Besucht am 08.05.2017Besuchszeit: Mittagessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 28 EUR
Burgerrepublik Deutschland, die Zweite. Nach unserem Besuch im Karlsruher „DeliBurgers“ Anfang Januar, waren wir erneut unterwegs in Sachen gehobener Bulettenkultur. Diesmal verschlug es uns in den Ortskern von Neustadt, wo seit Anfang März diesen Jahres ein Beagle namens „Bruno“ für Qualitätsburger und andere Leckereien steht. Der Hund gehört der Mitinhaberin von „Brunos Burger & Lieblingsgerichte“, Julia Lee-Straub, und sein Bild wacht eingerahmt direkt neben dem Eingang. Ob dieser nun ein ausgesprochenes Faible für leckere Burger hat, kann ich nicht beurteilen. Aber als augenzwinkernde Geschichte hinter der Namensgebung dient der putzige Vierbeiner allemal.
Wäre ich zusammen mit dem Kollegen Daueresser, dem amtierenden Burgermeister von Monnem, in den 80er Jahren auf Burger-Reise gegangen, hätten wir uns lediglich von einem McDo in den nächsten BK schleppen können. Alles andere wäre schlichtweg verantwortungslos gewesen. Die paar Imbisse, die damals schon Ham und Cheese in Beefsteakform stanzten, waren qualitativ und geschmacklich unterirdisch. Bei Bestellungen verwechselte man als Gast häufig Mut mit Leichtsinn. Nicht selten hat mein Magen nach dem Besuch solcher Etablissements verständnislos die Peristaltik geschüttelt bzw. zusammengezogen.
Heute hören die Läden auf so klangvolle Namen wie „St. James Bar & Deli“ oder „Henriette Burger Bar“ und allein die Pattys aus frisch gewolftem Hack machen richtig was her. Das Bun stammt oft von einem Bäcker aus der Region und ist natürlich nicht vergleichbar mit dem labberigen Industrieschwamm aus der Fabrik.
„Patty“ und „Bun“ – zwei Begriffe, die vor gut 20 Jahren noch „gegoogelt“ bzw. ge“langenscheidtet“ worden wären, da man unter einem Hamburger ein einheitliches, ungesundes Frikadellenbrötchen verstand, dessen Aussehen und Image von der amerikanischen Fast-Food-Industrie geprägt war und das man sich gar nicht in Einzelteile zerlegt hätte vorstellen wollen. „Ja nicht aufklappen!“, lautete früher die Devise. Damals wurde unseren Gaumen noch das Blaue vom Convenience-Himmel versprochen.
Aber Gott sei Dank expandiert die kulinarische Franchise-Offenbarung aus den Staaten nicht mehr ganz so stark wie damals. Schuld daran ist u.a. ein neues Qualitätsbewusstsein, das auch bei Fast-Food-Freunden die Bereitschaft geweckt hat, für bessere Ware etwas tiefer in die Tasche zu greifen.
Im pfälzischen Neustadt ist das „Brunos“ der derzeit einzige Burgerladen mit Anspruch. Es ist das zweite gastronomische Standbein von Inhaber Marco Straub, der schon seit gut zwei Jahren den „Nudelmacher“ am Kartoffelmarkt erfolgreich betreibt. Zusammen mit seiner Frau Julia setzt er auch im „Brunos“ auf eine gehobene Form von Imbisskultur. Dazu hat er als Küchenchef Walter Tschanow engagiert. Der hat schon in Netts Landhaus (Gimmeldingen) und bei Philipp Arens (Hainfeld) gekocht und weiß genau, was gutes Essen ausmacht. Er weiß aber auch wie gutes Essen geht und das spiegelt sich in Form ideenreicher Burgerkreationen wider.
Wir kamen mittags gegen 14.30 Uhr in der Zwerchgasse 17 an. Direkt vis-à-vis befindet sich das „Neue Fontana“, das mir noch in gutem kulinarischen Gedächtnis ist. Für die späte Mittagszeit war noch ganz schön was los im „Brunos“. Direkt am Fenster war ein Zweiertisch frei, an den wir uns setzten. Mit Blick auf die von einigen Gastwirtschaften gesäumte Neustadter Hintergasse (Backblech, Gerberhaus, La Bodega) ließen wir uns im zeitgemäß und doch sehr gemütlich eingerichteten Inneren des Burgerrestaurants nieder. Von unserem Platz aus konnte man in die offene Küche blicken. Chefkoch Tschanow suchte ich jedoch vergeblich. Der wurde an diesem Mittag von einem Kollegen vertreten.
Klar wird man hier geduzt. Wir sind ja schließlich in einem hippen Burgerladen der Food-Mate-Generation. Die freundliche junge Dame, die an diesem Mittag den Service alleine schmiss und alles gut im Griff hatte, brachte uns die Speisenkarten - nicht ohne auf die beiden Monatsburger von der Schiefertafel hinzuweisen. In geschwungener Kreideschrift wurde für zwei Specials geworben. Der „German High Roller“ mit doppelter Käseration, Salat, Tomate, Gurke, Zwiebel, Senf, Mayo und Bärlauch-Pesto für 10,50 Euro und der „Tokio Calling“ mit Lachstatar, Sesam-Karotten, karamellisiertem Ingwer und Teriyaki-Dip für das gleiche Geld. Gegen einen Aufpreis von 3,50 Euro gab es noch hausgemachte Wedges oder einen kleinen Salat dazu. Na das klang doch schon mal sehr verlockend!
Auf der Speisenkarte stehen weitere neun Bulettenkreationen zur Auswahl. Zwischen 7 und 9 Euro liegt da alles preislich dicht beieinander. Nur für den Vegetarier ist das Angebot eher bescheiden. Nur der sogenannte „Veggi-Magic“ (7,80 Euro) mit Linsenbratling, Mango-Zitronengras-Chutney, Salat und Curry-Knoblauch-Dip steht für eidesstattliche Beef-Verzichter auf der Standardkarte. Aber mal ehrlich, die Kombination „Vegetarier + Burgerladen“ klingt ja fast so ambivalent wie „Nichtschwimmer + Badesee“. Das Beste bleibt den Veggies in solch einem Laden aus ethisch-moralischen oder diversen anderen Gründen schlichtweg verwehrt. Das ist nun mal Fakt.
Doch selbst für diese „Randgruppe“ hält man im „Brunos“ ein paar Alternativen bereit. Bei den drei zusätzlichen „Lieblingsgerichten“, darunter ein Salat mit Ziegenfrischkäse (8,50 Euro) und gebeizter Lachs mit karamellisiertem Ingwer (9,90 Euro), kommen auch die Leute auf ihre Kosten, die kein Fleisch essen. Doch deswegen sind wir nicht hier und bestellen den besagten „German High Roller“ und einen „Red Hot Chili Pepper“ mit Bacon, Käse, Tomate, Salat und scharfen Jalapeños (8,80 Euro) von der Standardkarte. Ein paar Wedges haben wir uns als Beilage geteilt, was sich bei der Größe der Portionen als durchaus ratsam erwies.
Bei den Getränken nutzt man den aktuellen Hype um Softdrinks wie Afri-Cola und Bluna. Daneben bietet man eine nette Auswahl an Limonaden und Eistees, z.B. von der Proviant Fruchtmanufaktur Berlin und Elephant Bay aus dem Schwäbischen, an. Auf Bierfreunde wartet dagegen ein „Schlappeseppel Spezial Märzen“ (2,80 Euro) oder ein „Maisels Pale Ale“ (3,70 Euro) aus der Flasche. Wein und Sekt bezieht man vom Weingut Anton aus Kirrweiler und Borell-Diehl aus Hainfeld. Dabei beschränkt man sich auf eine kleine Auswahl (Sauvignon blanc, Riesling, Spätburgunder) zu zivilen Preisen.
Die gewählte Rhabarber-Limo von Proviant (Flasche für 2,80 Euro) besticht durch ihre ausgeprägte Fruchtsäure, während der Granatapfel-Eistee von Elephant Bay (3,00 Euro) etwas zu klebrig süß ausfällt. Während wir auf unsere Burger warten, fällt uns das mit viel Bedacht eingerichtete Innere des Lokals erst so richtig auf. An der unverputzten groben Sandsteinwand prangt der Name des Lokals bzw. Betriebshundes in riesigen bunten Lettern. Ein Gang führt in einen hinteren Gastraum, von wo aus man über eine antik erscheinende Wendeltreppe in das 1.OG zu den makellos sauberen Nassräumen gelangt.
Als Mobiliar dienen in erster Linie Hocker (mit festgeschnallten Sitzkissen) und Wandbänke, die genau wie die Tische in hellem Holz gehalten sind. Alles sehr zweckmäßig und funktional ohne banal zu wirken. Hängeleuchten mit großdimensionierten Lampenschirmen wechseln sich mit in der Decke versenkten Spots und schicken Wandleuchten ab. Eine über der Sandsteinwand platzierte Lichtleiste strahlte diese diskret an. Der Stilmix aus Rustikalität (dunkler Dielenboden) und zeitgemäßer Lässigkeit (diverse Couchmöbel unterschiedlichster Machart) soll sicherlich ein breites Publikum ansprechen und tut das auch.
Dann war endlich Burger-Time. Die beiden stolzen Exemplare wurden auf dunkler Keramik serviert, was sehr ansprechend aussah. Aus dem angerösteten Sesambun ragte das Ende eines Holzspießes, der für Stabilität sorgte. Um meinen „High Roller“ bildeten selbstgemachte Mayo, Ketchup und Bärlauch-Pesto einen dreifarbigen Saucenring. Der geschmolzene Käse überdeckte das saftige Beef, das noch ein wenig mehr medium hätte sein dürfen. Die Würzung des Fleisches fiel indes sehr angenehm aus. Eine durchdachte Zusammenstellung, die durch ihre knackfrischen Zutaten zu gefallen wusste. Auf dem Chili-Burger meiner Begleitung tummelten sich jede Menge Jalapeño-Scheibchen und machten ihn zu einer scharfen Angelegenheit. Ihre Begeisterung war nachvollziehbar. Die Wedges waren selbstgemacht, delikat gewürzt, außen schön knusprig und innen leicht mehlig-weich. Auch sie wurden mit Mayo und Ketchup (hausgemacht) serviert.
Erst beim Hinausgehen wurde ich auf die etwas unscheinbare Schiefertafel mit dem Lieblingsgericht der Woche, Rinderrücken über Nacht gegart mit Wedges, Salat und Bärlauchbutter (19,80 Euro), aufmerksam. Nach der wirklich überzeugenden Leistung bei den Burgern würde ich beim nächsten Besuch vielleicht mal eine von Brunos Leibspeisen antesten. Der idyllisch gelegene Außenbereich macht zudem Lust auf einen Besuch bei sommerlichen Temperaturen. In Sachen Fine-Fast-Food ist der Laden ein echter Gewinn für Neustadt.
Burgerrepublik Deutschland, die Zweite. Nach unserem Besuch im Karlsruher „DeliBurgers“ Anfang Januar, waren wir erneut unterwegs in Sachen gehobener Bulettenkultur. Diesmal verschlug es uns in den Ortskern von Neustadt, wo seit Anfang März diesen Jahres ein Beagle namens „Bruno“ für Qualitätsburger und andere Leckereien steht. Der Hund gehört der Mitinhaberin von „Brunos Burger & Lieblingsgerichte“, Julia Lee-Straub, und sein Bild wacht eingerahmt direkt neben dem Eingang. Ob dieser nun ein ausgesprochenes Faible für leckere Burger hat, kann ich nicht beurteilen.... mehr lesen
Brunos Burger & Lieblingsgerichte
Brunos Burger & Lieblingsgerichte€-€€€Restaurant063213554426Zwerchgasse 17, 67433 Neustadt an der Weinstraße
4.5 stars -
"Kreativ-Buletten im Herzen von Neustadt" Ehemalige UserBurgerrepublik Deutschland, die Zweite. Nach unserem Besuch im Karlsruher „DeliBurgers“ Anfang Januar, waren wir erneut unterwegs in Sachen gehobener Bulettenkultur. Diesmal verschlug es uns in den Ortskern von Neustadt, wo seit Anfang März diesen Jahres ein Beagle namens „Bruno“ für Qualitätsburger und andere Leckereien steht. Der Hund gehört der Mitinhaberin von „Brunos Burger & Lieblingsgerichte“, Julia Lee-Straub, und sein Bild wacht eingerahmt direkt neben dem Eingang. Ob dieser nun ein ausgesprochenes Faible für leckere Burger hat, kann ich nicht beurteilen.
Geschrieben am 08.04.2017 2017-04-08| Aktualisiert am
08.04.2017
Besucht am 31.03.2017Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 143 EUR
„Ein Sommerabend auf der Außenterrasse bei den Netts und man fühlt sich wie in der Toskana. Der pfälzischen Toskana natürlich!“ Mit diesen Worten begann meine damalige, vor etwa 5 Jahren geschriebene Rezension zu Netts Restaurant auf einem nicht mehr existierenden Gastroportal. Am Abend zuvor, saß ich zum ersten Mal auf dessen großer Terrasse, sog während des Essens die mich umgebende Weinbergidylle ein und ließ meinen Blick über die Rheinebene hinweg bis rüber ins Badische schweifen. Es war damals ein lauer Sommerabend bei gutem Essen und leckerem Wein, der mir noch heute im Gedächtnis ist.
Zeitsprung. Das am Ortsrand des schmucken Weinörtchens Gimmeldingen, dem Mekka für Mandelblütenenthusiasten, am Hang gelegene Lokal hört seit Anfang März diesen Jahres auf den Namen Moro und wird nicht mehr von den Netts betrieben. Ein Grund für den gastronomischen Rückzug der Familie lag sicherlich in der Person ihrer früheren Restaurantleiterin, die aus Altersgründen aufhörte. Vielleicht ist ja auch der charmanten Fernsehköchin, Rezeptsammlerin und Mutter zweier Kinder Susanne Nett (Sendung „echt gut! Klink und Nett“ im SWR) die Küchenleitung in Gimmeldingen schlichtweg zu viel geworden. Mit dem angeschlossenen Landhaus-Hotel und weiteren Gästezimmern wird es ihr und ihrem Mann Daniel auch in Zukunft bestimmt nicht langweilig.
Mit den beiden Betreibern der Zwockelsbrück, Sven Niederbremer und Pierre Hartung, hat man zwei erfahrene Nachfolger gefunden, die nun mit neuem Namen und Konzept das idyllisch gelegene Anwesen in der Gimmeldinger Meerspinnstraße 46 kulinarisch weiterführen. Da beide weiterhin im Zentrum von Neustadt ihre Gäste verwöhnen, wurde für das Moro eine junge Crew zusammengestellt. Diese soll nach den Vorgaben des Neustadter Erfolgsduos Niederbremer/Hartung die schon im Stammhaus funktionierende kulinarische Marschroute auch im benachbarten Gimmeldingen erfolgreich umsetzen. Wenn auch mit ein paar beabsichtigten Abweichungen. Doch dazu später mehr.
Mit Küchenchef Tobias Gräf aus Saarbrücken, der im dortigen Gästehaus Erfort (3 Michelin-Sterne) seine Kochausbildung absolvierte und danach gastronomisch um die halbe Welt tingelte, und Restaurantleiter Tobias Kuld, der schon im Deidesheimer Bistro 1718 sowie im Weißen Bock zu Heidelberg tätig war, hat man eine gesunde Mischung aus jung, aber sehr erfahren an Bord geholt. Ergänzt wird die „Tobias-Fraktion“ von drei weiteren festangestellten Helfern in der Küche und im Service.
Den norwegischen Restaurantnamen hat übrigens Sven Niederbremer aus seiner Heimat, der Hansestadt an der Weser, mitgebracht. Dort betrieb er vor ein paar Jahren im Ortsteil Walle sein erstes „Moro“ und schaffte mit einer kreativen, nordisch geprägten Regionalküche auf Anhieb sechs Pfannen im Restaurantführer Gusto. Das „Moro“, was ins Deutsche übersetzt „Spaß“ bedeutet, begeisterte damals die Bremer Genuss-Etage und so manch nordische Gourmetzunge denkt sicherlich heute noch ganz verzückt an diese Zeit zurück.
Apropos Spaß. Spaß machte mir schon die Informationsentnahme aus der übersichtlich und einladend gestalteten Homepage. Dort erfährt man so einiges über die gastronomische Philosophie der Betreiber. Starke Begriffe wie „Liebe“, „Herzblut“ und „Überzeugung“ werden als Basiselemente der dort zu erwartenden Gastfreundschaft genannt und stimmten mich neugierig. Natürlich musste ich im Vorfeld in der aktuellen Speisenkarte online schmökern, was meine Vorfreude auf den Besuch noch steigerte.
Die Karte ist – ganz in Zwockelsbrück‘scher Manier – sehr ausgesucht und übersichtlich gehalten. Genau wie im traditionsreichen Mutterlokal decken auch hier fünf Vorspeisen, sechs Hauptgerichte und drei Desserts die kulinarische Bandbreite ab. Vieles davon könnte auch direkt aus der Küche von Sven Niederbremer stammen, wenngleich im Moro die asiatischen Akzente viel stärker hervortreten.
Zusätzlich wird ein Menü in 4 oder 5 Gängen (56 bzw. 68 Euro) angeboten. Hier lassen sich auch einzelne Gänge vom À-la-carte-Angebot problemlos austauschen, was gegebenenfalls zu kleineren Preisaufschlägen führen kann. Pfiffig anmutende Standards, wie das aus der Zwockelsbrück bekannte, kurz geräucherte Onsen-Ei (10 Euro), werden im Moro fernöstlich interpretiert. Und das oft mit relativ einfachen Zutaten. Koriander, Shiitake-Pilze und Mie-Nudeln – fertig ist das Einmachglas im Asia-Style. Bei den Hauptgängen liegt der Fokus klar auf der Verwendung ausgesuchter Edelprodukte. Bresse Perlhuhn, wilder Steinbutt und Entrecôte bzw. Filet vom US Rind findet man auch nicht auf jeder Speisenkarte. Dass da die 30-Euro-Grenze für ein Hauptgericht durchbrochen wird, versteht sich von selbst.
Unser Tisch war auf 19 Uhr reserviert. Mit etwa zehnminütiger Verspätung trafen wir im Moro ein. Schon beim Gang durch den Hof des stattlichen Anwesens wurden bei uns Erinnerungen an das am letzten Wochenende stattfindende Mandelblütenfest wach. Da waren wir auf selbiger Terrasse zugegen und nach einem kleinen Plausch mit Herrn Hartung, ließ ich mir eine Scheibe gebratenen Saumagen schmecken. Es war mächtig was los und die aufgestellten Bierbänke reichten bei dem enormen Andrang kaum aus.
Bei unserer Ankunft am Freitagabend saßen noch ein paar Gäste (Hotelgäste?) draußen und genossen bei einem guten Glas Wein den für Ende März doch ungewöhnlich lauen Abend. Wie gerne hätten wir uns draußen nieder gelassen, aber leider wurde die Terrassensaison erst ein paar Tage nach unserem Besuch offiziell eröffnet. Bei nächster Gelegenheit wird die Open-Air-Feinschmeckerei an Ort und Stelle nachgeholt, da waren wir uns einig.
Von Restaurantleiter Tobias Kuld wurden wir freundlich in Empfang genommen, um unsere Jacken erleichtert und zu unserem Tisch geführt. Leider nicht der erhoffte Platz am Fenster mit Panoramablick. Ein bisschen zu sehr in der Raummitte war uns der Platz schon gelegen, aber sein größter Nachteil war das Fehlen einer Lampe. Da half auch das frisch angezündete Grablicht recht wenig. Für taugliche Fotos zu schießen war es im Gastraum ganz allgemein zu schummrig. Ich fragte die junge Servicedame nach einem Platz an der Sonne bzw. unter einer der Hängeleuchten und erklärte ihr mein fotographisches Anliegen. Und siehe da: das erste Glas Teinacher medium (0,75l für 5,50 Euro) war gerade eingeschenkt, da durften wir an einen Tisch direkt neben dem Thekenbereich wechseln und waren mit dieser Ortsverlagerung mehr als einverstanden. Besseres Licht, bessere Lage und erheblich bessere Akustik. Das machte alles viel angenehmer.
Beim Inspizieren der Räumlichkeiten fielen mir im Vergleich zum früheren „Netts-Betrieb“ keinerlei Veränderungen auf. Auf Nachfrage wurde mir das vom Service weitgehend bestätigt. Lediglich ein paar Bilder und ein stolzer Bonsai wären hinzugekommen. Das Gastromobiliar, bestehend aus massiven Tischen aus hellem Holz und leicht gepolsterten Metallstühlen mit Armlehne und Kunstlederüberzug, wurde von den Vorgängern übernommen. Auch für die in verschiedenen Grautönen gestrichenen Wände (hellgrau bis anthrazit) und die beidseitig verlaufende, hängende Lichtleiste mit Spots und zylinderförmigen Designerleuchten zeichnet sich die Familie Nett verantwortlich. Übrigens, der Umbau der Räumlichkeiten ist noch keine zehn Jahre her - warum also alles erneuern?
Ein kleiner Nachteil der hohen Decken ist die bei starker Auslastung etwas zu laute Akustik im Raum. Trotz der den mittleren Teil des Gastraumes durchziehenden Decke mit Schalldämmung war der Geräuschpegel – auch wegen eines besonders unangenehm auffallenden 4er Tisches im hinteren Bereich – zu hoch. Die gedimmte, von einzelnen Strahlern dominierte Atmosphäre im Inneren des Moro gefiel uns dagegen schon besser. Auch die Tatsache, dass zwischen den Tischen genügend Abstand gelassen wurde, nahmen wir positiv auf. Die 2er- bzw. 4er-Tische gruppieren sich um zwei zentrale Raumelemente. Eine größere Tafel, an der bis zu 8 Personen Platz finden würden, und eine ebenfalls in hellem Holz gehaltene Anrichte mit spirituellem Depot, Gläservorrat und Speisenkartenfundus sorgten für eine angenehme Leere im Zentrum des Restaurants. Der an diesem Abend verwaiste „Chef’s Table“ diente als hervorragender Platz zum Abstellen der Weinkühler. Ansonsten wird er in erster Linie vom Personal oder für das Frühstücksbuffet genutzt, versicherte mir die Bedienung. Darüber befand sich eine originelle Lampenkonstruktion aus nach unten hin immer kleiner werdenden, goldfarbenen Schalen, die sich gegenseitig anstrahlten und dadurch ein angenehm indirektes Licht verbreiteten. Zur dezent asiatischen Ausrichtung der Speisen passte das schon irgendwie. Und zum güldenen Streifen, der die komplette Rückwand durchzog, natürlich auch. Dunkelgestrichene Stützpfeiler aus Holz fungierten raumteilend und komplettierten zusammen mit mehreren Weinkühlschränken und der langen Theke das zeitlos-moderne Ambiente.
Wir bekamen Speisen- und Weinkarte gereicht. Die Frage nach einem Aperitif war mit der Flasche Wasser schon hinreichend beantwortet. Aber ein Fläschchen Pfälzer Wein sollte es an diesem Abend schon sein. Bei den offenen Kreszenzen fand ich das Angebot im Low-Price-Segment etwas dürftig. Der günstigste Vertreter, die Riesling Exklusiv-Abfüllung „Zwockelsbrück“, checkte bei 6,20 Euro für das „falsche Viertel“ (=0,2 l) ein, während man für die Erste Lage vom Gimmeldinger Biengarten Riesling des ortsansässigen VDP-Weinguts Christmann 17 Euro berechnet. Schade, dass hier den jungen wilden Pfalzwinzern nicht noch mehr Spielraum gegeben wird. Hier sehe ich in der Weinkarte noch Entwicklungspotenzial, zumal es der jungen Crew des Moro gut zu Gesicht stehen würde, wenn man sich mit wechselnden Monatsweinen noch stärker am Puls der Zeit befände.
Ganz anders sieht es beim Flaschenweinangebot aus. Neben amtsbekannten Größen wie Reichsrat von Buhl, Bürklin-Wolf und Christmann finden sich in der mit viel Bedacht und Sachverstand zusammengestellten Auswahl auch einige regionale Entdeckungen. Das keine 50 Meter auf der anderen Straßenseite entfernt liegende Weingut Ohler oder der Neustadter Weinimpresario Oliver Zeter seien beispielhaft genannt. Freunde südafrikanischer Weine profitieren vom Faible des Herrn Niederbremer, das er sich während seiner Zeit als Küchenchef im Restaurant des 5-Sterne-Hotels „Westcliff“ in Johannesburg aneignete. Wo stehen schon südafrikanische Naturweine wie der „El Bandito“ (Chenin Blanc) von Testalonga oder der Fryer’s Cove Sauvignon blanc auf der Karte? Und das in einer Weißweinregion wie der Pfalz. Chapeau!
Unsere Entscheidung fiel aufgrund der Fischdominanz beim Essen auf einen Weißwein aus der Region. Die Cuvée „Blütenrausch“ von Johann Ohler aus Gimmeldingen (23 Euro die Flasche) schien uns in Anbetracht des rosa erblühten Örtchens die passende Weinbegleitung zu sein. Die unerwartet blumige Weißburgunder-Chardonnay-Cuvée erwies sich als echter Volltreffer und wurde von uns bis auf den letzten Tropfen geleert. Ob sie jetzt eher nach Melone, Aprikose oder Zitrone geschmeckt hat, sollen Fachzungen entscheiden. Zu unseren Gerichten hat sie jedenfalls toll harmoniert.
Womit wir beim Essen angelangt wären. Bescheiden wie man mich kennt, orderte ich das 5-Gang-Menü (68 Euro) mit ein paar zusätzlichen „Schikanen“. Als Suppenkasper verzichtete ich auf das Stunden-Ei aus der Onsenquelle und wollte stattdessen die Schaumsuppe von der Frühlingszwiebel (hier Frühlingslauch genannt) als zweiten Suppengang nach dem Muschelschaumsüppchen mit Blutwurst und Mini-Jakobsmuscheln haben. Auch der eigentliche Hauptgang, das Bresse-Perlhuhn mit Topinambur, machte mich aufgrund seiner Trüffelsauce nicht so an. Gegen einen Aufpreis von 10 Euro ersetzte der wilde Steinbutt das Bresse-Huhn beim Hauptgang. Alles kein Problem im Moro. Meine Begleitung, die nur Vor- und Hauptspeise bestellte, unterstützte mich bei meiner Menü-Bewältigung und tauschte eifrig mit mir aus.
Nach ein paar Scheiben frischem Brot von einer regionalen Bäckerei im näheren Umfeld von Gimmeldingen und einem dazugehörigen frischen Zitronen-Schmand-Dip als Amuse wurden die ersten Speisen aufgetragen. In einer schwarzen Keramikschüssel wurde der Glasnudelsalat „Moro“ mit karamellisiertem Schinkenspeck und Tom Yum Garnele für meine Begleitung serviert. Zeitgleich der auf Gurken-Ingwer-Salat thronende Teriyaki-Lachs, der mein Menü eröffnete. Dieser lag auf einem rechteckigen, flachen, ganz in grau gehaltenen Tonteller, auf dessen spröder Oberfläche sich die kleine „Esslandschaft“ erstreckte. Neben verschiedenen kleinen Tupfern, die mit süßen bzw. sauren Aromen den hauchzarten, auf den Punkt gegarten Lachs ergänzten, befanden sich noch geflämmte Apfelquader auf der eher unorthodoxen Keramik. Asia meets Northern Europe. Der Gurken-Ingwer-Salat war wohl das beste Beispiel dafür. Schon hier offenbarte sich die kulinarische Philosophie des Moro mehr als deutlich. Der aromatische Spannungsbogen wurde primär von süßen, säuerlichen und pikanten Akzenten aufrechterhalten. Zusammen mit einer gehörigen Brise Umami – hier in Form einer selbstgebackenen Hippe aus Nori-Algenblättern – ergab das ein sehr abwechslungsreiches Geschmacksbild, bei dem belebende Frische auf anregende Würze traf.
In Sachen Umami stand der reisessigsaure Glasnudelsalat meiner Begleitung dem Teriyaki-Lachs in nichts nach. Herausragend hier: der karamellisierte Bauchspeck. Selten so etwas Leckeres vom Schwein gegessen! Der Vorspeisentausch am Tisch hatte sich allein deshalb schon rentiert. Etwas Frühlingszwiebel gab dem Ganzen den frischen Dreh, die Tom Yum Garnelen brachten einen Hauch von Zitronengras in die Asia-Schüssel. Die leicht pikante Säure des Dressings ging mit den übrigen Ingredienzien eine vollaromatische Liaison ein, die uns begeisterte.
Mein zweiter Teller in der Menüfolge nannte sich Muschelschaum mit gegrillter Blutwurst und kleinen Jakobsmuscheln und hätte auch unter dem Titel Muschelsuppe mit gebratener Bluns (= Grieweworschd) firmieren können. Die maritime Suppe hatte viel frische Säure, die von der erdig-deftigen Blutwurst gut ausgeglichen wurde. Die Mini-Jakobsmuscheln gingen dabei leider geschmacklich komplett unter. Da half auch die kleine Wakame-Algen-Kolonie, die als Booster fürs Meeresaroma fungierte, recht wenig. Zu dominant war die salzig-säuerliche Muschelbrise, zu prägnant die kräftige Schwarzwurst. Dennoch ein Suppengang, der die Geschmacksrezeptoren neu justierte.
Hätte ich es doch beim Onsen-Ei belassen, dachte ich mir schon beim ersten Löffel von der Frühlingslauchschaumsuppe. Da war wohl beim Abschmecken etwas komplett schief gelaufen. Das Süppchen war brutal versalzen. Und auch von ihrer Konsistenz her war sie zu dickflüssig geraten. Mit der nordisch-asiatischen Leichtigkeit der vorherigen Gänge hatte dieser Teller wenig zu tun. Mir blieb nur die Flucht in die Reklamation. Die Dame vom Service reagierte verständnisvoll und nach ca. 5 Minuten brachte mir Chefkoch Tobias Gräf eine feinwürzig nach Frühlingszwiebeln duftende, mit geflämmten Saiblings-Stückchen garnierte, frisch aufgeschäumte Suppe, die tadellos mundete. Der sehr sympathische Küchenchef entschuldigte sich für den Würz-Fauxpas, erklärte mir kurz, wie es dazu gekommen war und ließ mich meinen dritten Gang vom Menü genießen. Ich war beeindruckt, wie konstruktiv und souverän man hier im Moro mit Kritik umging. Und das sowohl beim Service, als auch bei der Küchencrew. Kompliment, macht bitte weiter so!
Weiter ging es auch in der Menüfolge. Unsere beiden Hauptgänge standen ja noch aus. Umgeben von einem „Meer“ aus Zitronengrasschaum „trieb“ die Erbsenpüree-Insel inklusive ihrer „Bewohner“, den Zuckerschoten, den von ihren Hülsen befreiten jungen Erbsen, den dünn gehobelten Radieschenscheiben, der Algenschicht sowie dem wilden Steinbutt obenauf, einsam und allein auf meinem Teller. Der Edelfisch hatte genau den richtigen Gargrad erwischt. Die Frische vom Zitronengras und der leicht mehlige Geschmack des Erbsen-Trios ergänzten sich dabei gut. Die Tranche vom Plattfisch war bewusst zurückhaltend gewürzt, um das feine Aroma nicht zu erdrücken. Ein eher nordisch geprägter Hauptgang, dessen Portionsgröße passte und der eine in sich stimmige Komposition darstellte.
Der in Sesam gebratene Winterkabeljau mit Rote-Beete-Risotto und Wasabi-Schaum meiner Begleitung war nun wahrlich nichts für Rotgrünblinde. Der erdige, mit Spinatblättern verfeinerte Risotto leuchtete zwischen einem stattlichen Skreifilet, den crunchy Wasabicräckern und der ihn umgebenden grünen Gischt hervor. Optisch eine Augenweide und geschmacklich vom Allerfeinsten oder wie der Purist es nennt: einfach, aber wirkungsvoll.
Ähnliches galt auch für das abschließende Dessert, das wir zusammen aus dem Einmachglas löffelten. Klar erinnerten wir uns da sofort an jenes in der Zwockelsbrück. Hier war es die Kombi aus dunkler Schokocrème, Sauerrahmeis, geschmortem Rhabarber und Pistazienbrösel, die mit wohldosierter Süße und textureller Abwechslung zu gefallen wusste.
Nach diesem abwechslungsreichen Mahl, dessen kleinere Unwägbarkeiten von Service und Küche im Handumdrehen beseitigt wurden, entließ uns Restaurantleiter Tobias Kuld nach einem netten Plausch in die laue Gimmeldinger Nacht. Die hohe Qualität der verwendeten Produkte und ihre sorgfältige, schnörkellose Zubereitung machen das Moro zu einem Ort des guten Geschmacks. Der phänomenale Ausblick von der Außenterrasse zu einem Erlebnis.
„Ein Sommerabend auf der Außenterrasse bei den Netts und man fühlt sich wie in der Toskana. Der pfälzischen Toskana natürlich!“ Mit diesen Worten begann meine damalige, vor etwa 5 Jahren geschriebene Rezension zu Netts Restaurant auf einem nicht mehr existierenden Gastroportal. Am Abend zuvor, saß ich zum ersten Mal auf dessen großer Terrasse, sog während des Essens die mich umgebende Weinbergidylle ein und ließ meinen Blick über die Rheinebene hinweg bis rüber ins Badische schweifen. Es war damals ein lauer... mehr lesen
moro
moro€-€€€Restaurant063211879140Meerspinnstraße 46, 67435 Neustadt an der Weinstraße
4.5 stars -
"Skandinavisch-asiatisch angehauchte Wohlfühlküche im Mandelblütenmekka" Ehemalige User„Ein Sommerabend auf der Außenterrasse bei den Netts und man fühlt sich wie in der Toskana. Der pfälzischen Toskana natürlich!“ Mit diesen Worten begann meine damalige, vor etwa 5 Jahren geschriebene Rezension zu Netts Restaurant auf einem nicht mehr existierenden Gastroportal. Am Abend zuvor, saß ich zum ersten Mal auf dessen großer Terrasse, sog während des Essens die mich umgebende Weinbergidylle ein und ließ meinen Blick über die Rheinebene hinweg bis rüber ins Badische schweifen. Es war damals ein lauer
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Wäre ich zusammen mit dem Kollegen Daueresser, dem amtierenden Burgermeister von Monnem, in den 80er Jahren auf Burger-Reise gegangen, hätten wir uns lediglich von einem McDo in den nächsten BK schleppen können. Alles andere wäre schlichtweg verantwortungslos gewesen. Die paar Imbisse, die damals schon Ham und Cheese in Beefsteakform stanzten, waren qualitativ und geschmacklich unterirdisch. Bei Bestellungen verwechselte man als Gast häufig Mut mit Leichtsinn. Nicht selten hat mein Magen nach dem Besuch solcher Etablissements verständnislos die Peristaltik geschüttelt bzw. zusammengezogen.
Heute hören die Läden auf so klangvolle Namen wie „St. James Bar & Deli“ oder „Henriette Burger Bar“ und allein die Pattys aus frisch gewolftem Hack machen richtig was her. Das Bun stammt oft von einem Bäcker aus der Region und ist natürlich nicht vergleichbar mit dem labberigen Industrieschwamm aus der Fabrik.
„Patty“ und „Bun“ – zwei Begriffe, die vor gut 20 Jahren noch „gegoogelt“ bzw. ge“langenscheidtet“ worden wären, da man unter einem Hamburger ein einheitliches, ungesundes Frikadellenbrötchen verstand, dessen Aussehen und Image von der amerikanischen Fast-Food-Industrie geprägt war und das man sich gar nicht in Einzelteile zerlegt hätte vorstellen wollen. „Ja nicht aufklappen!“, lautete früher die Devise. Damals wurde unseren Gaumen noch das Blaue vom Convenience-Himmel versprochen.
Aber Gott sei Dank expandiert die kulinarische Franchise-Offenbarung aus den Staaten nicht mehr ganz so stark wie damals. Schuld daran ist u.a. ein neues Qualitätsbewusstsein, das auch bei Fast-Food-Freunden die Bereitschaft geweckt hat, für bessere Ware etwas tiefer in die Tasche zu greifen.
Im pfälzischen Neustadt ist das „Brunos“ der derzeit einzige Burgerladen mit Anspruch. Es ist das zweite gastronomische Standbein von Inhaber Marco Straub, der schon seit gut zwei Jahren den „Nudelmacher“ am Kartoffelmarkt erfolgreich betreibt. Zusammen mit seiner Frau Julia setzt er auch im „Brunos“ auf eine gehobene Form von Imbisskultur. Dazu hat er als Küchenchef Walter Tschanow engagiert. Der hat schon in Netts Landhaus (Gimmeldingen) und bei Philipp Arens (Hainfeld) gekocht und weiß genau, was gutes Essen ausmacht. Er weiß aber auch wie gutes Essen geht und das spiegelt sich in Form ideenreicher Burgerkreationen wider.
Wir kamen mittags gegen 14.30 Uhr in der Zwerchgasse 17 an. Direkt vis-à-vis befindet sich das „Neue Fontana“, das mir noch in gutem kulinarischen Gedächtnis ist. Für die späte Mittagszeit war noch ganz schön was los im „Brunos“. Direkt am Fenster war ein Zweiertisch frei, an den wir uns setzten. Mit Blick auf die von einigen Gastwirtschaften gesäumte Neustadter Hintergasse (Backblech, Gerberhaus, La Bodega) ließen wir uns im zeitgemäß und doch sehr gemütlich eingerichteten Inneren des Burgerrestaurants nieder. Von unserem Platz aus konnte man in die offene Küche blicken. Chefkoch Tschanow suchte ich jedoch vergeblich. Der wurde an diesem Mittag von einem Kollegen vertreten.
Klar wird man hier geduzt. Wir sind ja schließlich in einem hippen Burgerladen der Food-Mate-Generation. Die freundliche junge Dame, die an diesem Mittag den Service alleine schmiss und alles gut im Griff hatte, brachte uns die Speisenkarten - nicht ohne auf die beiden Monatsburger von der Schiefertafel hinzuweisen. In geschwungener Kreideschrift wurde für zwei Specials geworben. Der „German High Roller“ mit doppelter Käseration, Salat, Tomate, Gurke, Zwiebel, Senf, Mayo und Bärlauch-Pesto für 10,50 Euro und der „Tokio Calling“ mit Lachstatar, Sesam-Karotten, karamellisiertem Ingwer und Teriyaki-Dip für das gleiche Geld. Gegen einen Aufpreis von 3,50 Euro gab es noch hausgemachte Wedges oder einen kleinen Salat dazu. Na das klang doch schon mal sehr verlockend!
Auf der Speisenkarte stehen weitere neun Bulettenkreationen zur Auswahl. Zwischen 7 und 9 Euro liegt da alles preislich dicht beieinander. Nur für den Vegetarier ist das Angebot eher bescheiden. Nur der sogenannte „Veggi-Magic“ (7,80 Euro) mit Linsenbratling, Mango-Zitronengras-Chutney, Salat und Curry-Knoblauch-Dip steht für eidesstattliche Beef-Verzichter auf der Standardkarte. Aber mal ehrlich, die Kombination „Vegetarier + Burgerladen“ klingt ja fast so ambivalent wie „Nichtschwimmer + Badesee“. Das Beste bleibt den Veggies in solch einem Laden aus ethisch-moralischen oder diversen anderen Gründen schlichtweg verwehrt. Das ist nun mal Fakt.
Doch selbst für diese „Randgruppe“ hält man im „Brunos“ ein paar Alternativen bereit. Bei den drei zusätzlichen „Lieblingsgerichten“, darunter ein Salat mit Ziegenfrischkäse (8,50 Euro) und gebeizter Lachs mit karamellisiertem Ingwer (9,90 Euro), kommen auch die Leute auf ihre Kosten, die kein Fleisch essen. Doch deswegen sind wir nicht hier und bestellen den besagten „German High Roller“ und einen „Red Hot Chili Pepper“ mit Bacon, Käse, Tomate, Salat und scharfen Jalapeños (8,80 Euro) von der Standardkarte. Ein paar Wedges haben wir uns als Beilage geteilt, was sich bei der Größe der Portionen als durchaus ratsam erwies.
Bei den Getränken nutzt man den aktuellen Hype um Softdrinks wie Afri-Cola und Bluna. Daneben bietet man eine nette Auswahl an Limonaden und Eistees, z.B. von der Proviant Fruchtmanufaktur Berlin und Elephant Bay aus dem Schwäbischen, an. Auf Bierfreunde wartet dagegen ein „Schlappeseppel Spezial Märzen“ (2,80 Euro) oder ein „Maisels Pale Ale“ (3,70 Euro) aus der Flasche. Wein und Sekt bezieht man vom Weingut Anton aus Kirrweiler und Borell-Diehl aus Hainfeld. Dabei beschränkt man sich auf eine kleine Auswahl (Sauvignon blanc, Riesling, Spätburgunder) zu zivilen Preisen.
Die gewählte Rhabarber-Limo von Proviant (Flasche für 2,80 Euro) besticht durch ihre ausgeprägte Fruchtsäure, während der Granatapfel-Eistee von Elephant Bay (3,00 Euro) etwas zu klebrig süß ausfällt. Während wir auf unsere Burger warten, fällt uns das mit viel Bedacht eingerichtete Innere des Lokals erst so richtig auf. An der unverputzten groben Sandsteinwand prangt der Name des Lokals bzw. Betriebshundes in riesigen bunten Lettern. Ein Gang führt in einen hinteren Gastraum, von wo aus man über eine antik erscheinende Wendeltreppe in das 1.OG zu den makellos sauberen Nassräumen gelangt.
Als Mobiliar dienen in erster Linie Hocker (mit festgeschnallten Sitzkissen) und Wandbänke, die genau wie die Tische in hellem Holz gehalten sind. Alles sehr zweckmäßig und funktional ohne banal zu wirken. Hängeleuchten mit großdimensionierten Lampenschirmen wechseln sich mit in der Decke versenkten Spots und schicken Wandleuchten ab. Eine über der Sandsteinwand platzierte Lichtleiste strahlte diese diskret an. Der Stilmix aus Rustikalität (dunkler Dielenboden) und zeitgemäßer Lässigkeit (diverse Couchmöbel unterschiedlichster Machart) soll sicherlich ein breites Publikum ansprechen und tut das auch.
Dann war endlich Burger-Time. Die beiden stolzen Exemplare wurden auf dunkler Keramik serviert, was sehr ansprechend aussah. Aus dem angerösteten Sesambun ragte das Ende eines Holzspießes, der für Stabilität sorgte. Um meinen „High Roller“ bildeten selbstgemachte Mayo, Ketchup und Bärlauch-Pesto einen dreifarbigen Saucenring. Der geschmolzene Käse überdeckte das saftige Beef, das noch ein wenig mehr medium hätte sein dürfen. Die Würzung des Fleisches fiel indes sehr angenehm aus. Eine durchdachte Zusammenstellung, die durch ihre knackfrischen Zutaten zu gefallen wusste. Auf dem Chili-Burger meiner Begleitung tummelten sich jede Menge Jalapeño-Scheibchen und machten ihn zu einer scharfen Angelegenheit. Ihre Begeisterung war nachvollziehbar. Die Wedges waren selbstgemacht, delikat gewürzt, außen schön knusprig und innen leicht mehlig-weich. Auch sie wurden mit Mayo und Ketchup (hausgemacht) serviert.
Erst beim Hinausgehen wurde ich auf die etwas unscheinbare Schiefertafel mit dem Lieblingsgericht der Woche, Rinderrücken über Nacht gegart mit Wedges, Salat und Bärlauchbutter (19,80 Euro), aufmerksam. Nach der wirklich überzeugenden Leistung bei den Burgern würde ich beim nächsten Besuch vielleicht mal eine von Brunos Leibspeisen antesten. Der idyllisch gelegene Außenbereich macht zudem Lust auf einen Besuch bei sommerlichen Temperaturen. In Sachen Fine-Fast-Food ist der Laden ein echter Gewinn für Neustadt.