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Östlich der Oder beginnt im übertragenen Sinne in Bremen gastronomisches Niemandsland. Trotz großer Gemeinden russischstämmiger Einwohner oder von Polen oder Balten, spiegelt sich das in keiner Gastro mit deren Heimatküche wider. Meine polnische Friseurin sagte mal, als ich das ihr gegenüber feststellte, sie ginge lieber zum Italiener als gedachtem „Polen“.
Im Herbst 2022 hat das ukrainische Restaurant Dnipro im Fedelhören eröffnet, einer innenstadtnahen Straße mit gutem Ruf für ihre Einzelhandelsgeschäfte und Gastronomie. In den Räumlichkeiten befanden sich vormals ein guter Italiener mit toskanischer Küche (Da Piero) und das Schwarze Schaf. Das Echo nach der Eröffnung in den Medien war freundlich und positiv und ein befreundetes Anwaltspaar legt mir das ihnen sehr sympathische Dnipro nahe, verbunden mit der eindringlichen Bitte, doch mit Wohlwollen zu bewerten. Das kann ich bei objektiver Sicht auf das Erlebte nur begrenzt erfüllen.
Mutig ist es, was die Wirtin Tanja Zueva mit ihren Mitstreitern unternehmerisch angegangen ist, denn die in einem Fernsehbeitrag des Regionalfernsehens vorgestellten Mitarbeiter, sie eingeschlossen, kommen nicht aus der Gastronomie. Ich sehe durchaus auch Potential, denn die Karte bietet eine abwechslungsreiche Auswahl an Gerichten mit Alleinstellungsstatus in Bremen. Die Zubereitung der Speisen hat aber deutlich Luft nach oben.
Das Dnipro bietet eine Homepage mit Speisekarte an (https://dnipro-restaurant.de/), die leider nicht die aktuellen Restaurantpreise wiedergibt; diese liegen zwischen ein und vier Euro höher, bei Wareniki darunter.
Am besuchten Samstagabend war das Restaurant nicht komplett ausgebucht. An einer langen Tafel eine gemischte deutsch-ukrainische Gruppe, ansonsten wohl deutsches Paarpublikum.
Mit einer Empfehlung tue ich mich angesichts des Aufgetischten schwer, das muss jeder nach der Lektüre für sich selbst entscheiden. Das Preis-Leistungsverhältnis ist im Zusammenspiel von Wareneinsatz, Portionsgrößen und Preisen mit 3,5 Sternen ausreichend dotiert.
Service
Als wir eine Viertelstunde vor 18 Uhr eintrafen, gönnte sich Frau Zueva noch eine Speise und eine junge Frau in schwarz begrüßte uns und nahm uns höflich unsere Garderobe ab und brachte die Karten. Etwas lange dauerte es, bis sie uns nach einem ersten Getränkewunsch fragte. Als unsere Begleiter erschienen, war bereits viel Betrieb und Gästegarderobe entgegennehmen nicht mehr im Serviceangebot. Zunehmend wurden wir dann von einem sehr jungen Mann („Jüngling“ wäre treffend) bedient. Auch er wie die Schwarzhaarige hörbar bemüht, sein schon akzeptables Deutsch anzuwenden. Insgesamt machte er auf uns einen sehr engagierten Eindruck. Die Getränkeorders wurden im weiteren Verlauf bis auf ein vergessenes Getränk solide erfüllt. Die Speisenfolge von Küchengruß über Vorspeisen bis zu den Hauptgerichten war passend. Leider wurde eine Hauptspeise wohl vergessen und erst nach Erinnerung kam sie weit verspätet auf den Tisch. Als Wiedergutmachung wurde dann mit bravem Ausdruck des Bedauerns eine Nachspeise für den Darbenden spendiert.
Für den Service 3,5 Sterne, davon ein halber für den sympathischen Auftritt des Jünglings.
Die Getränkekarte des Dnipro ist sehr begrenzt. Keine Aperitifs, so dass man für die hardcore Aperol-Spritz-Fraktion ausfällt. Als ukrainische Getränkespezialität steht ein hausgemachtes Beerengetränk, Kompot, auf der Karte. Biere werden aus der Flasche eingeschenkt. Für eine Flasche Wasser 0,75l werden 6,00 Euro fällig, die vier offenen Weine im seltsamen Schankmaß von 0,125l werden mit drei bis 5 Euro berechnet. Die Drittelliterflasche Bier beginnt bei 3,00 Euro für das Bremer Konzernbier über 3,50 Euro für Staropramen bis 4,50 Euro für das Kräusen der Craftbierbrauer der Bremer Union. Günstig ist Wodka mit 3,00 Euro für 4 cl, darunter auch der ukrainische Khortytsa.
Ausgegeben wird im Dnipro nichts.
Essen
Als Amuse-Gueule gab es vier Brötchen, ein Schälchen mit Kräuterschmalz und ein Schälchen mit einem Gemüsedipp, das mich von der Textur her an grobes Auberginenpüree beim Griechen erinnerte, aber leider langweiliger gewürzt daherkam. Die Brötchen wie Briochebrötchen weich und leicht süß, was nicht gut gefiel (gelobt seien frisch gebackene Pizzabrötchen!).
Dann sollte es für die Mädels am Tisch das Rote-Bete-Carpaccio mit Hüttenkäse sein (10,00 Euro). Der Käse war ein Salzlakenkäse und vielleicht soll es auch „Hirtenkäse“ heißen. Die Bete leicht säuerlich mariniert und insgesamt hat es den beiden geschmeckt.
Ich hatte mich auf Borschtsch kapriziert. Angesichts des Preises von 15,00 Euro war ich davon ausgegangen, dass es sich um ein Hauptgericht handeln müsse und sagte bei der Bestellung, dass mir eine Vorspeisenportion reichen würde. Aber da 15,00 Euro auf dem Bon stehen, gehe ich davon aus, dass ich die Normalportion in einer hohen Tonschale mit Deckel serviert bekam. Die Suppe war heiß und schmeckte wie eine tomatisierte Gulaschsuppe. Die Einlage bestand aus Kartoffel- und Rindfleischstücken. Ich hatte einen durch Rote Bete und Kohl dominierten Geschmack erwartet und war dementsprechend enttäuscht. Dazu gab es einen Teller mit zwei Brötchen, drei Speckrollen und Schmand mit hohem Fettgehalt. Leider wenig ukrainisch von der Zubereitung her und mit 15,00 Euro überpreist.
Neben mir wagte sich unser Mitesser an die gemischte Fleischplatte für 17,00 Euro. Sie entpuppte sich als mächtige Brotzeit mit Speckröllchen, gegrilltem Bauch, Salami, Krakauer, Blutwurst und kaltem Braten. Dazu Salzgurkenscheiben und zwei Dips (der rote ähnlich Sambal Olek). Ich durfte die rabenschwarze Blutwurst probieren, mit etwas mehr Pfeffer wäre sie sehr gut. Was links von mir nicht mit Appetit mehr reinwollte, wurde auf Wunsch zur Mitnahme eingepackt.
Eine ukrainische Spezialität sind gefüllte Teigtaschen, die in vielen Küchen zuhause sind. Hier heißen sie Wareniki und wurden einmal mit Kohlfüllung (10,00 Euro, Internet: 11,00 Euro) und einmal mit Hackfleischfüllung (11,00 Euro, Internet: 14,00 Euro) von der Frauenseite des Tisches bestellt. Dazu gibt es vier Beilagen: Zwiebeln, Speck, Schmand und Barbecuesauce. Die jeweils fünf Wareniki wurden in Tonschalen serviert. Leider, bemerkte meine ständige Begleiterin, ohne Brühe. Also eine eher trockene Angelegenheit, die aber geschmacklich für in Ordnung befunden wurde. Mein Bissen der Hackfleischvariante war langweilig; Hackfleisch kann man gschmackiger würzen (in der Schwiegerelternfamilie werden die Kolduny-Teigtaschen mit Schweinehack, Zwiebeln und Majoran gewürzt).
An Würzung fehlte es auch meiner Fleischroulade vom Durocschwein mit Kartoffeln und Kapustasalat (22,00 Euro). Wie auch die Wareniki kam das Gericht nur noch warm auf den Tisch. Die Roulade war aufgeschnitten. Das Schweinefleisch kaum gewürzt und trocken. Das wurde etwas aufgewogen durch die Füllung mit kleinen Würfeln fetten Specks. Die Kartoffelbeilage würfelig mit Dill gewürzt. Von den drei kleinen Salatbeilagen konnte nur das gut gewürzte Rotkraut überzeugen. Der Kapustasalat aus Spitzkohl war kaum angemacht.
Mein Mitesser links musste ja erst einmal zugucken und bekam nach energischer Mahnung sein Roastbeef mit Grillgemüse (24,00 Euro). Als der Teller mit den drei stattlichen Tranchen vor ihm stand, war für mich klar: nicht heiß und trocken, was mir dann auch bestätigt wurde. Das war des Fleisches unwürdig, was die Küche meinem Nachbarn zugemutet hat.
Wenn ich die Küchenleistung insgesamt resümiere, steht kein Highlight auf der Habenseite, sondern solides Mittelmaß und zwei Fleischgerichte, von denen ich abraten muss. Mit drei Sternen kommt das Dnipro kulinarisch gut weg.
Ambiente
Vor acht Jahren hatten wir das Schwarze Schaf in denselben Räumlichkeiten besucht und ich schrieb zum Ambiente auszugsweise:
„In dem kleinen Souterrain-Restaurant dominieren helle Farben und die indirekte Beleuchtung der dekofreien Wände taucht den Raum in ein weiches, gealterten Gesichtern schmeichelndes Licht. Das Mobiliar, der Fliesenboden und die doppelte weiße Tischwäsche wirken gediegen…
Längs der Wand (siehe Foto) sitzt man recht eng beieinander. Wer zu zweit Intimes zu besprechen hat, sollte den separat stehenden Tisch 20 wählen. Auf den Tischen ist gerade noch ausreichend Platz. Die Fluchtwege hingegen gestatten auch Begegnungsverkehr. Im Sommer kann man auf der Terrasse Platz nehmen, die auch über einen rückwärtigen Eingang verfügt. Frühe Gäste können sogar einen der vielleicht fünf Parkplatz vor der Terrasse ergattern…
Eine ausreichende Garderobe lässt die Unsitte bemantelter Stühle erfreulich nicht aufkommen.
Die kleine Herrentoilette zeigt, dass die Keramikhersteller auch en miniature können.“
Geändert hat sich, dass keine Musike zu hören ist und an der Längswand ein Mosaik aus Nadelfilzquadraten angebracht ist. Auf den Tischen gediegen Stoffservietten mit dem Besteck und frische Tulpen. Für Pfeffer- und Salzmühlen hat es nicht gereicht, dafür Streuer. Eine Pfeffermühle wurde auf Verlangen gebracht.
Sauberkeit
Nichts auszusetzen.