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Ende September 2018 hatte ich das Aioli sehr positiv besprochen gehabt. Zwischenzeitlich hat der Wirt gewechselt. Seit gut zwei Jahren ist der neue Wirt Sutharshan Kandakoddathannal für das Aioli verantwortlich und der Küche steht Martin Dubke vor. Das wurde in unserem Weser-Kurier im Rahmen einer sehr wohlmeinenden Kritik berichtet. Auch das Anzeigenblatt Weser-Report zog Ende Oktober mit Lob nach. Grund genug, mit einem befreundeten Paar das Aioli an einem Samstagabend aufzusuchen.
Wie der Name andeutet, ist der Wirt kein Iberer, sondern dürfte aus Südasien stammen, hat aber viel Restauranterfahrung mitgebracht, so auch aus dem La Ni?a in Bremen-Schwachhausen (von mir hier besprochen) und dem El Toro in Delmenhorst. Die meisten Servicekräfte stammen auch aus der Weltregion des Chefs.
Das Restaurant in einem historischen Gebäude erstreckt sich über zwei Etagen und über einen Durchbruch zum ehemaligen Ausspann ist es erweitert worden und soll 150 Sitzplätze aufweisen. Vielleicht sind es auch die schiere Größe und lange Laufwege (die Küche liegt im Obergeschoss), die den Service überfordern, denn dieser war der Schlechteste, den wir seit Jahren erlebt haben.
Ausgebucht war das Aioli und erwartbar viele Frauen, die ja eher auf Kleinigkeiten wie Tapas oder Meze stehen, waren an den Tischen zu beobachten. 2018 schrieb ich: „Der Dresscode eher „Lehrer“ denn stylish.“ Das hat sich erhalten.
2018 hatte ich für das vorherige Aioli eine klare Empfehlung ausgesprochen. Jetzt tu ich mich etwas schwer. Unser Essen, das Preis-Leistungsverhältnis, dass ich bei drei Sternen sehe und der Service verbieten eigentlich eine wiederholt klare Empfehlung. Aber die Karte jenseits der Tapas klingt sehr anregend, so dass ich eine erneute Einkehr für uns nicht ausschließen möchte.
Die Homepage http://www.aioli-bremen.de/ zeigt die Karte einschließlich der Getränke, ausgenommen die Weinauswahl, für die es im Restaurant eine Extrakarte gibt.
Service:
Wie bereits bemerkt, herrscht im Service kein südländisches Temperament vor, sondern asiatische Zurückhaltung bis hin zur Nichtbeachtung. Nach dem wir platziert worden waren im Hauptraum, musste ich nach gut einer Viertelstunde einen der Kellner herbeiwinken, um unsere erste Getränkeorder aufgeben zu können. Auch danach gab es keine Aufmerksamkeit oder gar ein Kümmern um unseren Tisch. Unbeholfenheit trat hinzu: Eine neue Flasche Bier wurde für mich gebracht und zugleich das Glas abgeräumt, das geschah zweimal. Lange standen die vielen Tapasschüsseln, offensichtlich geleert, auf unserem Tisch. Nach einem ersten Aufnehmen des Geschirrs blieb das Abräumen dann wieder stecken. Es scheint auch eine Hierarchie im Service zu geben, sodass das Abräumen wohl nur von den rangniederen Kräften erledigt werden muss.
Die Ansprache bis auf die obligate Frage, ob es geschmeckt habe, war auf das Notwendige beschränkt. Da hilft für den gewonnenen Eindruck nicht, dass die Servicekräfte adrett gekleidet sind in Aioli-Oberteilen oder im weißen Hemd mit schwarzer Krawatte förmlich daherkommen.
Wir haben uns zu viert gerne an das Don Carlos oder das Justus zurückerinnert, wo uns jeweils eine dem Tisch zugeordnete Servicekraft sehr gut betreut hatte.
Mehr als 2,5 Sterne mag ich für das Erlebte nicht herauszurücken!
Zu den Getränkepreisen: Für die touristische Spitzenlage halten sie sich eingedenk der allgemein zu beobachtenden Preisanhebungen der jüngeren Vergangenheit in der Gastronomie noch im Rahmen: Fassbiere 0,3 l liegen bei 3,70 €, die Flasche Wasser 0,75 l kommt auf 6,50 € und die offenen Weine liegen für 0,2 l nach meiner Erinnerung bei 6,50 € aufwärts. Die Weinkarte sehr umfangreich und hinaufreichend bis in den dreistelligen Bereich für Flaschenweine.
Essen:
Wir hatten uns nach dem guten Tapas-Essen im Don Carlos auch für das Aioli darauf kapriziert. Es werden über 40 kalte und warme Tapas angeboten. Ab mindestens zwei Personen kann man sich aus einer Auswahl von 24 Tapas jeweils 9 Schalen auswählen, die dann mit 47,80 € für zwei Personen auf der Rechnung stehen. Dazu gibt es noch Brot, Aioli, Mojo rojo und verde. Bei einem Durchschnittspreis der Tapas von knapp 8 € bei Einzelorder schien mir das ein Schnäppchen zu sein. Also wählten wir unsere 18 Schalen mit zwölf verschiedenen Tapas. Das mit dem Schnäppchen relativierte sich aber schnell, denn mein aufmerksamer Mitesser mit dem besseren Blick auf die anderen Tische machte mich darauf aufmerksam, dass unsere Schalen nur Schälchen waren gegenüber den ansonsten zu sehenden Normalgrößen. Auch Aioli und Rojo wurden in Miniaturen mit vielleicht einem Esslöffel Inhalt serviert. Nachgebracht wurde nach zweimaliger Aufforderung das warme, sehr gute Ciabatta mit knuspriger Kruste.
Zu den Tapas: Allgemein gelobt wurde die Thunfischcrème. Mir gefielen noch gut die Pimientos de pardrón und die Chorizo Rosario en vin bianco. Die übrigen Tapas ohne Ausschläge nach oben oder unten.
Die namensstiftende Knoblauchmayonnaise, die 2018 im alten Aioli Begeisterung bei uns auslöste, nur noch Durchschnitt
.
Für unser Tapas-Essen gebe ich 3,5 Sterne.
Bei einer wiederholten Einkehr würde ich Fischsuppe und Kaninchen wählen, dass sogar in mehreren Zubereitungen die Karte ziert.
Ambiente:
Auch wenn im Weser-Kurier zu lesen ist, dass nach der Übernahme renoviert wurde, trifft meine Beschreibung aus 2018 weitgehend noch zu:
„Das Restaurant ist in einem der historischen Häuser des Schnoorviertels am Ende der Hauptgasse Schnoor (= niederdeutsch Schnur) untergebracht. Diese Häuser stehen unter Denkmalschutz, so dass ein Einrichten für einen gastronomischen Betrieb schon eine Herausforderung ist. Dem Aioli kommt zugute, dass der Gastraum im Erdgeschoss eine ungewöhnlich großzügige Raumhöhe aufweist und sich fast bis zum Ende des Hauses zieht. So entsteht eine von außen ungeahnte Großzügigkeit. Im engen Eingangsbereich ein paar Hochtische und danach weitet sich der Raum und ist mit klassischen, quadratischen Tischen versehen. Auf unserem Zweiertisch fanden wir ausreichend Fläche, auch mit allen Tapasschalen zu hantieren. Die Abstände zwischen den Tischen gehen noch.
…
Der hohe Gastraum wird optisch dominiert durch die schwarzen Decken- und Stützbalken. Die Decke und die Wände sind zurückhaltend in einem Beigeton gehalten. Zwei großflächige, farbenfrohe Gemälde an der rechten Wand bilden einen Hingucker. Einen anderen die Mehrliterflaschen, die über den schalenförmigen Wandleuchten angebracht sind und deren Licht verteilen. Der Tischunterbau und die Stühle greifen das schwarz der Balken auf. Auf dem Boden große helle Fliesen.“
Wir saßen an der rückwärtigen Wand, die mit maurischen Fliesen in voller Höhe verziert ist.
Die Musikbeschallung folgte keinem eindeutigen Genre, störte aber nicht.
Sauberkeit:
Alles gepflegt.
Die Herrentoilette frisch und ausreichend dimensioniert, was in einem Schnoorhaus keine Selbstverständlichkeit sein muss.