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Es hat sich so ergeben, dass einige Italiener auf der Post-Lockdown-Liste stehen. Nach dem Il Gattopardo und dem La Calma war nun Antonios La Villa an der Reihe. Auch hier gab eine positive Kritik im Weser-Kurier, die allerdings schon im Februar 2018 erschienen war, den Ausschlag, denn dort konnte man von Kaninchen lesen und den Wirt Antonio Scialdone mit einem beeindruckenden Oktopus abgelichtet sehen. Oktopus und Kanin als persönliche Favoriten locken mich sehr. Auch wie im Il Gattopardo und im La Calma, ist das La Villa sehr auf den Patron zugeschnitten, auch wenn wir ihn nicht zu Gesicht bekamen.
Ich hatte, auch angesichts des Preisniveaus, ein entsprechend gediegen-bürgerliches Publikum erwartet. In dem kleinen linken Raum, in dem wir unseren Tisch bekamen, waren (nur) zwei weitere Tische bis gegen 20 Uhr besetzt. Ausgiebiges Schlemmen war da nicht angesagt und die holländische Fünfergruppe hätte ich vom Outfit her im La Villa nicht erwartet. Aber vielleicht kehrt das Bürgertum erst um 20 Uhr bei Antonio ein.
Die Reservierung per Mail klappte gut. Die Homepage (www.antonios-lavilla-bremen.de) zeigt die Speisekarte und die Standardweinkarte. Die Preise sind partiell nicht aktuell und im Restaurant bei Abweichung einen Euro höher.
Wir haben gut gespeist und wurden gut umsorgt. Wenn Wirt Antonio wieder Kaninchen auf die Karte nimmt, wäre das ein Anlass für einen Folgebesuch. Allein für Standards sind unsere Stammitaliener im Bremer Norden und um zu nicht schlechter.
Ansonsten würde ich das La Villa in einer Spielklasse mit dem Due Fratelli einordnen wollen. Das gilt leider auch für das Preis-Leistungsverhältnis. Die Brüder hatte ich mit knappen drei Sternen bedacht. Das La Villa bedenke ich mit 3,5 Sternen, sind doch die Getränke etwas moderater bepreist.
Service
Erlebt haben wir zwei männliche Kellner im einheitlichen schwarzen Ornat einschließlich Kellnerschürze. In unserem Gewölbeteil war es ein älterer Italiener, der den Ton angab, im wahrsten Sinne des Wortes. Kommunikation mit den Gästen macht ihm Spaß. Mal ein Sprüchchen, mal etwas Gesang; insgesamt gute Laune ausstrahlend. Natürlich ein „Signora“ und ich war zu Beginn gar der „Professore“, wurde dann aber im weiteren Verlauf zum „Dottore“ degradiert. Die Pflicht ohne Tadel, das Timing für Getränke und Speisen angenehm. Das ist mir vier Sterne wert.
Zu den Getränkepreisen: Das Wasser SP 0,75 l kommt auf glatte 6 €. Prosecco 0,1 l gut gekühlt ebenso. Das schlichte Heineken (Unionbiere wie noch auf der Internetkarte sind ausgemustert) 0,3 l ist mit unverschämten 3,80 € bepreist.
Punkten kann das La Villa mit 20 offenen italienischen Gewächsen. Die beiden nicht klassifizierten mit 6,50 € für 0,2l, ansonsten fast ausnahmslos 8,50 € für 0,2 l. Wir gönnten uns eine Flasche Rosato Terre Siciliane IGT für 25,50 €. Ordentlich und im Kühler serviert, so dass ich mit der Temperatur einverstanden war. Es ist so ein Wein, der im Einzelhandel zwischen 6 und 7 € zu verorten ist, so dass der Aufschlagfaktor im üblichen Rahmen liegt.
Ausgegeben wird im La Villa nichts, genauso wie im Due Fratelli – weiße Tischwäsche erzeugt wohl Geiz.
Essen
Die Speisekarte ist überschaubar, bietet aber eine gute Auswahl an Vorspeisen, Suppen, Pasta, Fleisch, Fisch und Nachspeisen. Auf der Startseite im Internet einmal runterscrollen, denn erscheinen noch Spezialitäten, immerhin 11 weitere Speisen und annonciert wurden an unserem Abend zudem Thunfischsteak, Spaghetti Vongole und Entenbrust in Balsamico. Leider kein Kaninchen.
Auf dem Tisch bereits in einer flachen Schale drei Dips: Kräuterbutter, Mascarpone mit Paprika und so etwas wie Tsatsiki auf italienisch. Das Brot lag auch schon in einer Papiertüte bereit. Überraschend gut die darin befindlichen Ciabattascheiben mit richtig knuspriger Kruste und Scheiben eines dunklen Stangenbrotes mit Nüssen und Rosinen. Ein netter Beginn. Zu den Vorspeisen bekamen wir dann auf Wünsch eine weitere Tüte.
Oktopus gab es zumindest als Carpaccio (15 €). Für die Herstellung hat die Küche eine Tentakelsülzwurst gemacht und diese im gefrorenen Zustand in dünne Scheiben geschnitten. Meiner ständigen Begleiterin sagte das nicht zu, ich fand es mit etwas Zitrone und schwarzer Pfeffermühle sehr gelungen. Auf ihrem Antipastiteller (16 €) nicht nur Gemüsiges, sondern auch saure Sardellen, eine Kostprobe vom Vitello Tonnato, ein Stück gebratenes Hähnchen. Besonders gelobt wurde die kleine Mozzarellakugel auf einem Spieß mit Tomate, war sie doch im Anschnitt so, wie Büffelmozzarello sein soll, also cremig, leicht fließend. Meine Naschereien von dem Teller ergaben auch nur Positives und die Tonnosoße war eine Empfehlung für das Vitello Tonnato. Trotz der guten Qualität und Vielfalt auf dem Tellerchen sind 16 € ein stolzer Preis.
Dann „Pasta `Alfredo` im Parmesanrad“ (14 €). Erst dachten wir, dass „Rad“ für den Parmesanleib stehen würde, in dem im Due Fratelli und La Calma die Pasta vor dem Servieren ordentlichen Parmesanwumms bekommt. Aber hier ist wohl eher „Rand“ gemeint. Egal, statt Spaghetti ordentlich lange Bandnudeln auf einem Butterspiegel mit viel geriebenem Parmesan, schmackhaft und gut sättigend.
Mir stand der Sinn nach den Kalbsmedaillons mit Gorgonzolasoße (23,50 €). Ein echter Volltreffer! Zwei längliche Tranchen vom Kalb, gut bis medium plus gebraten mit einer kräftigen Gorgonzolasoße. Die dreierlei Beilagen solide (kleine Kartoffeln, Gemüse stückig und Weißkohl geschmort).
Im Vergleich mit Due Fratelli (4,4 Sterne) ist die kulinarische Leistung des La Villa auf vergleichbarem Niveau; graduell haben die Brüder bei mir einen kleinen Vorsprung wegen der außergewöhnlich zubereiteten Bolognese.
Ambiente
Das La Villa residiert im Souterrain der denkmalgeschützten Villa Ichon, etwas versteckt hinter dem Bremer Haupttheater am Goetheplatz gelegen. Nach einem schlauchartigen Flur geht es links und rechts in die Sitzbereiche. Wir waren im kleineren linken Kreuzgewölbe untergebracht, in dem sechs Tische recht eng gestellt sind. Unser Zweiertisch bot noch halbwegs Raum für Geschirr, Gläser und Menagen. Die Holländer mussten sich zu fünft mit einem Vierertisch begnügen, aber bei den Nachbarn geht es ja eh enger zu.
Der vorwiegende Farbeindruck ist weiß, bestimmt durch die Wände und Gewölbedecke und die Tischwäsche. Der Fliesenboden wohl historisch mit abgelaufenem floralem Muster. Den dunklen Kontrast bilden die klassischen dunklen Holzstühle. Wenig Deko (gerahmte Fotos, Weinregal, Spiegel) beeinträchtigen das historische Gewölbeambiente.
Unser Raum war fensterlos, aber durch indirektes Licht der Wandleuchten und einer eigenwilligen Deckenleuchte, zusammengebastelt aus mehreren Tischschirmleuchten, war es ausreichend illuminiert. Im Hintergrund lief sehr leise italienische Musik von Opernarie bis Schlager. Für den Austausch verbaler Intimitäten ist zumindest dieser Bereich des Restaurants nicht geeignet, denn der Nachbartisch hört mit. In einer weiteren Kritik im Weser-Kurier (Mai 2019) ist gar von gekachelten Räumen zu lesen, in denen die Nachbarkommunikation sehr lästigfallen kann.
Gut, dass es im Flur zwei klassische Standgarderoben gibt, die der Unsitte vorbeugen sollten, seine Winterjacke auf den Stuhl zu hängen, wie es leider die Holländer wie selbstverständlich taten.
Sauberkeit
Sehr gepflegt. Die Toiletten waren sauber, mittelmodern und vom Keramikangebot her ausreichend.