"Ambitioniertes Restaurant mit gelungenem Ambiente, professioneller Bedienung aber nicht vollständig überzeugender Küche."
Geschrieben am 19.07.2016 2016-07-19
"Seit Jahren mit Michelin-Stern ausgezeichnet - Warum?"
Geschrieben am 01.01.2016 2016-01-01 | Aktualisiert am 01.01.2016
Wir waren heute hier um unseren Hochzeitstag zu feiern und es uns einmal im Jahr richtig gut gehen zu lassen.
Ambiente / Sauberkeit
Der Hauptraum des Restaurants spiegelt eine gekonnte Mischung aus Tradition und Moderne wider. Zeitgemäße, etwas kantige Einrichtung trifft auf goldene Hirschgeweihe an der Wand und Kronleuchter an der Decke. Durch die große Glasfront dringt viel Licht herein und die Anordnung der Tische auf zwei Höhenstufen erlaubt es nahezu jedem Gast, die Aussicht zu genießen. Teppichboden und Polster dämpfen den Geräuschpegel und das Arrangement der Tische in Einzelnischen sorgt für Intimität. Genau das richtige Ambiente für gehobene Gaumenfreuden.
Der Innenraum wirkte sehr sauber und gepflegt und auch die Toilette war blitzblank.
Bedienung
Die Dame vom Service wirkte routiniert und souverän. Ganz selbstverständlich erkundigte sie sich zunächst nach unseren Aperitifwünschen. Nach Auswahl des Menüs ließen wir ihr freie Auswahl bei den offenen Weinen für den jeweiligen Gang. Diesen Test machen wir besonders gerne in gehobenen Häusern um auch einmal in den Genuss nicht ganz alltäglicher Weine zu kommen. Sanfte Kritik wurde mit leichter Bestürzung aber professionell entgegengenommen. Am Ende gab es für uns beide ein kleines Schokotörtchen auch wenn nur einer einen Kaffee bestellt hatte.
Es ist doch immer wieder eine besondere Freude von Profis bedient zu werden, die ihr Handwerk von Grund auf gelernt haben. Auch wenn man dies manchmal mit einer vornehmen Zurückhaltung erkauft, unter der die echte Herzlichkeit etwas leidet.
Essen / Trinken
Die Karte weist eine interessante Mischung aus traditionell schwäbischen und modernen internationalen Gerichten mit zum Teil erlesenen Zutaten auf. Aus beiden Bereichen gibt es Menüvorschläge, die die Tellergerichte zu einem (auch preislich) attraktiven Gesamtpaket schnüren. Dazu passend kann man aus einem umfangreichen Angebot an Weinen wählen, von denen einige auch offen zu erhalten sind.
Wir entschieden uns für das Dreigangmenü „Die Treibjagd“ und wählten daraus folgende Speisen:
Lachsterrine mit Wasabicreme, süßsauren Apfelspalten und Salat
Pikante Blumenkohlsuppe mit Hähnchenspieß und Limonen-Minzöl
Gebratenes Doradenfilet mit Kopfsalatmousse und Kartoffel-Olivenstampf
Perlhuhnbrust mit Parmesan gratiniertem Spargel und Tomatennudeln
Topfenschnitte mit Beerengrütze
Wir wählten zunächst einen nichtalkoholischen Aperitif nach Art des Hauses zu dem als Gruß aus der Küche heute mit roter Bete gefärbte Perlgraupen und ein Stück geräuchertes Forellenfilet gereicht wurden. Außerdem gab es verschiedene Scheiben frisches Brot mit Schmand, Butter, Schmalz und verschiedenen Salzsorten. Ein gelungener Auftakt mit kleinen Appetitanregern und einer prickelnden Erfrischung, die den Kopf nicht schon vorab schwer werden ließ. Alles sehr fein, jedoch hätte das Aroma der roten Beet ruhig etwas stärker ausgeprägt sein können.
Nach angemessener Wartezeit begann dann das eigentliche Menü mit der Vorspeise. Die Lachsterrine in zweierlei Ausprägung war auch etwas fürs Auge. Einmal püriert mit Fischstückchen darin und das andere Mal durchzogen von Gemüsemousseschichten. Der ersten Variante fehlte es eindeutig an Pfiff, die zweite war etwas besser abgeschmeckt. Auch bei der Wasabicreme konnte ich nichts von der charakteristisch en Schärfe des Meerrettichs ausmachen. Schade, bei der doch so schönen Präsentation. Dazu wählte die Bedienung einen Riesling aus dem Remstal, der mir leider nicht schmecken wollte. Statt spritziger Frische und markanter Säure herrschte ihm eine holzige Note samt gelblich brauner Farbe vor, die so gar nicht zum feinen Fisch passte. Die vermeintlich einfachere Blumenkohlsuppe erwies sich hingegen als echte Offenbarung. Kräftiger Blumenkohlgeschmack, gepaart mit deutlichen Noten der versprochenen Minze und Limette ergaben ein überraschendes Geschmackserlebnis. Als Ergänzung kleine Stückchen zarten Hähnchenfleischs, eine gelungene Kombination. Der dazu gereichte Sauvignon blanc aus der Gascogne passte hervorragend dazu.
Beim Hauptgericht viel das Urteil ebenfalls gemischt aus. Die Dorade wurde leider zu lange gebraten, wodurch sie etwas trocken und zäh ausfiel. Das Kopfsalatmousse war zwar originell jedoch bevorzuge ich trotzdem die unverarbeitete Reinform. Einzig der Kartoffel-Olivenstampf wusste zu überzeugen. Auch der dazu gereichte Roero Arneis aus dem Piemont war eine exzellente Wahl. Die Perlhuhnbrust dagegen war deutlich besser gelungen. Innen noch zart und saftig, war sie von erstklassiger Qualität. Auch der mit Parmesan überbackene Spargel erwies sich als gelungene Kombination. Auf die Tomatennudeln als Beilage hätte ich jedoch verzichten können, da es kaum Sauce gab um diese anzureichern und die beiden anderen Zutaten bereits nahrhaft genug waren. Auch hier hatte die Bedienung bei der Auswahl des Weins eine gute Hand. Der Chiaretto vom Gardasee hatte ausreichend Charakter um Fleisch und kräftigen Käse angemessen zu unterstützen.
Zum Abschluss kam dann noch einmal eine rundum gelungene Kreation auf den Tisch. Die Topfenschnitte entpuppte sich als eine feste, zwischen zwei Butterkeksen geschichtete Quarkcreme. Diese wurde von reichlich hausgemachter Beerengrütze umlagert, die einfach wunderbar schmeckte. Dazu gab es eine samtig süße Beerenauslese aus dem Burgenland zu trinken, welche hervorragend mit dem Nachtisch harmonierte.
Fazit
Schönes Ambiente, professionelle Bedienung und eine ambitionierte, kreative Küche, die leider nicht über alle Strecken überzeugen konnte. Dazu eine vielfältige Weinauswahl, die fast immer passend ausgewählt wurde. Das Preisniveau ist angemessen. Ich glaube jedoch, dass wir zunächst andere Restaurants dieses Niveau in der Umgebung ausprobieren werden, ehe wir wieder hierher kommen.