"Wenn sich die Nebel lichten"
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Aber auch die „üblichen Verdächtigen“ sind im Angebot, so dass bei leisem J-Pop ein bunt gemischtes Publikum zugegen war. Der vordere Bereich zur Straße war komplett besetzt, aber im hinteren Teil waren noch etliche freie Plätze verfügbar. Wie „beim Japaner“ gewohnt, bot man dem einzelnen Gast einen Platz vor der Sushi-Theke an. Das kann auch ganz interessant sein, aber hier war das gläserne Buffet reichlich mit Tages- und Wochen-Angeboten bepflastert, auf Dauer eine etwas eintönige Aussicht. Meine Frage nach einem Platz am Tisch wurde sofort bejaht, und ich durfte auf einer gepolsterten Bank unter farbenfrohen Manga-Szenen vom Markt in Hokkaido Platz nehmen.
Wie überhaupt der Service tadellos und regelrecht freundlich agierte. Man merkte doch deutlich die japanische Mentalität, den Gast, wenn irgend möglich, absolut zufriedenzustellen. Auch mein Wunsch nach einer in der Karte nicht vorgesehen Auflage für mein nigiri wurde nach einer kurzen Diskussion mit dem Chef erfüllt. Im Gegenteil entschuldigte man sich, dass es etwas dauern würde.
Einziger Nachteil der hinteren Plätze ist eindeutig die Nähe zur Küche, in der die Fritteuse Schwerstarbeit verrichtete. Ob die Entlüftung immer so schwach ist, weiß ich natürlich nicht. An diesem Abend zog durch den Pass und die leider häufig offen stehende Küchentür deutlicher Fettgeruch in den Gastraum. Und eben auch in die Kleidung, so dass ich bei einem Wiederholungsbesuch unbedingt den vorderen Bereich vorziehen würde. Den Punktabzug habe ich bei Sauberkeit vorgenommen, nicht bei Ambiente.
Für einen gewissen Überblick bestellte ich „quer durch den Garten“ in mehreren Durchgängen:
Leicht frittierten Tofu (age-tofu), Tintenfisch mit Gurke (tako-su 7,8€), frittierte Tintenfisch-Tentakel (geso-kara 9,8€)
Sashimi vom Thunfischbauch (chu-toro 19,8€)
Nigiri mit geflämmter Jakobsmuschel, Seeigel, Gelbschwanzmakrele
Als Krönung unagi, den Süßwasseraal, dessen aufwändigster Zubereitung in Japan eigene Restaurants gewidmet sind. Da zum Abschluss natürlich noch süßes Omelett (tamago) wartete, wäre mir ein Hauptgericht zu mächtig gewesen, daher der oben beschriebene Wunsch einer kleinen Kostprobe als Auflage für zwei Reishäppchen.
Mit kleinen Abstrichen haben alle Gerichte überzeugt, teilweise sogar begeistert. Es wurde zügig serviert und wie so oft in dieser Art von Gastronomie waren die Portionen offensichtlich zum Teilen gedacht.
Der Seidentofu, ganz fein mit Tempurateig umhüllt in einem würzigen Dashi serviert, war für meinem Geschmack entweder zu groß oder zu kurz frittiert worden. Jedenfalls war das Innere noch recht kalt. Vielleicht „muss“ das ja auch so und ich habe bislang immer nur armselige Nachahmungen bekommen. Aber egal, mir hätte es besser geschmeckt, wenn es durchgehend heiß gewesen wäre. Dafür kam ich in die Genuss einer kurz gegrillten, milden Chilischote und zweier knackiger Garnelen. Fein geriebener Rettich und etwas Misopaste sind Standard.
Ein klassischer Snack sind gekochte Oktopus-Scheiben mit Gurke.
Frisch und zart, der Beweis, dass die Tentakel nicht zäh sein müssen. In einer milden Vinaigrette bildeten einen schönen Gegenpart zu meiner dritten Vorspeise. Die Tintenfisch-Füßchen kamen heiß und knusprig aus der Fritteuse. Im Gegensatz zum Weichtier-Kollegen allerdings ein wenig hart.
Schade, denn in die Mayo gestippt, war das natürlich wieder mal feines japanisches Bar-Soulfood.
Nach dieser passablen Runde nippte ich brav an meinem alkoholfreien Bier und wähnte mich doch unerwartet in einer Izakaya, der inzwischen auch hierzulande bekannten japanischen Feierabend-Kneipe für den Kollegenkreis.
Der folgende Gang radierte den Gedanken in Sekundenschnelle aus: Der Tuna der katalanischen Edelmanufaktur Balfego (gefangen im Mittelmeer zwischen Mai und Juni, geschlachtet nach der japanischen Ikejime-Methode) hatte den perfekten Fettanteil, vermutlich aus der Mitte des Bauches (chu-toro) und dadurch einen wunderbaren Schmelz. Im Mund entsteht das Gefühl, dass das Fleisch mehr schmilzt, als dass man es kaut. Trotzdem aber Struktur. Noch fettere Stücke aus dem Bauchlappen hatte ich auch schon an anderer Stelle, aber das war mir denn doch zu sehr, wie ein Stück Schmalz zu lutschen. Hier war es himmlisch. Natürlich wurde eine solche Qualität pur genossen, mit einer Winzigkeit Meerrettich und einem Tropfen Sojasauce.
Mit der nächsten Runde wurde es einerseits bodenständiger, aber nicht weniger gut. Bei den nigiri-sushi war zuallererst der Reis zu loben: Körnig, nicht pappig, minimaler Biss und mild gesäuert.
Als Auflage hatte mich entschieden für
Nach dem Meeresaroma von Seeigel kann nicht mehr viel kommen. Außer natürlich unagi, der häufig zur Jahresmitte als Kraftspender für die kalte Jahreszeit genossenen Aal-Spezialität! Das hat absolut nicht mit dem (durchaus leckeren) norddeutschen Räucheraal zu tun und ist niemals, ich wiederhole Niemals! in normalen (deutsch/vietnamesisch/pan-asiatischen) Sushirestaurants zu probieren. Außer man steht auf im schlechtesten Fall gummiartige Bauchlappen und im besten schulterzuckendes „Ja, ganz lecker.“
Bitte nur in japanischen Restaurants, die auf eine hinreichende Gästeschar zurückgreifen können, die den aberwitzig aufwändigen Herstellungsprozess schätzen und auch bezahlen wollen!
Der unagi im Zero Banchi gehörte sicherlich zu den Top 3 meines Lebens: Leicht warm, leicht rauchig, leicht süß, intensives umami - ein Feuerwerk der sich ergänzenden, vollmundigen Geschmäcker. Dabei weich, aber nicht matschig, den Mund auskleidend, aber nicht fettig im herkömmlichen Sinn. Ein Maul voll wonnigem Wohlgeschmack!
Gut, dass danach leckeres tamago, das in der speziellen rechteckigen Pfanne sanft gestockte süße Schicht-Omelett, mein Menü beruhigend beendete.
Japanisches Essen in dieser Vielfalt und handwerklichen Güte wäre ein wirklich starker Grund umzuziehen. Ob nach London oder Keeken am Niederrhein wäre noch zu klären.