"Die Freuden und späteren Leiden des jungen Wörthers"
Geschrieben am 16.09.2021 2021-09-16 | Aktualisiert am 17.09.2021
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"Ein „bisschen“ scharf muss sein – dann zieht‘s sich um von ganz allein…"
Geschrieben am 28.08.2021 2021-08-28 | Aktualisiert am 29.08.2021
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"Schlechtestes Eis der Stadt"
Geschrieben am 03.08.2021 2021-08-03
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"Von flüssigen Mythen, maritimen Mezes und einem längst überfälligen Treffen bei unserem Karlsruher Lieblingsgriechen"
Geschrieben am 26.07.2021 2021-07-26 | Aktualisiert am 26.07.2021
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"Jedes Land hat die Philosophen, die es verdient"
Geschrieben am 01.07.2021 2021-07-01 | Aktualisiert am 01.07.2021
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"Neulich beim Panasiaten in der Karlsruher Weststadt traf ich die „Drei Zahmen vom Grill“…"
Geschrieben am 22.06.2021 2021-06-22 | Aktualisiert am 23.06.2021
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Vertrauen schaffen!
Uuuuuh- wie klasse ist das denn?! Viren - und keimfreie Räumlichkeiten bei uns!
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Das Yangda im Karlsruher Stadtteil Dammerstock ist ein herausragendes Beispiel dafür, dass man hinter den abweisendsten Fassaden der nüchternsten Sportvereinsheime die schönsten Überraschungen erleben kann. Man kann dem F. C. Südstern nur dazu gratulieren, sich eine der drei Filialen des Karlsruher Yangda-Imperiums als Pächter angelacht zu haben.
Pandemiebedingt war es fast zwei Jahre her, dass meine Frau und ich dort gegessen hatten. Kinder, wie die Zeit vergeht... Unter meinen damaligen Bericht hatte Jungwörther MarcO unter anderem geschrieben: „Klingt spannend, das Yangda. Besuch ist vorgemerkt. Danke!“ Seitdem wollten MarcO und ich zusammen hin, dazu kam es aber nie, hauptsächlich wegen Corona, aber auch weil sich immer wieder andere Restaurants auf der gemeinsamen to-eat-Liste vorbeidrängelten.
Eigentlich hatten wir ein Mittagessen zu viert geplant, doch Mme MarcO war wegen des in wenigen Tagen anstehenden familiären Großereignisses nicht pässlich genug, um ein gemeinsames Essen richtig genießen zu können. So trafen sich mal wieder „nur“ wir beiden Herren.
Erfreulicherweise war das Wetter trotz düsterer Warnungen und vielleicht zum letzten Mal in diesem Jahr gut genug, dass wir draußen auf dem Balkon sitzen konnten.
Von dort hat man einen weiten Blick über das Sportgelände (das Foto ist von 2017, so sonnig war es gestern dann doch nicht). Im Hintergrund drosch sich Tennisnachwuchs die Bälle um die Ohren, im Vordergrund lärmten später zwei Rasenmäher, deren Schalldämpfung leider nicht dem letzten Stand der Technik entsprach.
Nach Impfung und Kontaktdaten wurde nicht gefragt, möglich, dass momentan weder das eine noch das andere nötig ist, wenn man im Freien sitzt. Die zwischen drinnen und draußen oszillierende Bedienung war maskiert; ihre Frage nach Getränkewünschen bejahten wir mit stilechtem Tsingtao für den Kollegen und für mich mit erfrischendem Hoepfner Pils, dem man seine Alkoholfreiheit kaum anschmeckte (je 2,90).
Da es bereits halb zwei war (was aber nicht am längst verrenteten Schreiber dieser Zeilen lag), waren wir beide wirklich hungrig. Trotzdem nahmen wir uns Zeit, die umfängliche Karte gründlich zu studieren, zumal sie für einen von uns ja gänzlich neu war.
https://www.yangda-karlsruhe.de/speisenkarte
Sie deckt eine große Bandbreite kreuz und quer durch China ab und enthält die ganze Palette von verführerisch bis abschreckend - wie in vielen Ländern der Erde wird ja auch dort das soziale Gefüge dadurch zusammengehalten, dass man gemeinschaftlich Dinge verzehrt, die andernorts aus guten Gründen nicht auf dem Speiseplan stehen, ich sage nur Surströmming oder Andouillette. Dieses breite und für deutsche Chinarestaurants ungewöhnliche Angebot ist ein Grund dafür, dass im Yangda chinesische Gäste meist in der Überzahl sind.
Nach einigem Hin und Her, wobei wir der Versuchung widerstanden, die Verfolgung der Meeresflüchtensuppe aufzunehmen, einigten wir uns schließlich auf drei Gerichte zum Teilen.
Der zweimal gebratenen Schweinebauch mit Zwiebeln und Paprika (8,90) war ganz dünn geschnitten, knusprig und trotzdem zart. Die Gemüse noch knackig, aber doch so weit gegart, dass die reichlich vorhandenen Zwiebeln keine zwiebeligen Nebenwirkungen im Gedärm auslösten.
Das Hühnerfleisch nach Gong-Bao Art (10,90) war eine leicht süße und ziemlich scharfe Angelegenheit mit Sichuanpfeffer, getrockneten Chilis, Erdnüssen und mehr oder weniger durchgeschmorten Frühlingszwiebeln. Die Chilis waren wohl eher zur Würzung gedacht als zum Mitessen, jedenfalls brauchte man für sie sehr gute Zähne und hohe Scoville-Resistenz.
Schließlich des Kreuzkümmel-Lammfleisch (11,90), seit eh und je mein Yangda-Favorit, für mich der Inbegriff des Soul Foods, indem es sich mit öliger Schärfe wohlig an die Mageninnenwand schmiegt und Endorphine triggert. Seit wir das Yangda frequentieren, bestelle ich das bestimmt jedes zweite Mal.
Dass wir das Richtige ausgesucht haben mussten, konnte man daran erkennen, dass praktisch nichts übrigblieb außer den erwähnten harten Chilischoten. Am meisten gefreut hat mich dann aber doch, dass es meinem linksrheinischen Mitesser ebenso gut gefallen hat wie mir, selbst das ziemlich ungewöhnliche Lamm. Nichts ist unangenehmer, als jemandem in ein Restaurant zu locken, wo es ihm dann nicht schmeckt. Immer wieder vor sich hingemurmeltes Lob samt dem dazu passenden, verzückten Gesichtsausdruck bewiesen das genaue Gegenteil, und es zeigte sich mal wieder, dass gerade beim Essen gemeinsame Freude doppelte bis dreifache Freude ist.
Ebenso wie die Filiale in der Kaiserstraße liegt das Restaurant im ersten Stock und ist unerreichbar für Rollstuhlfahrer. Die Toiletten im Erdgeschoss werden auch von den Sportlern genutzt, haben schon bessere Tage gesehen, sind aber sauber. Der Service war zügig und geprägt von chinesischer Sachlichkeit, was mir angenehmer ist als aufgesetzte Freundlichkeit; dass dem Tsingtaotrinker das zweite Bier ohne Glas vorgesetzt wurde, trug er mit Fassung.
Die Rechnung wurde brüderlich geteilt; nicht enthalten waren ein paar Portionen, die wir nach Hause trugen, zum Beispiel das von mir (und hoffentlich jetzt auch von MarcO*)) sehr geschätzte Mapu Tofu.
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*) Dazu mehr in den Kommentaren