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Gut, dass zu dieser Zeit das zweiwöchige Betriebspraktikum in der Jahrgangsstufe 9 stattfand und ich als betreuender Klassenlehrer dem schulischen Alltagstrott auch mal für ein paar Tage entfliehen konnte – „Endlich, ganz normale Leute!!“ –, um einige meiner in Karlsruhe verstreuten Schülerinnen und Schüler an ihren neuen Wirkungsstätten aufzusuchen bzw. zu erleben.
Es geschah an einem Freitag, an dem ich mein Tagesticket für den ÖPNV so richtig ausnutzte und mit der Straßenbahn (bzw. zu Fuß) die nahegelegene Fächerstadt unsicher machte. Mein Programm war straff, beinhaltete jedoch ein kleines Zeitfenster für ein Mittagessen. Nach dem Termin bei einem stadtbekannten Autohaus in der Gottesauer Straße, scannte ich die kulinarische Lage in der näheren Umgebung.
Gegen ein süffiges Helles im Vogelbräu sprachen meine Besuchstermine am Nachmittag, die ich selbstverständlich nicht in Bierlaune erledigen wollte. Auf Döner, Pizza & Co. hatte ich auch keine große Lust. „Die Zwiebel“, eine gemütliche Gastrokneipe um die Ecke, öffnete erst gegen Abend und das ebenfalls nicht weit entfernte Thai-Restaurant „Chiang Mai“ zog im direkten Google-Vergleich mit dem direkt an der Ecke Gottesauer-/Ostendstraße ansässigen Viet Aroma um drei Zehntel den Kürzeren.
Von außen eher unscheinbar...
Warum nicht mal wieder zum Vietnamesen? So mein Gedanke als ich die paar Stufen zur Eingangstür nahm und mich sogleich in dem rustikal eingerichteten Gastraum des Lokals befand. Es war angenehm ruhig in dem stimmig beleuchteten Eckrestaurant. Genau das richtige Ambiente, um für eine knappe Stunde bei erwartbarer Asiakost ein wenig zu entspannen.
Eine junge Dame asiatischer Herkunft nahm mich freundlich in Empfang und hieß mich auf einer der unbequemen Holzbänke Platz zu nehmen. Auf Sitzkomfort schien man hier keinen besonderen Wert zu legen.
Viel Holz, wenig Sitzkomfort
Nun denn, ich hatte ja auch nicht vor, allzu lange zu verweilen. Dennoch hatte ich genügend Zeit, um mir die Szenerie dieses mit moderner vietnamesischer Küche werbenden Restaurants etwas genauer anzuschauen.
Erster Blickfang war die von Lampions erleuchtete Theke zu meiner Linken. Darauf befanden sich flaschenweise Alkoholika, die für die in der Getränkekarte gelisteten Longdrinks gebraucht wurden.
Blick zur alkoholbeladenen Theke
Das vielfältige Angebot an Hochprozentigem überraschte mich schon. Die von dunkel gestrichenen, groben Holzbalken durchzogene Decke kontrastierte farblich mit den beigefarbenen Wänden.
Das kantige Holzmobiliar passte zum nüchternen Ambiente des Gastraumes, dessen Schlichtheit anscheinend zum Konzept gehörte. Dankenswerter Weise wurde auf überflüssige Deko und Folklore weitgehend verzichtet und dennoch holte mich dieses karge Setting nicht so recht ab. Da ist mir eine bequeme Sitzgelegenheit dann doch lieber als die gelebte, vietnamesische Gastrofunktionalität.
Das zeitnah überbrachte Speisen- und Getränkeangebot steckte auf einem Klemmbrett. Drei Mittagsgerichte wurden zusätzlich zum banalen Pho-Bun-Bowl-Programm – kennste einen, kennste alle! – offeriert. Das mitgelieferte Körbchen mit den staubtrockenen Krabbenchips blieb wie immer unangetastet. Die dünnen, südostasiatischen Styropor-Cracker waren noch nie mein Ding.
Styropor-Chips zum Klemmbrett
Ich war in regelrechter Vorspeisenlaune und orderte mit den Gyoza-Teigtaschen (5,50 Euro) und den hausgemachten Nem-Frühlingsrollen (5,50 Euro) gleich zwei Vorabgerichte aus der Fritteuse. Diesen sollte das Chicken Curry (11,90 Euro) von der Mittagskarte folgen. Ein frisch aufgegossener Ingwer-Tee (3,80 Euro) mit Limette, Kumquat, Minze und Zimt wurde dem Ganzen wärmend vorausgeschickt. Vor dem fettigen Fingerfood konnte ein flüssiger Gesundstart nicht schaden.
Die fünf frittierten, mit Hühnerfleisch und Gemüse gefüllten Gyoza wurden zeitgleich mit den drei Nem serviert.
Zwei Vorspeisen aus dem Fettbad
Bei Letzteren hatte ich mich für die mit Schweinefleisch zubereitete Variante entschieden. Beide Starter wurden mit der gleichen süß-sauren Dipsauce geliefert. Und auch wurden sie beide mit dem „Teriyaki-Segen“ aus der Quetschflasche bedacht.
Knusprige Nem mit Teriyaki-Verzierung
Im Inneren der kross frittierten Reispapierrollen tummelten sich neben dem kleingehäckselten Fleischanteil noch Glasnudeln, Morcheln, Mu-Err-Pilze und Karotten.
Die Nem im Detail
Die knusprigen Nem bescherten mir einen durchaus schmackhaften Einstieg ins Mittagessen. Ihr Fettgehalt verstärkte diesen Eindruck nicht unerheblich. Die dazu gereichte, süße Chilisauce hätte ruhig noch etwas schärfer ausfallen dürfen. Diese begegnete meinem Gaumen mit zu viel asiatischer Zurückhaltung.
Es ist mir nach wie vor ein Rätsel, wie man frittierte Teigtaschen ohne Verbrennungen am Gaumen verputzt bekommt. Vielleicht sollte ich sie beim nächsten Mal vor dem Verzehr mit dem Messer halbieren und auskühlen lassen.
Ach diese Dumplings....
Die heiße Gyoza-Füllung sorgte nämlich einmal mehr für bleibenden Eindruck im Mundraum. Dennoch gehören diese kleinen Asia-Mauldäschle sowohl im gedämpften als auch im frittierten Zustand zu meinen absoluten Favoriten in Sachen Stäbchenkost.
Frittierte Gyoza mit Huhn-Gemüse-Füllung
Gut vorgesättigt ging es dann ans „Eingewokte“. Das in der Mittagskarte als mariniert ausgewiesene Hühnerfleisch entpuppte sich als vortranchiertes „Panierstück“.
Chicken Curry von der Mittagskarte
Nach den beiden Grüßen aus der Fritteuse tat ich mir mit dem ebenfalls in Fett gebratenen Huhn etwas schwer. Das war mir dann doch des Knusprigen zu viel an diesem Freitagmittag. Die Kokos-Curry-Sauce war gut abgeschmeckt, hätte aber durchaus etwas mehr „Wumms“ vertragen.
Warum man bei süffigen Currygerichten den Salat mit auf den Teller geben muss, wird wohl das Geheimnis der Südostasiaten bleiben.
Salat in Currysauce...muss das sein?
Ich mag dieses „Gemansche“ nicht. Die angemachten Salatblätter und die stückig geschnittenen Tomaten vertrugen sich nicht wirklich mit der heißen Currysauce. Das darin badende Gemüse (Zucchini, Karotte, Brokkoli und Co.) ging soweit in Ordnung. Nur etwas knackiger hätte der vegetabile Anteil meines Chicken Currys ausfallen dürfen.
Unter einem Chicken Curry stelle ich mir eigentlich etwas anderes vor....
Aber da war ja noch das obligatorische Stroh vom Daikon-Rettich, der ein wenig Frische auf den Teller brachte. Was die großzügig über mein Hühnerschnitzel gequetschte Teriyaki-Sauce sollte, entzog sich dann wiederum meiner kulinarischen Kenntnis. Einen geschmacklichen Mehrwert stellte die süße Pampe jedenfalls nicht dar. Der zu einem Kegel geformte, gar nicht mal so pappige Duftreis stellte sich ohne nennenswerte Gaumeninformation in den Dienst der Sättigung, die infolge meiner reichen Vorspeisung dann auch ziemlich schnell erreicht war.
Gut gesättigt und halbzufrieden verließ ich den currykochenden Teigtaschen-Vietnamesen und nutzte die Länge der Durlacher Allee zum Verdauungsspaziergang. Wer sich an den üblichen Verdächtigen panasiatischer Vietnamkost erfreut und Soßen aus der Quetschflasche nicht scheut, kann hier bedenkenlos einkehren. Nur sollte man sich bei länger geplanter Verweildauer ein Sitzkissen von daheim mitbringen, um seinen Allerwertesten zu schonen.
Dass ich mich ein paar Stunden später zusammen mit einem Kollegen in der Karlsruher Südstadt an scharfer Thaiküche erfreuen durfte, ging als panasiatische Gerechtigkeit vor dem Kinobesuch durch. Und auch von diesen verschärften Bedingungen in Sachen Asiakost werde ich selbstverständlich berichten.