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Davon profitiert auch das Ziel unserer Radtour nach Twist, der Landgasthof der Familie Backers in Twist-Bült. Schon immer haben Frau und Herr Backers in diesem Dorf einen qualitätsbewussten gastronomischen Betrieb geführt und sind damit auch in das Radar meiner Suche nach Genuss-Zielen geraten. Und da nun der junge Hendrik Backers aus Münster zurück gekehrt und in den Betrieb eingestiegen ist, wird dieses Haus auch langfristig weiter geführt werden können. Angesichts vieler Gasthöfe, die auf Grund mangelnder Nachfolge schließen müssen, eine gute Nachricht.
Am späten Nachmittag trafen wir ein, die Räder kamen in die neue Rad-Garage, und wir checkten uns nach einer freundlichen Begrüßung durch Frau Backers in unser Zimmer ein. Die gerade erst sanierten Zimmer laden immer dazu ein, einen Besuch im Restaurant mit einer Übernachtung zu kombinieren. Twist ist nicht gerade der Nabel der Welt und öffentlichen Nahverkehr gibt es dort nicht nennenswert. So spart man sich die "wer fährt zurück" Diskussion. Für 19 Uhr hatten wir den Tisch reserviert und so war ausreichend Zeit, zu regenerieren und sich in einen für den Abend angemessenen Zustand zu bringen. Die Satteltaschen waren zu diesem Zweck gepackt.
Seit unserem letzten Besuch war der Gastraum dezent, aber wahrnehmbar renoviert worden. Tritt man ein, offenbart sich Landhausstil ohne Kitschfaktor.
Hendrik Backers hat sich seine gastronomischen Meriten im Bereich von Cocktails und Barprodukten erarbeitet, und mit diesem Hintergrund ist es klar, dass das Angebot an entsprechenden Getränken kräftig gestiegen ist. Der Wagen mit den Digestif kündete unübersehbar davon.
Ein junger Mann aus dem Serviceteam nahm sich unser an und brachte uns direkt an unseren Tisch, vorstellen mussten wir uns nicht mehr. So geht perfekter Service. Frau Backers hat ihr Team gut im Griff.
Wir nahmen Platz an einem Tisch für Zwei vor der Tür zur Terrasse, auf der wir auch schöne Abende mit Genuss verbracht haben. Nur leider war das natürlich Ende April noch keine Thema, und so blieb es beim Blick nach draußen in den schön gestalteten Garten der Familie Backers. Die Karten kamen an den Tisch und ein Wasser wurde bestellt, ebenso zwei Aperitif.
Für meine Frau ein Pinot Rosé Sekt brut, klassische Flaschengärung, Weingut Th. Schätzle, Kaiserstuhl und für mich ein Quitten Gimlet, bestehend aus Quitten-Bergamotten Likör, Fords London Dry Gin, Lime Cordial. Wenn sich schon ein guter Barkeeper aufs Land verirrt, dann wird natürlich entsprechend geordert. Es gibt deswegen jetzt auch eine extra Barkarte bei den Backers im Restaurant. Wir studierten die Karte, einsehbar auf der HP. Die Karte ist wohltuend reduziert, Helmut Backers als Küchenchef kocht streng regional und saisonal, seine Küche unterstützt die Slow Food Vereinigung und setzt deren Ideen konsequent um. Es dauert dennoch immer etwas bis man ordern kann, denn als Genießer fällt die Entscheidung doch immer sehr schwer. Man kann nicht alles essen, was auf der Karte verlockt. Irgendwann waren wir durch, und sehr Service servierte uns Brot und eine Kräuter-Frischkäsecreme.
Na klar kommt der Käse von einem regionalen Hersteller, und das Brot wird selber gebacken. Zwei Sorten, eines mit Bärlauch veredelt und eines, dass von Kümmel und Koriander in seinem Aromen bestimmt war. Mit Aperitif und Brot verging dann die Zeit zur Vorspeise. Meine Frau hatte sich etwas sehr Besonderes bestellt.
Französische Sardinen, original in der Dose serviert, mit Zitrone oder Schalotten, kleiner Salat und geröstetes Brot war ihre Order an den Service. Zitrone war ihre Wahl für die Sardinen. Gute bretonische Sardinen liegen auch immer bei uns zu Hause, wir haben zwei Hersteller aus dem Finisterre, bei denen wir regelmäßig einkaufen. Wir essen die im Ganzen, diese hier waren filetiert. Aber ich denke, dass ist hier bei uns eine gute Entscheidung, um Hemmschwellen abzubauen. Frau genoss ihre kulinarische Vorfreude auf unseren Bretagne-Urlaub im Juni. Meine Wahl war auch etwas aus dem Meer.
Pulpo und Spargel in Olivenöl gebratenen mit Bärlauch-Mayonnaise war der schlichte Name für dieses Gericht. Spargel hat Saison, gebraten ist für mich die beste Zubereitung dieses Gemüses und die Kombination mit Pulpo und Bärlauch war äußerst gelungen. Großartiges Zusammenspiel von Röstaromen und frischen Noten aus der Mayonnaise. Ich war sehr glücklich mit meiner Wahl. Zu der Vorspeise gab es einen Silvaner.
Aus Franken, woher sonst, ein Ortswein des VDP Weingutes Bickel Stumpf, war dieser frische 2020er eine Entdeckung für uns Beide. Es wird wird wirklich langsam Zeit, dass wir endlich mal eine Weintour nach Franken machen. Perfekter Begleiter für unsere beiden Vorspeisen. Nach angemessener Wartezeit servierte uns Hendrik Backers unsere Hauptgänge. Zuerst die Wahl meiner Frau.
Lamm vom Emsland-Moormuseum, geschmorte Schulter in Senfsaatsauce, Spitzkohl und Kräutergnocchi hatte sie bestellt. Wunderbar geschmortes Fleisch, ich durfte kosten! Großartiger Glanz der Jus. Das Stück Fleisch auf angeschwitzten Spitzkohl serviert. Und ein Knaller die etwas ungewöhnlich geformten Gnocchi, aromatisiert mit Bärlauch. Die waren sehr gut! Sauce blieb natürlich nicht auf dem Teller zurück bei dieser Beilage. Perfekt in die Jahreszeit passendes Gericht! Ich hoffte, meine Wahl würde mich auch so glücklich hinterlassen. Denn die war etwas außergewöhnlich. Der Service servierte zuerst ein Tablet mit drei Komponenten a part an meinem Platz.
Dazu kam ein Teller, der vor mich gestellt wurde.
Sehr schlicht, musste ich da noch selber Hand anlegen, um das zum erhofften Genuss werden zu lassen. Auf dem Tablett eine Sauce. Dampfend heiß im Glas serviert mit wunderbaren Aromen von Thymian und Oregano.
Im zweiten kleineren Glas noch geriebener Käse, der Geruch verriet, dass es ein Ziegenkäse war.
Nun machte ich mich ans Werk und baute das Ganze zu meinem Gericht zusammen. Denn meine Bestellung stand in der Karte unter dem Namen Unsere "Brot-Retter-Nudeln" mit Rehbolognese, kleiner Salat und geriebener Fehnland Ziegenkäse.
Helmut Backers verarbeitet liegen gebliebenes altes Brot aus der eigenen Herstellung zusammen mit einer Nudelmanufaktur aus dem nicht weit entfernten Wietmarschen zu dieser Pasta. Die Manufaktur kenne ich gut, sie verkauft ihre Waren auch an mich auf unseren Freitäglichen Wochenmarkt in Rheine. Die Bolognese kam perfekt abgeschmeckt über die Pasta, mit leichten, aber nicht zu dominanten Wildgeschmack. Dazu ein frischer Salat, war das ein schlichtes, aber wundervolles Gericht.
Der Wein zu diesen beiden Gerichten kein Roter, uns stand der Sinn weiter nach einem Weißwein. Ein frischer Silvaner wäre nach natürlich völlig überfordert gewesen bei den beiden Gerichten, aber ein Chardonnay aus dem Holz sollte gut dazu passen.
Südtirol, Cantina Terlan, Chardonnay aus dem Holzfass, Jahrgang 2020, war dieser Wein auch Begleiter unserer Desserts. Für mich Käse!
Regionaler Käseteller mit eingelegten Walnüssen und Brot. Das Chutney verriet mir die Karte nicht, das passte aber sehr gut zu den Ziegenkäsen vom Fehnhof im Emsland und dem Käsehof Dennemann aus der Grafschaft Bentheim. Frau Carsten1972 orderte einen süßen Abschluss ihres Menüs.
Panna cotta mit Rhabarberkompott und weißer Schokolade hatte es in der Karte geheißen. Ich habe nicht probiert, aber der Blick in die Augen meiner Frau verhieß vollste Zufriedenheit. Drei Gänge hatten wir bestellt und mit alles Gerichten unseres Abendessens waren wir vollauf zufrieden! Helmut Backers kocht sein Ding, jahreszeitlich, regional, hochqualitativ, mehr braucht es nicht, um eine wunderbare Kulinarik zu anzubieten. Wir orderten nach Beratung mit dem Junior noch zwei Digestif, einen spanischen Brandy (Carlos I Imperial XO) und einen finnischen Whisky (Kyro Malt aus Roggen, kräftige Raucharomen).
Mit dem Abendessen waren wir durch, zufrieden fielen wir dann für eine ruhige Nacht ins Bett. Der Genuss-Aufenthalt im Backers endet aber für die Zimmergäste nicht mit dem Abendessen, denn am nächsten Morgen erwartet den Gast eines der besten Hotel-Frühstücke, die ich persönlich kenne (und ich bin bei Hotel Frühstück wahrlich viel Leid gewohnt). Früher servierte Frau Backers das Frühstück im Restaurant. Aber nach einem Umbau verfügt der Gasthof im Bereich der Rezeption nun über eine behagliche Lounge als Aufenthaltsbereich für Gäste und für das Frühstück. Das Frühstück wird am Platz serviert, besteht konsequent aus Zutaten, die man selber herstellt oder lokal/ regional zukauft. Keine Industrieware kommt auf den Tisch und für das selbst gebackene Langzeit geführte Sauerteigbrot würde ich morden! Das ist für den nächsten Aufenthalt vorbestellt, nach dem nächsten Besuch geht ein Laib mit zurück nach Rheine.
Damit kann ich zu meinem Fazit kommen. Ihre Zahl wird immer kleiner, die der anspruchsvollen Landgasthäuser mit einer qualitativen Küche. Noch gibt es sie, aber man muss sie suchen. Und eines dieser Gasthäuser haben wir gefunden im Emsland, in Twist Bült. Und weil es wichtig ist, solche Häuser auf ihrem Weg zu unterstützen, strampeln wir einmal im Jahr 70 Kilometer hin und 70 zurück für diesen Genuss!