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Drei Fragen und meine Ansichten dazu vorweg:
1.) Ist „einfach“ wirklich „mehr“ (Aldi-Slogan)? - Jein! Tendenz zu nein.
Wenn es nur um billig geht: ein großes Nein von mir.
Aber ja, wenn es um das perfekte Produkt geht im Sinne von: „Ich habe einen ganz einfachen Geschmack. Ich bin immer mit dem Besten zufrieden“ (sagte schon Oscar Wilde).
Mir fällt auch noch ein Werbespot (vor einiger Zeit im Fernsehen regelmäßig ausgestrahlt) ein: Ein Ehepaar sitzt im Restaurant. Der Mann studiert die Karte und bestellt dann beim Kellner den „zweitbesten Fisch“ und das „zweitbeste Steak“. Macht das Spaß?
„Es gibt kaum etwas auf dieser Welt, das nicht irgend jemand ein wenig schlechter machen und etwas billiger verkaufen könnte, und die Menschen, die sich nur am Preis orientieren, werden die gerechte Beute solcher Machenschaften. - Es ist unklug, zuviel zu bezahlen, aber es ist noch viel schlechter, zuwenig zu bezahlen. Wenn wir zuviel bezahlen, verlieren wir etwas Geld, das ist alles. Wenn wir dagegen zuwenig bezahlen, verlieren wir manchmal alles, da das Gekaufte die ihm zugedachte Aufgabe nicht erfüllen kann“ (von John Ruskin).
Vendome außen
2.) Brauche man Sternerestaurants fürs Leben (Frage analog einem Ikea-Spot)?
Nein, natürlich nicht! - Aber ich habe manchmal einfach Lust auf elegante Anrichtungen und ungewöhnlichen Aromen bei Speisen.
3.) Ist ein Leben ohne Sternelokale möglich? Ja! - Aber es ist dann eben sinnlos (frei nach Loriot).
Allgemein
Joachim Wissler ist ein außergewöhnlicher Koch – für mich einer der größten seiner Zunft überhaupt. Daher versuche ich (leider nur unregelmäßig: ich kann es mir eben nicht öfter leisten) so oft es geht, ins Vendome zu kommen (Ich kann sogar mit dem Bus dorthin kommen).
Joachim Wissler bei der Arbeit
Ich finde schon, dass das Vergnügen nicht „billig“ ist, aber es ist es mir persönlich schon wert.
Ein Überblick über die Kosten macht deutlich, dass man besser vorher eine Planung macht.
YouDinner-Menu, Aperitif, begleitende Weine, Wasser und Espresso -> 259 €
Bei einem Besuch zu den Konditionen des Hauses sieht es etwa im Vergleich so aus:
Sa,So: 4-Gänge-Lunch, Aperitif, Wasser und Kaffee inklusive -> 135 € + Weine
Mi, Do: 5-Gänge-Dinner inklusive Weinreise und Espresso -> 215,00 € + Aperitif + Wasser
Dinner 5-Gänge 190 €; Weinbegleitung 95 € + Wasser + Aperitif
Dinner 8-Gänge 230 €; Weinbegleitung 115 € + Wasser + Aperitif
Dinner 10-Gänge 265 €; Weinbegleitung 135 € + Wasser + Aperitif
Man sollte also nach meiner Meinung v o r jedem Restaurantbesuch im Vorfeld die Speise- und Getränkekarte studieren und den eigenen Rahmen abstecken. Beim Besuch selber - finde ich – möchte ich dann keinen Gedanken mehr ans Geld verschwenden: Sternerestaurants im Dreisterne-Bereich verursachen Ausgaben für die man auch einen kleinen Urlaub machen könnte.
Aber bei mir kommt kein Sozialneid auf gegen die Menschen, die sich das leichter und/oder öfter leisten können: Ich bin mit meinem eigenen Leben zufrieden und teile mir mein Budget entsprechend meiner Einkünfte ein.
Und die Kosten sind absolut nicht zu beanstanden: Ein Platz im Spiel FC Bayern München - FC Arsenal (Champions League) kostete zum Beispiel ab 250 Euronen aufwärts und es gibt weitere zahlreiche Möglichkeiten in Sport und Kultur oder anderen Hobbys (zum Beispiel das Auto). - Jeder muss seine Prioritäten am Ende selbst setzen.
Schön, dass dieses Mal YouDinner diesen Deluxe-Besuch anbot. Und das Programm kann sich sehen lassen:
* Champagner-Begrüßung auf der Terrasse des Vendôme
* exklusiver Mittags-Lunch nur für die Mitglieder von YouDinner
* neue Kreationen serviert und erläutert durch das Team und Joachim Wissler
* Menü und alle korrespondierenden Getränke im Preis inklusive
Um es vorweg zu nehmen: Heute habe ich wieder einmal das erlebt, was ich mir von einem Restaurantbesuch grundsätzlich erhoffe und manchmal wirklich erlebe.
Bei GG habe ich es so auf meiner Seite so beschrieben: „Ich besuche ein Restaurant nie, um es zu testen.
Ich besuche ein Restaurant in der Hoffnung und Erwartung, genüsslich essen und trinken zu können. Ich möchte dabei erleben, wie Gerichte in Perfektion zubereitet und angerichtet werden, wie sie duften und wie sie schmecken und mit welchen Getränken sie harmonieren.“
Ich habe also einen persönlich großartigen Augenblick in meinem Leben gehabt, von dem ich vielleicht lange zehren werde.
Die verkosteten Speisen
Komposition Frühling JW
Auftakt
Toffee
Gänseleberkaramell – Piemonteser Haselnuss
Beim Anbiss ergoss sich eine halbflüssige Creme in den Mund und erfüllte den Mund mit den Leber-Nuss-Aromen.
Borschtsch
Macaron
Ein sanfter aber deutlicher Rote-Bete-Geschmack war in den luftigen Schaumschalen außen zu bemerken und verband sich dann mit dem Gemüse im Inneren zu einem kleinen Ausflug in den Osten.
Shisoblatt
Eiweiß-Meerrettichcreme – Saiblingskaviar
Das dunkle große Blatt mit feinen Bittertönen war fest mit der knusprigen Baiserkomposition mit Rettichgeschmack verbunden. Ich habe vorsichtig den Rand abgeknabbert, um dann den Mittelhappen mit dem Kaviar und der Creme im Mund ankommen zu lassen und die Vielfalt zu spüren.
Thunfisch
Krabbenbrot – Avocado
Thunfisch
Der Thunhappen war mit zweierlei Kaviarperlen und Dill zusätzlich gewürzt. Die Avocadocreme und eine helle Majonaise ergaben Kontraste zum aromatischen Fisch. Dazu wurde ein „Cracker“ mit Krabbengeschmack gereicht und war ebenfalls mit Avocado und zwei winzigen Meerestieren, Perlen und Dill dekoriert.
Das alles waren also Grüße aus der Küche.
Selbstverständlich waren auch dreierlei Brot und Salz-Butter vorhanden.
Menü
Blauer Hummer & Walbecker Spargel
Kokos-Spargelcreme – Holunderblütenkaviar – Sojavinaigrette
Vom Hummer wurden drei verschiedene Teile serviert. Die Auswahl ermöglichte unterschiedliche Geschmackserlebnisse. Der Spargel war nicht als Stange zu sehen, sondern zu einer Mousse verarbeitet. Die Aromen vom Gemüse und der Kokosnuss ergaben einen neuen Geschmack, wobei der Spargel zu erschmecken war. Die kleinen Kügelchen waren diesmal aus Holunder fabriziert. Die Sojasauce wurde am Tisch zugefügt und machte das Gemüse und die winzigen Blüten zusammen zu einem aromatischen Salat.
Kalbshirn-Piccata & Bachkrebse
Strauchtomatenjus – Spitzmorcheln – Masala-Tandoori
Kalbshirn Piccata & Bachkrebse
Eine solche Piccata kannte ich noch nicht: Kalbshirn als Grundlage. Beim ersten Bissen waren meine Vorbehalte gegen Gehirn überwunden und weggefegt. Es erinnerte mich irgendwie an Bries – und Bries ist eine Innerei die ich schon früher zu schätzen wusste. Ein Erlebnis.
Morcheln haben eine ungemein eigentümliche Pilz-Aromatik, die ähnlich wie Steinpilze für mich unvergleichlich köstlich-kräftig auf der Zunge wirken. Selbst kleinste Stückchen beeinflussen zusammen mit anderen Komponenten den Geschmack. Einige Erbsen und etwas wilder Broccoli brachten nicht nur grüne Farbe, sondern auch weitere Würznoten ins Spiel. Die Tomatensauce passte für mich gut zu den Krebsen.
Glattbutt & Gebundener Kalbsfußsaft
Kleine Steckrübchen – Wasabi-Erbsencreme
Der Fisch war fest in der Struktur und war für mich zusammen mit der Paste bzw. einem Lack obenauf ebenfalls köstlich – irgendwie asiatisch-orientalisch. Den Kalbsfußsaft kannte ich bisher auch nicht. Zusammen mit Kapern eine harmonische Vereinigung. Die Cremekugel bestach ebenfalls mit weichen Aromen; ich habe jedenfalls keine Schärfe geschmeckt. Rübchen und Schoten mit Sprossen vermittelten mir erdige Noten.
Wagyu Entrecote „Primeur“
Mixed Pickles – Kopfsalatherz – Sauce Bearnaise
Wagyu Entrecote
Das Fleisch machte mir schon optisch Freude. Bisher hatte ich jedoch meist geschmacklich Probleme mit Wagyu gehabt; es war bisher überwiegend weich durch langes Garen bei niedrigen Temperaturen und konnte mich nicht überzeugen. Heute war das Fleisch jedoch unheimlich aromatisch und trotzdem noch fest in der Struktur. Dazu konnte ich zwei Saucen kombinieren: die Bearnaise und die Fleischjus.
Das kleine Gemüse-Potpourri (hier mixed pickles genannt) wurde im separaten Schälchen gereicht. Mir sind leicht geschmorter Blumenkohl und kleine längliche Radieschen in Erinnerung geblieben.
Das Salatherz war aufgespießt und steckte in einer Marinade in einem weiteren Glas. Durch Drehen der Gabel wurden die Gewürze am Boden aufgewirbelt und verbanden sich so mit den Blättchen.
Challans Ente
Geflügeljus – Bouillon chinoise
Wegen meiner Nussallergie wurde meine Ente nicht mit einer Knusperschicht und Erdnusscreme serviert, sondern gegart und mit Salzkristallen und Gewürzen abgeschmeckt
Das Stück war fest in der Struktur, da keine krosse Haut auf dem Fleisch war, erinnerte es mich sogar optisch und geschmacklich an eine Étoufféetaube. Dreierlei Saucen ergaben verschiedene Kombinationsmöglichkeiten. Die Beilage aus Pilzen, Tomate, und Wurzelgemüse gab frische Aromen dazu.
Dann wurde noch ein „Klößchen“ mit Füllung aus feinen Fleischstückchen, der asiatisch in einem Bambusgefäß gegart worden war, gereicht. Die Außenhülle war ganz dünn und hielt die Füllung zusammen. Diese Kugel war umwerfend schmackhaft und aromatisch.
In einer dritten Schüssel war dann noch eine Bouillon. Sie strotzte vor Kraft und Aromen. Jeder Löffel ein Genuss.
Waldmeister, Bier & Schokolade
Auf dem Hauptteller waren Schokoladenwürfelchen, verschiedene Saucen, die nach Waldmeister, Karamell und anderen (die Fülle war so groß, dass ich nicht alles behalten habe) Zutaten schmeckten.
Waldmeister, Bier Schokolade
In einer eigenen Schüssel war ein Bierschaum mit Waldmeisteruntergrund angerichtet.
In einem weiteren Glas war noch ein Waldmeister-Wackelpeter mit zwei Schichten aufgegossen.
Süßer Abschluss
Schaumkuss
Waldmeister
Ein Schokokuss mit Waldmeistergeschmack war ebenfalls neu für mich.
Macaron
Kaffeeganache
Was soll ich dazu sagen? Ein lockeres Gebäck mit köstlicher Creme in der Mitte.
Magnum
Milchkaffee
Das V-Eis ist immer wieder köstlich. Heute waren Kaffeegeschmack und Schokoladenstückchen zu erkosten.
Luftschokolade
Minze & Zitronengras
Cremige, lockere, leichte Stücke konnten aus einem Topf entnommen werden.
Und damit noch nicht genug: Es folgten Espresso und Petit fours.
Petit fours
Getränke
Marco Franzelin wäre nicht mehrfacher Sommelier des Jahres, wenn er langweilige Weine öffnen würde.
Miguel Calero - Doppelmagnum - Marco Franzelin
Jean Pernet: Blanc de Blancs Grand Cru Brut Champagne (6 Liter-Flasche - Methusalem)
Erfrischend und kühl - herrlich bei strahlendem Sonnenschein auf der Terrasse.
Schäfer-Fröhlich – Nahe - 2014 Riesling Kupfergrube GG
Der Wein begleitete die ersten Gänge. Er schmeckte frisch mit blumigen und fruchtigen Noten. Sicher steht er noch am Anfang seiner Entwicklung. Gerne möchte ich ihn in etwas höherem Alter nochmals verkosten.
Tondonia Viña – Rioja - Tondonia Blanco Reserva 2003
Rebsorten: Viura, Malvasía – 12,5%
Dieser Wein, der nach 60 Monaten im Fass nochmals mindestens 10 Jahre auf der Flasche reift, bevor der Kellermeister den Wein für den Markt frei gibt, war für mich eine tolle Erfahrung.
Friedrich Becker – Pfalz – 2009 Spätburgunder Sankt Paul GG
Schon vorher habe ich dieses Weingut kennen gelernt. Aus diesem Hause kommen wohl nur prächtige Weine. Von dieser Abfüllung bin ich einfach nur begeistert.
J. J. Prüm – Mosel – Riesling 2010 Wehlener Sonnenuhr Spätlese
Die Rieslinge von Prüm haben einen guten Ruf – und wer (wie ich) zum Nachtisch gerne Süßwein trinkt, ist hier genau richtig.
Fazit
5: unbedingt wieder.
Ich habe in den letzten Jahren oft gut gegessen, aber nie besser als bei Joachim Wissler.
(1 – sicher nicht wieder, 2 – kaum wieder, 3 – wenn es sich ergibt wieder, 4 – gerne wieder, 5 – unbedingt wieder – nach „Kuechenreise“)
Datum des Besuchs: 06.05.2017 - mittags - 1 Person