Geschrieben am 08.04.2017 2017-04-08| Aktualisiert am
08.04.2017
Besucht am 31.03.2017Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 143 EUR
„Ein Sommerabend auf der Außenterrasse bei den Netts und man fühlt sich wie in der Toskana. Der pfälzischen Toskana natürlich!“ Mit diesen Worten begann meine damalige, vor etwa 5 Jahren geschriebene Rezension zu Netts Restaurant auf einem nicht mehr existierenden Gastroportal. Am Abend zuvor, saß ich zum ersten Mal auf dessen großer Terrasse, sog während des Essens die mich umgebende Weinbergidylle ein und ließ meinen Blick über die Rheinebene hinweg bis rüber ins Badische schweifen. Es war damals ein lauer Sommerabend bei gutem Essen und leckerem Wein, der mir noch heute im Gedächtnis ist.
Zeitsprung. Das am Ortsrand des schmucken Weinörtchens Gimmeldingen, dem Mekka für Mandelblütenenthusiasten, am Hang gelegene Lokal hört seit Anfang März diesen Jahres auf den Namen Moro und wird nicht mehr von den Netts betrieben. Ein Grund für den gastronomischen Rückzug der Familie lag sicherlich in der Person ihrer früheren Restaurantleiterin, die aus Altersgründen aufhörte. Vielleicht ist ja auch der charmanten Fernsehköchin, Rezeptsammlerin und Mutter zweier Kinder Susanne Nett (Sendung „echt gut! Klink und Nett“ im SWR) die Küchenleitung in Gimmeldingen schlichtweg zu viel geworden. Mit dem angeschlossenen Landhaus-Hotel und weiteren Gästezimmern wird es ihr und ihrem Mann Daniel auch in Zukunft bestimmt nicht langweilig.
Mit den beiden Betreibern der Zwockelsbrück, Sven Niederbremer und Pierre Hartung, hat man zwei erfahrene Nachfolger gefunden, die nun mit neuem Namen und Konzept das idyllisch gelegene Anwesen in der Gimmeldinger Meerspinnstraße 46 kulinarisch weiterführen. Da beide weiterhin im Zentrum von Neustadt ihre Gäste verwöhnen, wurde für das Moro eine junge Crew zusammengestellt. Diese soll nach den Vorgaben des Neustadter Erfolgsduos Niederbremer/Hartung die schon im Stammhaus funktionierende kulinarische Marschroute auch im benachbarten Gimmeldingen erfolgreich umsetzen. Wenn auch mit ein paar beabsichtigten Abweichungen. Doch dazu später mehr.
Mit Küchenchef Tobias Gräf aus Saarbrücken, der im dortigen Gästehaus Erfort (3 Michelin-Sterne) seine Kochausbildung absolvierte und danach gastronomisch um die halbe Welt tingelte, und Restaurantleiter Tobias Kuld, der schon im Deidesheimer Bistro 1718 sowie im Weißen Bock zu Heidelberg tätig war, hat man eine gesunde Mischung aus jung, aber sehr erfahren an Bord geholt. Ergänzt wird die „Tobias-Fraktion“ von drei weiteren festangestellten Helfern in der Küche und im Service.
Den norwegischen Restaurantnamen hat übrigens Sven Niederbremer aus seiner Heimat, der Hansestadt an der Weser, mitgebracht. Dort betrieb er vor ein paar Jahren im Ortsteil Walle sein erstes „Moro“ und schaffte mit einer kreativen, nordisch geprägten Regionalküche auf Anhieb sechs Pfannen im Restaurantführer Gusto. Das „Moro“, was ins Deutsche übersetzt „Spaß“ bedeutet, begeisterte damals die Bremer Genuss-Etage und so manch nordische Gourmetzunge denkt sicherlich heute noch ganz verzückt an diese Zeit zurück.
Apropos Spaß. Spaß machte mir schon die Informationsentnahme aus der übersichtlich und einladend gestalteten Homepage. Dort erfährt man so einiges über die gastronomische Philosophie der Betreiber. Starke Begriffe wie „Liebe“, „Herzblut“ und „Überzeugung“ werden als Basiselemente der dort zu erwartenden Gastfreundschaft genannt und stimmten mich neugierig. Natürlich musste ich im Vorfeld in der aktuellen Speisenkarte online schmökern, was meine Vorfreude auf den Besuch noch steigerte.
Die Karte ist – ganz in Zwockelsbrück‘scher Manier – sehr ausgesucht und übersichtlich gehalten. Genau wie im traditionsreichen Mutterlokal decken auch hier fünf Vorspeisen, sechs Hauptgerichte und drei Desserts die kulinarische Bandbreite ab. Vieles davon könnte auch direkt aus der Küche von Sven Niederbremer stammen, wenngleich im Moro die asiatischen Akzente viel stärker hervortreten.
Zusätzlich wird ein Menü in 4 oder 5 Gängen (56 bzw. 68 Euro) angeboten. Hier lassen sich auch einzelne Gänge vom À-la-carte-Angebot problemlos austauschen, was gegebenenfalls zu kleineren Preisaufschlägen führen kann. Pfiffig anmutende Standards, wie das aus der Zwockelsbrück bekannte, kurz geräucherte Onsen-Ei (10 Euro), werden im Moro fernöstlich interpretiert. Und das oft mit relativ einfachen Zutaten. Koriander, Shiitake-Pilze und Mie-Nudeln – fertig ist das Einmachglas im Asia-Style. Bei den Hauptgängen liegt der Fokus klar auf der Verwendung ausgesuchter Edelprodukte. Bresse Perlhuhn, wilder Steinbutt und Entrecôte bzw. Filet vom US Rind findet man auch nicht auf jeder Speisenkarte. Dass da die 30-Euro-Grenze für ein Hauptgericht durchbrochen wird, versteht sich von selbst.
Unser Tisch war auf 19 Uhr reserviert. Mit etwa zehnminütiger Verspätung trafen wir im Moro ein. Schon beim Gang durch den Hof des stattlichen Anwesens wurden bei uns Erinnerungen an das am letzten Wochenende stattfindende Mandelblütenfest wach. Da waren wir auf selbiger Terrasse zugegen und nach einem kleinen Plausch mit Herrn Hartung, ließ ich mir eine Scheibe gebratenen Saumagen schmecken. Es war mächtig was los und die aufgestellten Bierbänke reichten bei dem enormen Andrang kaum aus.
Bei unserer Ankunft am Freitagabend saßen noch ein paar Gäste (Hotelgäste?) draußen und genossen bei einem guten Glas Wein den für Ende März doch ungewöhnlich lauen Abend. Wie gerne hätten wir uns draußen nieder gelassen, aber leider wurde die Terrassensaison erst ein paar Tage nach unserem Besuch offiziell eröffnet. Bei nächster Gelegenheit wird die Open-Air-Feinschmeckerei an Ort und Stelle nachgeholt, da waren wir uns einig.
Von Restaurantleiter Tobias Kuld wurden wir freundlich in Empfang genommen, um unsere Jacken erleichtert und zu unserem Tisch geführt. Leider nicht der erhoffte Platz am Fenster mit Panoramablick. Ein bisschen zu sehr in der Raummitte war uns der Platz schon gelegen, aber sein größter Nachteil war das Fehlen einer Lampe. Da half auch das frisch angezündete Grablicht recht wenig. Für taugliche Fotos zu schießen war es im Gastraum ganz allgemein zu schummrig. Ich fragte die junge Servicedame nach einem Platz an der Sonne bzw. unter einer der Hängeleuchten und erklärte ihr mein fotographisches Anliegen. Und siehe da: das erste Glas Teinacher medium (0,75l für 5,50 Euro) war gerade eingeschenkt, da durften wir an einen Tisch direkt neben dem Thekenbereich wechseln und waren mit dieser Ortsverlagerung mehr als einverstanden. Besseres Licht, bessere Lage und erheblich bessere Akustik. Das machte alles viel angenehmer.
Beim Inspizieren der Räumlichkeiten fielen mir im Vergleich zum früheren „Netts-Betrieb“ keinerlei Veränderungen auf. Auf Nachfrage wurde mir das vom Service weitgehend bestätigt. Lediglich ein paar Bilder und ein stolzer Bonsai wären hinzugekommen. Das Gastromobiliar, bestehend aus massiven Tischen aus hellem Holz und leicht gepolsterten Metallstühlen mit Armlehne und Kunstlederüberzug, wurde von den Vorgängern übernommen. Auch für die in verschiedenen Grautönen gestrichenen Wände (hellgrau bis anthrazit) und die beidseitig verlaufende, hängende Lichtleiste mit Spots und zylinderförmigen Designerleuchten zeichnet sich die Familie Nett verantwortlich. Übrigens, der Umbau der Räumlichkeiten ist noch keine zehn Jahre her - warum also alles erneuern?
Ein kleiner Nachteil der hohen Decken ist die bei starker Auslastung etwas zu laute Akustik im Raum. Trotz der den mittleren Teil des Gastraumes durchziehenden Decke mit Schalldämmung war der Geräuschpegel – auch wegen eines besonders unangenehm auffallenden 4er Tisches im hinteren Bereich – zu hoch. Die gedimmte, von einzelnen Strahlern dominierte Atmosphäre im Inneren des Moro gefiel uns dagegen schon besser. Auch die Tatsache, dass zwischen den Tischen genügend Abstand gelassen wurde, nahmen wir positiv auf. Die 2er- bzw. 4er-Tische gruppieren sich um zwei zentrale Raumelemente. Eine größere Tafel, an der bis zu 8 Personen Platz finden würden, und eine ebenfalls in hellem Holz gehaltene Anrichte mit spirituellem Depot, Gläservorrat und Speisenkartenfundus sorgten für eine angenehme Leere im Zentrum des Restaurants. Der an diesem Abend verwaiste „Chef’s Table“ diente als hervorragender Platz zum Abstellen der Weinkühler. Ansonsten wird er in erster Linie vom Personal oder für das Frühstücksbuffet genutzt, versicherte mir die Bedienung. Darüber befand sich eine originelle Lampenkonstruktion aus nach unten hin immer kleiner werdenden, goldfarbenen Schalen, die sich gegenseitig anstrahlten und dadurch ein angenehm indirektes Licht verbreiteten. Zur dezent asiatischen Ausrichtung der Speisen passte das schon irgendwie. Und zum güldenen Streifen, der die komplette Rückwand durchzog, natürlich auch. Dunkelgestrichene Stützpfeiler aus Holz fungierten raumteilend und komplettierten zusammen mit mehreren Weinkühlschränken und der langen Theke das zeitlos-moderne Ambiente.
Wir bekamen Speisen- und Weinkarte gereicht. Die Frage nach einem Aperitif war mit der Flasche Wasser schon hinreichend beantwortet. Aber ein Fläschchen Pfälzer Wein sollte es an diesem Abend schon sein. Bei den offenen Kreszenzen fand ich das Angebot im Low-Price-Segment etwas dürftig. Der günstigste Vertreter, die Riesling Exklusiv-Abfüllung „Zwockelsbrück“, checkte bei 6,20 Euro für das „falsche Viertel“ (=0,2 l) ein, während man für die Erste Lage vom Gimmeldinger Biengarten Riesling des ortsansässigen VDP-Weinguts Christmann 17 Euro berechnet. Schade, dass hier den jungen wilden Pfalzwinzern nicht noch mehr Spielraum gegeben wird. Hier sehe ich in der Weinkarte noch Entwicklungspotenzial, zumal es der jungen Crew des Moro gut zu Gesicht stehen würde, wenn man sich mit wechselnden Monatsweinen noch stärker am Puls der Zeit befände.
Ganz anders sieht es beim Flaschenweinangebot aus. Neben amtsbekannten Größen wie Reichsrat von Buhl, Bürklin-Wolf und Christmann finden sich in der mit viel Bedacht und Sachverstand zusammengestellten Auswahl auch einige regionale Entdeckungen. Das keine 50 Meter auf der anderen Straßenseite entfernt liegende Weingut Ohler oder der Neustadter Weinimpresario Oliver Zeter seien beispielhaft genannt. Freunde südafrikanischer Weine profitieren vom Faible des Herrn Niederbremer, das er sich während seiner Zeit als Küchenchef im Restaurant des 5-Sterne-Hotels „Westcliff“ in Johannesburg aneignete. Wo stehen schon südafrikanische Naturweine wie der „El Bandito“ (Chenin Blanc) von Testalonga oder der Fryer’s Cove Sauvignon blanc auf der Karte? Und das in einer Weißweinregion wie der Pfalz. Chapeau!
Unsere Entscheidung fiel aufgrund der Fischdominanz beim Essen auf einen Weißwein aus der Region. Die Cuvée „Blütenrausch“ von Johann Ohler aus Gimmeldingen (23 Euro die Flasche) schien uns in Anbetracht des rosa erblühten Örtchens die passende Weinbegleitung zu sein. Die unerwartet blumige Weißburgunder-Chardonnay-Cuvée erwies sich als echter Volltreffer und wurde von uns bis auf den letzten Tropfen geleert. Ob sie jetzt eher nach Melone, Aprikose oder Zitrone geschmeckt hat, sollen Fachzungen entscheiden. Zu unseren Gerichten hat sie jedenfalls toll harmoniert.
Womit wir beim Essen angelangt wären. Bescheiden wie man mich kennt, orderte ich das 5-Gang-Menü (68 Euro) mit ein paar zusätzlichen „Schikanen“. Als Suppenkasper verzichtete ich auf das Stunden-Ei aus der Onsenquelle und wollte stattdessen die Schaumsuppe von der Frühlingszwiebel (hier Frühlingslauch genannt) als zweiten Suppengang nach dem Muschelschaumsüppchen mit Blutwurst und Mini-Jakobsmuscheln haben. Auch der eigentliche Hauptgang, das Bresse-Perlhuhn mit Topinambur, machte mich aufgrund seiner Trüffelsauce nicht so an. Gegen einen Aufpreis von 10 Euro ersetzte der wilde Steinbutt das Bresse-Huhn beim Hauptgang. Alles kein Problem im Moro. Meine Begleitung, die nur Vor- und Hauptspeise bestellte, unterstützte mich bei meiner Menü-Bewältigung und tauschte eifrig mit mir aus.
Nach ein paar Scheiben frischem Brot von einer regionalen Bäckerei im näheren Umfeld von Gimmeldingen und einem dazugehörigen frischen Zitronen-Schmand-Dip als Amuse wurden die ersten Speisen aufgetragen. In einer schwarzen Keramikschüssel wurde der Glasnudelsalat „Moro“ mit karamellisiertem Schinkenspeck und Tom Yum Garnele für meine Begleitung serviert. Zeitgleich der auf Gurken-Ingwer-Salat thronende Teriyaki-Lachs, der mein Menü eröffnete. Dieser lag auf einem rechteckigen, flachen, ganz in grau gehaltenen Tonteller, auf dessen spröder Oberfläche sich die kleine „Esslandschaft“ erstreckte. Neben verschiedenen kleinen Tupfern, die mit süßen bzw. sauren Aromen den hauchzarten, auf den Punkt gegarten Lachs ergänzten, befanden sich noch geflämmte Apfelquader auf der eher unorthodoxen Keramik. Asia meets Northern Europe. Der Gurken-Ingwer-Salat war wohl das beste Beispiel dafür. Schon hier offenbarte sich die kulinarische Philosophie des Moro mehr als deutlich. Der aromatische Spannungsbogen wurde primär von süßen, säuerlichen und pikanten Akzenten aufrechterhalten. Zusammen mit einer gehörigen Brise Umami – hier in Form einer selbstgebackenen Hippe aus Nori-Algenblättern – ergab das ein sehr abwechslungsreiches Geschmacksbild, bei dem belebende Frische auf anregende Würze traf.
In Sachen Umami stand der reisessigsaure Glasnudelsalat meiner Begleitung dem Teriyaki-Lachs in nichts nach. Herausragend hier: der karamellisierte Bauchspeck. Selten so etwas Leckeres vom Schwein gegessen! Der Vorspeisentausch am Tisch hatte sich allein deshalb schon rentiert. Etwas Frühlingszwiebel gab dem Ganzen den frischen Dreh, die Tom Yum Garnelen brachten einen Hauch von Zitronengras in die Asia-Schüssel. Die leicht pikante Säure des Dressings ging mit den übrigen Ingredienzien eine vollaromatische Liaison ein, die uns begeisterte.
Mein zweiter Teller in der Menüfolge nannte sich Muschelschaum mit gegrillter Blutwurst und kleinen Jakobsmuscheln und hätte auch unter dem Titel Muschelsuppe mit gebratener Bluns (= Grieweworschd) firmieren können. Die maritime Suppe hatte viel frische Säure, die von der erdig-deftigen Blutwurst gut ausgeglichen wurde. Die Mini-Jakobsmuscheln gingen dabei leider geschmacklich komplett unter. Da half auch die kleine Wakame-Algen-Kolonie, die als Booster fürs Meeresaroma fungierte, recht wenig. Zu dominant war die salzig-säuerliche Muschelbrise, zu prägnant die kräftige Schwarzwurst. Dennoch ein Suppengang, der die Geschmacksrezeptoren neu justierte.
Hätte ich es doch beim Onsen-Ei belassen, dachte ich mir schon beim ersten Löffel von der Frühlingslauchschaumsuppe. Da war wohl beim Abschmecken etwas komplett schief gelaufen. Das Süppchen war brutal versalzen. Und auch von ihrer Konsistenz her war sie zu dickflüssig geraten. Mit der nordisch-asiatischen Leichtigkeit der vorherigen Gänge hatte dieser Teller wenig zu tun. Mir blieb nur die Flucht in die Reklamation. Die Dame vom Service reagierte verständnisvoll und nach ca. 5 Minuten brachte mir Chefkoch Tobias Gräf eine feinwürzig nach Frühlingszwiebeln duftende, mit geflämmten Saiblings-Stückchen garnierte, frisch aufgeschäumte Suppe, die tadellos mundete. Der sehr sympathische Küchenchef entschuldigte sich für den Würz-Fauxpas, erklärte mir kurz, wie es dazu gekommen war und ließ mich meinen dritten Gang vom Menü genießen. Ich war beeindruckt, wie konstruktiv und souverän man hier im Moro mit Kritik umging. Und das sowohl beim Service, als auch bei der Küchencrew. Kompliment, macht bitte weiter so!
Weiter ging es auch in der Menüfolge. Unsere beiden Hauptgänge standen ja noch aus. Umgeben von einem „Meer“ aus Zitronengrasschaum „trieb“ die Erbsenpüree-Insel inklusive ihrer „Bewohner“, den Zuckerschoten, den von ihren Hülsen befreiten jungen Erbsen, den dünn gehobelten Radieschenscheiben, der Algenschicht sowie dem wilden Steinbutt obenauf, einsam und allein auf meinem Teller. Der Edelfisch hatte genau den richtigen Gargrad erwischt. Die Frische vom Zitronengras und der leicht mehlige Geschmack des Erbsen-Trios ergänzten sich dabei gut. Die Tranche vom Plattfisch war bewusst zurückhaltend gewürzt, um das feine Aroma nicht zu erdrücken. Ein eher nordisch geprägter Hauptgang, dessen Portionsgröße passte und der eine in sich stimmige Komposition darstellte.
Der in Sesam gebratene Winterkabeljau mit Rote-Beete-Risotto und Wasabi-Schaum meiner Begleitung war nun wahrlich nichts für Rotgrünblinde. Der erdige, mit Spinatblättern verfeinerte Risotto leuchtete zwischen einem stattlichen Skreifilet, den crunchy Wasabicräckern und der ihn umgebenden grünen Gischt hervor. Optisch eine Augenweide und geschmacklich vom Allerfeinsten oder wie der Purist es nennt: einfach, aber wirkungsvoll.
Ähnliches galt auch für das abschließende Dessert, das wir zusammen aus dem Einmachglas löffelten. Klar erinnerten wir uns da sofort an jenes in der Zwockelsbrück. Hier war es die Kombi aus dunkler Schokocrème, Sauerrahmeis, geschmortem Rhabarber und Pistazienbrösel, die mit wohldosierter Süße und textureller Abwechslung zu gefallen wusste.
Nach diesem abwechslungsreichen Mahl, dessen kleinere Unwägbarkeiten von Service und Küche im Handumdrehen beseitigt wurden, entließ uns Restaurantleiter Tobias Kuld nach einem netten Plausch in die laue Gimmeldinger Nacht. Die hohe Qualität der verwendeten Produkte und ihre sorgfältige, schnörkellose Zubereitung machen das Moro zu einem Ort des guten Geschmacks. Der phänomenale Ausblick von der Außenterrasse zu einem Erlebnis.
„Ein Sommerabend auf der Außenterrasse bei den Netts und man fühlt sich wie in der Toskana. Der pfälzischen Toskana natürlich!“ Mit diesen Worten begann meine damalige, vor etwa 5 Jahren geschriebene Rezension zu Netts Restaurant auf einem nicht mehr existierenden Gastroportal. Am Abend zuvor, saß ich zum ersten Mal auf dessen großer Terrasse, sog während des Essens die mich umgebende Weinbergidylle ein und ließ meinen Blick über die Rheinebene hinweg bis rüber ins Badische schweifen. Es war damals ein lauer... mehr lesen
moro
moro€-€€€Restaurant063211879140Meerspinnstraße 46, 67435 Neustadt an der Weinstraße
4.5 stars -
"Skandinavisch-asiatisch angehauchte Wohlfühlküche im Mandelblütenmekka" marcO74„Ein Sommerabend auf der Außenterrasse bei den Netts und man fühlt sich wie in der Toskana. Der pfälzischen Toskana natürlich!“ Mit diesen Worten begann meine damalige, vor etwa 5 Jahren geschriebene Rezension zu Netts Restaurant auf einem nicht mehr existierenden Gastroportal. Am Abend zuvor, saß ich zum ersten Mal auf dessen großer Terrasse, sog während des Essens die mich umgebende Weinbergidylle ein und ließ meinen Blick über die Rheinebene hinweg bis rüber ins Badische schweifen. Es war damals ein lauer
Wenn Sie unsere Webseiten besuchen, kann Ihre Systemsoftware Informationen in Form von Cookies oder anderen Technologien von uns und unseren Partnern abrufen oder speichern, um z.B. die gewünschte Funktion der Website zu gewährleisten.
Datenschutz-Einstellungen
Hier können Sie festlegen, wie wir Ihre Daten verwenden dürfen. Bitte beachten Sie, dass auf Basis Ihrer Einstellungen womöglich nicht mehr alle Funktionen zur Verfügung stehen.
Unbedingt erforderliche Technologien
Um Sicherheit gewährleisten, Missbrauch verhindern und Inhalte und Anzeigen technisch sowie unsere Services wie von Ihnen gewünscht bereitstellen zu können, sind folgende Technologien erforderlich.
Produkte oder Inhalte technisch bereitstellen
z.B. Session für Warenkorb, Favoriten, letzte Bestellungen ...
Google Maps
z.B. Integration von Google Maps Standorten über iFrame- / Javascript Technologie im internen Bereich an erforderlichen Stellen.
Google Anzeigen
z.B. die kostenlose Nutzung unserer Website ist nur mit Google Adsense Werbeanzeigen möglich.
Performance Cookies
Mithilfe dieser Cookies können wir Besuche und Traffic-Quellen zählen, damit wir die Leistung unserer Website messen und verbessern können. Sie geben uns Aufschluss darüber, welche Seiten beliebt und weniger beliebt sind und wie sich Besucher auf der Website bewegen.
Google Analytics
z.B. Erfassung der Seitenaufrufe, Verweildauer usw.
Google Tag Manager
z.B. Erfassen von Events (Warenkorb, Bestellprozess, Aktionen usw.)
Facebook Pixel
z.B. Erfassen von Events (Warenkorb, Bestellprozess, Aktionen usw.)
Multimediale Cookies
Diese Cookies ermöglichen es uns, die Funktionalität und individuelle Gestaltung zu verbessern, beispielsweise von integrierten Videos und virtuellen 360° Rundgängen. Ohne diese Cookies können einige oder alle dieser Funktionen nicht ordnungsgemäß funktionieren.
Youtube Videos
z.B. Integration von Youtube Videos über iFrame Technologie.
Google Maps
z.B. Integration von Google Maps Standorten über iFrame- / Javascript Technologie.
Google Maps 360° Rundgänge
z.B. Integration von Google Maps 360° Rundgängen per Javascript
Marketing Cookies
Diese Cookies ermöglichen es uns, auf die Benutzerinteressen abgestimmte Werbung einzublenden.
Zeitsprung. Das am Ortsrand des schmucken Weinörtchens Gimmeldingen, dem Mekka für Mandelblütenenthusiasten, am Hang gelegene Lokal hört seit Anfang März diesen Jahres auf den Namen Moro und wird nicht mehr von den Netts betrieben. Ein Grund für den gastronomischen Rückzug der Familie lag sicherlich in der Person ihrer früheren Restaurantleiterin, die aus Altersgründen aufhörte. Vielleicht ist ja auch der charmanten Fernsehköchin, Rezeptsammlerin und Mutter zweier Kinder Susanne Nett (Sendung „echt gut! Klink und Nett“ im SWR) die Küchenleitung in Gimmeldingen schlichtweg zu viel geworden. Mit dem angeschlossenen Landhaus-Hotel und weiteren Gästezimmern wird es ihr und ihrem Mann Daniel auch in Zukunft bestimmt nicht langweilig.
Mit den beiden Betreibern der Zwockelsbrück, Sven Niederbremer und Pierre Hartung, hat man zwei erfahrene Nachfolger gefunden, die nun mit neuem Namen und Konzept das idyllisch gelegene Anwesen in der Gimmeldinger Meerspinnstraße 46 kulinarisch weiterführen. Da beide weiterhin im Zentrum von Neustadt ihre Gäste verwöhnen, wurde für das Moro eine junge Crew zusammengestellt. Diese soll nach den Vorgaben des Neustadter Erfolgsduos Niederbremer/Hartung die schon im Stammhaus funktionierende kulinarische Marschroute auch im benachbarten Gimmeldingen erfolgreich umsetzen. Wenn auch mit ein paar beabsichtigten Abweichungen. Doch dazu später mehr.
Mit Küchenchef Tobias Gräf aus Saarbrücken, der im dortigen Gästehaus Erfort (3 Michelin-Sterne) seine Kochausbildung absolvierte und danach gastronomisch um die halbe Welt tingelte, und Restaurantleiter Tobias Kuld, der schon im Deidesheimer Bistro 1718 sowie im Weißen Bock zu Heidelberg tätig war, hat man eine gesunde Mischung aus jung, aber sehr erfahren an Bord geholt. Ergänzt wird die „Tobias-Fraktion“ von drei weiteren festangestellten Helfern in der Küche und im Service.
Den norwegischen Restaurantnamen hat übrigens Sven Niederbremer aus seiner Heimat, der Hansestadt an der Weser, mitgebracht. Dort betrieb er vor ein paar Jahren im Ortsteil Walle sein erstes „Moro“ und schaffte mit einer kreativen, nordisch geprägten Regionalküche auf Anhieb sechs Pfannen im Restaurantführer Gusto. Das „Moro“, was ins Deutsche übersetzt „Spaß“ bedeutet, begeisterte damals die Bremer Genuss-Etage und so manch nordische Gourmetzunge denkt sicherlich heute noch ganz verzückt an diese Zeit zurück.
Apropos Spaß. Spaß machte mir schon die Informationsentnahme aus der übersichtlich und einladend gestalteten Homepage. Dort erfährt man so einiges über die gastronomische Philosophie der Betreiber. Starke Begriffe wie „Liebe“, „Herzblut“ und „Überzeugung“ werden als Basiselemente der dort zu erwartenden Gastfreundschaft genannt und stimmten mich neugierig. Natürlich musste ich im Vorfeld in der aktuellen Speisenkarte online schmökern, was meine Vorfreude auf den Besuch noch steigerte.
Die Karte ist – ganz in Zwockelsbrück‘scher Manier – sehr ausgesucht und übersichtlich gehalten. Genau wie im traditionsreichen Mutterlokal decken auch hier fünf Vorspeisen, sechs Hauptgerichte und drei Desserts die kulinarische Bandbreite ab. Vieles davon könnte auch direkt aus der Küche von Sven Niederbremer stammen, wenngleich im Moro die asiatischen Akzente viel stärker hervortreten.
Zusätzlich wird ein Menü in 4 oder 5 Gängen (56 bzw. 68 Euro) angeboten. Hier lassen sich auch einzelne Gänge vom À-la-carte-Angebot problemlos austauschen, was gegebenenfalls zu kleineren Preisaufschlägen führen kann. Pfiffig anmutende Standards, wie das aus der Zwockelsbrück bekannte, kurz geräucherte Onsen-Ei (10 Euro), werden im Moro fernöstlich interpretiert. Und das oft mit relativ einfachen Zutaten. Koriander, Shiitake-Pilze und Mie-Nudeln – fertig ist das Einmachglas im Asia-Style. Bei den Hauptgängen liegt der Fokus klar auf der Verwendung ausgesuchter Edelprodukte. Bresse Perlhuhn, wilder Steinbutt und Entrecôte bzw. Filet vom US Rind findet man auch nicht auf jeder Speisenkarte. Dass da die 30-Euro-Grenze für ein Hauptgericht durchbrochen wird, versteht sich von selbst.
Unser Tisch war auf 19 Uhr reserviert. Mit etwa zehnminütiger Verspätung trafen wir im Moro ein. Schon beim Gang durch den Hof des stattlichen Anwesens wurden bei uns Erinnerungen an das am letzten Wochenende stattfindende Mandelblütenfest wach. Da waren wir auf selbiger Terrasse zugegen und nach einem kleinen Plausch mit Herrn Hartung, ließ ich mir eine Scheibe gebratenen Saumagen schmecken. Es war mächtig was los und die aufgestellten Bierbänke reichten bei dem enormen Andrang kaum aus.
Bei unserer Ankunft am Freitagabend saßen noch ein paar Gäste (Hotelgäste?) draußen und genossen bei einem guten Glas Wein den für Ende März doch ungewöhnlich lauen Abend. Wie gerne hätten wir uns draußen nieder gelassen, aber leider wurde die Terrassensaison erst ein paar Tage nach unserem Besuch offiziell eröffnet. Bei nächster Gelegenheit wird die Open-Air-Feinschmeckerei an Ort und Stelle nachgeholt, da waren wir uns einig.
Von Restaurantleiter Tobias Kuld wurden wir freundlich in Empfang genommen, um unsere Jacken erleichtert und zu unserem Tisch geführt. Leider nicht der erhoffte Platz am Fenster mit Panoramablick. Ein bisschen zu sehr in der Raummitte war uns der Platz schon gelegen, aber sein größter Nachteil war das Fehlen einer Lampe. Da half auch das frisch angezündete Grablicht recht wenig. Für taugliche Fotos zu schießen war es im Gastraum ganz allgemein zu schummrig. Ich fragte die junge Servicedame nach einem Platz an der Sonne bzw. unter einer der Hängeleuchten und erklärte ihr mein fotographisches Anliegen. Und siehe da: das erste Glas Teinacher medium (0,75l für 5,50 Euro) war gerade eingeschenkt, da durften wir an einen Tisch direkt neben dem Thekenbereich wechseln und waren mit dieser Ortsverlagerung mehr als einverstanden. Besseres Licht, bessere Lage und erheblich bessere Akustik. Das machte alles viel angenehmer.
Beim Inspizieren der Räumlichkeiten fielen mir im Vergleich zum früheren „Netts-Betrieb“ keinerlei Veränderungen auf. Auf Nachfrage wurde mir das vom Service weitgehend bestätigt. Lediglich ein paar Bilder und ein stolzer Bonsai wären hinzugekommen. Das Gastromobiliar, bestehend aus massiven Tischen aus hellem Holz und leicht gepolsterten Metallstühlen mit Armlehne und Kunstlederüberzug, wurde von den Vorgängern übernommen. Auch für die in verschiedenen Grautönen gestrichenen Wände (hellgrau bis anthrazit) und die beidseitig verlaufende, hängende Lichtleiste mit Spots und zylinderförmigen Designerleuchten zeichnet sich die Familie Nett verantwortlich. Übrigens, der Umbau der Räumlichkeiten ist noch keine zehn Jahre her - warum also alles erneuern?
Ein kleiner Nachteil der hohen Decken ist die bei starker Auslastung etwas zu laute Akustik im Raum. Trotz der den mittleren Teil des Gastraumes durchziehenden Decke mit Schalldämmung war der Geräuschpegel – auch wegen eines besonders unangenehm auffallenden 4er Tisches im hinteren Bereich – zu hoch. Die gedimmte, von einzelnen Strahlern dominierte Atmosphäre im Inneren des Moro gefiel uns dagegen schon besser. Auch die Tatsache, dass zwischen den Tischen genügend Abstand gelassen wurde, nahmen wir positiv auf. Die 2er- bzw. 4er-Tische gruppieren sich um zwei zentrale Raumelemente. Eine größere Tafel, an der bis zu 8 Personen Platz finden würden, und eine ebenfalls in hellem Holz gehaltene Anrichte mit spirituellem Depot, Gläservorrat und Speisenkartenfundus sorgten für eine angenehme Leere im Zentrum des Restaurants. Der an diesem Abend verwaiste „Chef’s Table“ diente als hervorragender Platz zum Abstellen der Weinkühler. Ansonsten wird er in erster Linie vom Personal oder für das Frühstücksbuffet genutzt, versicherte mir die Bedienung. Darüber befand sich eine originelle Lampenkonstruktion aus nach unten hin immer kleiner werdenden, goldfarbenen Schalen, die sich gegenseitig anstrahlten und dadurch ein angenehm indirektes Licht verbreiteten. Zur dezent asiatischen Ausrichtung der Speisen passte das schon irgendwie. Und zum güldenen Streifen, der die komplette Rückwand durchzog, natürlich auch. Dunkelgestrichene Stützpfeiler aus Holz fungierten raumteilend und komplettierten zusammen mit mehreren Weinkühlschränken und der langen Theke das zeitlos-moderne Ambiente.
Wir bekamen Speisen- und Weinkarte gereicht. Die Frage nach einem Aperitif war mit der Flasche Wasser schon hinreichend beantwortet. Aber ein Fläschchen Pfälzer Wein sollte es an diesem Abend schon sein. Bei den offenen Kreszenzen fand ich das Angebot im Low-Price-Segment etwas dürftig. Der günstigste Vertreter, die Riesling Exklusiv-Abfüllung „Zwockelsbrück“, checkte bei 6,20 Euro für das „falsche Viertel“ (=0,2 l) ein, während man für die Erste Lage vom Gimmeldinger Biengarten Riesling des ortsansässigen VDP-Weinguts Christmann 17 Euro berechnet. Schade, dass hier den jungen wilden Pfalzwinzern nicht noch mehr Spielraum gegeben wird. Hier sehe ich in der Weinkarte noch Entwicklungspotenzial, zumal es der jungen Crew des Moro gut zu Gesicht stehen würde, wenn man sich mit wechselnden Monatsweinen noch stärker am Puls der Zeit befände.
Ganz anders sieht es beim Flaschenweinangebot aus. Neben amtsbekannten Größen wie Reichsrat von Buhl, Bürklin-Wolf und Christmann finden sich in der mit viel Bedacht und Sachverstand zusammengestellten Auswahl auch einige regionale Entdeckungen. Das keine 50 Meter auf der anderen Straßenseite entfernt liegende Weingut Ohler oder der Neustadter Weinimpresario Oliver Zeter seien beispielhaft genannt. Freunde südafrikanischer Weine profitieren vom Faible des Herrn Niederbremer, das er sich während seiner Zeit als Küchenchef im Restaurant des 5-Sterne-Hotels „Westcliff“ in Johannesburg aneignete. Wo stehen schon südafrikanische Naturweine wie der „El Bandito“ (Chenin Blanc) von Testalonga oder der Fryer’s Cove Sauvignon blanc auf der Karte? Und das in einer Weißweinregion wie der Pfalz. Chapeau!
Unsere Entscheidung fiel aufgrund der Fischdominanz beim Essen auf einen Weißwein aus der Region. Die Cuvée „Blütenrausch“ von Johann Ohler aus Gimmeldingen (23 Euro die Flasche) schien uns in Anbetracht des rosa erblühten Örtchens die passende Weinbegleitung zu sein. Die unerwartet blumige Weißburgunder-Chardonnay-Cuvée erwies sich als echter Volltreffer und wurde von uns bis auf den letzten Tropfen geleert. Ob sie jetzt eher nach Melone, Aprikose oder Zitrone geschmeckt hat, sollen Fachzungen entscheiden. Zu unseren Gerichten hat sie jedenfalls toll harmoniert.
Womit wir beim Essen angelangt wären. Bescheiden wie man mich kennt, orderte ich das 5-Gang-Menü (68 Euro) mit ein paar zusätzlichen „Schikanen“. Als Suppenkasper verzichtete ich auf das Stunden-Ei aus der Onsenquelle und wollte stattdessen die Schaumsuppe von der Frühlingszwiebel (hier Frühlingslauch genannt) als zweiten Suppengang nach dem Muschelschaumsüppchen mit Blutwurst und Mini-Jakobsmuscheln haben. Auch der eigentliche Hauptgang, das Bresse-Perlhuhn mit Topinambur, machte mich aufgrund seiner Trüffelsauce nicht so an. Gegen einen Aufpreis von 10 Euro ersetzte der wilde Steinbutt das Bresse-Huhn beim Hauptgang. Alles kein Problem im Moro. Meine Begleitung, die nur Vor- und Hauptspeise bestellte, unterstützte mich bei meiner Menü-Bewältigung und tauschte eifrig mit mir aus.
Nach ein paar Scheiben frischem Brot von einer regionalen Bäckerei im näheren Umfeld von Gimmeldingen und einem dazugehörigen frischen Zitronen-Schmand-Dip als Amuse wurden die ersten Speisen aufgetragen. In einer schwarzen Keramikschüssel wurde der Glasnudelsalat „Moro“ mit karamellisiertem Schinkenspeck und Tom Yum Garnele für meine Begleitung serviert. Zeitgleich der auf Gurken-Ingwer-Salat thronende Teriyaki-Lachs, der mein Menü eröffnete. Dieser lag auf einem rechteckigen, flachen, ganz in grau gehaltenen Tonteller, auf dessen spröder Oberfläche sich die kleine „Esslandschaft“ erstreckte. Neben verschiedenen kleinen Tupfern, die mit süßen bzw. sauren Aromen den hauchzarten, auf den Punkt gegarten Lachs ergänzten, befanden sich noch geflämmte Apfelquader auf der eher unorthodoxen Keramik. Asia meets Northern Europe. Der Gurken-Ingwer-Salat war wohl das beste Beispiel dafür. Schon hier offenbarte sich die kulinarische Philosophie des Moro mehr als deutlich. Der aromatische Spannungsbogen wurde primär von süßen, säuerlichen und pikanten Akzenten aufrechterhalten. Zusammen mit einer gehörigen Brise Umami – hier in Form einer selbstgebackenen Hippe aus Nori-Algenblättern – ergab das ein sehr abwechslungsreiches Geschmacksbild, bei dem belebende Frische auf anregende Würze traf.
In Sachen Umami stand der reisessigsaure Glasnudelsalat meiner Begleitung dem Teriyaki-Lachs in nichts nach. Herausragend hier: der karamellisierte Bauchspeck. Selten so etwas Leckeres vom Schwein gegessen! Der Vorspeisentausch am Tisch hatte sich allein deshalb schon rentiert. Etwas Frühlingszwiebel gab dem Ganzen den frischen Dreh, die Tom Yum Garnelen brachten einen Hauch von Zitronengras in die Asia-Schüssel. Die leicht pikante Säure des Dressings ging mit den übrigen Ingredienzien eine vollaromatische Liaison ein, die uns begeisterte.
Mein zweiter Teller in der Menüfolge nannte sich Muschelschaum mit gegrillter Blutwurst und kleinen Jakobsmuscheln und hätte auch unter dem Titel Muschelsuppe mit gebratener Bluns (= Grieweworschd) firmieren können. Die maritime Suppe hatte viel frische Säure, die von der erdig-deftigen Blutwurst gut ausgeglichen wurde. Die Mini-Jakobsmuscheln gingen dabei leider geschmacklich komplett unter. Da half auch die kleine Wakame-Algen-Kolonie, die als Booster fürs Meeresaroma fungierte, recht wenig. Zu dominant war die salzig-säuerliche Muschelbrise, zu prägnant die kräftige Schwarzwurst. Dennoch ein Suppengang, der die Geschmacksrezeptoren neu justierte.
Hätte ich es doch beim Onsen-Ei belassen, dachte ich mir schon beim ersten Löffel von der Frühlingslauchschaumsuppe. Da war wohl beim Abschmecken etwas komplett schief gelaufen. Das Süppchen war brutal versalzen. Und auch von ihrer Konsistenz her war sie zu dickflüssig geraten. Mit der nordisch-asiatischen Leichtigkeit der vorherigen Gänge hatte dieser Teller wenig zu tun. Mir blieb nur die Flucht in die Reklamation. Die Dame vom Service reagierte verständnisvoll und nach ca. 5 Minuten brachte mir Chefkoch Tobias Gräf eine feinwürzig nach Frühlingszwiebeln duftende, mit geflämmten Saiblings-Stückchen garnierte, frisch aufgeschäumte Suppe, die tadellos mundete. Der sehr sympathische Küchenchef entschuldigte sich für den Würz-Fauxpas, erklärte mir kurz, wie es dazu gekommen war und ließ mich meinen dritten Gang vom Menü genießen. Ich war beeindruckt, wie konstruktiv und souverän man hier im Moro mit Kritik umging. Und das sowohl beim Service, als auch bei der Küchencrew. Kompliment, macht bitte weiter so!
Weiter ging es auch in der Menüfolge. Unsere beiden Hauptgänge standen ja noch aus. Umgeben von einem „Meer“ aus Zitronengrasschaum „trieb“ die Erbsenpüree-Insel inklusive ihrer „Bewohner“, den Zuckerschoten, den von ihren Hülsen befreiten jungen Erbsen, den dünn gehobelten Radieschenscheiben, der Algenschicht sowie dem wilden Steinbutt obenauf, einsam und allein auf meinem Teller. Der Edelfisch hatte genau den richtigen Gargrad erwischt. Die Frische vom Zitronengras und der leicht mehlige Geschmack des Erbsen-Trios ergänzten sich dabei gut. Die Tranche vom Plattfisch war bewusst zurückhaltend gewürzt, um das feine Aroma nicht zu erdrücken. Ein eher nordisch geprägter Hauptgang, dessen Portionsgröße passte und der eine in sich stimmige Komposition darstellte.
Der in Sesam gebratene Winterkabeljau mit Rote-Beete-Risotto und Wasabi-Schaum meiner Begleitung war nun wahrlich nichts für Rotgrünblinde. Der erdige, mit Spinatblättern verfeinerte Risotto leuchtete zwischen einem stattlichen Skreifilet, den crunchy Wasabicräckern und der ihn umgebenden grünen Gischt hervor. Optisch eine Augenweide und geschmacklich vom Allerfeinsten oder wie der Purist es nennt: einfach, aber wirkungsvoll.
Ähnliches galt auch für das abschließende Dessert, das wir zusammen aus dem Einmachglas löffelten. Klar erinnerten wir uns da sofort an jenes in der Zwockelsbrück. Hier war es die Kombi aus dunkler Schokocrème, Sauerrahmeis, geschmortem Rhabarber und Pistazienbrösel, die mit wohldosierter Süße und textureller Abwechslung zu gefallen wusste.
Nach diesem abwechslungsreichen Mahl, dessen kleinere Unwägbarkeiten von Service und Küche im Handumdrehen beseitigt wurden, entließ uns Restaurantleiter Tobias Kuld nach einem netten Plausch in die laue Gimmeldinger Nacht. Die hohe Qualität der verwendeten Produkte und ihre sorgfältige, schnörkellose Zubereitung machen das Moro zu einem Ort des guten Geschmacks. Der phänomenale Ausblick von der Außenterrasse zu einem Erlebnis.