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An diesem heißen Sommertag waren fast alle Außenplätze belegt, aber von einer resoluten Servicekraft wurde mir ein wundersam freier Tisch unter der mächtigen Linde angeboten. Etwas misstrauisch nahm ich Platz, nicht ohne zu prüfen, ob noch klebriger Honigtau zu befürchten war. Das zwar nicht, aber ab und an fiel doch etwas aus dem Baum, so dass ich bei erster Gelegenheit an einen kleinen Zweiertisch ganz am Rande des Außenbereichs wechselte.
Der Blick war nicht ganz so prickelnd
(das leerstehende Gebäude an der Ecke Pilse wird inzwischen kernsaniert) und so erfreute mich an der Straßenmusik und den vorbeiziehenden Menschen. Einschließlich eines Fahrrad(!)-Posers und eines Insta-Girls, deren Catwalk der arme Boy gleich viermal (!) filmen musste...
Na, dachte ich so bei mir: Das ist doch eine Inspiration! Und wählte vier Gänge von der natürlich fleischlastigen Karte:
Gekühltes Gurken-Joghurt-Süppchen mit Dill (5,4€)
Carpaccio von der Schweinelende - kaltgeräuchert (10,9€)
Thüringer Wildsülze aus der Region (als Vorspeise 8,9€)
Thüringer Grillvariation W13 - Kotelett vom Duroc, Reh-Medaillon, Wildbratwurst - (26,9€)
Wenn schon, denn schon!
Die vielen Wildgerichte und die regionalen Erzeuger/Lieferanten hatten mich schon im Netz positiv angesprochen.
Zwei Bedienungen mit Berufserfahrung versorgten mich verlässlich mit Getränken und freundlich-burschikosen Ansagen. Die trockenen Sprüche gab’s gratis, für die flüssigen Erfrischungen musste ordentlich berappt werden: Schwarzbier (3,2€ für 0,25l!), Rhabarberschorle (2,6€ für 0,2l) und aufgesprudeltes Tafelwasser für 2,6€ je 0,5l, das hier als Alternative zum Mineralwasser angeboten wird.
Der Service ist den Abend über ordentlich beschäftigt, muss er auch, denn viele Touristen fragen um Platz nach, doch ohne Reservierung braucht es schon etwas Glück, genau im rechten Moment einen freien Tisch zu ergattern. Trotzdem bleibt den Damen noch Zeit für ein Lächeln im Vorübergehen, schön. Da ist es verschmerzbar, dass an eine verloren gegangene Bestellung erinnert werden musste oder die bestellten Gewürzmühlen erst am Nebentisch landeten.
Erfrischend geriet dann auch der Einstieg ins Abendessen mit einem Gurkensüppchen im Glas. Süppchen passt hier, denn übermäßig viel war es nicht.
Aber gut. Kühl, nicht zu kalt. Sämig, nicht zu dick. Prägnanter Geschmack der pürierten Gurke, der Dill nicht zu kräftig. Für einen Sommertag genau der richtige, leichte Start.
Dazu zwei Scheiben Brot, leider schon schlapp, aber das pikante mit Chili und Kurkuma überraschend lecker, gerade zur Gurke. Kein Allerweltsbrot aus dem Supermarkt.
Weiter ging es mit der kaltgeräucherten Schweinelende vom Erfurter Metzger; ein ungewöhnliches Räucherstück, oder? Egal, mal was anderes als das Rindfleisch in „Seidenpapierstärke“ das bei jedem Italiener landauf, landab kredenzt wird (und vermutlich öfter von der Metro stammt, als man denkt...). Hier waren es vermutlich mit der Maschine geschnittene Scheiben ähnlich einem Roastbeef, die vor dem Räuchern gut Salz gesehen hatten. Schmeckte mit der Rauchnote vorzüglich. Gutes Schweinefleisch, halt. Das stückige, eher trockene Pesto war mir insgesamt dann zu viel des Würzigen.
Ein kleiner Salat war zurückhaltend angemacht, aber frisch. Die krause Petersilie herrlich „deutsch“; dafür sollten die winzig kleinen Grana-Padano-Raspeln wohl an das italienische Original erinnern.
Ich freu mich immer, etwas bis dahin Unbekanntes zu probieren und bereute die Wahl nicht.
Ebensowenig bei der Thüringer Wildsülze, von der - obwohl extra als Zwischengangs-Größe bestellt - gleich drei reelle Scheiben auf dem Teller lagen. Dunkles mageres Fleisch von Reh, Wildschwein und Hirsch, des Mannheimers liebste Pilze und Zwiebeln waren üppig in den milden, das Fleisch nicht überdeckenden Aspik eingelegt. Überzogen war das Ganze mit einer leichten Vinaigrette für alle, die es saurer mögen, dazu rote Zwiebeln und Essiggurken-Scheiben. Ein perfektes kaltes Fleischgericht. Alternativ war noch reichlich Remoulade am Start, für die das Motto von Vater Klopfer gilt...
Und damit zur Grillvariation W13, bestehend aus Kotelett vom Thüringer Duroc-Schwein, einem Medaillon vom Thüringer Rehrücken und Wildbratwurst ebenfalls aus der Region. Statt der vorgesehenen mediterranen Rosmarinkartoffeln bestellte ich mir geschwenkte Schmelzklößchen und Rahmwirsing mit Zwiebeln, Speck und Backpflaume für die zusammen moderate 3€ Aufpreis berechnet wurden. When in Thuringia...
Diesmal dachte ich rechtzeitig daran, um medium gebratenes Kotelett zu bitten, kassierte aber eine herbe Abfuhr. Die Köche würden sich weigern, Schweinefleisch anders als durchgebraten heraus zu geben. Da hätten sich schon zu viele Gäste beschwert. Na, das ist eine seltsame Begründung. Schelm, wer Böses dabei denkt... Ich ergab mich wie gewohnt still leidend in mein Schicksal, das mir ein überwiegend gelungenes Stück Schweinefleisch bescherte, das nur außen zur Trockenheit tendierte. Aber schade war’s schon. Zumal das geschmacklich untadelige Stück wieder etwas abgekühlt war, was besonders der einst verlockend kross gebratenen Fettschicht nicht gutgetan hatte. Da konnten die anderen Stücke besser punkten: Klarer Sieger im Fleischdreikampf war das Rehmedaillon, das - eingewickelt in eine schützende Speckscheibe - super saftig daherkam. Gargrad gerade mal so medium, eher weniger. Warum genau geht das beim Wild, aber nicht beim Schwein vom guten Züchter?
Die mittelgrobe Wurst aus Reh und Wildschwein hatte eine deutlich wahrnehmbare Majoran-Note, war aber nicht überwürzt. Passte perfekt zum Wildgeschmack. Apropos: Röstaromen all überall: Freunde, ich sage Euch, ein Fest!
Bei den Beilagen hatte ich bzw. die Küche eine guten Griff getan. Der Wirsing nicht verkocht und nicht in viel schwerer Sahne ertränkt. Die Speckwürfel nicht zu salzig. Und die kleinen Stücke der Pflaume brachten sehr elegante süße Nuancen. Mitteldeutsches Soulfood! Die berühmten Klöße als kleine Ausgabe, ähnlich einer großen Schupfnudel geformt, hatten die richtige Textur zwischen fluffig und elastisch, genau mein Geschmack. Dazu schön in Butter geschwenkt, bis sich auch hier eine wunderbare Färbung einstellte. Hervorragend!
Und da war es auch schon, dieses „ungebetene Sättigungsgefühl“...(Das wird hier ein Klassiker werden!) Wie erfreulich, dass mir mit der Rechnung noch ein Averna aufs Haus ausgegeben wurde, als „Wiedergutmachung“ für das leicht erkaltete Schweinekotelett.
Mein Fazit ist eindeutig: Das Wenigemarkt 13 hat als Gesamtpaket richtig viel Spaß gemacht. Zwar werde ich soviel Fleisch auf einmal nicht so schnell wieder bestellen. Wem aber gut gemachte Thüringer Küche oberhalb des Mainstreams gefällt, ist hier ganz sicher richtig.