"Mediterrane Genussoase an der Brunnenallee"
Geschrieben am 15.09.2015 2015-09-15 | Aktualisiert am 15.09.2015
Montag: | Ruhetag |
Dienstag: | 11:30 - 22:30 Uhr |
Mittwoch: | 11:30 - 22:30 Uhr |
Donnerstag: | 11:30 - 22:30 Uhr |
Freitag: | 11:30 - 22:30 Uhr |
Samstag: | 11:30 - 22:30 Uhr |
Sonntag: | 11:30 - 22:30 Uhr |
Trotzdem kann man schon eine grobe Auswahl treffen, da man doch anhand der Karten den Stil bzw. die Tendenz der zu erwartenden Küche erkennt. Hinzu kommt dann auch noch das gewisse Gefühl. Dieses Gefühl lässt uns z.B. rasch den Schritt wieder aufnehmen, nachdem wir einen in „tripadvisor“ empfohlenen „Portogiesen“ zufällig gefunden haben. Wir schlendern weiter, die Brunnenallee ist lang.
Gefühl und Erfahrung lassen mich ebenfalls weitgehend Restaurants mit gewaltigen, geschichtsträchtigen Namen meiden. Zeus, Poseidon, Artemis oder Kaiser Wilhelm entführen mich zu sehr in die Geschichtsbücher bzw. antike Sagenwelt, sie stören meinen Genuss, und allzu oft habe ich in solcher Umgebung eine Qualität vorgefunden, die der Größe des Namens diametral entgegengesetzt entsprach.
Aber wie das so ist mit Erfahrungen und Grundsätzen, hier und da wird man überlistet. Da stehen wir also in der Brunnenallee vor der Nummer 12 und in großen Lettern prangt der Name „Carthago“ vor dem Haus. Sicher, die gleichklingende Stadt wird mit K geschrieben und Herr Cato, Senator im Alten Rom, pflegte deren Zerstörung zu fordern, was dann ja auch passierte, nachdem zuvor ein Herr Hannibal aus Karthago um ein Haar Rom zumindest fast erobert hätte. Mhh? Lieber doch gleich weitergehen? Der Blick auf die Speisekarte. Oh, das sieht gut aus, stimmig mediterran. Auch das Haus macht keinen schlechten Eindruck. Sollen wir es wagen? Der dritte im Bund mit uns, noch jung an Jahren, wittert gute Küchenaromen. Sie wiegen für ihn schwerer als Bezüge zur Historie. Er reserviert hier für den Abend. Nun können wir ganz entspannt den sinkenden Sonnenstrahlen des Tages entgegengehen.
Karthago, also die antike Stadt, lag in der Nähe des heutigen Tunis. Die Betreiber des Carthago stammen aus Tunesien und beschäftigen einen libanesischen Koch. Die Speisekarte ist knapp, also gut überschaubar. Sie macht auf mich einen soliden Eindruck. Über das aktuelle Fischangebot wird der Gast auf einer großen Tafel informiert. Nach Auskunft des Service, den die Familienmitglieder betreiben, gibt es dreimal in der Woche frischen Fisch.
Hatten wir bei unserem Eintreffen die leichte Befürchtung, dass wir in dem Carthago wohl fast allein bleiben würden, so entkräftete jede weitere Viertelstunde diese Annahme. Das Restaurant füllte sich zunehmend mit Gästen. Dieses Carthago scheint durch keinen Cato bedroht zu sein.
Beim Betreten des Restaurants gefällt uns die Atmosphäre, die Licht, Blumenschmuck, Einrichtung und sorgfältig gedeckte Tische zusammen mit dem freundlichen Empfang verbreiten. Lediglich der dick aufgetragene weiße Rauhputz der Wände ist nicht mein Geschmack, doch wird dieses mich störende Element durch die Gediegenheit des gesamten Stils aufgefangen.
Der Service ist rasch zur Stelle, ebenfalls die Getränke und zügig wird unsere Bestellung aufgenommen. Als Vorspeise wählen wir 3x Garnelen mit Cherrytomaten. Als Hauptgang nehmen wir gegrillten Tintenfisch, Lammrücken und Rumpsteak. Beilagen müssen gesondert bestellt werden. Wir entscheiden uns für Thymiankartoffeln und mediterranes Gemüse. Als ich mich so gerade dem Gedanken hingeben wollte, dass sich nun zumindest Brot und Butter zu Wasser und Wein gesellen dürften, wurde die Vorspeise zusammen mit Brot als Beilage serviert.
Man kam also direkt zur Sache, ohne den Gast mit kleinen Vorgaben aus der Kochkunst zu locken und aus seinen Alltagserfahrungen in die Welt des guten Geschmacks zu begleiten. Ob das grundsätzlich im Carthago so praktiziert wird oder nur dann, wenn man wie wir einen Zwischengang an die Stelle der Vorspeise setzt, weiß ich nicht, es ist mir aber auch egal, denn was da auf dem Teller liegt, das schmeckt gut. Die Zusammenstellung aus Garnelen, Rukola, geschmolzenen Cherrytomaten und Zitrone hält, was sie optisch verspricht. Zudem verzauberte der Koch die Garnelen mit einem Gewürz der arabischen Welt, das ihnen eine sanfte, doch zugleich nachhaltige Schärfe verleiht, die jedoch nicht aufdringlich wird. Nein, diese Schärfe lockt die Zunge, sie spielt mit deren Begehrlichkeit. Leider verrät der Koch uns nicht das Geheimnis. Der geschmackliche Kontrast zwischen den drei Hauptkomponenten weckt die Phantasie des Gaumens, lädt Bacchus ein und so zwischen Genuss, Traum und Gespräch leert sich die Flasche des Nero D’Avola, sodass wir unbedingt zu einer zweiten greifen müssen, damit der Hauptgang nicht verdurstet.
Die drei Gerichte des Hauptgangs zeugen ebenfalls von solidem Können der Küche. Rumpsteak und Lammrücken sind ausgezeichnet gegart. Nach dem Anschnitt leuchten sie rosarot, eben medium, wie gewünscht und bestellt. Der gegrillte Tintenfisch hat einen guten Biss und ist dabei zart und geschmeidig und angenehm gewürzt.
Rumpsteak und Lammrücken können unter diesem Gesichtspunkt auf ihre Art gut mithalten. Die Kräuterkruste beim Lammrücken ergänzt und bereichert den Eigengeschmack des Fleisches, aber sie dominiert nicht. Dass hierzu die gewählten Beilagen gut passen, ergibt sich aus der Sache.
Die Größe der Portionen bewirkt eine vollständige Sättigung. Selbst unser jugendfrischer Mitstreiter begehrt kein Dessert. Zerberuz fühlt sich sogar überfordert und verliert ob der Menge auch etwas von dem Spaß am Essen. Mir geht es gut und ich trinke zum Abschluss einen Espresso, der hier wirklich diesen Namen verdient.
Fazit: Das Carthago kann ich auf der Grundlage unserer Erfahrung als gut bis sehr gut bezeichnen, als überragend würde ich es nicht einstufen. Küche und Service weisen eine Leistung auf, die in der deutschen Gastrolandschaft nicht allzu oft anzutreffen ist. Allerdings hat das Carthago seinen Preis, der durch die grundsätzliche Praxis, alle Beilagen gesondert zu berechnen noch mals gesteigert wird. Die Garnelen mit … zu je 12,50€, der Tintenfisch zu 14,50€, der Lammrücken zu 18,90€ und das Rumpsteak zu 20,90€ waren ihren Preis wert. Zählt man die Beilagen hinzu (Thymiankartoffeln - 3,00€, Mediterranes Gemüse - 3,50€) dann bewegt man sich schon in einer gehobneren Preisstufe, die ich aber aufgrund von Qualität und Ambiente gut akzeptieren kann. Die Flasche Wein für 17,00€, das Wasser für 5,50€ und den Espresso für 1,90€ empfand ich sogar fast als moderat.
Ein Restaurant, das wir wieder aufsuchen würden, sollte uns der Weg nochmal nach Bad Wildungen führen.