"Auf der Suche nach der „goldenen“ Currywurst"
Geschrieben am 13.09.2015 2015-09-13 | Aktualisiert am 14.09.2015
"Plan A tauglicher plan B!"
Geschrieben am 06.09.2015 2015-09-06 | Aktualisiert am 06.09.2015
"Ein Besuch lohnt sich."
Geschrieben am 06.09.2015 2015-09-06 | Aktualisiert am 06.09.2015
"Gute Küche, schönes Ambiente, akzeptable Preise, aber leider schlechter Service."
Geschrieben am 19.04.2015 2015-04-19 | Aktualisiert am 19.04.2015
Angeregt durch die beiden Vorberichte ergab sich letzte Woche spontan eine Gelegenheit die Expedition „Beste Currywurst“ mal eigenständig unter die geschmackliche Lupe zu nehmen.
Also flugs auf die Internetpräsens von Plan B und eine Reservierungsanfrage für 19:30 Uhr in dem Ambientebereich „die Botschaft“ per mail gezündet. Zwei Stunden später kam die freundliche Bestätigung per mail zurück. Das hat schon mal gut funktioniert.
Tipp für zukünftige Besucher:
Vor Ort ergab sich folgende irritierende Situation: Die 10 Parklätze vom Plan B waren belegt, die angrenzende Parkfläche vom Aldi Areal bot genügend Stellfläche, ist aber durch ein elektrisches Eisentor (noch offen) abgeschottet. An diesem Tor prangerte eine eindeutigen Hinweistafel:
Parkfläche ist zugänglich bis 30 Minuten nach Geschäftsschluss!
Also machten wir kehrt und platzierten unsere Blechkutschen gegenüber auf dem frei zugänglichen Parkareal. Wie sich im Nachhinein herausstellte, waren unsere Befürchtungen unbegründet, da die Chefin vom Margarethenhof einen Schlüssel besitzt und nach Geschäftsende der Gastronomie den Parkplatz eigenhändig verriegelt.
Wie immer der Hinweis für die eiligen Gourmet-Guides:
Da ich mir meiner Neigung zur Ausführlichkeit bewusst bin, habe ich für die Diagonal-Leserfraktion die Fazite (richtiger Plural laut Duden) fett dargestellt, um hier keine Lebenszeit zu verschwenden.
Innen angekommen wurden wir freundlich begrüßt, anhand meiner Reservierung eindeutig zugeordnet und links in die „Botschaft“ geleitet, wo unser Tisch schon für uns eingedeckt war.
Stilvolles Ambiente, gedämpftes Licht, dunkles, schwerer Holz mit weißem Geschirr und Stoffservietten – das macht was her! Sehr schön und wird dem Namen Botschaft umfassend gerecht. Man fühlte sich mit unserem Dresscode Business Casual schon fast ein wenig deplatziert. Aber wir waren ja nicht wegen eines Bewerbungsgespräches in der Chefetage eines Bankhause hier!
Kaum niedergelassen wurde uns auch die (schon erwähnte, mehrfach gefalzte) Karte gereicht und der Getränkewunsch (Zwei große Radler) entgegengenommen.
Das Speisenagebot las sich sehr appetitanregend und hatte ein Zusatzblatt mit dem Hinweis auf 6 Extragerichte, die mit frischen Trüffeln zubereitet wurden.
Unsere Wahl fiel dann auf die „Die (vielleicht beste) Currywurst mit zweierlei Saucen, Pommes Frites und Salatbouquet“ zu 9,50€ als Starter mit zwei Bestecken und für mich die „Fussilli Nudeln mit frischen Pfifferlingen und Hähnchenbruststreifen“ zu 17,50€. Mein Tischpartner bestellt sich das „Paniertes Kalbsschnitzel mit geschmorten Pfifferlingen, Kräuterkartoffeln und kleinem Salat“ zu 21,50€(Hier nicht bewertet)
Vorauseilend muss ich noch erwähnen, dass wir vor ein paar Jahren mal durch mehrere euphorische Berichte im Radio bis nach Wattenscheid in Raimund Ostendorps „Profi-Grill“ Pommesbude gelockt wurden, um die (angeblich) „beste Curry-Wurst im Pott“ testen zu dürfen.
Der vermeintliche 3* Koch hatte seine Kernkompetenz, warum auch immer, auf eine Pommes-Bude fokussiert und seitdem geben sich hier die Stars aus Funk und Fernsehen die Klinke in die Hand. Die Vor-ort Inspektion ergab ernüchternde Erkenntnisse:
Eine ranzige Bude, die seit den 70er Jahren einen Renovierungsstau erfahren hatte und vom Essen eher an eine Dschungelprüfung als an einen Gourmetkontest in Erinnerung blieb. Selbst die deutschlandweit, berühmte Frikadelle mit der Geheimsoße von Opa Kotzlowski (kein Scherz – der hieß wirklich so) war ungenießbar. Nun ja, die ultimative Lobhudelei kam unter anderem vom Stammgast Oliver Pocher, der sich vermutlich selbst für den besten Entertainer und Schauspieler hält. Dieses war insofern ein prägendes Erlebnis, welches in mir eine gewisse Vorsicht erregt, bei Empfehlungen die mit einem Superlativ wie die Beste, die Leckerste usw. beginnen.
Minuten später traf dann auch unser wohlgebräunter Testkandidat bei uns auf dem OP-Tisch ein. Begleitet wurde er von zwei gewärmten Keramiktöpfchen mit rubinroter und dunkel-orangener Füllung, einer Halde gestifteter Fritaten (mind. zwei große Knollen terrestrischer Herkunft) und einem Häufchen Grünzeug benetzt mit Balsamikotinktur.
Der optische Eindruck des Bratlings war makellos.
„Herr Doktor, Schere und Tupfer“ -im Anschnitt bot der Patient den richtigen Widerstand den eine Brühwurst haben sollte. Die Sichtprobe verriet durch die helle Farbe einen hohen Anteil an Kalbfleisch im Brät, vereint mit einzelnen grünen Spurenelementen kräuterischer Herkunft. Top.
Also als nächstes der Olfaktorische Test: „Uhh – der Kandidat verströmte einen Geruch den frische Kalbswürste annehmen, die ihr rühmliches Ende besser 2-3 Tage zuvor genommen hätten.
Nicht umsonst werden in Bayern die Weischwürscht spätestens bis zum mittäglichen Glockengeläut verzehrt. Hier muß Herr Doktor mal einen Punkt abziehen.
Also Nase zu und durch. Von der Konsistenz (Fluffig, bissfest) und dem Geschmack (gute Würze) war die Wurst zweifelsfrei als gute handwerkliche Metzgersleistung einzustufen.
Wenden wir uns den Saucen zu. Erstaunt betrachtete der Oberarzt, dass an der eingetunkten Gabel keine Partikel anhaften wollten. Das Essbesteck war eher glasiert mit leichten Faserrückständen.
Sorry- Aber Sauce meiner Vorstellung ist eine sämig-cremige Konsistenz mit einem leichten Oberflächenglanz, die einen aromatischen Duft diverser verwendeter Komponenten verströmt.
Bei beiden Probanden erinnerte das eher an nicht aufgeschüttelte Kokosmilch.-1Punkt.
Nach einiger Überlegung („Mit was könnte man die Tinktur aufsaugen?“) entschied ich mich für die gestifteten, goldgelben Fritaten. Diese entsprachen sowohl vom Gargrat, dem Eigengeschmack und der verwendeten Salzung dem Prädikat Perfekt.
Zurück zu den Tunken: Der rote Kandidat hatte als Basis eine Tandoori Note, wobei sich die typische leicht trockene Schärfe mit Ansätzen des Kreuzkümmels aufgrund des Wärmeeinsatzes schon weitestgehend verflüchtig hatte. Der orange-gelbe Proband enthielt Spurenelemente von Curry, Chilli und homöopathischen Tomatennoten – war aber ebenso uninspirierend.
Beide „Saucen“ ließen sich von jedem Hobbykoch in Sekundenschnelle reproduzieren.
Bliebe noch auf dem OP-Tisch das Salatbouquet übrig. Die Zutaten waren frisch und knackig (die Gurkenscheibchen sogar entkernt, aber nicht von ihre dunkelgrünen bitteren Schutzhaut befreit) verbargen sich unter einem dunkel-dickflüssigen Dressing, welches nur der Farbe nach an Balsamicoessig erinnerte, den Kampf mit der übermächtigen Süße aber schon vor langer Zeit verloren hatte. Langweilig, wie ein handelsübliches Convenience Produkt.
Kommen wir zum Fazit des Currywurst Ensembles:
Wurst- groß (ca. 20-22cm)- guter handwerklicher Metzgersaitling, optimale Garung und vermutlich leckerer Geschmack, wenn sie denn frisch gewesen wäre. Note 3
Saucen: Konsistenz, Geschmack, Finesse: Note 4-5
Pommies: Kross, goldgelb, optimal gesalzen – vermutlich aus der frischen Knolle gestiftet: Note 1
Salat: Grün, frisch und knackig, erschlagen durch süßes „Balsamico“Dressing a la Grafschafters Goldsaft: Note 4
ergibt summierend ein (ganz großzügiges) schwaches Befriedigend. Note 3-
Vielleicht sind hier einige Kritikpunkte tagesformabhängig, aber ich kann ja nur subjektiv meine Eindrücke wiedergeben, von dem was ich gegessen habe.
Nicht verzagen, Doktore! – es kommt ja noch der Hauptgang:
Fussili mit frischen Trüffeln und Hähnbruststreifen
Den Essens-Chirurgen erreicht ein wohl gehäufter Pasta-Teller mit frischen, knackigen Ingredienzen (Staudensellerie, Lauch- und konventionelle geschnippelte Zwiebelelemente) zu Oberst.
Die Fussili waren untermengt mit den kurz angebratenen Hähnchenbruststreifen und gethront von den mir so geliebten Pfifferlingen.
Diese kommen mir auch zu aller Erst auf das Sezierbesteck. Wow, kurz in der Pfanne geschwenkt sind diese fungiziden Waldbewohner wirklich auf den Punkt und rufen geschmacklich die arttypische Erinnerung hervor, die ein Nadelwald kurz nach einem Regenschauer verströmt. Exzellent!
Weiter geht es mit der sensorischen Prüfung der Hähnchenschnipsel. Auf den Punkt gegart, noch angemessen saftig. Ein leichter Einsatz von z.B. Tellycherry Pfeffer hätte den guten Geschmackeindruck perfekt abgerundet. Il Doctore lächelte innerlich.
Nun zu den Fussili: Die leicht glänzende Oberfläche verriet den Einsatz eines Öls nach dem Kochen, der Gabeltest sprach für einen guten Gargrat als diese Teiglinge dann sogleich in der sensorischen Prüfkammer(Mund) verschwanden. …Bang-Boom-Bang!
Was in aller Welt war DAS denn? Der Zeiger des Umamiinstruments schlug aus bis weit über den roten Bereich – ich musste mich erstmal sammeln und neu fokussieren.
Ich begutachtete die optisch neutral dreinschauenden Fussili nochmal gesondert.
(Anmerkung der Redaktion: Ich koche meine eigene Pasta immer in Brodo (Brühe), da diese zusätzliche Geschmackkomponente dem eher neutralen Hartweizenkandidaten eine schön herzhaft- würzig Note verleiht)
Aber DAS, was ich hier auf der Gabel, respektive im Mund hatte, war Lichtjahre darüber hinaus.
Lange musste ich überlegen was mir einen ähnlichen überintensiven Eindruck verursacht hatte, bis ich zu einem Ergebnis kam – einen pur gegessenen Löffel von einem Maggi Rinderbrühenkonzentrat! Diesen überdosiertem Einsatz von Natriumglutamat kennt man, wenn man in einem ganz schlechten Asiatempel gespeist hat. Der übertriebene NG Einsatz wird auch als Chinarestaurant-Syndrom bezeichnet.
Ganz übel! – im wahrsten Sinne des Wortes. Ich bestrafte die Nudeln mit Missachtung und nahm nach reichlicher Spülung und Neutralisierung meiner Geschmacksknospen, die Fährte nach den anderen Komponenten meines Pasta-Gerichtes wieder auf. Wobei ich penibelst alle Restzutaten von den “Böser-Chinese-Nudeln“ trennte, so das am Ende der Mahlzeit nur noch sezierte, weiße Würmchen auf der OP-Keramikunterlage übrig blieben.
Fazit Hauptgericht: Pfifferlinge Note 1; Hähnchenbrust und knackiger Gemüsekram Note 2-;
Fussili glatte 6 macht in Summe für das Hauptgericht wiedermal eine wackelige 3- Note
„Soll ich reklamieren? Nee, zum einen bin ich an der Sättigungsgrenze, nicht diskussionsfreudig und andererseits ist es schon vorgerückte Stunde – Zeit für einen doppelten Espresso“
Essen: Zubereitung und Darbietung – gut, Qualität – sehr schwankend
macht in Kombination 2,5 Pkt
Ambiente: angenehm, nicht zu laute Umgebung, edle Ausstattung 5 Pkt
Der Service: immer präsent, nicht aufdringlich, sehr aufmerksam und freundlich
(uns bedienten 3 Damen während des Besuchs) 5 Pkt
Hygiene: alles sauber und akkurat; kein Besuch der "flüssigkeitstrennenden" Toilette notwendig
5 Pkt
PLV: Angesichts des ambitionierten Preises der Currywurst von fast 10€ und der „Geschmacksbombe“ Fussili von 17,50€ in Relation mit den preiswerten Begleitern:
Alsterwasser 3,50€ und dem Espresso Dobio von 2,80€ vergebe ich großzügig eine 2,5
Gesamteindruck: 3 – wenn es sich ergibt (und genügend Wasser den Rhein runter geflossen ist) noch einen Versuch – Alleinig der Neugier geschuldet, ob es sich um eine temporäre Schwäche der Küchencrew handelt, denn meine wertgeschätzten Vorrezensenten haben hier ganz differenzierte Eindrücke gesammelt
(1 – sicher nicht wieder, 2 – kaum wieder, 3 – wenn es sich ergibt wieder, 4 – gerne wieder, 5 – unbedingt wieder - nach "Küchenreise")
PS: Die von Herrn Borgfelder so geschätzten Fotos werde ich nachträglich einstellen so denn ich vom Apfel-Store ein neues i-phone-kompatibles USB Kabel besorgt habe.:-))
Update 14.09.15: Bilder sind jetzt hochgeladen: Ich bitte die schlechte Ausleuchtung zu entschuldigen- ich hatte meine Canon vergessen und musste alternativ mit dem Apfel-phone knipsen.