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Als wir mit diesem letzten Scherz verabschiedet wurden, hatten wir Dominic Theobald, den weit über 2 Zentner schweren und kaum unter 2 Meter großen Wirt der Pfälzer Genussfraktion schon ausführlich kennen- und schätzen gelernt. Ein Gastwirt, wie er im Buche steht. Bedient, empfiehlt, schwätzt mit den Gästen, hat aber schon den halben Tag als gelernter Koch die Speisen vorbereitet, die seine Partnerin dann abends finisht und in einer Drehzahl heraus haut, die bei den zahlreichen Gästen (mehrere Gruppen) an diesem Freitagabend keine Unzufriedenheit aufkommen ließ. Wie auch, denn Domme, im Service von seinem Vater unterstützt, hält heftig schwitzend alle bei Laune. Aber auch fachlich versiert wurde zu den Speisen Auskunft und zu den heimischen Weinen Beratung gegeben. Staunend und nur teilweise der Mundart folgen könnend, lauschte ich jedenfalls seinem Fachgespräch mit dem Grandseigneur der Pfälzer Rebensaftbeurteilung und - vernichtung, Gastrofreund MarcO74. Denn endlich hatten wir den lange geplanten Gegenbesuch in der Südpfalz verwirklicht und freuten uns auf die landestypischen Genüsse. Also dem Plateau de Fruits de Mer.
Gut, zugegeben, dass in der PGF französcher Spezial-Abend sein würde, wussten wir schon vorher. Und als die große Platte von uns vier ratzekahl geleert war, gab es keine Beschwerden hinsichtlich der fehlenden Regionalität. Im Gegenteil, die Stimmung war zusehend fröhlicher geworden, zumal alle von einer Platte aßen, mit allerlei Hilfsmitteln, aber meistens doch mit den (eigenen) Fingern. (Die Ihr hier eintretet, lasst alle Etikette fahren! Und genießt einen ungezwungenen Abend!)
An der angenehmen Atmosphäre sicherlich auch nicht völlig schuldlos die Getränke.
War der Start mit einem Chardonnay-Winzersekt (5€/0,1l) vom ortsansässigen Weingut Ralf Hundemer lediglich "ordentlich", konnte zu den Krustentieren schon der frische, aber harmonische, florale, mit einem Wort "lagenhafte" 2015er Weißburgunder überzeugen, eine trocken ausgebaute Spätlese von Mathias Kleinmann aus der Lage Birkweiler Mandelberg (27€). Pures Glück floss dann aber aus der Flasche 2013er Riesling GG aus der Lage Pechstein von Acham Magin aus Forst (45€). Schon klar, wer sich was gewünscht hatte... Verbeugung, lieber Marco!
Bevor das leckere Meeresgetier mit frischem französischen Baguette
und drei sauguden selbstgemachte Begleitern (Aioli, Cocktailsauce, Himbeeressig-Vinaigrette mit Schalotten) serviert wurde, hielten wir doch noch nach den üblichen Verdächtigen der Pfälzer Karte Ausschau und bekamen zumindest den hauseigenen, recht lockeren und mit reichlich Kräutern gepimpten Quark serviert. Dazu durchaus passend schöne frische Radieschenviertel (6€)
Ländlicher Genuss!
Mit der auf der Tafel offerierten Hummersuppe (5,5€) wollten wir kulinarisch schon auf den maritimen Hauptgang zusteuern. Doch das servierte Cremesüppchen erinnerte weder von der Farbe noch vom Duft an den König der Krustentiere. Auch die Einlage schien ungewöhnlich quadratisch. Die Probierlöffel später war uns klar, dass an die Küche versehentlich die Bestellung einer Käse-Lauch-Suppe weiter gegeben wurde. Nicht schlimm, hatten wir doch mit dem "Gemüsehummer" den running gag des Abends gefunden. Schade allerdings, dass die eilig nachgelieferte Hummersuppe kaum lauwarm und zudem auch nicht übermäßig geschmacksintensiv war. Vermutlich schon auf den Karkassen angesetzt, aber etwas Krebsbutter hätte doch noch geholfen. Das geht besser.
Die Stimmung stieg aber sofort wieder, als die übervolle Platte (aus 2 Portionen) mit den französischen Köstlichkeiten serviert wurde
Zwei (nicht zu) kleine Hummerhälften mit schon ausgelösten Scheren thronten in der Mitte, am Rande lockten sehr gute bretonische Austern aus Prat ar Coum auch die langjährigen Verweigerer (Am Ball bleiben! Der erste Schnaps schmeckt meist auch nicht...).
Von der Küste der Normandie Bouchot-Muscheln, an denen es außer der (fehlenden) Größe nichts auszusetzen gab.
Aus der Garnelenabteilung Langustinos, die mir leider zu weich waren. Dafür überraschten die Eismeercrevetten durch Knackigkeit und angenehmer Süße.
Am meisten Spaß hatten wir mit den Bulot-Meeresschnecken, die sich teilweise doch recht hartnäckig meinen ungelenken Versuchen verweigerten, sie mittels eines Zahnstochers aus den Gehäusen zu drehen. Immerhin passierte uns mit den "schlüpfrigen kleinen Scheißerchen" kein Missgeschick, obwohl wir doch zwei pretty women dabei hatten. Die sehr eigene Konsistenz gekochten Schneckenfleisches dämpfte bei einigen die Begeisterung für diese Spezialität recht deutlich. Ich fand es fein.
Der Hummer war von gutem kanadischen Durchschnitt, geschmacklich wie von der Saftigkeit, kannste nicht meckern. Was zu beweisen war. Denn, als gegen Ende des Abends Vater Theobald mit einer verräterisch dampfenden Stiege in die hinteren Räume verschwinden wollte, lüpfte MarcO mit Stammgastbonus einfach das Küchentuch. Die frisch dem heißen Bade entstiegenen Gesellen leuchteten so freundlich rot, dass mir spontan der Wechsel von einem Dessert zu einem weiteren Hummer nicht schwer fiel.
Für diesen kleinen Nachtisch gelangten ganze 20€ auf die Rechnung, da kannste ECHT nicht meckern.
Für das doppelte Plateau wurden insgesamt 90€ in Rechnung gestellt, ein sehr fairer Preis. Dafür haben wir weit entfernt von den Küsten der Grande Nation Meeres-Spezialitäten ordentlicher Qualität und in angemessener Menge geschmaust. Nicht mehr, aber allemal nicht weniger!
Natürlich wurde für die Pfälzer Genießer und die Fischköppe das eine oder andere zusätzlich auf die Platte geschmuggelt, wie uns der Domme verschwörerisch "verriet". Ein schlauer Wirt halt, durch und durch...
Für die Fans der süßen Fraktion noch eine Sauerrahm-Fruchtzubereitung nach Art eines Trifle (5,5€), eine Nocke cremiges, selbst gemachten Eis (rote Beere? Der gute Pfälzer Rebensaft ging scheinbar auf meine Konzentration...) für ganz kleine 2,5€ und NATÜRLICH mit großer Begeisterung der gute Herxheimer Schokokuss. Der Preis von 50 Cent lässt ebenso wenig Zweifel am PLV, wie die 3,5€ pro Flasche Wasser.
Zum rustikalen, aber modern aufgeräumten Interieur hat die spitze Zunge der Pfalz schon das Nötige geschrieben. Die Wandlampen und die Teelichter verbreiteten sehr warmes, fast goldenes Licht - pures Gift für die Fotos... Am oberen Ende der geschwungenen Holztreppe Raum für geschlossene Gesellschaften, halb Diele, halb Galerie. Das wäre mir zwar etwas zu offen, aber in der Gruppe ist das ja nicht so entscheidend. Eine Überraschung die Toiletten. Gar nicht im Stil des Landgasthofes, sondern viel edler dunkler Stein und hochwertige Armaturen. Schau an!
Ein denkwürdiger, wunderbar harmonischer Abend neigte sich dem Ende zu!
Wir bedauerten nur, dass wir die auf der üblichen Karte angebotene Elwetritsche nicht probieren konnten. Hier verbirgt sich dahinter eine mit Steinpilzen gefüllte Wachtel. Aber eigentlich (wer wüsste das nicht, nach eingehender Belehrung) ist das ja ein sehr autochthones Pfälzer Tierchen, ganz eng mit dem bairischen Wolpertinger verwandt, das sich besonders nach ausführlichen Weinproben zeigt. Schade, schade.
Und gebackenen Uhu gibt's auch erst wieder am 1. April...