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Großrosseln ist ein kleiner Ort sehr nahe an der Grenze zu unseren französischen Nachbarn. Nachdem vor Jahren der Bergbau im Saarland zu Grabe getragen wurde (noch nicht verrentungsfähige saarländische Bergleute wurden damals auf die letzten in NRW noch tätigen Zechen in Kamp-Lintfort und Ibbenbüren verteilt) genau wie der in Lothringen, hatten die Bergbausiedlungs-Gemeinden hüben wie drüben schwer zu kämpfen: Schließungen von Geschäften, Kindergärten und Schulen sowie fehlende Arbeitsplätze außerhalb des Bergbaus machte das Überleben für die Familien schwer. So richtig erholt von diesem Aderlass hat man sich bis heute nicht.
Mitten in Großrosseln gibt es seit vielen Jahren das "Restaurant Seimetz". Über die genaue Firmierung hat Helmi Seimetz, die auch einmal ein Restaurant auf der Mainzer Strasse in Saarbrücken hatte, wohl selbst noch keine definitive Lösung gefunden: auf der Visitenkarte "Restaurant Seimetz", auf dem Flyer sowohl "Restaurant Seimetz" wie auch "Bistro Restaurant" auf den Kassen-Belegen "Restaurant Bistro Seimetz" und auf der Außenwerbung am Giebel "Gourmet Restaurant Seimetz". So what? Coroprate Identity schaut anders aus.
Lese ich, egal ob bei Restaurants oder Imbissen, etwas von "Gourmet", von "Schlemmer" oder von "Oase", gehen bei mir zunächst die Warnlampen an und ich wittere Ungemach (schlechtes bis lausiges Essen), was dann beim Besuchen dieser Etablissements auch häufig genug eintraf. Diese Befürchtung muss man bei "Seimetz" nicht haben. "Wo Essen zum Erlebnis wird" und "Internationale Küche neu definiert"; damit werben Helmi Seimetz und ihr Team. Der Erfolg gibt ihnen recht; hier wird auf hohem Niveau gekocht und "Seimetz" wurde in der Vergangenheit mehrfach im Michelin- und anderen Gastroführern erwähnt.
Ambiente: Hier wirkt alles gediegen, fast schon edel. Viel Weinrot an den Wänden, die Tische klassisch und schön in Weiß eingedeckt, zumindest die großen. Bei den kleineren Tischen, die wohl für das schnelle Mittagsgeschäft gedacht sind, wird ein wenig gespart (weinrote Papierservietten und etwas billig wirkende dunkle Sets). Gut gefallen haben mir die Armchairs aus Rattan (nur an einem einzigen Tisch gibt es helle Holzstühle), ihr grünlicher Anstrich und die gute Verarbeitung passen einwandfrei zum übrigen Mobiliar. Der auf dem Weg zu den Naßräumen im Raum liegende Läufer wirkt etwas verloren und ist, da lose verlegt, als mögliche Stolperfalle etwas gefahrenträchtig. Ich würde ihn entfernen. Für das Ambiente kann ich vier Sterne vergeben; wäre einheitlich wertig eingedeckt gewesen, wäre noch ein halber Stern draufgekommen. So eben nicht.
Sauberkeit: alles in Ordnung und fein sauber, auch die etwas in die Jahre gekommenen Naßräume; Kacheln, Waschbecken und Toilettenschüsseln mögen in den Achtzigern oder noch früher modern gewesen sein. Aus Nostalgie vier Sterne.
Service: Ist die Küche gut und der Service kann nicht so richtig mithalten, dann fühlt sich der Gast nicht wohl. Wir haben uns wohlgefühlt. Der Service, versehen von einer nicht mehr ganz junge Dame, war freundlich, professionell, unaufgeregt und aufmerksam. Da merkte man die gute Ausbildung; alles war stimmig und wir waren sehr zufrieden. Vier Sterne.
Essen: Bis auf den Umstand dass, obwohl zur Mittagszeit nur drei Tische (unseren mit eingerechnet) besetzt waren, es doch recht lange bzw.lange dauerte bis wir die bestellten Speisen vor uns hatten, war soweit alles in Ordnung. Die normale Speisekarte ist übersichtlich und enthält sieben verschiedene Vorspeisen (leider sind auch die hierzulande offenbar unvermeidlichen Froschschenkel dabei), drei Suppen, drei Fischgerichte, sechsmal Fleischiges und sechs Desserts. Angeboten werden auf einer weiteren Karte sogenannte "Winter Events", sowie ein täglich wechselndes Tagesmenü zu Preis von EUR 9,50; heute wäre "Pot au feu vom Suppenhuhn und Milchreis" dran gewesen. Nicht unerwähnt bleiben sollte das Viergängemenu (Löwenzahnsalat mit Kartoffel-Vinaigrette, Ei im Näpfchen und Panchetta / Crèmesuppe von der Petersilienwurzel mit Garnelen am Spieß / Glacierte Entenbrust mit Honig und Balsamico, Erbsenschoten und Pommes Dauphine / Lauwarmer Schokokuchen mit Tonkabohnen-Soße und Espresso-Krokanteis) zum erstaunlichen Preis von EUR 37,00. Ab Ende März wird es auch noch eine Spargel-Karte geben. Die Speisekarte wie auch diverse Bilder vom Haus und den Räumlichkeiten kann man sich unter www.restaurant-seimetz.de anschauen, die Weinkarte leider nicht; schade eigentlich.
Das heutige Tagesmenü behagte uns nicht, für das Viergängemenu hatten wir nicht genügend Appetit mitgebracht.
Leider war das Winter Event "Hirschrücken mit Schoko-Chilisoße, Bohnenkernen und Walnußkrusteln" zum Preis von EUR 24,50 ausgegangen. Also wählten wir von der Normalkarte, meine Frau "Cordon bleu mit Camembert und Birnen gefüllt, dazu Walnußstampf und kleiner Salat" (EUR 22,00) und ich "Schweinelendchen mit gefüllten Champignons und Kartoffelrösti" (EUR 21,00). Getrunken haben wir Pils und Apfelschorle. Als Gruß aus der Küche kamen Weißbrot und Currycreme; beides in Kombination sehr fein. Dann kam, ich erwähnte es bereits, lange nichts. Irgendwann dann aber doch; wäre im Brotkörbchen die doppelte Menge an Weißbrot gewesen, hätten wir auch das alles bis zum Eintreffen der Speisen verputzt gehabt. Unsere Gerichte waren hübsch angerichtet. Ein anstatt mit Schinken und Scheibenkäse mit Birnen und Camembert gefülltes Cordon bleu (natürlich vom Kalb) habe ich zuvor noch nie und nirgendwo gesehen. Die Kombination war aber sehr stimmig, es hat meiner Frau (und mir, ein Häppchen durfte ich kosten) sehr gut geschmeckt, zumal die Fleischqualität vom Feinsten war. Der Walnußstampf konnte, da geschmacklich etwas "flau", nicht so ganz mithalten und der kleine Salat war "schlicht" um nicht zu sagen einfaltslos. Insgesamt aber trotz der kleinen Ausrutscher bei den Beilagen doch eine sehr gute Wahl. Rundum zufrieden mit meinem Gericht bzw. davon begeistert war hingegen ich. Die Schweinelende in Topqualität und auf den Punkt gebraten, die mit kleinen Briochewürfelchen, Schinkenstückchen und zarte Salatstreifchen gefüllten Champignons ganz vorzüglich, die Kartoffelrösti einwandfrei und ein leichtes Sößchen "zum Reinsetzen"! Das war hohe Kunst und absolut auf Sterneküchenniveau. Unter Nichtberücksichtigung der langen Wartezeit hätte ich für den Bereich Essen, hätte das Gericht meiner Frau insgesamt die Qualität meines Gerichts gehabt, glatte fünf Sterne vergeben. Ich ziehe einen halben Stern ab, verbleiben immerhin gute viereinhalb.
Preis-/Leistungsverhältnis: für das Gebotene moderat; viereinhalb Sterne.
Fazit: hier wird auf hohe Niveau und mit sehr guten und frischen Zutaten ambitioniert gekocht, die Preise sind völlig in Ordnung und man kann durchaus auch mit dem Tagesmenü glücklich werden. Wir kommen sicher einmal wieder.