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Aber von Anfang:
Ob‘s edler im Gemüt, die Pfeil und Schleudern des wütenden Geschicks erdulden - Mit anderen Worten: Auf der Strecke Bremen-Bielefeld hatte die Bahn eine Verspätung von sage und schreibe 1,5 Stunden hinbekommen. Meine Besprechung hatte schon lange begonnen und wäre, bis ich vom Hauptbahnhof die Außenbezirke der geheimnisvollen Perle Ostwestfalens erreicht hätte, wohl schon fast beendet gewesen. Was lag also näher, als bei einem Frustrationsminimierer
(Fino von Lustau, 6,5€) auf die Kollegin zu warten und sich bei einem gemeinsamen Mittagessen das Verpasste berichten zu lassen?
Nach einem gemütlichen Spaziergang vom Bahnhof in die City unternahm ich noch einen Streifzug durch Klötzers Feinkostladen, der im Erdgeschoss bescheiden wirkt, im großzügigen Untergeschoss jedoch allerlei Leckereien für den Schlemmer bereit hält (man merke sich: einschließlich einer schönen Käsetheke).
Das Restaurant befindet sich im Nebenhaus, einen direkten Durchgang habe ich nicht bemerkt. Von der Straße ist nach meiner Erinnerung eine Stufe zu überwinden.
Der Raum ist modern, aber nicht kühl gestaltet, mit abgehängten Deckenfeldern, schönen Designerleuchten und moderner Kunst an den Wänden.
Ein ideales Tagesbistro, wenn auch der Blick auf die kleine Seitenstraße nicht sonderlich interessant ist. Trotzdem freute es mich, zur frühen Mittagszeit einen Tisch am Fenster bekommen zu haben. Der junge Mann, der mich freundlich begrüßte und uns meistenteils bediente, hatte vor sicher noch nicht allzu langer Zeit ausgelernt und machte seiner Sache sehr gut, wie auch zwei weitere Servicekräfte. Offen, kompetent und bemüht, auch meine kleinen Sonderwünsche möglichst zu erfüllen. So hatte ich mir, um nicht schon deutlich vor meiner ja noch schuftenden Kollegin ins Menü zu starten, im Laden etwas Schinken gekauft und fragte, ob die Küche meine Beute wohl für mich anrichten würde. Sicher eine nicht ganz alltägliche Bitte, der aber mustergültig nachgekommen wurde.
Dazu kamen schon drei Brotsorten
und eine Butter, der mit Thai-Curry ordentlich Wumms beigebracht worden war. Olivenöl gab’s auch. So lässt sich eine Wartezeit genussvoll überbrücken.
Zum gemeinsamen Essen orderten wir dann eine gereifte südafrikanische Cuvée von Chenin Blanc, Sauvignon und Semillon. 43€ waren für dafür ok. Die Flasche regionales Wasser für 6€ muss man ja schon als günstig bezeichnen, zumal mit dem Kauf soziale Projekte unterstützt werden.
Das Monatsmenü sah als Vorspeise bretonischen Hummer mit Ananas-Carpaccio sowie Gurken-Salbei-Chutney (21€) vor, als 2. Gang ein Surf‘n‘turf von Jakobsmuschel und Wachtel mit Pfifferlingen und Makkaroni-Terrine. Statt des vorgesehenen Fleischgangs vom Simmenthaler bat ich um eine größere Portion des Zwischengerichts (25€). Auch das war kein Problem. Meine Begleitung wollte es eh bei zwei Gängen belassen. Und wir hatten Käse danach. Natürlich.
Der ausgelöste halbe Hummer
hatte eine schöne fleischige Struktur und klaren Geschmack. Tadellos. Drapiert auf einer dünnen Scheibe Ananas, der man die Karamellisierung deutlich anmerkte. Als salzige Komponente leckere Nordsee-Krabben. Das Chutney hätte für mein Empfinden etwas mehr Kräuterigkeit vertragen können, so blieb es recht blass. Aber das kann bei Salbei auch leicht nach hinten losgehen und plötzlich schmeckt der ganze Teller nach Hustenbonbon. Daher: Klasse Auftakt.
Ach so: Zu einer Kirschtomate im August ist ja nichts zu sagen, zumal so herzallerliebst mit Basilikumblättchen im Kreuzschlitz. Außer vielleicht: WTF hat das mit Hummer, der Bretagne oder Ananas zu tun? Ich muss noch viel lernen...
Auch mein zum Hauptgericht gepimpter zweiter Gang machte Spaß und schon ein wenig satt.
Mehr drauf, als in manchem Karlsruher Sterneladen im ganzen Menü...
Die drei Wachtel-Suprêmes waren zwar durchgebraten (wie das die Gästeschaft hierzulande nach häufig erhaltener Auskunft von Küche und Service so wünscht), aber saftig und mit schönen - doch, doch - Röstaromen. Leider war die Haut nicht mehr knusprig; das Foto schmeichelt da dem Geflügel ein wenig. Dafür die drei Muscheln mal leicht mehliert gebraten und sehr gelungen. Wirklich sehr gut auch die Pfifferlinge. Bei so einer Qualität muss der Koch nicht mehr viel machen, außer sie à point aus der Pfanne zu nehmen. Tricky der mit Mokka und Chili weiter aromatisierte Balsamico. Zur Wachtel exzellente Ergänzung, ächzten Pilze und Schalentiere doch arg, wo sie von der Geschmacksbombe getroffen worden waren.
Die Beilage störte nicht: (Zu) weiche Nudeln von gestocktem Ei gehalten. Schade, da hätte ich mir noch ein paar zusätzlich Geschmacksnuancen vorstellen können. Trotzdem ein gelungener Teller, der besonders mit Produktqualität glänzen konnte.
Meine Kollegin hatte mit dem glasierten Rote-Bete-Carpaccio zum getrüffelten Ziegenkäse (13€) sicher den farbintensivsten Teller
der ihr gut gefiel. Der Hauptgang war eine nur leicht modernisierte Variante des Klassikers Kalbsleber mit Zwiebeln, Apfel und Kartoffelpüree (23€).
Von gegenüber hörte ich dazu keine wirkliche Begeisterung; der Apfel war wohl noch recht fest.
Zum Abschluss kam eine Käseplatte mit Sainte-Maure, Munster, Camembert, Fourme d‘Ambert und Gruyere.
Schöne Auswahl. Dazu reichliche und vielfältige Beilagen, von denen die eingelegte Pflaume besonders gefiel. Ebenso wie eine Beerenauslese aus dem schönen Rheingau (7,5€).
Und so hätte man sehr zufrieden in den Nachmittag starten können.
Aber, oh Schreck, was war das denn?
Drei der Käse waren schlicht und einfach vertrocknet. Nicht reif oder drüber, sondern mit harten Rändern und eben so, wie Käse an der Luft austrocknet. Selbst der noch recht junge Sainte-Maure hatte seine Cremigkeit eingebüßt. Sahen aus und schmeckten wie die Reste der vergessenen Käseplatte vom Vortag. Nur Gruyere und Fourme d‘Ambert hatten Normalform.
Sehr, sehr deutlich reklamiert. Der junge Ober hielt kurz Rücksprache außerhalb unseres Sichtfeldes mit dem Ergebnis, dass der Käse in Gänze nicht auf der Rechnung erschien. Das fand ich zwar korrekt. Aber: Wie kann solche Ware zum Gast gehen? Wo doch in der Theke des Stammhauses die Köstlichkeiten liegen! Wollte man sich den Weg sparen? Oder war es gar ein „optimierter“ Wareneinsatz? Ich versteh es einfach nicht. Etwas konsterniert verließen wir diese an sich so gastliche Stätte. Die Bewertung des Essens kann so nicht über drei Sterne hinausgehen; ansonsten hätte ich zwischen 4 und 4,5 geschwankt.
Damit soll das vermutliche Augenblicksversagen aber auch vergessen sein und es gibt von mir eine klare Empfehlung für Klötzer’s Restaurant.