hauptgerichte, die ich mir hier schon einverleibte, kann ich wesentlich Positiveres berichten. Das „Panaeng Gai“ (Hühner-Curry, 7,80 Euro) zeichnete sich durch eine eher milde Schärfe und eine von der Kaffir-Limette herrührende Frische aus. Man hatte nicht mit der Zugabe von Kokosmilch gespart und so mutete das in einer ovalen Schüssel servierte Thai-Gericht eher wie ein mit reichlich Einlage versehener Asia-Suppeneintopf an. Grüne Bohnen und rote Paprika brachten mit als Rot-Grün-Schwachen fast zur Verzweiflung. Um der üppigen Menge an Sauce Herr zu werden, musste ich sogar noch eine kleine Portion Reis nachordern, die kulanterweise nicht berechnet wurde.
Ein ähnliches Bild bei dem mit „Ped Pad Gra Pau“ betitelten Wokgericht, das mit knusprig gegrillter Ente – die lässt Jochen ganz brutal global aus Thailand „einfliegen“ – on Top daherkam. Hier verhalf herzhaft duftendes Thai-Basilikum der auf Soja-Basis geköchelten Sauce zu mehr aromatischer Tiefe. Bambussprossen, Zwiebeln, Bohnen und Paprika schwammen in der Umami-Brühe, der wohl mit ein wenig MNG geschmacklich auf die Sprünge geholfen wurde. Ein leichtes Bitzeln auf der Zunge entlarvte das Quäntchen E621 im Abgang. Das Fleisch der Ente fiel zwar recht saftig aus, tendierte aber nach kurzer Nachgarzeit ins Gummiartige, wie man das häufig bei Asia-Ware feststellt. Sicherlich nicht das nachhaltigste Geflügelgericht meines Lebens, aber für 10,80 Euro auf jeden Fall preiswerter als der sonst über das Szechuan-Gemüse gelegte Gummiadler beim Otto-Banal-Chinesen.
Klar kommt es in erster Linie auf das an, was auf dem Teller liegt bzw. in der Schale schwimmt, aber mit einem angenehmeren äußeren Erscheinungsbild würde das Knielinger Thai-Lokal sicherlich auch am Mittag mehr Gäste anlocken. Dennoch ist das „Emily’s“ eine sättigende und auch preisgünstige Alternative zu den bereits rezensierten Läden in der Umgebung. Wer keine MNG-Intoleranz hat, Frittiertes gut verträgt und das Saucenbad dem Saucenspiegel vorzieht, der ist in der Eggensteiner Straße 11 gut aufgehoben. Und manchmal reicht das ja auch.